MTB Rahmen aus hochfestem Luftfahrtaluminium

Hallo Interessierte,

die Tage stellte ich einen massiven Schaden am Rahmen fest. Ich möchte euch die Einzelheiten nicht vorenthalten. Der Rahmen hat rund 3000 km runter und wurde im Durchschnitt mit 225 Watt bewegt.
Als ich letzten Donnerstag zum Treffpunkt unserer Gravelgruppe rollte, fiel mir auf, das das Kettenblatt nicht sauber lief. Man kann ja von oben schön drauf gucken und es "eierte" etwa 1 mm.
Da es mit Sicherheit mal sauber lief, vermutete ich es hätte wohl mal einen Schlag abbekommen. Ich beschloss das im Anschluss an die Ausfahrt zu prüfen.
Einem Kollege sprach mich dann während der Fahrt auf einen vermeintlich platten Reifen an. Ich vermute auch er merkte in unmittelbarer Nähe, dass etwas komisch war.
Es folgten einige kurze harte Anstiege, Sprints und Wiegetrittabschnitte. Nach der darauf folgenden Abfahrt schaute ich nochmal nach dem Kettenblatt und jetzt fühlte sich auch die Kurbel komisch an.
Ich vermutete einen lockeren Kurbelarm und bat um einen kleinen Reparaturhalt. Die Kurbel war ok, aber das Tretlager ließ etwas bewegen. Da war klar, der Rahmen war gebrochen.
Daraufhin schickte ich die Jungs weiter und fuhr so etwa 10km gemächlich und frustriert nach hause 😥.
Natürlich begann ich sogleich damit der Sache auf den Grund zu gehen.

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Drei von vier Anniet-Fahnen sind gerissen. Das weiße ist Korrosionsschutz-Fett, keine Ausblühung oder gar Kontakt-Korrosion. Alle Niete waren intakt, das Rahmenblech hatte keinen Schaden.
Die Niete in den noch vorhanden Fahnen waren natürlich etwas "ausgeleiert", aber das ist nicht verwunderlich.
Ich finde es erstaunlich, dass der Bock überhaupt noch zusammenhielt und sich pedalieren ließ.
Auf der anderen Seite zeigt sich hier auch die Redundanz dieser Bauweise. "Der Rest hat eben noch gehalten". Außerdem stoppte die Risswanderung und somit blieb das Tretlager wenigstens dran.

Aber wie konnte das passieren?

Also wenn ich mir die Fahnen heute angucke sind die in der Tat etwas dünn. Zudem ist ein Konstruktionsfehler offensichtlich. Wenn ich die Scherkräfte aus 5 Nietverbindern einleiten möchte, dann muss mein Verbinder selbstverständlich mit dem Querschnitt im Verhältnis wachsen. Irgendwie tut er das nicht, er ist quasi ein Steifen mit konstanter Breite und der sich vergrößernde Querschnitt ist vielleicht im Ansatz zu erahnen. Die Teile müssten nach unten deutlich breiter werden um die immer größeren Kräfte zu fangen. In diesem Baustadium waren in den Fahnen auch nur 3 Löcher drin und daher fiel mir das vielleicht nicht so auf.
Alle Brüche entstanden im geschwächten Querschnitt zwischen dem jeweils 4. und 5. Niet.
Nachmessen ergab eine Risslänge von rund 10mm bei einer Blechdicke von 0.050 Zoll (1,27mm).
Momentmal da stimmt doch was nicht, denn wenn ich da die halbe Streckgrenze von 4130 überschlage, komme ich auf rund 3000N sichere Festigkeit. Die 4 Niete können aber aber 6800N. Das passt nicht. Normalerweise sehe ich da einen Faktor von 1,5 vor, was immer noch 4500N übrig lässt.
Ich checkte mein Rechensheet und da war bei der Stahlblechstärke überall 0.063 Zoll (1,6 mm) angenommen und so kam ich auch auf die Anzahl der nötigen Niete.
Dann fiel es mit wieder ein. Ich musste ja die Niete einziehen, sprich mit einer trichterförmigen Senkung versehen. Dafür habe ich ein Einziehwerkzeug mit Stempel und Matritze. Dieses kam aber bei dem Test mit dem 1,6er Blech an seine Grenzen und so beschloss ich auf die nächst kleinere Blechstärke 1,27er zu gehen und die Breite der Fahnen entsprechend zu vergrößern. Das habe ich aber dann nicht gemacht.
Keine Ahnung warum und zusätzlich habe ich vor lauter Gewichts-Knauserei wohl so lange an dem Teil herumgefeilt, bis es tatsächlich unter 200g wog.

Es sind trotzdem sehr wertvolle Erkenntnisse und die werde ich nutzen.
Natürlich wird es nun Fahnen in 4130 der Stärke 0.063 Zoll geben und die werden nach unten auch ordentlich breiter werden. Und dann werde ich auch nicht mehr dünner feilen, wenn das Ding dann 207g wiegen sollte 😁


Grüße

Thomas
 
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Schönen Sonntag,

danke Leute für die aufmunternden Worte. Die Motivation, das besser zu machen hat mich tatsächlich ganz eingenommen. Natürlich zieht es mich wieder in der Werkstatt und mitunter kann ich kaum still sitzen.
Die Krafteinleitung soll nicht nur haltbarer werden, ich möchte auch die Trittsteifigkeit verbessern und dahingehend hat mit die "alte" Konstruktion nicht so gut gefallen. Klar, die neue Lösung wird deutlich stärker und steifer, jedoch auch schwerer. Ich möchte ein Gefühl für den Einfluss dieser Maßnahme bekommen. Steifer wird es, das ist klar, aber dieses Ergebnis werde ich dann mit meiner Vorstellung vergleichen. Ich habe zwar auch einen Rechenwert, aber der ist nur eine Zahl.
Die Blechstärke wird nebenbei nicht auf 0.063 gehoben. Die neue Krafteinleitung baue ich aus 0.050 und sehe eben mehr Material vor. Das passt besser zu dem dünnen Alu und 1,6er 4130-Blech ist auch schon nicht so leicht in Form zu bringen.

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Leicht krumm, muss es werden und genau in das vorhandene Profil passen.

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Das "Hilfsholz" wird dabei oft gebraucht und es lohnt sich den Aufwand zu treiben.


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Passt schon fast. In kleinen Schritten immer weiter biegen.


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Anzeichnen der ungefähren Form. Ich mache das aus dem Bauch, hier wird nichts gerechnet.


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Ein Knotenblech wird hergestellt. Es soll einerseits die Kraft einleiten, aber es bekommt noch eine weitere Aufgabe.

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Das sieht dann so aus und vielleicht werde ich das noch schwarz eloxieren lassen.


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Anpunkten im ausgerichteten Rahmen, der nun hinten offen ist.


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Dann schön durchschweißen, was zum Glück gut gelungen ist.


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Die Knotenbleche brauche ich als Schablone um den hinteren Teil der Krafteinleitung ins Tretlager zu heften. Verbaut besteht ja da am Rahmen kein Zugang und so musste ich mir mit diesem Trick helfen.



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Neu schwarzverzinken des Tretlagerrohres ist nicht. Dafür müsste ich noch mehr Niete ausbohren. Daher werde ich da eine Teillackierung machen. Als Grundierung nehme ich da immer Owatrol-Primer. Der kriecht in alle Spalte und macht einen prima Rostschutz.
Ach, es fühlt sich gut an, nun sind keine kaputten Teile mehr am Rahmen, auch wenn er noch zerlegt ist.


Grüße

Thomas
 
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Abend,

das Rad soll wieder rollen, wenn ich diese zähe Grippe endlich los bin. Die Knotenbleche gab ich zum eloxieren, was gar nicht so leicht ist, obwohl wir hier viel Betriebe haben. Die schrecken oft vor diesen "pingeligen Fahrrad- und Motorradtunern" zurück, weil die hinterher immer mit dem Anwalt kommen.
Nicht so die Firma OFT, deren Chefin echt was los hat. Die nahm die Teile an und schon am nächsten Tag hatte ich die für echt günstiges Geld in bestem schwarz zurück. Die Qualität ist hervorragend.

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Hach sehen die cool aus. Eloxieren ist immer besser als lackieren.

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Die Teillackierung ist ebenfalls abgeschlossen. Ich habe versucht einen Übergang zu der verzinkten Oberfläche herzustellen. So leidlich hat das geklappt. Na ja, Hauptsache das gammelt nicht.

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Die ersten Niete sind wieder geschlagen. So ganz einfach ist das nicht da in dem Loch drinnen und daher hat auch der Lack etwas gelitten. Das Kontereisen ist da im Eck schwer zu kontrollieren und Macken sind dann schnell drin. Das wird nachher wieder zu gestrichen. Die Setzköpfe selber sind gut geworden und das ist die Hauptsache.

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Das habe ich mir länger überlegt und mich dann doch für eine zusätzliche Klebung entschieden.

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Hier musste ich ein Spezialwerkzeug bauen, sonst hätte ich die Nietköpfe nicht erreicht. Ja das nervt für die kleine Anzahl Niete aber das war nun mal die einzige Lösung.

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Wie das Knödel essen, einen nach dem anderen. Alles ging gut, sämtliche Niete gingen gut rein und füllten die etwas geweiteten Löcher wieder aus. Daher sind sie genau genommen sogar etwas stärker als vorher. Außerdem merkt man am Gewicht jede Heftnadel, die jeweils durch einen Niet ersetzt wird.

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Die neue Konstruktion ist fertig umgesetzt und alles lief so wie ich mir das gedacht habe. Auch optisch finde ich das gar nicht so schlecht mit dem schwarzen Blech außen drauf. Ich bin ja so gespannt, wie das Teil dann hinterher fahren wird. Ich erwarte schon mehr Trittsteifigkeit. Jetzt fehlt nur noch der Satteldom und es kann wieder losgehen.

Gruß

Thomas
 
Hallo Leute,

selbstverständlich gibt es immer eine Lernkurve und mit dem Betrieb des Rahmens bot sich mir auch die Chance, einige Parameter die ich in der Theorie annahm, in der Praxis zu revidieren. Dabei handelt es sich um ein gängiges und verbreitetes Konzept.
Trotzdem lässt sich ein gewisser Restvorwurf, zunächst unrichtige Annahmen getroffen zu haben, nicht wirklich abschütteln. Unstrittig ist, dass der Rahmen an einigen Stellen vorzeitig ermüdete und entsprechend „nachgebessert“ wurde.
Kürzlich sollte sich einmal mehrherausstellen, dass diese Problematik keineswegs auf meine eigenen Konstruktionen beschränkt ist.
Gerade mit dem zurückliegenden Ende der Saison und mit dem Einsatz des Schmuddelwetters verbrachte ich mehr und mehr Zeit auf dem Ergometer.
Beim echten Radfahren stört mich weder die Kälte noch die Dunkelheit. Auch mit der Nässe komme ich noch einigermaßen klar, aber auf diese ewig räudigen Dreckschlachten habe ich einfach satt.
Nacht für Nacht nach dem Training im Wald dann auf der Straße vor dem Haus zu stehen und sich selbst und das Fahrrad bibbernd mit dem Gartenschlauch abzubrausen, bevor man sich überhaupt aufs Grundstück traut, nervte mich an.
Anschließend sind noch die großen Dreckbrocken, die sich nicht in den Gulli spülen ließen, mit der Schaufel aus dem Rinnstein zu kratzen.
Da zog ich mir lieber eine Badehose an, stellte das Ergometer auf die Terrasse und ließ mir den Regen ohne Fahrtwind über den Buckel laufen und strampelte im Stillstand die Kilometer und Höhenmeter in die Pedale. Eine Flucht in den Zwift-Keller erlaube ich mir grundsätzlich nicht.
Irgendwie hatte ich aber den Eindruck, dass sich die Pedalgerätschaft immer weicher und wabbeliger anfühlte als gewohnt. Schließlich ließ sich das beim besten Willen nicht mehr ignorieren. Folglich schraubte ich mal die Plastikverkleidung des Monstrums ab und inspizierte den doch recht robust wirkenden Stahlrahmen des Rahmens. Tatsächlich lag ein Ermüdungsbruch an vier wichtigen Schweißnähten vor.

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Dabei handelt es sich um jene Verbindungen, die einer potentiellen Ermüdung auch am meisten ausgeliefert sind bzw. die größte zyklische Belastung erfahren.
Glücklicherweise hielt das alles noch zusammen, denn die Risse befanden sich erst im Begriff auch die Stellen mit kleinerer Spannung zu erreichen.

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Mit der Flex entfernte ich die bestehende Schweißnaht und den vorliegenden Bruch.
Anschließend schweißte ich die Teile mit mit Punkten bei voller Leistung wieder zusammen.

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So lässt sich die eingetragene Wärmebesser kontrollieren und man erhält auch so etwas wie eine Wurzel.
Der Rahmen ist nun wieder steif und wird hoffentlich aushalten, was da noch auf ihn zukommt.
Zum Schluss kam noch etwas Farbe drüber aber davon gibt es kein Bild.
Ganz offensichtlich unterschieden sich die Annahmen der Konstrukteure dieses Trainingsgerätes nur unwesentlich von den den ersten Annahmen, die ich bei der Auslegung meines Rahmens traf.

Das Ergebnis war jeweils: nicht ausreichend 😁

Das muss besser werden....
Grüße

Thomas
 
Hallo Zusammen,

die Rückschläge reißen einfach nicht ab. Dieses mal geht es allerdings nicht um den Rahmen, sondern um ein weiteres Serienteil, welches sich verabschiedet hat. Wieder einmal spürte ich eine seltsame Weichheit in der Tretkurbel, ja ein gewisses Spiel im Antritt. Ich schob das auf die schon einigermaßen verschlissene Kette, bzw. Kassette. Zudem lief die ganze Sache euch nicht mehr geräuschfrei und da ich eine tiefe Wasserfahrt im Altrhein hinter mir hatte, beschloss ich die Lager zu überprüfen. Die Pressfit-Dub-Lager halten bei mir etwa 2 Monate lang, dann sind sie in der Regel verrostet, knirschen fürchterlich und müssen getauscht werden. Im Sommer ist das etwas besser, aber bei den Dreckschlachten im Winter ist das so.
Auch dieses Mal war dies der Fall, gleichwohl das Tretgeräusch erstaunlich leise blieb.
Aber was war das? Der Kurbelarm mit dem Kettenblatt ließ sich in Drehrichtung am Außenumfang um 2mm bewegen. Zunächst tippte ich auf eine lose Verbindung mit der Achse, aber diese saß bombenfest. Das Aluminium-Achs-Gegenstück, welches in den Carbon-Hebelarm geklebt ist, hatte sich gelöst und schlabberte einigermaßen lose herum.

"Fancy-Shit-Kaputt" :D

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Auf dem Bild ist zu erkennen, dass sich das Aluminiumteil auch axial in dem Kurbelarm bewegen lässt.
Diese SRAM-Eagle-XX1-Kurbel hat es schlichtweg hinter sich. Vielleicht hätte ich die auch schon früher tauschen sollen, denn auch dort wo die Lager auf der Achse sitzen, ist sie merklich eingelaufen. Möglicherweise ist das auch der Grund für das Eindringen des Wassers.

Grüße

Thomas
 
Hallo Zusammen,

die Rückschläge reißen einfach nicht ab. Dieses mal geht es allerdings nicht um den Rahmen, sondern um ein weiteres Serienteil, welches sich verabschiedet hat. Wieder einmal spürte ich eine seltsame Weichheit in der Tretkurbel, ja ein gewisses Spiel im Antritt. Ich schob das auf die schon einigermaßen verschlissene Kette, bzw. Kassette. Zudem lief die ganze Sache euch nicht mehr geräuschfrei und da ich eine tiefe Wasserfahrt im Altrhein hinter mir hatte, beschloss ich die Lager zu überprüfen. Die Pressfit-Dub-Lager halten bei mir etwa 2 Monate lang, dann sind sie in der Regel verrostet, knirschen fürchterlich und müssen getauscht werden. Im Sommer ist das etwas besser, aber bei den Dreckschlachten im Winter ist das so.
Auch dieses Mal war dies der Fall, gleichwohl das Tretgeräusch erstaunlich leise blieb.
Aber was war das? Der Kurbelarm mit dem Kettenblatt ließ sich in Drehrichtung am Außenumfang um 2mm bewegen. Zunächst tippte ich auf eine lose Verbindung mit der Achse, aber diese saß bombenfest. Das Aluminium-Achs-Gegenstück, welches in den Carbon-Hebelarm geklebt ist, hatte sich gelöst und schlabberte einigermaßen lose herum.

"Fancy-Shit-Kaputt" :D

Anhang anzeigen 1843817
Auf dem Bild ist zu erkennen, dass sich das Aluminiumteil auch axial in dem Kurbelarm bewegen lässt.
Diese SRAM-Eagle-XX1-Kurbel hat es schlichtweg hinter sich. Vielleicht hätte ich die auch schon früher tauschen sollen, denn auch dort wo die Lager auf der Achse sitzen, ist sie merklich eingelaufen. Möglicherweise ist das auch der Grund für das Eindringen des Wassers.

Grüße

Thomas

Bekanntes Problem. Kommt des Öfteren vor bei den alten Sram-Kurbeln.
 
Ich würde ja einfach ein Vierkant Innenlager + hochwertige Kurbel dazu verbauen ...

dein Rahmen ist Klasse + ich bin gespannt was als nächstes Projekt kommt ...

LG
Mike
 
Die Pressfit-Dub-Lager halten bei mir etwa 2 Monate lang, dann sind sie in der Regel verrostet,
:oops: das ist aber nicht viel, wobei ich auch nicht weiß wie lange du in der Zeit mit dem Rad unterwegs bist. Sind die Lager irgendwie zugänglich? Dann würde ich mal versuchen, die Dichtung vorsichtig rauszuhebeln und eine anständige Menge Fett reinzudrücken damit das nicht so schnell korrodiert. Läuft dann ggf etwas schwerer aber hoffentlich länger.
 
Hallo Zusammen,

in Sachen Pressfit-Dub-Lager mit erhöhtem Verschleiß möchte ich nun meine Erkenntnisse teilen.
Mir ist bekannt, dass bei die Lager bei anderen Fahrern / Fahrrädern länger halten.
Der Post richtet sich an jene, die das Lager auch oft wechseln müssen.
Ich beobachte das Verhalten schon länger und nach etwa 20 Lagerwechseln an diversen Fahrrädern kenne ich nun die Ursache. Dabei möchte ich erwähnen, dass ich die Lager intensiv belaste und bis zu drei Dreckfahrten pro Woche unternehme.

Wenn man alleine unterwegs ist, ist die "Dreckbelastung" deutlich niedriger, aber wenn der Dreck der 10 Mitfahrer aus allen Richtungen kommt, dann kann man sich auch Mud-Guards und dergleichen sparen. Die sind dann einfach kein schlauer Tipp mehr.
Auch die Geschwindigkeit spielt eine Rolle. Wenn ich alleine auf MTB-Trails unterwegs bin, dann sieht zwar mein Rücken ne Menge Schmutz und ich würde auch behaupten das Rad ist dreckig, aber der Antrieb bleibt doch einigermaßen knirsch-frei. Das ist kein Vergleich zu der Raserei mit 30 km/h im engen Verbund über die Waldautobahnen.
Ich reinige das Rad und den Antrieb nach jeder Fahrt mit Wasser (kein Hochdruckreiniger).
Das ist nötig, rein aus mechanischen Überlegungen heraus.
Inzwischen demontiere ich auch nach jeder Fahrt die Tretkurbel und zu 90% entdecke ich Wasser, welches sich in der Kunststoff-Hülse des Pressfit-Lagers findet. Dabei verwende ich reichlich Fett (PM600) auf den Lagersitzen.
Eigentlich verhindern die blauen-Dichtungen (roter Pfeil) das Eindringen von Schmutz und Wasser.
In der Praxis und nach intensiver Belastung schafft es aber mitunter eine kleine Menge Wasser (und Dreck) daran (und am gefetteten Lagersitz) vorbei zu kommen. Das ist bei verschlissener Achse zwischen Lager und Achse (roter Pfeil) immer leichter möglich.
Daher tritt das Phänomen zunächst nicht oder vermindert auf.
Unglücklicherweise ist diese Kunststoffhülse auch so gestaltet, dass sich Wassertaschen (blaue Pfeile) bilden können, in welchen das Wasser auch wochenlang steht. Das tötet dann mit der Zeit die Lager von der Innenseite her.

Für mich gibt es da zwei Lösungsmöglichkeiten:
1. Die Lagerhülse nicht verbauen und die Wasserablaufwege das Rahmens nutzen. Dazu braucht es einen kleinen Ablauf (Bohrung) und eine etwas höhere Position der Lager in Rahmen.
2. Nach jeder Fahrt die Kurbel abbauen und das Wasser entfernen und natürlich alles wieder fetten.

Die Hülse soll ja den Kontakt der Tretachse mit Zügen und Leitungen verhindern, die durch den Rahmen führen. Laut SRAM darf auch die Hülse die Züge nicht berühren. Das verstehe ich nicht ganz.

Dub_Problem.jpg


Seit ich das Wasser regelmäßig entferne, hält das Lager. Leider lässt sich die Hülse nicht ohne Ausbau der Lager ausbauen. Daher hebe ich mir das fürs nächste Mal auf.


Grüße

Thomas
 
Schönen Sonntag,

Das Regenwetter ließ mich eine Baustelle angehen, die ich schon seit einiger Zeit auf dem Schirm habe. Am 2. Prototyp zeigte sich ein Ermüdungsriss an der rechten Sattelstrebe. Ich stufte diesen zunächst als "ungefährlich" ein und markierte das Ende mit einer Körnung. Die Haltbarkeit der Strebe war ja noch gegeben und die Kräfte wurden nach wie über alle Niete übertragen. Leider wuchs der Riss weiter.
Allerdings ist mir der Mechanismus, der zu dieser Ermüdung geführt hat, etwas rätselhaft. Die Sattelstrebe überträgt vornehmlich Druck, ein wenig Zug, Torsion und Biegung sieht sie aber auch.

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Letztere habe ich da ein vornehmlich im Verdacht. Wenn an dem offenen C-Profil axial (Hinterachse) Verformung auftritt, dann wird unter anderem der letzte Niet auf Zug und Druck belastet.
Die Flansche sind hier steifer als der Steg und hier vermute ich das Problem.
Der Steg beult somit und das Blech ist an der Stelle durch die Biegung schon in der falschen Richtung kaltverhärtet.
Wahrscheinlich spielt aber auch wieder ein kleiner Baufehler mit herein. So wie das aussieht, habe ich damals mit der Feile das Profil entsprechend abgerundet. Aufgrund der Streichrichtung der Feile begünstigte ich die Rissbildung durch Kerbwirkung. Hier hätte ich nur entlang der Steges arbeiten dürfen, nicht quer dazu.
Aber raus damit, das ist schließlich auch ein großer Vorteil dieser Bauweise.
Beim Ausbohren der Niete darf der Bohrer mit den Lochwänden nicht in Berührung kommen.
Also Kopf einbohren und mit der Rückseite des Bohrers ausbrechen.

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Das hat geklappt.

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Die Reste lassen sich mit Gegenhalter und Durchschlag entfernen.

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Übertragung des individuellen Lochmusters mit einem Stück Siebdruck. Die vorhandenen Löcher in dem schadhaften Bauteil dienen als Pilot-Bohrungen.

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Mit Bolzen, die den Durchmesser der großen Löcher besitzen wird nun das neue Bauteil auf der Siebdruckplatte fixiert und das Lochmuster wiederum rückwärts übertragen.

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Das Lochmuster gleicht der alten Strebe, dabei erreicht man eine hohe Genauigkeit. Das neue Bauteil ist demnach ein Abguss, der auch nur dort passt, wo das alte, kaputte saß. Diesmal führe ich auch das Ende anders aus und vermeide Spanabhebende Bearbeitung in der kritischen Querrichtung.

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Zur Sicherheit schleife ich das neue, gute Stück nass mit 1000er Schleifleinen.
So zeigen sich auch kleinste Schäden und man wird alle Sägerauigkeiten, Grate und Feilspuren los.
Anschließend wird mit feinstem Polier-Fleece wieder der richtige Glanz erreicht.
Auch die Fertigungskonstanz passt, alt und neu wiegen jeweils exakt 49g.
Schon cool sowas wieder in Ordnung bringen zu können.
Der Schaden hat mich genervt und ich will wissen, ob das nun gut ist.

Gruß

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings ist mir der Mechanismus, der zu dieser Ermüdung geführt hat, etwas rätselhaft. Die Sattelstrebe überträgt vornehmlich Druck, ein wenig Zug, Torsion und Biegung sieht sie aber auch.

Glaskugel:

Die beiden SitzKettenstreben sind zueinander mehr oder weniger als ein Parallelogram angeordnet. Jede seitliche Belastung kommt also irgendwie als Biegelast bei den Verbindungsstellen an. Bei "jede seitliche Belastung" denke ich an ganz normales Treten mit gerademal moderatem Druck aufm Pedal.

Die ganze Seitensteifigkeit der einzelnen SitzKettenstreben kommt von den Queranteilen (gewissermaßen Dach und Boden der flachen U-Segmente an dem I-Segment). Die Einspannung auf Sitzrohrseite greift aber allein am I an. Jede kleine seitliche Auslenkung des Hinterbaus (bzw. die einhergehende Last) wird damit zwangsläufig in dem winzigen Bereich zwischen den Nieten und den beiden kleinen U-Segmenten konzentriert. Daher treten dort Lastspitzen auf.

Ähh ... ist das ohne Skizze halbwegs nachvollziehbar?


Um das zu entschärfen, könntest Du die Anbindung steifer oder weicher machen: Also entweder so steif, dass die Lastspitze (Übergang I zu C-Boden/-Dach) verschwindet (und das C-Profil samt Einspannung wirklich als Balken wirken kann), oder so weich, dass die Lastspitze eben keine mehr ist (weil ein deutlich größerer Materialbereich die Verformung aufnehmen kann).


PS: Text oben korrigiert; es ging um die Sitzstreben (also diejenigen, wo der Schaden auftrat), nicht die Kettenstreben
 
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Hallo „Die Glaskugel“ 😀

Danke für Deinen Beitrag. Er ist ohne Skizze verständlich und ich meine auch, dass er inhaltlich absolut richtig ist.
Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, wie man das aussteifen könnte.
Ich überlege das Blech, welches die rechte und linke Kettenstrebe verbindet, richtig als Knoten auszuführen, sprich zu verbreitern und mit dem oberen Flansch des C-Profils zu verbinden.

Gruß

Thomas
 
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Ergänzend: Ich hatte oben fälschlich von den Kettenstreben gesprochen. Gemeint waren natürlich die Sitzstreben ...

als Knoten auszuführen, sprich zu verbreitern und mit dem oberen Flansch des C-Profils zu verbinden
Das sollte die Einspannung in seitlicher Richtung deutlich versteifen und speziell den oberen Teil des C-Profils entlasten.

Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass sich dann eine Problemstelle in der Nähe ergibt (z.B. durch die Kerbwirkung der neuen Bohrungen oder unterhalb der jetzigen beim dann immer noch unabgestützen Teil des C-Profils), aber einen Schritt nach dem anderen ...
 
Hi Flugzeugradler,

Erstmal danke für diesen Thread! Gehört für mich zum absolut besten Content in diesem Forum. Der Hammer! (Und Niet auch)!

Wie machst du eigentlich die Auslegung deiner Teile? Ist das vor allem Erfahrung und Gefühl, oder rechnest du auch mit Zettel und Stift oder benutzt du irgendein FEM-Tool?

Viele Grüße und hohe 5
Nichtslutz
 
Abend Zusammen,

Natürlich geht es um die Sitz- bzw. Sattelstreben, das habe ich auch durcheinander gebracht.
Die Auslegung habe ich an einigen Stellen „Von Hand“ gerechnet und für die Berechnung Flächenträgjeitsmomente habe ich mir ein EXCEL Sheet gemacht.
Das alles hat aber wenig Erkenntnisse geliefert. Da kommen halt Zahlen raus, aber was nützen die? Was deutlich mehr bringt, ist das ich praktisch zwei Formgleiche Rahmen habe, die unterschiedlich stark ausgelegt sind. Ich kenne da jede Dimension und jede Materalstärke auswendig. Kein noch so gutes Modell ersetzt ein echtes Belastungsprofil, das habe ich inzwischen gelernt und ich fahre die Dinger viel, auch in Wettkämpfen.
Der Mensch ist da besser Als Bit und Byte.

Grüße

Thomas
 
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