Mal wieder unterwegs in Tschechien, oder:
Wie ich fast meine
Bremsen zerstörte!
Meine Bergtour war doch eher zu Ende als gedacht. Es war auch zu heiß gewesen, mag ich gar nicht. Zum Glück wurde es etwas kühler und da musste es wieder mal Bikepacking sein.
Auf nach Liberec, abends noch in den Wald und nach einer Nacht mitten am Wanderweg in der Rasthütte (das juckt dort keine Sau) ging erstmal die Suche nach einem gescheiten zweiten Kaffee und einem Löffel los. Beides fand sich auch da:
Auch das dritte Frühstück wurden zelebriert, mitten im Fichtenforst im tiefsten Isergebirge. Diesmal das tschechische Menu, Bier und Krautsuppe:
Ja,
da wurden Erinnerungen wach. Holy Moly, 9 Jahre her!!
Ein heftiger Naturtrail, vielleicht nicht ganz legal, oberschenkelmordend auf dem HT. Das Isergebirge offenbart seine Trailperlen an den Rändern.
Im Video sieht man dann mehr. Etwas entschärft war der Trail durch die "Northshore" Konstruktionen.
Ich habe eine gebrauchte
GoPro Hero4 Session mitlaufen lassen, am Lenker. Fahren stand im Vordergrund.
In Hejnice wieder am Kloster vorbei:
Geht es zu den Singletreks pod Smrkem.
Diesmal halte ich mich immer am unteren Rand, nur nach der Hubertka Hütte geht es erstmal Asphalt hoch, um in einen schwarzen Trail einzusteigen. Die Richtung muss ja stimmen. Dann geht es nahtlos weiter zur polnischen Fortsetzung, die etwas rauher, verblockter ist. Aber es hört schier nicht auf, bis weit nach Świeradów-Zdrój (Bad Flinsberg) ziehen sich die Trails.
Dann geht es erneut auf die Isergebirgs-Hochfläche, ein mordsstrammer Anstieg lässt mich gleich zu Fuß gehen. Kein Ding, die neuen Crosstrail Schuhe laufen sich doch deutlich besser als die Freerider von
5.10.
Hm, man könnte da gerade so die Isomatte ausrollen ...
Auf der Hochebene geht es Richtung Harrachov, aber diesmal auf der polnischen Seite.
Die Iser, hier auch der Grenzfluss.
Irgendwo gab es doch da eine Craftbeer Brauerei. Tatsächlich. Nach zwei Bier und was für den Magen bin ich gut bettschwer. Der Zeltplatz ist nur einige Minuten entfernt, da findet sich ein Plätzchen für mein Tarp:
Tarpstange powerde by Spank
Durch den starken Temperaturabfall hat es Kondensnässe, als ob es geregnet hätte.
Erst in der Morgensonne trocknen die abends beim Duschen mitgewaschenen Sachen. Ich entdecke eine innovative "ropeless" Wäscheaufhängemethode:
Nun geht es ins Riesengebirge, einfach nur hoch zu einer Baude. Vorbei am Rummel mit den Mummel (Wasserfällen):
Farblich gesehen herbstelt es schon.
Ein wenig verläuft sich das Wandervolk, und jeder zweite meint irgendwas mit "Elektro" zu mir. Ja, ohne Motor ist man schon irgendwie der Exot mittlerweile. Bis 300 Meter vor der Hütte geht es mit Wiegetritt, dann schiebe ich. Irgendwann muss ich mal auf 11fach aufrüsten, mit 36 vorne und maximal 32 hinten wird es zuweilen doch sehr anstrengend.
Die Vosecká bouda ist noch so eine richtige alte Baude, mit fettem Kachelofen in der Gaststube. Leider hat man nur begrenzte Aussicht.
Stärkung: Bier, Kofola, Gulasch. Für alle, die immer noch Bildungslücken haben: Kofola ist DIE tschechische Kola, weit weniger süß als die Plörre aus den USA und gehört zur CZ-Tour dazu wie das Mountainbike. Es wäre ein Frevel, in Tschechien die Getränke des globalen Konzerns zu ordern. Es gibt Regeln, folks!
Dann geht es geschwind wieder hinab, und mit Gegenanstieg zum
Bikepark Rokytnice.
Da habe ich nur die Session mitlaufen lassen, auf dem leichtesten Trail, den die da hatten. Etwas verblockt (tschechische Bikeparks halt), aber mit sehr flowiger Linie.
Es geht dann auch gleich auf den nächsten, kleineren Berg, der inzwischen durch diese "Skywalks" auffällt:
Die Downhills hören nicht auf, erst ein kleiner, sacksteiler, fieser Wurzel-DH. Die Wanderer stehen schon aufgereiht und beobachten interessiert, wie ich mit der Rucksackbeule auf dem Buckel und dem Hinterreifen fast in der Musrinne da herunterstolpere.
Weiter geht es mit einem übel verblockten Trail nach Jablonec nad Jizerou. Die Bremse läuft nun endgültig heiß.
Der Plan war eigentlich, mit dem Zug ein Stück zu fahren. Aber das erweist sich als so umständlich, dass ich doch noch nach Vysoké nad Jizerou hochkurbel und dann Richtung Böhmisches Paradies heruntersause.
Meine hintere MT4 (Zweikolbenbremse) hat inzwischen keinen Druckpunkt mehr. Ich drücke durch herumbiegen an der Bremsscheibe die Kolben etwas zurück, und lasse den Finger von Bremshebel. Tja, warum muss ich dann auch noch die Serpentinen abkürzen, nur mit der VR Bremse, die dann kurz vor Schluß Fading bekommt.
Ich habe es geschafft, eine MT5 Vierkolbenbremse mit 203 mm Scheibe an ihr Limit zu treiben. Bikepacking ist eben speziell! Irgendwie habe ich da, unbewusst, über die Jahre irgendwie so einen Hardstyle entwickelt.
Am Ende lande ich da, wo ich immer lande: im Nirgendwo an der Iser, auf dem Gelände vom Kanuverein. Da gibt es eine Wiese, eine Herzelbude (Trockenklo!) und auch eine Quelle. Manchmal kommt auch jemand Geld kassieren, aber nur wenn die Hütte voll ist. Das Flußrauschen befördert mich umgehend in den Tiefschlaf ...
Die Sonne holt mich aus dem Tarp:
... und endlich kann ich die Kajakfahrer beim Training beobachten. Ui ui ui, das ist nicht geschenkt.
Warum schwitze ich schon wieder, und der Schweiß tropft auf das Oberrohr? Warum, ach egal, diese Fragen sind eh nur rhetorisch. Wir wären nicht wir, wenn wir den leichten Weg wählen würden.
Deshalb geht es doch noch, am letzten Tag, auf den Schwarzbornkamm hinauf:
Gibt ja auch ordentlich Futter:
Und noch einen letzten Blick auf den Jeschken, oben auf dem Turm.
... und noch ein letzter, steiler, verblockter original tschechischer Trail, dann geht es in den Zug und ab nach Hause.
Hier das Bewegtbild:
Ja, das waren drei pralle Tage. Die
Bremsen gehen wieder, als wäre nie was gewesen. Ich habe mir trotzdem für das HR eine Vierkolben MT5 geschossen.
An der Stelle muss ich mal den
Mythbuster
spielen! Tam Tam, Enthüllung!!
Zwei "Weisheiten" habe ich endgültig auf den Schrott geschmissen:
1. "Man braucht hinten kein Profil!"
2. "Ne 180er Scheibe und Zweikolbennehmer reicht für hinten!
Zweimal BULLSHIT! Ich habe den Trailreifen hinten rausgeschmissen und den gleichen Enduro von Wolfpack wie vorne drin. Und - die Bremse hinten war zuerst ausgefallen, weil man auch mit hinten eine ganze Schippe wegbremst. Wer natürlich nur dünne Pellen hinten fährt, der kann die Bremspower nicht auf den Boden transferieren. Naja, viel Spaß allen "Hinten braucht man kein Profil"-Fahrern im Winter am ersten Anstieg ...
ride on!
tanztee