Sinn und Unsinn von Vierkantrohren

taimon

Unterholzcowboy
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Halli Hallo!

Ich habe gerade mal aus Jux das Flächenträgheitsmoment von einem Vierkantrohr (25mm x 15mm, 2mm Wandstärke) berechnet (In etwa vergleichbar mit der Geometrie der Rohre an meinem Kineses-Hinterbau). Als ich zum Vergleich ein Rundrohr mit der gleichen Wandstärke und der gleichen Querschnittsfläche herangezogen habe war ich erstmal etwas verwirrt. Das Vierkantrohr hat in beiden (!) axialen Biegerichtungen eine schlechtere Biegesteifigkeit als das Rundrohr. Schmierzettelrechnung siehe hier.

Da stellt sich mir die Frage nach dem warum:
Warum werden Hinterbauten so gerne mit Vierkantrohr geschweißt?
Bei S-Bends hätte man durch das niedrigere Flächenträgheitsmoment und die auftretende Biegebelastung einen gewissen "Restfederkomfort". Aber kann das bei einem gegen Biegebelastung nicht dauerfesten Material wie Aluminium wünschenswert sein? Und: Warum findet man das Ganze dann auch bei Fullies? Nur wegen des "brontal brachialen" Looks?

Was ist eure Meinung zu dem Thema?
 
müsstest du nicht das das axiale Widerstandsmoment des Vierkantrohres berechnen und dann den durchmesser des rohres bestimmen der nötig ist um bei dem rohr das gleiche widerstandsmoment zu erzeugen ?


dann müsste ja nen recht grosser durchmesser rauskommen und somit wird das rohr breit -> ist im weg

kann die formel nicht nach D umstellen alles vergessen ;) sonst hätte ich es gemacht.

gruss pulp, maschinenbaupower aus karlsruhe ;)
 
taimon schrieb:
Warum werden Hinterbauten so gerne mit Vierkantrohr geschweißt?
[allerlei technische detailfragen...]

weil ein rohr langweilig aussieht, und weil man bei jeder abweichung vom langweiligen mit spitzfindigen pseudoerklärungen den typischjen beik-kunden bei der stange halten kann.
versuch mal, nem produktmanager (der für jede saison was bahnbrechend neues will) zu erklären, dass die version vorher bzw. das, was es seit jahren gibt, das beste ist.
der wird die funktion nicht verstehen und was andres als immer wieder diese rohre sehen wollen.
 
Besser wäre es, wenn Du in Deinem Vergleich die Querschnittsfläche sowohl beim Kreisrohr als auch beim Vierkant als Konstante betrachten würdest. Genau das zählt doch: Hohe Steifigkeit bei geringem Materialeinsatz/ Gewicht. Oft will der Konstrukteur ja eine zu geringe Wandstärke vermeiden, um Beulenbildung und Einknicken zu verhindern. Bei vorgegebener Wandstärke und bestimmer Querschnittsfläche (oder invers: benötigtes Flächenträgheitsmoment) kann durchaus ein Vierkantrohr zu besseren Ergebnissen führen. Das gilt erst recht, wenn das Flächenträgheitsmoment in eine Richtung besonderst hoch sein soll (Rechnung auf Wunsch).
 
pulp schrieb:
dann müsste ja nen recht grosser durchmesser rauskommen und somit wird das rohr breit -> ist im weg
In der Tat, Runderohre könnten da echt stören, wenn ich sehe wie nah der Reifen jetzt schon am Rohr ist.

dubbel schrieb:
weil ein rohr langweilig aussieht, und weil man bei jeder abweichung vom langweiligen mit spitzfindigen pseudoerklärungen den typischjen beik-kunden bei der stange halten kann.
Das ist auch meine Vermutung. Vierkant sieht ja auch geiler aus. Würde es selber nicht missen wollen.. :D
Das meinte ich auch mit brontal-brachialem Look: Dass das Aussehen dem technischen Nutzen vorangestellt wird.

kurbelrechts schrieb:
Besser wäre es, wenn Du in Deinem Vergleich die Querschnittsfläche sowohl beim Kreisrohr als auch beim Vierkant als Konstante betrachten würdest. Genau das zählt doch: Hohe Steifigkeit bei geringem Materialeinsatz/ Gewicht. Oft will der Konstrukteur ja eine zu geringe Wandstärke vermeiden, um Beulenbildung und Einknicken zu verhindern. Bei vorgegebener Wandstärke und bestimmer Querschnittsfläche (oder invers: benötigtes Flächenträgheitsmoment) kann durchaus ein Vierkantrohr zu besseren Ergebnissen führen.
Die Querschnittsfläche ist bei den zu Grunde gelegten Rohren beide Male ~144mm². Die Wandstärke beträgt jeweils 2mm. Insofern sind die beiden Rohre also durchaus vergleichbar, sowohl in Gewicht (kg/m Rohr), als auch in der Beulunempfindlichkeit (Wandstärke). Wobei anzumerken sei, dass ein konvexes Blech beulunempfindlicher ist als ein planes Blech, was wiederum gegen das Vierkantrohr spricht.

Das gilt erst recht, wenn das Flächenträgheitsmoment in eine Richtung besonderst hoch sein soll (Rechnung auf Wunsch).
Das stimmt. Wenn man das Flächenträgheitsmoment für ein unter einem Winkel von 45° angreifendes Moment statt der beiden Achsen berechnet wird man einen anderen Wert bekommen, der möglichweise/warscheinlich höher ist. Um die Vierkantrohre zu bewerten müsste man wissen wie die Rohre genau belastet werden. Mein Verstand sagt mir allerdings, dass die Belastung (besonders bei S-Bends) in axialer Richtung erfolgt. Das steht aber zur Debatte.. :D

pulp schrieb:
gruss pulp, maschinenbaupower aus karlsruhe ;)
gruss taimon, maschinenbaupower aus aachen ;) :)
 
Das Rohmaterial läßt sich besser und platzsparender stapeln. :rolleyes:

Gruss J-CooP, Maschinenbaupower aus Brandenburg :)
 
taimon schrieb:
Halli Hallo!

Ich habe gerade mal aus Jux das Flächenträgheitsmoment von einem Vierkantrohr (25mm x 15mm, 2mm Wandstärke) berechnet

Gratulation! Bist im 2. Semester angekommen :D , kleiner Spaß! Kleiner Tipp, in den höheren Semestern schlägt man solche Dinge in nem Wälzer nach ;)
Und nicht bei allem ist form follows function angesagt, so ein mächtiges Vierkantrohr wirkt halt eben doch besser, als so ein dünnes Rundrohr (bei mir auch!)
 
moruk schrieb:
Gratulation! Bist im 2. Semester angekommen :D
Ertappt :D

Und nicht bei allem ist form follows function angesagt, so ein mächtiges Vierkantrohr wirkt halt eben doch besser, als so ein dünnes Rundrohr
Ist bei mir ja auch nicht anders.. :rolleyes:

Ich war vom Ergebnis dann schon etwas überrascht. Bin wohl auf die Propaganda der Wirtschaft reingefallen, von wegen "superstabiler Box-Hinterbau" und "unzerstörbare Kettenstreben". Hätte wetten können dass das Vierkantrohr mehr kann, aber irren ist ja bekanntlich menschlich. :D
 
@taimon:
nochmal langsam für mich - willst du wissen, ob 4kant besser/stabiler/steifer ist als runde rohre? oder warum man dieses und nicht jenes rohr nimmt?
 
Dani schrieb:
Wie sieht das ganze in Sachen Torsion aus? Vergleichen müssta man ein hochovales und ein Rechteckprofil...
Hmja, wenn ich grad Zeit hätte würde ich mich mal da ranwagen.. Mal schaun..

dubbel schrieb:
willst du wissen, ob 4kant besser/stabiler/steifer ist als runde rohre? oder warum man dieses und nicht jenes rohr nimmt?
Meine Frage zielte schon auf das warum. Da wir uns aber einig sind, dass der Kunde und nicht der Ingenieur König ist und Vierkantrohre auch unabhängig etwaiger schlechter Eigenschaften genutzt werden können wir uns ja desweiteren auf die technische Seite konzentrieren. Das Flächenträgheitsmoment ist ja nur einer von vielen mechanischen Faktoren. Vielleicht hat ja wer ne zündende Idee warum Vierkantrohre nicht nur marketingtaktisch sondern auch mechanisch überlegen sind.

taimon
 
Ich hab das nochmal gerechnet. Da ich aber zu faul bin deine Integrationen zu prüfen, hab' ich mal ein TechMech-Buch bemüht:

Vierkant:
I1=11043mm^4
I2=7139,5mm^4

Formel: I=(b*h^3)/12-((b-2s)*(h-2s)^3)/12

Rohr
I=9628,2mm^4

Formel: I=(pi*d^4)/64-(pi*(d-2s)^4)/64

also, danach stimmt die Physik wieder.

edit: Vierkantprofile sind vorallem dann günstig, wenn die Biegung hauptsächlich nur in einer Ebene ist. Die Profile biete die beste Möglichkeit das Material möglichst weit weg von der "neutralen Faser" anzuordnen und gleichzeitig ein gerings Gewicht zu erzielen ohne den übermäßig viel Bauraum zu beanspruchen (d.h. nur in die Richtung wo es nötig ist).

Bei Rohren ist das Material gleichmäßig um die neutrale Faser - Rohrachse - verteilt. Um ein entsprechendes Trägheitsmoment gegen Biegung zu erreichen, muss der Durchmesser so groß werden, dass man zwangsläufig auch dort Material hat wo es keinen Sinn macht, bzw. kein Platz ist. Abhilfe schaft da ein ovales Rohr. Aber auch dieses erreicht nicht die Biegeeigenschaften eins Vierkant.

Rohre werden halt dann verwendet, wenn es neben Biege- auch um Torsionssteifigkeit geht.
 
Trägheitsmoment gegen Torsion:

Vierkant

It=(c1*h*b^3)-(c11*(h-2s)*(b-2s)^3)

c1=0,2
c11=0,22

c1 und c11 sind abhängig vom Verhältnis h/b ... ich hab die Formel nicht zur Hand, nur eine Tabelle -> Werte sind "ca-Werte".

It=10725,8mm^4

Rohr

It=(pi*d^4)/32-pi*(d-2s)/32=19256,4mm^4

d=25mm (Aussendurchmesser)
 
Ein Rundrohr hat zudem den Vorteil, dass es egal ist, ob die Kraft horizontal oder vertikal angreift... Und rund muss gewisse Vorteile haben, sonst würde man wohl kaum Hydraulikleitung aus rundem Rohr herstellen (evtl wegen Spannungsspitzen in den Ecken bei Vierkantrohr)

(TechMech ist zu lange her, war ja Grundstudium und meine Unterlagen sind irgendwo im Nirvana verschwunden)
 
Vierkant funzt halt nur bei Biegung, da ist man eigentlich immer besser als mit nem Rohr.

Leitung, die von Innen mit Druck beansprucht werden sind aber wieder a anderes Ding. Ein Rohr hat halt eine sehr geringe Oberfläche im Verhältnis zum Querschnitt. Demzufolge ist die Resultierende Belastung aus dem Druck auch geringer denn F=A*P (also ob das jetzt der eigentliche Grund ist weiß ich auch nicht genau). Was aber stimmt: Bei radialer Belastung ist "Rund" immer gut.
 
So, ich habe mal in meinem Vorlesungsordner gewühlt, werde Euch aber nicht mit Formeln vergraulen.

Relative Widerstansmomente gegen Biegung für Querschnitte gleicher Fläche:
I- bzw. Doppel-T-Profil = 100%
Vierkantrohr/Quadratrohr (großer Aussendurchmesser) = 57,5%
Rundrohr (großer Aussendurchmesser) = 48,7%

Relative Widerstansmomente gegen Torsion für Querschnitte gleicher Fläche:
Rundrohr (grosser Aussendurchmesser) = 100%
Vierkantrohr/Quadratrohr (grosser Aussendurchmesser) = 93,3%

Es werden also Rohre mit geringen Wandstärken und grossen Durchmessern bevorzugt, da das Material weit weg von der neutralen Faser von Vorteil ist. Einzig das Beulen stört da.

Eigentlich unterscheiden sich die beiden Profilformen ja garnicht so gravierend.

MfG,
Armin
 
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