MC²
man kann nur hoffen, dass es nicht schlimmer wird.
Merci für den ausführlichen Bericht, da warst ja wirklich hart drauf, ich glaub da würde ich vorher mal fünf grade sein lassen .ok ein "kleiner " Auszug aus meinem Reisebericht....viel Spass
Was bewegte mich dazu diesen Plan ins Auge zu fassen, nach Chile zu fliegen…350 Km alleine durch die Atacamawüste…der trockensten der Welt… zu radeln um danach den höchsten Vulkan der Erde zu besteigen…wissend dass ich mein Rad dort über 2500 Hm am Stück…steil durch tiefsten Lavasand tragen muss. Ich weiß es bis heute nicht….bin aber unglaublich glücklich es versucht und sogar geschafft zu haben. Ich habe eine fantastische Gegend und unwahrscheinlich liebens- und hilfsbereite Leute kennengelernt und weiß jetzt was mein Körper imstande ist zu leisten.
Mit welchem Bike ich das Unternehmen angehen würde war schnell entschieden….Mein CrossWorx29Zero…welches mich schon erfolgreich auf den Gipfel des Kilimandscharo 2021 begleitet hat, war die 1. Wahl. Leicht…schnell…robust und eine ausgewogene Sitzposition. Mit Unterstützung durch CrossWorx wurde das Bike komplett neu aufgebaut um technische Probleme während der Tour zu vermeiden…ein defekt in der Wüste wäre das sichere Ende der Expedition gewesen. Eins vorweg….das Bike lief problemlos.
Bei Sonnenaufgang am Strand von Puerto Viejo….bei einem Glas Sekt und chilenischer Flagge vor der Brust bin ich gestartet.
4 Tage durch die Wüste…kein Schatten…Temperaturen bis 40 Grad und ab mittags Wind der mich fast vom Bike geblasen hat. Trotzdem schaffte ich täglich über 100 Km und zwischen 1500 und über 2000 Hm. Begleitet wurde ich mit einem Pickup, der mich in regelmäßigen Abständen mit Essen und Trinken versorgte. Wir hatten zwar keinen Sichtkontakt…waren aber mit Funkgeräten verbunden. Nach 4 Tagen haben wir das Basecamp an der Laguna Verde auf ca. 4000 m erreicht. Ein wunderschöner türkisfarbener See inmitten von Bergen versehen mit heißen Quellen, die sich hervorragend eigneten um sich reinzusetzten und die müden Beine zu regenerieren. Von hier aus starteten wir zu Fuß unsere Touren die der Akklimatisierung dienten. Hoch gehen...tief schlafen ist die Regel beim Höhenbergsteigen. Im Camp waren mein CrossWorx und ich die Stars….nur selten verirren sich Biker hierher und noch seltener versuchen welche den Gipfel mit dem Bike auf dem Rücken zu erreichen. So ziemlich alle Bergsteiger wollten eine Runde mit meinem Zero drehen. Spätestens jetzt kannten alle im Camp CrossWorx... Thüringen und Rudolfstadt. Jetzt wurde es ernst…wir verließen das Basecamp Richtung Gipfel. Das nächste Camp lag auf 5270 m. Der Weg dorthin war zunächst flach...über eine Piste die mit tausenden Querrippen gespickt war…meine Pike Ultimate musste Schwerstarbeit leisten. Später wurde es steil...sandig…ich musste mir das Bike das erste mal auf den Rucksack schnallen….die immer dünner werdende Luft machte es mir nicht einfacher. Nach 8 Stunden erreichte ich das Lager. 2 Weitere Tage sollten wir hierbleiben um uns an die dünne Luft zu gewöhnen. Um mich vor dem Wind zu schützen der die ganze Nacht am Zelt rüttelte und schlafen nahezu unmöglich macht, wurde ich kurzerhand in ein Notbiwak umquartiert. Nicht sehr sauber...2 alte zerrissene...vergilbte Matratzen übereinander und ein paar verfallene Regale die schräg an der Wand hingen machten es nicht sehr gemütlich…..aber es war windgeschützt und warm. Temperaturen zwischen -15 und -20 Grad sind nachts in diesen Höhen keine Seltenheit. Ich nutzte die Zeit im Lager das Gewicht des Zeros nochmals zu optimieren….alles unnötige wie Flaschenhalter, GoProhalter und Werkzeugtaschenhalter schraubte ich ab. Ab jetzt war wirklich nichts mehr fahrbar….mir war bewusst dass ich ab jetzt mein Bike nur noch auf dem Rücken tragen werde...allerdings mit der Hoffnung, nach dem Gipfel ein spaßiges Trailvergnügung zu haben. Der Aufstieg zum letzten Höhenlager war relativ einfach und verhältnismäßig flach. Da die Wetterprognosen für die nächsten 2 Tage super waren, beschlossen wir noch über das Hochlager auf 5800 Meter hinauszusteigen und das Rad auf ca. 6200 M zu deponieren um mir am Gipfeltag die ersten Höhenmeter zu erleichtern. Wir suchten einen markanten Fels und legten mein Baby ab. Im Falle dass es schneien sollte würden es wir hier wieder finden. Wir stiegen ins Hochlager ab…bereiteten unsere Ausrüstung für den Gipfeltag vor und gingen früh schlafen. Um 3:00 Uhr am nächsten Tag wollten wir starten. Meine beiden Bergführer Eduardo und Jean Marie hatten folgenden Plan. Ich geh mit Eduardo mit leichtem Gepäck vor. Jean Marie wollte noch Tee kochen und mit Verpflegung….der Kletterausrüstung und den Steigeisen im Rucksack nachkommen und uns spätestens vor dem Gletscher eingeholt haben. Es war stockdunkel…ich hatte nur den Blick in meinem Stirnlampenkegel auf die 1-2 Meter vor mir gerichtet. 10 Minischritte…die Hälfte davon im tiefen Lavasand wieder zurückrutschend erreichten wir den Gletscherrand. Jetzt hatten wir ein Problem…Jean Marie war mit den Steigeisen noch nicht bei uns…wir waren zu schnell und mussten 1 Stunde auf Ihn warten. Es war immer noch dunkel und sau kalt. Mittlerweile begann es leicht zu schneien und ich sah unsere Gipfelchance sinken. „Egal“ meinte Eduardo wir haben 2 Reservetage für den Gipfel eingeplant. „Heute oder nie mehr“ war meine kurze und knappe Antwort und das meinte ich ernst. Bald darauf erschien Jean Marie, wir legten die Steigeisen an und begannen mit der Gletscherüberquerung. Mein Rücken fühlte sich an als ob ich ein Messer zwischen den Schulterblättern hätte...Das Gewicht des Rucksackes incl. Bike...ca.20 Kilogramm forderten Ihren Tribut. Die Schritte wurden kürzer…die Luft immer dünner…alles anstrengender. Nach weiteren 3 Stunden erreichten wir den Kraterrand. Mittlerweile war die Sonne aufgegangen und es wurde wärmer. Ich sah den Gipfel…eigentlich nicht mehr weit meinte ich. Auf meine Frage hin wie lange es noch dauert war die kurze und knappe Antwort „Noch mindestens 2 Stunden“. Ich war fix und fertig…nahe am Aufgeben. Ein paar Energieriegel und ein paar Tassen Tee später raffte ich mich noch einmal auf und stapfte weiter…10 Schritte…Pause…das Ganze war wie in Trance. Nach zwei Stunden erreichten wir den Einstieg in die Kletterpassage. Jean Marie stieg vor und sicherte mich. Eduardo war dicht hinter mir…zerrte immer wieder an meinem Bike wenn es sich zwischen den Felsen verkeilte. und dann war es soweit…ich stand tatsächlich auf dem höchsten Vulkan der Erde auf 6893 Meter…mein geliebtes Zero auf dem Rücken…ich war unglaublich stolz…meine Tränen konnte ich nicht mehr unterdrücken….aber das darf auch mal sein. Eduardo geht seit 30 Jahren auf den Ojos und er kennt 2 Menschen, die es geschafft haben Ihr Bike auf fast 7000 Meter zu schleppen….ein Italiener, Claudio Lucchese und jetzt mich. Viele Expeditionen führen auf den Ojos...die meisten fahren aber mit den Jeeps zum bis 4800 Meter...das ist bei guten Bedingungen möglich...ob sich das "Besteigen" nennen darf, ist fraglich. Ich kann sagen...ich habe Ihn von der Küste weg bestiegen und darauf bin ich stolz. Mich freute es auch sehr für Kevin und das Team von CrossWorx. Sie haben mich wirklich super unterstützt und an das Projekt geglaubt. Dass ich mein Zero auch bergab ziemlich lange tragen muss…darüber war ich mir beim Aufstieg schon bewusst zu viel...zumindest mich unfahrbare Stellen. Zunächst einmal musste Jean Marie mein Bike aber vom Gipfel ca. 50 Meter über die Felsen abseilen. Ein Abstieg mit Bike auf dem Rücken war nicht möglich. Mit einigen klong klongs schlug es dabei immer wieder gegen die Felsen was auch deutliche Spuren hinterließ….aber das war mir bewusst. Nachdem wir den Gletscher dann wieder hinter uns gelassen haben…wagte ich einen 1. Fahrversuch. Ein Fahren in der Falllinie war absolut unmöglich…zu steil…zu tiefer Sand. Ich versuchte in langen Serpentinen den Hang zu queren. Immer wieder rutschte mir das Bike seitlich weg. Die dicken Expeditionsstiefel machten das ganze unterfangen nicht leichter. Als es flacher wurde kam dann der Trailspaß und ich konnte flüssig zum Hochlager abfahren….was für ein Spaß nach der ewigen Schinderei. Völlig entkräftet stieg ich ab und legte mich auf den Boden. Es dauerte ja noch bis meine beiden Bergführer bei mir waren. Im Hochlager war mittlerweile eine andere Expedition angekommen. Sie waren erstaunt was ich gemacht habe…boten mir Essen und Trinken an, was ich natürlich nicht abgeschlagen habe. Als die beiden mich erreichten waren wir nur unendlich Happy und stolz. Es war auch für Spondylus.Chile und seinem Geschäftsführer Hans Martin Schmitt eine besondere Herausforderung so eine Expedition erfolgreich abzuschließen. Nach einer Pause fuhren wir weiter ab, verluden das Bike auf den Pickup und kehrten zurück ins Basiscamp. Mit viel Applaus und Glückwünschen wurden wir hier empfangen….nun waren wir endgültig berühmt mein Zero und ich.
Jetzt noch ein paar Bilder dazu
Gruß Albert