Wichtige Frage zum Thema Akklimatisierung

swe68

lame duck
Registriert
9. Juni 2003
Reaktionspunkte
2.342
Ort
Rhein-Main
Hi, ich weiss, ich bin in einem Mountainbikeforum, aber vielleicht weiss ja doch jemand Bescheid - die Frage ist recht dringlich.
In meinem nächsten Urlaub (ab Di.) möchte ich gerne meinen 3. Viertausender besteigen - in dem Fall mit Bergführer. :)
Nun ist es so, dass mein favorisierter Bergführer nur am Mi. Zeit hat. Das heisst, ich habe keine Gelegenheit, eine Eingehtour zu machen zwecks Akklimatisierung.
Aber: Ich war vor knapp 3 Wochen auf dem Teide (3718 m, natürlich hochgelaufen).
Meine Frage ist - wie lange kann ich mit dem Akklimatisierungseffekt rechnen?Gruss
Stephanie
 
Hi Steffi!

Muß dich enttäuschen: der Teide bringt dir rein gar nix! Da du nur 1 Tag auf >3000m warst ist der Effekt nach spätestens 2-3 Tagen weg. Bei so kurzen Aufenthalten in der Höhe kann der Körper nur adaptieren (schnellere Atmung z.B.), nicht wirklich aklimatisieren (z.B. Bildung von mehr roten Blutkörperchen). D.h. der Effekt geht sehr schnell wieder zurück.

Für einen Viertausender rate ich dringend, zwei Nächte zu aklimatisieren, die erste auf ca. 2500m, die zweite auf 3000-3300m. Es geht theoretisch auch ohne, aber wenn du Pech hast wirst du Höhenkrank oder hast zumindest entsprechende Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Apetitlosigkeit, etc.

Am besten wäre es, du nimmst dir 2 Tage vorher frei, nimmst nen Schlafsack und übernachtest auf einer höhergelegenen Hütte oder einem Grat oder Gipfel (Biwak). Aber selbst wenn du das das WE davor machst wird die erreichte Aklimatisierung bis zum Mittwoch schon wieder weitestgehend weg sein wenn du dazwischen auf <1000m bist.


Gruß Robert
 
Hi Robert,
auf Deine Reaktion habe ich gehofft :)
Ich habe in der Vergangenheit festgestellt, dass mir die Akklimatisierung nur etwas bringt, wenn ich mich auf der Höhe auch bewege. Bei meinem ersten 4000er habe ich mich langsam hüttenmäßig an gut 3500 m herangetastet und festgestellt, dass mir das wenig gebracht hat (hatte leichte Höhen-Symptome), weil ich mich bis auf den Zustieg wenig auf der Höhe bewegt habe. Beim Teide zum Beispiel (da habe ich es bewußt so gemacht) habe ich vorher einen anderen 3000er bestiegen, mich auf der Höhe noch eine Zeit bewegt (man muss ja Fotos machen), bin wieder runter, hatte dann 2 Tage Ruhepause und war auf der Teide-Tour dann topfit.
Aber Du hast wohl Recht, dass ich mir einen anderen Bergführer suchen muss, der mich zu einem späteren Zeitpunkt führen kann - dann kann ich vorher ein paar Touren unternehmen.
Danke! :)
 
Hi Stephanie!

Hatte vor 2 Jahren in Chile eine ähnliche Erfahrung gemacht. Erst war ich ein paar Tage (alleine) in den Bergen trekkingmäßig unterwegs, bis auf eine Höhe von 4600m von 1700m aus, das ganze 4 oder 5 Tage. Dann 1 Woche am Meer in Iquique (Nordchile), dann mit Auto in 1 Tag hoch nach Putre, 3800m. Dort spürte ich die Höhe ziemlich! Da wir abends ankamen war nix mehr mit Bewegung. Am nächsten Morgen mit Auto hoch zum Lago Chungara, 4700m (Asphaltstraße!), einer wurde Höhenkrank und wir mußten gleich wieder zurück. Wieder auf 3800m lagen wir alle ziemlich matt rum und ich hatte auch noch Durchfall.
Also: obwohl ich gut 1 Woche vorher auf gut 4000m aklimatisiert war hat mir das gar nichts mehr gebracht, da Aufenthalt in zu niedriger Höhe (der Körper hat dann keinen grund mehr, weiter Anpassungsprozesse - die "Kraft" kosten - durchzuführen).

Zu dir:
leichte Höhensymptome wie leichte(!) Apetitstörungen und leichte Mattheit sind völlig normal und müssen sogar so sein, denn das ist das Zeichen daß der Körper anpassungsprozesse an die ungewohnte Höhe vornimmt. Wie beim Ausdauer- oder Krafttraining gilt auch bei der Höhenanpassung der Grundsatz: die Anpassungsprozesse erfolgen immer NACH dem Training in der Regenerationsphase! Wenn irgendwie möglich, immer niedriger schlafen als die größte Höhe, die man erreicht hat, das optimiert die Aklimatisation. Die leichten Symptome sind völlig normal und man schont sich so lange bis diese verschwinden, was ein untrügliches Zeichen für abgeschlossene Aklimatisation auf der gegebenen Höhe darstellt.

Bei guter Kondition brauchst du gar nicht so hoch übernachten (3500m), es sollte auch ausreichen wenn du 2 Nächte auf 2500...3000m verbringst und tagsüber jeweils paarhundert Meter höher steigst. Wenn du dich auf 3000m wohl und leistungsfähig fühlst, kannst du mit etwas Willenskraft leicht auf über 4000m ansteigen, in nicht-aklimatisierte Bereiche. Solange du am selben Tag wieder auf die Ausgangshöhe zurück kommst besteht keine Gefahr von Höhenkrankheit.

Von welcher Höhe möchtest du denn aufbrechen?


Gruß Robert
 
Von 3500 m.
Bis auf diese Höhe führt die Seilbahn.
Also von daher absolut machbar.
ES handelt sich übrigens um den Mönch.
Da mein Liebster mangels Schwindelfreiheit (ausgesetzte Stellen) nicht mitkommen möchte, plane ich es als Tagestour mit Bergführer.
Ich hadere noch mit mir, denn eigentlich bin ich zur Zeit topfit, trotzdem hätte ich wahrscheinlich mehr Spass, wenn ich besser akklimatisiert bin.
 
Hi!

Seilbahn bis auf 3500m - aber genau darin liegt das Problem! Bei guter Fitness, und da du anscheinend relativ gut aklimatisierst (ist nicht bei jedem/jeder so!), sollte eine Übernachtung auf 2500 bis 3000m ausreichen, das könntest du ja 1 Tag davor in Eigenregie machen. Ganz ohne würd ich's nicht machen. Nicht weil es unmöglich wäre, da unaklimatisiert hochzukommen, sondern weil man im Hochgebirge immer Reserven für unerwartete schwierigkeiten/probleme (widrige Wetterverhältnisse etc.) vorhalten sollte, und weil es kein guter Stil ist, die ganze Verantworzung dem Bergführer aufzuerlegen.
Wenn Übernachtung weiter oben unmöglich, dann wär es auch schon nützlich, mit der Seilbahn irgendwo hochzufahren und sich den ganzen Tag auf gut 3000m bewegen, und dann wieder runter ins Tal. Bringt auch etwas!

Gruß Robert
 
GummiUnten schrieb:
Hi!

Seilbahn bis auf 3500m....
Wenn Übernachtung weiter oben unmöglich, dann wär es auch schon nützlich, mit der Seilbahn irgendwo hochzufahren und sich den ganzen Tag auf gut 3000m bewegen, und dann wieder runter ins Tal. Bringt auch etwas!

Gruß Robert

Du hast vollkommen recht - das mit der Seilbahn ist auch mein Problem daran. Ich steige lieber langsam auf, aber mein Partner will ja dieses Mal nicht, deshalb werde ich meine Nächte auch im Tal verbringen.
Ich werde den Termin einfach ein wenig nach hinten verschieben, muss mir dann halt einen anderen Bergführer suchen, aber wenn ich vorher ein paar Touren unternehme, fühle ich mich einfach wohler dabei!
Ich akklimatisiere sehr gut, wenn ich fit bin und mich vor allem auf der Höhe bewege.
Morgen gehts los!
Danke Dir. :)
 
Ich habe mal gehört, dass der Anpassungsprozess ca. 12 h dauert, d. h. wenn Du auf 3500 m übernachtest und dann erst aufsteigst, geht es Dir u. U. vielleicht sogar schlechter, als wenn Du mit der Seilbahn hochfährst und dann gleich losläufst. Bis sich "Mangelerscheinungen" bemerkbar machen, bist Du schon wieder unten...

In Chile kann man Touren von Arica (0 m) zum Lago Chungara (4700 m) buchen. Man wird dann innerhalb von ein paar Stunden im Bus hochgekarrt, bleibt keine Ewigkeit oben und wird wieder runter gefahren. Für einen gesunden Menschen kein Problem, weil dieser Anpassungsprozess eben verzögert wird. Ein Problem wäre es, wenn man hochfährt und oben übernachtet. Aber wir haben durchaus (vorwiegend Männer) getroffen, denen es schon innerhalb von 2 Stunden übel wurde, sobald sie von 3500 m auf über 4000 m kamen.

Weiterhin habe ich gehört, dass eine Anpassung bis 4000 m eigentlich nicht wirklich von Nöten ist, vorausgesetzt man will nicht noch höher. Sicher, man geht langsamer und eine leichte Steigung bringt einem außer Atem, leichte Kopfschmerzen (evtl. auch zu wenig getrunken!) aber man wird davon nicht gleich höhenkrank.

Eine echte Anpassung an höhere Regionen dauert meiner Meinung nach eine Ewigkeit. 4 Wochen Urlaub sind da immer noch zu kurz. Aber wie gesagt, bis 4000 m würde ich mir sowieso keine großen Gedanken machen. Viel trinken und bei Kopfweh Aspirin.

Viel Spaß auf Deiner Tour und ein kurzer Bericht wäre schön :-)
 
Hier ist er (ich bin erst ein paar Stunden aus dem Urlaub wieder da):
Es war genial!!!!!!
Mein Bergführer hatte glücklicherweise durch eine Verschiebung am Sonntag Zeit, so hatte ich 4 Tage, um mich anzupassen. Das habe ich durchgezogen, in dem ich immer länger immer höher gestiegen bin (angefangen bei 2500 m, 2. Tag 3000 m, 3. Tag 3500 m und mich jeweils ein bißchen länger auf der Höhe aufgehalten, 4. Tag Ruhe).
Am Gipfeltag war ich topfit und bekam erst beim Abstieg leichte Kopfschmerzen, die im Tal wieder verschwunden waren.
Die Tour selber war einfach nur wunderschön! Mein Partner hat seine Bedenken wegen Schwindel überwunden und ist doch mitgekommen, auf dem schmalen Grat hat er sich super gehalten. Es ist - gerade für Leute wie mich, denen nicht die Technik, aber die Erfahrung fehlt - mit Bergführer dann natürlich ein wunderbarer Berg, der nicht zu einfach ist, eine schöne Abwechslung von Eis und Fels bietet in verschiedenen Schwierigkeiten (Felskletterei bis II) und dementsprechend ein tolles Erlebnis ist. Ich war selig, endlich wieder Steigeisen an den Füßen zu haben und nächstes Jahr ist der Urlaub dementsprechend schon fast verplant. :)
Gipfelbilder, etc. kommen demnächst hier in mein fotoalbum, ich brauche erstmal wieder ein neues DSL-Modem.
 
Hallo!

Zwar etwas spät, aber doch:

Ich meine, dass das von Mensch zu Mensch verschieden ist. Ich denke, dass die Formel "so schnell wie du deine Akkl. erreicht hast, verlierst du sie auch wieder" ganz gut funktioniert.
Bei 4000ern dürfte eine Akkl. am Ziel-Berg bei den meisten Leuten ausreichen.

Ich habe alle meine Touren über 5000 m nahezu problemlos ohne vorherige Akkl. gemacht, anderen wiederum ist gleich schlecht wenn sie in La Paz aus dem Flugzeug aussteigen, und das, obwohl in Bolivien in 4000 m Höhe höherer Luftdruck ist als in äquator-entfernteren Gebieten.
Mein Kumpel ist in den südlichen Anden nie über 4400 m gekommen, obwohl wir nahezu alles versucht haben, seinen Körper an die Höhe zu gewöhnen. Wir waren 5 Monate unterwegs.

Korrekte Akkl. ist sowieso viel komplexer als mal eben auf über 4000 m zu gehen.
Eine sehr gute Seite zum Thema: http://www.sbg.ac.at/was/schatzl/




Beste Grüße,
Peter
 
Danke, Peter.

Ich bin bei Aufstiegen > 2800 m in den Alpen (das ist meine persönliche Grenze, ab der ich die Höhe wahrnehme) vorsichtig, denn ich habe auch schon schlechte Erfahrungen gemacht mit mangelnder Akklimatisierung (in meinem Fall durch eine vorhergehende Krankheit). Du hast sicher recht, es gibt keine Faustformel, das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Ich bin von daher froh, "meine" Methode - was das Bergsteigen in den Alpen (mit Abstiegen ins Tal) betrifft - gefunden zu haben.
Den Link von Dir schaue ich mir in Ruhe an. Deine Internetseite ist übrigens sehr interessant.
 
Hallo Stephanie,

die Erfahrung mit Krankheit und verminderter Fähigkeit habe ich letztes Jahr in den Anden gemacht. Eine Erkältung hat dazu geführt, dass ich doch über 5500 m merklich mehr zu tun hatte, und der Körper sich einfach nicht an die Höhe gewöhnen wollte.

Andersrum würde ich auch meinen, dass Leute, die z.B. in La Paz aus dem Flugzeug steigen, durch die Belastung des Immunsystems durch die Höhe infektanfälliger sind, sich schneller eine Krankheit holen, welche dann wiederum die Anpassungsfähigkeit des Körpers an große Höhen reduziert.

Generell können am etwa 2700 m Probleme auftreten, das ist aber wie schon gesagt von Mensch zu Mensch verschieden.
Auch wie es sich Höhenkrankheit äußert scheint etwas verschieden: Ich habe bei den Touren während des Tages meist wenig Probleme, schlechte Anpassung an die Höhe merke ich beim Schlafen - wenn ich kaum schlafen kann bin ich zu schnell zu hoch gegangen.
Mein Kumpel wiederum schläft selbt bei ersten Anzeichen von AMS tief und fest, kommt aber am Morgen kaum auf die Beine....

Eigene Erfahrung zusammen mit gutem Grundwissen - um die Erfahrungen deuten zu können - sind sicher der beste Weg um zu wissen, wie man seinen Körper auf große Höhen vorbereitet.

Ein weiteres Beispiel für den Unterschied Theorie-Praxis:

Generell wird gesagt, eine Akkl. über 5500 m sei nicht sinnvoll, da der Körper dabei permanent abbaut (keine Mgl. zur Regenerierung) und man sich für Höhen darüber sowieso nicht akklimatisieren kann. Ich bin auch dieser Meinung, und denke der beste Weg ist eine schrittweise Erhöhung der Schlafhöhe, mit max. Höhe auf 5500 m, und das über viele Tage.

Freunde und Bekannte von mir meinen wiederrum, dass sie über 8000 m die Erfahrung gemacht haben, das ein 8000er nach einer davorgehenden 8000er Tour (Bsp. Cho Oyu und Shisha Pangma hintereinander) einfacher war als wenn sie vorher nicht auf 8000 m gewesen wären, was dem oben gesagten widerspricht....

Beste Grüße,
Peter
 
Zurück