Von mir auch mal ein Update, mein Vögelchen zwitschert auch noch
Eine Weile war ich jetzt mit einem geliehenen 29er Hinterrad unterwegs. Das erste Mal für mich an einem Enduro-Fully, sonst kenne (und mag) ich Full-29 nur am Mtb Hardtail. War recht interessant und erkenntnisreich.
Das Fazit vorweg: ich werd mir jetzt definitiv ein eigenes 29er Hinterrad bauen, und es im Wechsel mit dem 27.5er benutzen, je nach Laune. Beides hat seine Vor- und Nachteile und fährt sich unterschiedlicher als ich es für möglich gehalten hätte, für eins oder das andere entscheiden kann und will ich nicht.
Pro:
- In der langen Kettenstrebeneinstellung ist der Vogel tatsächlich nochmal merklich ausbalancierter. Kaum zu glauben, fand ich doch die kurze Streben Einstellung schon super ausgewogen. So ist es halt nochmal besser. So ein stoisch ruhiges, sicheres Rad hatte ich noch nie. Diese Balance, sensationell
- Uphill ist einfach gut! Es rollt und rollt, während man ganz entspannt auf dem Sattel sitzt. Hier ist die Kombination aus 29er Überrollen und langen Kettenstreben ein Killer. Wer braucht schon übersteile Sitzwinkel? Lange Kettenstreben sind die bessere Lösung!
- Druck am Vorderrad, warum ist das ein Thema, hat man das nicht sowieso? Man muss sich tatsächlich überhaupt keine Mühe mehr geben, der ist einfach da. Lange Kettenstreben regeln.
- Das 29er Hinterrad rollt einfach alles platt. War zu erwarten. Das Überrollverhalten ist nicht wegzudiskutieren, und in Full-29 folgt das Hinterrad jeder Aktion des großen Vorderrads sehr unauffällig, während man in Mullet-Konfiguration doch manchmal ein Stocken spürt oder aktiv entlasten muss.
- Der gesamte Hinterbau fühlt sich merklich satter an.
Contra:
- Die Schwalbe ist zu einem Vogel Strauß mutiert. Während es als Mullet an jeder Kante mühelos in die Luft steigen wollte, rollt es als Full-29 wie ein Panzer über den Trail. Sehr sicher, sehr ruhig und absolut mühelos. Nur in die Luft will es einfach nicht mehr, es ist richtig Arbeit es da hin zu zwingen. Generell Vorderrad anlupfen erfordert mächtig Zug am Lenker, und damit das Hinterrad nicht einfach absackt wie ein Kartoffelsack muss man auch immer einen Bunny-Impuls folgen lassen, während in der Mullet Konfiguration ein angedeutetes Abstoßen ausreichte um den Vogel steigen zu lassen.
- Full-29 macht mich definitiv nicht schneller, komplett im Gegenteil. Ich komme so entspannt unten an wie nie, aber auch später. Das verspielte Element fehlt komplett um richtig anzugasen. Statt jede Unebenheit zu gappen, rolle ich einfach plump über alles drüber. Ich hab es ein paarmal versucht verspielt damit zu fahren.... nope, das lass ich einfach instinktiv wieder bleiben, das ist scheinbar nicht das Element vom Vogel Strauß im 29er Setup. Am Boden alles plattwalzen, das ist sein Ding, und das macht es richtig gut.
Kurioses:
- Ich hab tatsächlich noch kein einziges Mal das Hinterrad im Bobbes stecken gehabt. Doch, einmal als ich mit der Hand in eine kleine Kiefer geraten bin und deswegen auf einem hohen Absatz ruckartig das Rad verlassen wollte, hab ich mich sauber aufs Hinterrad gesetzt. Nungut, zählt irgendwie nicht als Fahrerlebnis, ist ja ein Absteigeerlebnis. Scheinbar ist es ein Paradoxon: das große Hinterrad samt langen Kettenstreben führt dazu, dass man noch zentraler und höher steht, und weniger auf Hinterrad-Kollisionskurs geht, während die Hinterrad-Größe die Kollisionsgefahr eigentlich erhöht.Trotzdem kann ich mir ausrechnen, dass sich das im richtig technischen alpinen Gelände bei meiner Körpergröße irgendwann nicht vermeiden ließe. Daher ist 29er Hinterrad für mich eh nur für Hometrails interessant.
- Der Dämpfer möchte anders abgestimmt werden. Ich musste sowohl Luftdruck als auch Dämpfung verstellen. Druck hoch, Druckstufe mehr, Zugstufe weniger.
- Die öminöse "Wendigkeit" im technischen Gelände leidet nicht, weder unter der Hinterradgröße noch unter der Kettenstrebe. Ich komm um jede Kurve im engen Gelände gleich gut wie im Mullet-Setup. Manchmal halt mit ein wenig anderer An- oder Ausfahrt.
- In schnellen Offcamber Kurven neigt mir das Vorderrad manchmal zum einklappen am Kurvenausgang. Scheinbar hab ich den Dreh noch nicht ganz raus, mit der anderen Radlastverteilung rechtzeitig und ausreichend zu entlasten.
- In Full-29 hab (sehr) deutlich mehr Aufsetzer, sowohl Pedal- als auch Tretlager/Bash als in der Mullet Konfiguration.
Ansonsten hab ich mal einen Öhlins TTX1 Air in einer RCZ Aktion bestellt. Ich bin gespannt.
Den Gedanken an Coil hab ich temporär ad acta gelegt. Je länger ich den Vogel fahre desto mehr hab ich das Gefühl, dass das eher ein Luftdämpfer-Rad ist. Ich spiel lieber die Luftpumpen mal ein bisschen durch. Zumal ich jetzt gelernt habe, dass ich beim Hinterrad-Wechsel die Federstärke im Dämpfer anpassen möchte, das wäre ja bei einem Coil ausschließlich mit Sprindex Feder zu machen. Sobald der Öhlins da ist, geht der
Rockshox zu MST, damit ihm die Marotten mit dem Verhärten bei schnellen Schlagfolgen ausgetrieben werden.
Der Belagstest mit den Sinter Pro (Grün) Belägen läuft noch, aber ich glaub so ganz warm werd ich nicht damit. Scheinen deutlich haltbarer als Trickstuff Power+ oder Galfer Pro, und haben sehr ordentlich Bremskraft. Allerdings hab ich immer mehr das Gefühl, dass die nicht
100% zuverlässig sind. Wenn es nass ist, oder die Beläge kalt, dann rutschen sie mir manchmal unberechenbar einen Tick zuviel durch, bevor sie zupacken. Allerdings nie so, dass ich einfach weiß, dass es Anfangs schlecht packt, weil das immer so ist, sondern es fühlt sich eher zufällig an. Sowas verschafft mir kein Vertrauen.
Bei meinem Mann sind sie schon rausgeflogen. Seine werd ich jetzt auch noch zuende fahren und weiter beobachten, aber ich glaub das war dann auch für mich das Ende.
Btw: seit ich das Aeris hab, hab ich genau 2x mein Hardtail gefahren, und das auch nur um zu schauen ob ich es noch kann. Sowas hat noch kein Fully geschafft. Mal ein Jahr lang garkein Fully besitzen, das krieg ich locker hin. Monatelang keinen Gedanken an was anderes als das Fully verschwenden, das gab's noch nie. Der Vogel ist einfach gut. No frills, no nonsense, das Teil funktioniert einfach, und wie