Als eingefleischter Liteville-Fan seit 2005 mit drei Stück 301 im Keller muß ich sagen: Das war's jetzt endgültig.
Natürlich wird bald wieder Gewäsch a la "Razorblade" oder ein anderes schwachsinniges Marketing-Gesabbel die Runde machen. Daß die meisten früheren 301-Käufer aber kein Enduro wollen (dafür war früher das 601 und 901 zuständig), wird gekonnt übersehen bzw. fehleingeschätzt. Dazu paßt dann auch, daß man wohl keine nennenswerte Trinkflasche mehr montieren kann. Das sture Festhalten an dem einst revolutionären, heute aber hoffnungslos veralteten Federungs-Konzept ist vermutlich auch nicht unbedingt eine weise Entscheidung. Abgesehen davon, daß das Teil an Häßlichkeit kaum zu überbieten ist - und das sage ich als jemand, der nach dem Prinzip "form follows function" lebt. Aber irgendwann ist einfach eine Grenze erreicht. Ich habe bereits vor einigen Monaten auf dieser Website die Bilder von dem geleakten Prototypen gesehen und hätte damals nicht gedacht, daß Liteville sich wirklich traut, dieses optisch, geometrisch (aus 301-Warte betrachtet) und funktionell völlig mißratene Bike auf den Markt zu bringen.
Immerhin war die Entwicklung ja absehbar. Mit jeder Ausgabe ist das 301 enduro-lastiger geworden. Ich hätte vielleicht schon 2018 zu einem anderen Hersteller wechseln sollen, statt das MK14 zu kaufen ... aber was soll's, nach diversen Umbauten zum Ausgleich der vergurkten Geometrie bin ich nun einigermaßen zufrieden damit. Und stabil ist das Teil; daran gibt es nichts zu rütteln. Das MK15 war später auch noch kurz in der Überlegung, hat sich durch die noch weitere Auslegung Richtung Enduro aber sehr schnell disqualifiziert.
Hoffen wir, daß es für das 301 MK9 und MK14 noch eine Weile lang Ersatzteile geben wird ...
Aktuell wollte ich aber, so wie viele in meiner Altersgruppe, ein gutes XC- bis Trail-Bike, das auch für längere, muskel-betriebene Touren im Gebirge geeignet ist, und bin deshalb nun zum Scott Spark RC gewechselt.
Schade drum, ich mochte Liteville und Syntace als Firma gerne. Was für ein epischer Fehler, die gut betuchte Zielgruppe zwischen 50 und 60 so zu vernachlässigen, die in der Vergangenheit die 301er gekauft hat. Viele dieser Leute treiben viel Sport, aber wenige davon fahren Enduro. Da ist eher die Fahrt per Muskelkraft zum Karwendelhaus am Wochenende angesagt, ggf. mit Frau bzw. Mann, der bzw. dem man dann gleich ein weiteres 301 verkaufen hätte können, oder auch mal ein Alpencross oder der obligatorische Sport-Urlaub in Südtirol.
Sicherlich werden bald Tests in den Bike-Bravos auftauchen, gemäß derer das neue 301 "super" klettert und sich auch im XC-Bereich bravourös schlägt. Schon klar: Das ist dann das weltweit einzige Bike, das trotz Enduro-Geometrie und fast 15kg ein super Uphill-Gerät ist. Für die heutigen Bike-Redakteure besteht ein Uphill ja auch in den 10 hm zwischen der Bergstation des einen Lifts und der Talstation des nächsten ...
P.S. Extrem schade auch um die EightPins-Stütze. Die gibt's zwar auch an anderen Bikes, aber ich glaube, daß Liteville der Haupt-Abnehmer war. Bei mir hat die Stütze hervorragend funktioniert, und das Konzept ist super. Ohne Mühe schnell vollständig zerlegbar, kein Öl-Gesaue, Funktionsweise sehr leicht verständlich, Einrasten in 4mm-Schritten (nicht nur in der höchsten und niedrigsten Stellung), guter und freundlicher Support, gute Versorgung mit Ersatzteilen und Upgrade-Kits. Hoffentlich überlebt EightPins, sollte es Liteville erwischen!
Nun denn: Alles Gute für die Zukunft, Liteville (ist definitiv nicht sarkastisch gemeint, ich mag die Firma nach wie vor), auch wenn sich unsere Wege aufgrund unvereinbarer Zielvorstellungen nun getrennt haben. Möget Ihr Eure Eigenständigkeit so lange wie möglich bewahren und Euren Weg finden, auch wenn der Investor jetzt das Sagen hat.