Am nächsten Morgen fahre ich an Laufenburg vorbei in den Jura hinein. Aussicht? Keine.
Bei Sennhütten frühstücke ich – so ein schöner, freundlicher Ort! Und die Sonne ist jetzt auch da.
Weiter durch die Ebenen des Aargauer Juras…
…und durch Trockenwiesen runter…
…an die Aare.
Jedes Mal, wenn ich von Bern nach Zürich fahre, schockiert mich die Hässlichkeit des Lenzburger Bahnhofs. Aber das Städtchen ist hübsch, und gleich darauf folgt ein kleines Tal mit einem Flüsschen und junggrünem Buchenwald.
Beim Schloss Hallwyl ist ein Pétanque-Turnier im Gang.
Ich purzle dem Hallwilersee entlang zum Baldeggersee und ziehe rechts den Hang hoch.
In der Steigung verlangsamt plötzlich das Auto vor mir: ein Jungfuchs hat sich im Spiel auf der Strasse verloren und trollt sich kurz darauf ins hohe Gras.
In Sempach gönne ich mir ein paar Friten, und ob Malters lege ich mich zu einem Nickerchen hin.
Wie weiter? Nach all dem Mittelland brauche ich ein bisschen Steigung, also folge ich dem Fischebach Richtung Entlebuch.
Zeitweise tröpfelt es aus einem dunklen Himmel, aber dann klart es doch wieder auf.
Auf der Egg oben muss ich mich entscheiden: weiter zum Glaubenberg, oder doch eher Richtung Emmental? An beiden Orten ist der Himmel dunkel, aber die Komplikation, die mich in der Gegend des Glaubenbergs seit Jahren auf der Karte anlacht, ist unter den aktuellen Bedingungen (Schnee, Wetter, Uhrzeit) doch ein bisschen arg kompliziert. Also westwärts!
Vor Schüpfheim verregnet es mich, in Schüpfheim verpflege ich mich. Es ist dringend nötig, denn ich bin nicht mehr ganz so fit…
Und schon wieder die grosse Frage: wie weiter? Je näher an den Bergen, desto mehr Schnee und desto dunkler die Wolken – ergo auch keine Aussicht dort. Hm, der Hilferepass hat mich schon ein paar Mal angestrahlt auf der Karte. Aber reichen meine Beine? Der Aufstieg ist gleich wie von Sion nach Savièse, und das schaffe ich in jedem Zustand. Und wer weiss, wenn von Westen Aufhellungen kommen, dann ergibt sich vielleicht auf dem Pass eine schöne Stimmung…
Ich bereue meinen Entschluss ziemlich schnell: die Hauptstrasse nach Flühli wird wegen einer Grossbaustelle auf die steile alte Strasse umgeleitet, es regnet, ich habe Hunger (die Schüpfheimer Spaghetti sind noch nicht im Blut angekommen), und das Vorder- und Hinterlicht haben den Geist aufgegeben. Zum Glück habe ich grellgelbe Regenhosen.
Ich verschlinge noch eine Banane und einen Apfel, und dann bin ich plötzlich wieder da, und ich erklimme die Rampen des Hilferepass mit einem Lächeln auf den Lippen. Und auch das Licht ist wieder da, sowohl vor mir…
…als auch hinter mir.
Ein Autofahrer kommt mir entgegen und hält an. Ach herrje, will er mir sagen, dass die Strasse gesperrt ist, oder was in der Art? Er lässt die Scheibe runter.
Er: «Hesch äs Föti gmacht?»
Ich: «Ja.»
Er, strahlend: «Sehr guet! Gueti Fahrt!»
Ich habe auf meinen Touren schon diverse Arten von Hinüberkeit erlebt, aber so hinüber wie auf dem Hilferepass war ich erst selten. Ich stöhne, jammere, geniesse, und nach einem kurzen Trailabschnitt bin ich oben. Ich brülle voller Inbrunst ein «geil, gschafft!!!» heraus, und nach ein paar Metern Abfahrt breche ich angesichts des Hängst in Tränen aus.
Ich liebe Abfahrten auf schmalen Teerstrassen
Im Tal angekommen habe ich mich emotional wieder einigermassen gefasst, und nach einem letzten Blick auf Sommerwolken checke ich im
Marbacher Kreuz ein – ein sehr netter Ort, ideal nach einem langen, nassen Tag!
Am Stammtisch erzählt mir Sepp von den
Flowtrails auf der Marbachegg und von seiner Arbeit. Er und sein Kumpel (der anscheinend Jäger ist) sind überzeugt, dass mein Alternativplan für Morgen funktionieren könnte.
Karte.