@FS73: Das hier ist eine wie ich finde ganz gut gemachte Studie zum Thema:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4141074/
Die Autoren haben im Zeitraum 2005 bis 2011 insgesamt 39 Patienten mit einer koraklavikularen Bandplastik mit autologem Sehnenmaterial operiert. 25 Patienten wurden nach einem relativ langen Nachbeobachtunghszeitraum (Mittelwert: 4,2 Jahre) erneut untersucht. Bei der Nachuntersuchung wurden Beweglichkeit der Schulter und Schmerz mit Standardinstrumenten erhoben, eine Röntgenuntersuchungen durchgeführt und Komplikationen erhoben.
Die Ergebnisse zu Schmerz, Beweglichkeit und Kraft waren ganz okay. Das wurde mit dem Constant Score (CS)(
https://orthop.washington.edu/sites/default/files/files/POOS-15_Constant_Score.pdf), DASH (Disabilities of the Arm, Shoulder and Hand (DASH)) sowie einer separaten Erhebung des Schmerzzustandes gmessen. Nicht gut war, dass bei fast der Hälfte der Patienten das AC-Gelenk nach wie vor (oder wieder) instabil war. Bei mehr als der Hälfte der Patienten war eine Osteolyse (Knochenabbau) der Klavikula zu beobachten (vor OP: 1 von 25), die wiederum mit dem Ergebis korreliert hat (mehr Schmerzen, mehr Schmerzen bei Bewegung, geringere Beweglichkeit, höherer Anteil mit instabilem Gelenk). Bei 80% der Patienten war eine Weitung der Bohrkanäle zu beobachten, allerdings ohne Korrelation zu den Outcomes. Bei 20% der Patienten trat im Zeitverlauf eine Fraktur des Korakoid auf, bei etwas mehr als 10% eine Fraktur der Klavikula. Etwas mehr als 80% der Patienten bewerteten das Ergebnis insgesamt dennoch als exzellent oder gut.
Die Studie ist schon etwas älter (veröffentlicht 2014) und hat - wie alle Studien in diesem Bereich - kleine Fallzahlen. Größere Fallzahlen gibt es nur bei Reviews, die aber häufig zu unspezifisch sind und viele kleine Studien schlechter Qualität beinhalten. Seit dieser Studie hat sich zwar einiges getan, aber ein großer Durchbruch bei den OP-Verfahren wurde bislang meines Wissens nicht erreicht. Die Studie reflektiert sozusagen die untere Grenze, was man von einer solchen OP erwarten darf. Man weiß beispielsweise heute besser, dass es wichtig ist, eine zusätzliche Stabilisierung des AC-Gelenks zu erreichen, d.h. zumindest das obere AC-Band zu rekonstruieren. Da wurden verschiedene Materialen (Allograft, Autograft) und Verfahren ausprobiert, es existiert ein Wust an Studien mit kleinen und kleinsten Fallzahlen dazu, aber ein Standard hat sich noch nicht etabliert. Weiterhin bleibt das Problem mit den Bohrkanälen. Die OP-Technik ist hier ähnlich wie bei Tight-Rope. Bei TR muss das Implantat aber nur das Gelenk in Position halten, bis die körpereigenen Bänder vernarbt sind, während bei der Bandplastik das (in diesem Fall) körpereigene Implantat die volle Last dauerhaft und ein Leben lang tragen muss. Komplikationen, die bei TR gelegentlich auftreten, sind bei dieser Art der Rekonstruktion daher deutlich häufiger: Die Bohrlöcher weiten sich, das Material wächst nicht gut ein, das Gelenk wird instabil, die geweiteten Löcher schwächen die Knochenstruktur von Korakoid und Klaviklua und es kommt gehäuft zu Frakturen. Es wurde experimentiert mit einer größeren Anzahl an "Aufhängungspunkten", um das Gewicht der Schulter auf eine größere Fläche zu verteilen. Allerdings bedeutet mehr Löcher wieder mehr Strukturschwächung (mit entsprechendem Ergebnis). Ein Standard konnte sich mW hier ebenfalls noch nicht herausbilden.
Zu Deiner Frage:
Aus anderen Studien ist ersichtlich, dass diese Art von OP als letztes Mittel der Wahl durchgeführt wird. Das wird gemacht, wenn die Patienten bei ausgeschöpfter konservativer Behandlung dauerhaft Schmerzen haben und/oder stark in der Gestaltung ihres Lebens (Arbeit, Hobby, Sport) eingeschränkt sind und/oder eine stark ausgeprägte Bewegungseinschränkung vorliegt, oder kurz ausgedrückt sagen: So kann es nicht weitergehen, es muss sich etwas ändern. Entsprechend dieser Ausgangslage ist zu erwarten, dass sich mit der OP mit hoher Wahrscheinlichkeit vieles bessert. Allerdings beinhaltet die OP auch erhebliche Risiken, die hauptsächlich aus der Schwächung der Knochenstruktur resultieren. Man kann bei dieser OP am Ende schlechter dastehen als zuvor (bspw. wenn das Schulterdach bricht) und bei zunehmenden Alter wirkt sich eine bereits vorgeschwächte Knochenstruktur sicherlich nicht günstig aus. Andererseits bietet die OP bei schlechter Ausgangslage eine faire Chance, den Zustand substantiell zu verbessern. Im Forum hier hat mW
@Gino1970 so eine Operation machen lassen mit ganz guten Ergebnissen (bei mir selbst war das nicht erforderlich).
Ich denke, Du solltest die Sache mit einer Ärztin/Arzt besprechen und erhöhtes Augenmerk auf die Arztwahl geben. Entsprechend der Risiken wird diese Art von OP selten durchgeführt. Es gibt keinen etablierten Standard und die Lernkurve ist flach. Ich würde hierfür nur zu einem ausgewiesenen Schulterspezialisten gehen und ich würde auch nach den Fallzahlen fragen. Wenn ich an Deiner Stelle wäre, würde ich mich im Gespräch mit der Ärztin/Arzt selbstkritisch in gemeinsamer Entscheidungsfindung fragen, ob alle verfügbaren konservativen Behandlungsmethoden vollständig ausgeschöpft sind. Wenn diese nicht vollständig ausgeschöpft sind, würde ich ein ein ärztlich und physiotherapeutisch begleitetes Muskelaufbauprogramm zur Stablisierung des Schultergürtels anstreben. Ich würde sozusagen sicher gehen wollen, zu wissen, welches der bestmögliche Zustand ist, den ich mit eigener Anstrengung konservativ erreichen kann, um bewerten zu können, ob ich mit dieser Ausgangslage weiterleben will oder mich einer risikobehafteten OP unterziehen möchte. ME ist das das Wichtigste: Sicherzustellen, dass Du mit Deiner OP-Entscheidung im Nachhinein nicht haderst, auch wenn es schief gegangen ist. Die Bewertung des IST-Zustandes, das Abwägen von Therapieoptionen und das Abwägen von Nutzen und Risiko einer OP - auch in der langen Frist - kann mE nur ärztlich begleitet erfolgen. Dabei wären auch so Dinge wie Osteoporose im Alter, Folgen des Eintretens einer Komplikation (bspw. Fraktur) und vor allem Deine Ziele (willst Du noch weiter Risikosport machen? was kannst Du heute nicht, was du gern können würdest) zu berücksichtigen.
Das hier ist nur ein Forum, ich bin kein Arzt, das Verfahren ist kompliziert, es gibt keinen etablierten Standard, die Forschungslage ist schlecht und die individuelle Ausgangslage entscheidend. Die Antwort auf Deine Frage kann daher hier nur unbefriedigend sein. Wenn Du auf eigene Faust weitersuchen willst, könnten folgende Suchbegriffe (in unterschiedlicher Kombination) hilfreich sein: stuy, surgery, chronic acromioclavicular joint dislocation, gracilis, tendon autograft.
Berichte gerne mal, wie es ausgeht. Ich wünsche Dir gute Entscheidungen!