Und noch'n Beitrag von Voigt direkt aus
www.sport1.de:
"Das war heute alles andere als eine schöne Etappe für mich - der Stachel der Enttäuschung sitzt tief. Vom Mythos L'Alpe d'Huez und den vielen enthusiastischen Zuschauern kann ich aus meiner Sicht heute kaum etwas Positives berichten. Für mich war da nicht viel Mythos.
Die Fans von Jan Ullrich, die nicht verstehen können, dass ich während der 15. Etappe für meinen Kapitän Ivan Basso Jagd auf ihn machte, haben mich heute übelst beleidigt und angepöbelt. Am ganzen Berg gab es Buhrufe und Judas-Plakate mit meinem Namen drauf - so groß wie drei Bettlaken. Man hat mir Sachen an den Kopf geworfen, die ich nicht wiedergeben will. Einige riefen "Armstrong-Fahrer".
Dass mich die Leute nicht vom Rad geschlagen haben, war noch das Beste. Aufgebrachte Menschen liefen neben mir her - es geht ja stellenweise nur mit 15 km/h voran. Wehren kann man sich gegen solche Dinge überhaupt nicht. Ich kam mir heute vor wie bei einer Hexenjagd. Das ist alles deprimierend für mich, weil ich das so noch nicht erlebt habe.
Zu allem Überfluss kam heute noch ein Reifenschaden hinzu. Nein, das hat heute leider keinen Spaß gemacht. Naja, es war schönes Wetter, wir hatten eine prima Aussicht, und das Hotel ist auch klasse. Immerhin...
Zu den angeblichen Anschuldigungen, die in der Fernseh-Berichterstattung aufkamen, möchte ich noch etwas sagen: Es wurde offenbar übermittelt, dass ich Lance Armstrong indirekt zum sechsten Titel verhelfe und gegen "Ulli" fahre. Das haben einige sicher falsch verstanden.
Dabei habe ich gar nichts falsch gemacht. Ich habe das Kommando meines Chefs befolgt und meinem Kapitän Ivan Basso geholfen - meinem Team gehört die volle Loyalität. Hätte ich die Anweisungen meiner Mannschaft nicht befolgt, hätte ich sofort im Flieger gesessen, und zwar mit einer fristlosen Kündigung von Bjarne Riis in der Tasche.
"Ulli" fährt leider nicht in meiner Mannschaft, daher kann ich keine Rücksicht auf ihn nehmen. Mir hat auch das Herz geblutet, aber was soll ich denn machen?
Besonders die Judas-Rufe haben mich schwer getroffen. Mir hat es dabei das Herz in der Brust zerrissen. Genau dieser "Judas" hat Jan Ullrich im Jahr 2000 zum Olympia-Sieg verholfen - da war er mein Kapitän.
Gestern fragte mich Andreas Klöden einige Kilometer vorm Ziel während des Rennens: "Jens, hast du was zu trinken?" Ohne zu zögern sagte ich: "Ja klar, nimm meine Flasche." Da hat "Klödi" noch zu mir gesagt: "Hey Jens, Du bist ein richtiger Kumpel." So viel zu dem Thema.
Bei Gesprächen mit nahezu der gesamten deutschen Presselandschaft konnte ich mir den Frust von der Seele reden. Mir geht's auch schon wieder besser.
Noch ein Ausblick auf die "Königsetappe": Am Donnerstag steht die zweitlängste und auch die schwerste Etappe auf dem Programm. Von T-Mobile erwarte ich wieder große Angriffe, um weiter alles zu probieren. Es geht richtig zur Sache, alles kann umgeworfen werden, man muss auf alles gefasst sein. Auch mit uns ist zu rechnen, schließlich liegt Ivan noch gut im Rennen."