Let’s talk about spokes, Ba-by!
Wenn man sich mal einen Hauch tiefer als oberflächlich mit der Speichenwahl beschäftigt, dann kann man was erleben. Ich schreibe hier ein paar Zeilen zu ausgewählten Kuriositäten und Problemen, auf die ich gestoßen bin. Wen das nicht interessiert, der kann über diesen Post hinweg lesen.
Pillar/ Extralite
Ausgangspunkt war für mich die Frage, wieviel stärker Antriebsspeichen eigentlich gegenüber Nichtantriebsspeichen sein müssen. Profis würden jetzt ein Fahrrad verkabeln und Belastungen aufzeichnen. Theoretisch müsste man das auch näherungsweise an den voreingestellten Speichenspannungen ablesen können, die Serienhersteller ihren Radsätzen mit auf den Weg geben. Man kann sich aber auch einfach mal ansehen, wie Speichenhersteller das so angehen.
Die Referenz bei Leichtbau-Rädern mit Felgenbremsen ist wohl die Kombination DT Revolution plus Competition. Die Querschnittsfläche der Comps ist hier gut 40% größer als bei den Revos. Bei meinen Pillar-Speichen im HyperTerra beträgt der Unterschied dagegen fast 60%. Das liegt daran, dass die Antriebsspeichen nur flachgedrückt wurden, kein Stück konifiziert. Ob das sinnvoll ist oder nur billiger zu fertigen, darf sich jeder mal selbst überlegen – Stichwort „Gewinde“.
Mein zweites Kopfkratzen hatte ich mit den Krafteinleitungszonen. Warum sind die bei den beiden Titanspeichen unten so lang? Das macht kein Konkurrent so und das scheint auch nicht notwendig zu sein. Oder brechen Speichen regelmäßig unterhalb der Dick-Enden?
Ich finde es ja super, dass Pillar einen großen Bogen um kaum montierbare Dünnspeichen macht und den Sonderweg Titan geht. Aber am Ende muss man ja auch mal sehen, welchen technischen Vorsprung man damit vor der Konkurrenz hat. Bei den Speichen am Vorderrad ist das unbestritten eine Menge, die Speichen halten bisher super und wiegen nur 2,8 g pro Stück. Die nächstbeste Sapim Superspoke kommt schon auf 36% mehr.
Bei der Antriebsseite hinten schlägt eine Titan-Speiche aber bereits mit 4,2 g ins Kontor. Das ist dann fast auf Augenhöhe mit einer Laser und auch eine billige und dauerhaltbare Revo ist mit 13% Mehrgewicht nicht mehr weit weg. Da hat's also nichts gebracht, man hätte genauso Edelstahl verwenden können. Es sein denn Edelstahl und Titan harmonieren zusammen nicht.
Kann es sein, dass Extralite unauffällig auf „all Ti“ umgestellt hat, damit alle Speichen das gleiche altersbedingte Dehnungsverhalten an den Tag legen? Die Dauerschwingfestigkeit ist bei unterschiedlichen Werkstoffen nun mal unterschiedlich. Das könnte also eine gute Idee gewesen sein.
Vielleicht kann das jemand bestätigen. Hat hier jemand im Forum einen HyperTerra von 2017 oder jünger? Sind die Antriebsspeichen auch aus Titan?
Alles in allem wirkt die Auslegung seitens Pillar auf mich jedenfalls etwas inkonsequent. Da steckt noch Potential drin. Trotzdem Respekt für den Mut zu Titan.
Sapim/ Light Wolf
Als nächstes zu den Spezialisten von Sapim. 40 oder gar 60% mehr Querschnitt im Antrieb erschienen mir unnötig viel. Laufräder sollten eher gegen Spitzenlasten wie Durchschläge dimensioniert werden, nicht gegen mein bisschen Wadl-Mus, sagte mir mein Bauchgefühl. Ich wollte daher mal in die andere Richtung gehen und habe mich beim UltraTerra für D-Light plus Laser entschieden, das entspricht nur 20% mehr Querschnitt.
Blöde Idee. Nicht wegen der 20%, sondern weil Team Sapim meine Idee gekonnt torpediert hat:
Auf der Homepage wird beschrieben, dass die D-Light einen Mittelteil von 1,65 mm hat und Dick-Enden mit 2,0 mm. Wer genau hinsieht, wird jedoch feststellen, dass das Foto eine Speiche zeigt, die an der Gewindeseite gar kein Dick-Ende hat. Und tatsächlich: Als mein Radsatz fertig war bin ich beim Messen zufällig darüber gestolpert.
Wieder Kopfkratzen. Sollten diese Speichen nicht grundsätzlich aus 2 mm-Draht gezogen worden sein? Also warum sollte man ... ? Ich kann da echt nur staunen, Sapim. Ihr habt am kleinsten Drahtquerschnitt Gewindekerben eingebracht, reife Leistung! Und dann hat es euer Marketing-Team nicht mal geschafft die Speiche korrekt bemaßt ins Netz zu stellen.
Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie einem Hersteller so etwas durch die Lappen gehen kann. Und wie schon bei Extralight/ Pillar gilt: willst du etwas über deine Speichen wissen, miss es selbst nach. Man kann sich auf nichts verlassen. Ich, der zahlende Kunde, hatte in diesem Fall nicht mal eine Chance es vor dem Kauf zu erkennen.
Meine Idee, einen Radsatz mit easy tauschbaren 2 mm-Speichen aufzubauen, liegt damit im Gulli. Tja, schönen Dank nach Antwerpen.
Edit 25.10. 19:28 Uhr: Quark! Es sind wirklich 2,0 mm, steht auch im Text neben der Speiche erklärt. Nur die Abbildung ist unten nicht ganz exakt. Who english can, is clear in the pre-part. ;-)
Habe ich mich getäuscht? Stimmt irgendetwas an meinen Überlegungen nicht? Korrigiert mich. Ich freue mich ja, wenn ich etwas dazulernen kann.
Viele Grüße!