Ich würde nicht so weit gehen, zu behaupten, daß es kein Patentrezept gibt. Aber ich habe noch keins gefunden.
Um meine Meinung zu begründen, daß Stack und Reach für mich persönlich nicht so wichtig sind, muß ich ein bißchen ausholen, und ich kann nur hoffen, daß ich es einigermaßen verständlich verbal formulieren kann. Falls nicht, muß vielleicht noch eine Zeichnung her. Des weiteren möchte ich präventiv darauf aufmerksam machen, daß das Folgende nur meine persönlichen Anforderungen wiedergibt.
Ich möchte damit beginnen, daß für mich als Ü50-Sack die Biomechanik im System Körper - Fahrrad eine wesentlich stärkere Rolle spielt als das Handling des Fahrrads beim Downhill-Ballern oder auf verspielten Trails. Die wichtigste Kenngröße für die Biomechanik ist für mich das Dreieck, das bei seitlicher Draufsicht durch die Mitte des Tretlagers, die Mitte der Lenkerstange und den Berührungspunkt Hintern-
Sattel festgelegt ist. Denn das sind die einzigen drei Punkte, an denen der Körper das Fahrrad berührt.
[ Anmerkung, bevor jetzt jeder schreit: Klar, die Füße berühren nicht wirklich das Tretlager, aber die Position der Füße wird über die Kurbeln und Pedale trotzdem letztlich von der Position des Tretlagers bestimmt. ]
[ Anmerkung 2: Zwei der Ecken, nämlich der Berührungspunkt Hintern-
Sattel und die Position des Lenker-Endes können weitgehend konfiguriert werden (
Sattel höher oder niedriger, vor oder zurück, Rise und Sweep des Lenkers, Vorbau-Spacer, Vorbau-Länge, etc.). Das ändert aber nichts an den folgenden Ausführungen. ]
Das heißt: Alle für mich wichtigen Kenngrößen, darunter der (durchschnittliche) Winkel zwischen Oberkörper und Oberschenkel, der (durchschnittliche) Winkel zwischen Unterschenkel und Oberschenkel (Kniewinkel) sowie der Winkel zwischen Oberkörper und Armen wird von den Ecken dieses Dreiecks festgelegt (lassen wir die Lenkerbreite mal außen vor).
Nehmen wir nun an, ich hätte dieses Dreieck auf meine Maße und Befindlichkeiten optimiert: Keine Schmerzen in Nacken, Rücken, Knie, Fuß oder Arm, effiziente Wandlung der aufgewendeten Leistung in Vortrieb.
Was passiert, wenn ich nun eine längere Gabel in dieses Bike einbaue? Natürlich ändern sich dadurch Stack und Reach. Aber die Seitenlängen des oben beschriebenen Dreiecks ändern sich dadurch kein bißchen; das Dreieck wird lediglich rotiert - samt mir. Die oben genannten Winkel zwischen den Gliedmaßen untereinander und dem Oberkörper und damit die Biomechanik bleibt exakt dieselbe. Das Bike paßt mir danach genausogut wie vorher (im biomechanischen Sinne), obwohl sich Stack und Reach geändert haben.
Nochmals zur Vermeidung von Mißverständnissen: Mir ist völlig klar, daß sich durch längere Gabeln etc. das Handling des Bikes drastisch ändern kann. Das oben Gesagte ist also eher für Leute wie mich relevant, die aufgrund von Schmerzen oder für optimalen Vortrieb eine bestimmte Biomechanik wünschen, sich zunächst aufgrund dieses Kriteriums in Frage kommende Rahmen auswählen und die weitere Auswahl dann anhand untergeordneter Kriterien treffen.
Ebenso klar ist, daß ein Bike mit superlangem Reach im allgemeinen auch einen größeren Abstand
Sattel-Lenker besitzt (eine der Seiten des oben genannten Dreiecks) als eines mit superkurzem Reach; für den Stack gilt eine analoge Betrachtung. Insofern nutze auch ich gelegentlich diese Angaben für einen ersten schnellen Check, aber nicht mehr.
Ich wollte also lediglich darlegen, warum für meine persönlichen Ansprüche der Stack und der Reach eher unwichtig sind.
In diesem Sinne kann ich Deine eingangs gestellte Frage "Sondern?" am ehesten so beantworten:
Die Seitenlängen des oben genannten Dreiecks, ermittelt per Meterstab oder errechnet aus den zur Verfügung stehenden Zeichnungen, was glücklicherweise meistens ganz gut möglich ist. Mit Kenngrößen, die auf einer
stets vertikalen Linie durch die Mitte des Tretlagers basieren, kann ich allenfalls als Zusatz-Information etwas anfangen.