Liteville ist und war eine kleine, feine Schmiede. Anfangs mit 500 Rahmen/Jahr, bis zum Ende mit sehr direktem Endkundensupport, nur vergleichbar mit echten Custom- und Kleinserienschmieden wie Alutech oder Nicolai.
Bei gleichzeitiger Fertigung in Asien, um die hervorragende Qualität zu halbwegs moderaten Preisen anzubieten wird es dann sehr schwer, ein so weit aufgestelltes Portfolio anzubieten. Gleichzeitig hatte Liteville mit dem 301 begonnen, um das Schweizer Taschenmesser unter den Bikes zu liefern. Das Rad, mit dem die Jungs um Michi Grätz selbst Bock hatten, die Allgäuer Berge zu rocken. Die haben sich dann schnell von eher CC-lastigen Touren in immer gewagter technische Sachen entwickelt und das Bike auch in diese Richtung. Di Community hat das damals mitgemacht, weil wir den Weg auch mitgegangen sind. Das 301 war für viele das eine Rad.
Leider wurde es dadurch immer schwerer und die Tourentauglichkeit hat (etwas) gelitten. Für mich ist das 301 immer noch DAS geniale Tourenrad für anspruchsvolle Trailtouren und Bike-Bergsteigen, AlpenX und Pfälzer Wald, Ahrberge etc.
Für die schnelle Feierabendrunde nutze ich heute meist das 4-One.
Das 101 Hardtail konnte man mit 10 kg in Richtung eines Race-Bikes aufbauen, das 901/601 von 14,x kg Bike-Bergsteigerrad bis zum Parktauglichen Boliden.
Ob das H-3 als Racebike taugt wage ich wegen der Geometrie zu bezweifeln.
Eigentlich hatte Liteville vor ca. 10 Jahren mal eine Zeit lang das Portfolio vom Marathonbike (101 Hardtail) über das leichte Trailbike auch für Sachen wie die Trans-Alp-Challenge (301 mit 130mm und leichten Teilen, locker Richtung 12,5 kg zu bringen) bis zum Groben - mit 3 Rahmen! Zu der Zeit hatte ich vier Litevilles im Einsatz, 101 Race, 101 Trail, 301 mit 150/130 und 901 mit 170/200.
Dieses schöne, gut abgestimmte Portfolio hätte keiner weiteren Diversifizierung bedurft sondern einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Und dafür ist in der schnelllebigen Bike-Branche ein Laden wie LV zu klein.
M.E. wurde LV letztlich von der Geschwindigkeit des Umstiegs auf 29" überrascht, niemand fuhr mehr schnelle Hardtails mit kleinen Laufrädern! Zu der Zeit bin ich erstmals fremd gegangen, habe mein Race101 mit sub 10 kg verkauft und mit ein Radon Jealous mit sub 9kg bei 29" aufgebaut. Das Teil fährt immer noch.
Später dann ein 301 Mk15 mit großen Laufrädern, mit einigem Invest auf 13,3 kg bekommen (mein Mk8 hatte 12,7 - das merkt man dann schon)
Das 901 liegt zerlegt im Keller...
LV hatte eine Tendenz der Überentwicklung: noch ne Schnittstelle, noch mehr Integration, noch mehr Optionen, die die Räder in der Entwicklung kompliziert machen und schwerer. Eine klare Entscheidung für 29 oder scaled oder so, Verzicht auf ein paar Features (z.B. früherer Wegfall der Umwerferoption) hätte vielleicht eine schnellere Entwicklung ermöglicht.
Jetzt ist der Markt so stark diversifiziert und es gibt so viele Marken und Modelle, dass es gerade schwer ist, mit dem Image von Liteville wieder das "Eins für alles" zu bauen. Schade auf jeden Fall, das Mk15 z.B. funktioniert am besten mit viel Federweg, bleibt dabei aber immer noch je nach Laufrädern erstaunlich leicht. Eigentlich könnte Liteville gut dastehen, wenn man den Alurahmen konsequent weiter entwickelt hätte.
Litevilles sind auch immer deutlich preiswerter gewesen als ihr Ruf! Das Liteville war immer billiger als vergleichbar ausgestattete Räder der Big Player aus USA. Und der Aufpreis gegenüber vielen Versenderrädern war durch die extreme Haltbarkeit der Räder auch schnell amortisiert.
So, das war jetzt ein Abgesang eines Fanboys, de zum Glück noch einige LV im Keller hat* und so alt ist, dass er vermutlich keine neuen MTB mehr bruacht, wenn die LV halten.
*301 Mk6 M von meiner Frau, 101 Hardtail Mk1 XL Trail (150 mm mit 27,5/26", 11,7 kg), 301 Mk 15 XL (160/160 mit 29", 13.3 kg), 4-One Mk1 XL (9,0 kg),
Syntace Trial Bike S, 901 Mk1 L (zerlegt)