Also nichts für ungut, aber den Kapitalismus als Naturgesetz darzustellen ist pure Ideologie, mehr nicht. Wir können gerne darüber reden, dass Innovations- und Erfindergeist in der Menschheitsgeschichte soetwas wie eine anthropologische Konstante darstellt (wobei wir sicherheitshalber doch nochmal einen Anthropologen fragen sollen). Aber daraus die evolutionäre Notwendigkeit eines Wirtschaftssystems abzuleiten das strukturell wachstumsabhängig ist, mit diesen immanenten Wachstumszwängen aber zunehmend an ökologische und soziale Grenzen stößt - um nicht zu sagen: sozial-ökologisch destruktiv wirkt - ist einfach nicht haltbar.
Wie würdest du es bezeichnen?
Weiterentwicklung, sich verbessern, besser sein als die Anderen und letzten Endes sein Überleben zu sichern (Miete, Eigentum, Beruf, Freizeit, Gesundheit etc) ist Ausfluß von?
Und warum sollte es nicht so weitergehen, mit dem Wachstum, Wachstumsabhängigkeit und Wachstumszwängen?
Ich bin mir nicht sicher ob es anders überhaupt möglich ist.
Dass man zB viele Geräte noch viel viel länger behalten und nutzen kann, steht für mich außer Frage. Egal ob das die Kaffeemühle ist, das 27,5/650B MTB, den HiFi Verstärker, die Hanf/Leinen Hose, die (händisch zu betätigende) Brotschneidemaschine usw usf.
Das die Menschen so handeln, ist legitim.
Genaus so, wie andere bzw Unternehmen versuchen uns davon zu überzeugen, beinflussen, ja manchmal auch mit unlauteren Mitteln, dass wir etwas neues kaufen sollen.
Heutzutage kann in Europa jeder selbst entscheiden, für welchen Weg er sich entscheidet.
Ob Massenware von SRAM und Shimano, oder aus französischer, deutscher, schweizer Produktion. Und genau so, ob man gewisse "Dinge" noch braucht oder ob man neue braucht.
Bei manchen Produkten ist es schwierig, zB ein komplett aus europäischer (deutscher, schweizer) Fertigung stammendes MTB zu kaufen.
Und genau das ist das Interessante daran: Verkaufen die Frimen weniger von Produkt X (zB aus China stammend), oder weil es nicht mehr nachhaltig ist (Dieselrasenmäher; Quecksilberthermometer; beliebiges einsetzen), dann wird sich die Firma umstellen müssen. Wenn nicht verkauft sie halt nichts mehr und geht ein. Dafür kommt ein anderer Wetbewerber und übernimmt dessen Platz.
Irgandwann hat einmal jemand angefangen, Bio/Vegetatische/Vegane Produkte zu verkaufen. Am Anfang mit geringem Erfolg, aber heutzutage.
Alles ein ganz normaler, wirtschaftlicher bzw evolutionärer Vorgang. Angebot und Nachfrage.
Wenn dir/uns/mir die ökologischen und sozialen Grenzen nicht passen, dann kann man versuchen sie zu ändern.
Dabei sollte man nicht vergessen, dass man nicht alleine auf der Welt ist. Sprich, dass es auch in Deutschland oder in einem bestimmten Bundesland auch anders denkende gibt. Die eben eine andere Sichtweise haben.
Nur mit dem Finger hinzuzeigen bzw in die Welt hinauszuposaunen,
seht her, wie schlimm das nicht alles ist und wir werden alle sterben, mag zwar recht einfach und auch legitim sein, vernachlässigt aber wie gesagt, die anderen Stimmen.
Und ja, irgendwann wird es das Grundeinkommen oder das bedingungslose Grundeinkommen kommen. Das ist so sicher wie das Amen im Gebet. Wenn dann fast alle etwas haben bzw viele nichts mehr arbeiten müssen, dann wird es den Kapitalismus in seiner derzeitigen Form nicht mehr geben.
Nochmals: Wenn dieses nicht enden wollende Wachstum, Wachstumsabhängigkeit und Wachstumszwängen so schlecht ist und sich einige, wenige, viele, darüber einig sind, warum wird es nicht geändert? Weil man gegen Naturgesetze (und wohl auch der Trägheit der Umstellung der Menschen) nunmal schwer ankommt. Oder das System seine Bereichtigung und/oder Richtigkeit hat.
Das mag vielleicht entsprechend der Logik von Kapitalakkumulation und Gewinnmaximierung "normal" erscheinen. Aber die Produktion in entlegene Regionen auszulagern, weil dort aufgrund deutlich geringerer Personalkosten, niedriger oder nicht existenter Umwelt- und Arbeitsschutzrichtlinien, etc. pp. günstiger produziert werden kann, ist eben mit ganz erheblichen sozialen und ökologischen Schäden für die betroffenen Regionen und Menschen verbunden. Da braucht es schon eine ganz gehörige Portion Ignoranz und/oder Zynismus, um das als "normal" abzunicken.
Gut, wie würdest du es machen?
Gehen wir davon aus, dass du vielleicht deine Familie ernähren müsstest und nicht über unbegrenztes Einkommen verfügst, wo du nicht philantropisch oder altruistisch handeln könntest.
Würdest du ernsthaft den teuren Weg/Produktion wählen? Also zB in einem Hochpreisgebiet mit enormen Umwelt-, Sozial- und Steuerauflagen dich niederlassen und produzieren?
Das würde man nur dann machen, wenn man sich einerseits damit Erfolg verspricht (man hebt sich von der Konkurrenz ab; man zeigt Umweltbewußtsein, man zeigt moralische Integrität usw) und andererseits das Überleben der Firma plus Angestellten, sichert.
In wenigen Fällen gibt es Firmen, die das auf eigenes Risiko machen bzw selbstlos. Nur wieviele Firmen können das riskieren bzw wie oft kann man so etwas machen?
Und obwohl es ziemlich widersinnig ist, zeigen etliche Beispiele, dass es anderes geht bzw doch zum Besseren. Nur halt im Kleinen. ZB gibt es immer mehr Firmen, die eigene Umweltstandards haben oder sich zertifizieren lassen, einen Verhaltenskodex, Umweltthemen in den Firmenleitfaden aufnehmen, die sich von unanhängigen Organisationen überprüfen lassen und eben auch Frimen, die sich wieder in Europa ansiedeln.
Von daher und deshalb bleibe ich bei meiner Prognose
ufp schrieb:
Ansonsten geht alles seinen guten und positiven Gang.
Wäre nicht meine Diagnose.
Wo siehst du, dass nichts weiter geht? Ich glaube darüber brauchen wir nicht diskutieren, denn das stimmt so pauschal nicht.
Ich nehme an, es geht dir, wie auch vielen anderen, nicht schnell genug. Wenn dem so ist, ja, gut, darüber kann man diskutieren.
Ansonsten nochmals: Gesteigerte Lebenserwartung, soziale Standards, Umweltstandards, mehr Freizeit, mehr Sportmöglichkeiten, mehr Vielfalt, mehr Rechte für Minderheiten, ein gut funktionierendes Rechtssystem, eine immense Auswahl an Fahrradmarken und Zubehör, mehr Möglichkeiten an der Teilhabe zur Veränderung (Internetforen, soziale Medien und natürlich Volksbegehren und Volksabstimmung).
Also gut. Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der offentlichen Ordnung, der Bewasserung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer
je für uns getan
?
Den Frieden gebracht...