Nach der vorigen Wochenendtour habe ich doch tatsächlich von einem Mitleser Fanpost erhalten
Es taten sich zahllose Fragen auf, und vor allem wurde angefragt, ob man denn nicht mal zusammen solch eine spezielle Bikepacking-Tour à la tanztee unternehmen könnte.
Natürlich wird sich um die Fans gekümmert und so trafen wir uns erstmal zum Beschnuppern
Vor allem da es sich bei
@quaq um ein angehendes Endurotalent handelt, wollte ich die Erwartungen etwas dämpfen und auf den extrem gechillten Charakter meiner Touren hinweisen
Ein passendes Tourenkonzept war auch schnell gefunden: von und nach Schöna tief ins Böhmische sollte es für den Anfang gehen.
Jedenfalls hat es dann auch gleich am nächsten Wochenende geklappt und wir konnten nach
Sloup · Bürgstein in die Boofe
aufbrechen! Während ich also mit meinem bewährten leichtem 4X-Bikepacking-Bike mit reduzierter Gangzahl und tragefreundlichem Kompaktrahmen anrollte, kam quaq nicht nur mit einem riesigen Rucksack, sondern auch mit einem dieser hochkomplexen Fully-Räder, riesigen 27,5" Rädern und zahllosen Gängen zum Bahnsteig.
Ob das gutgehen wird
Sa, 22.09.2018
Wir steigen in Schöna aus der S-Bahn und nach kurzem Einrollen geht es auch schon heftig den Berg hoch nach Janov · Johnsdorf:
Da sind wir auch schon am ersten Zwischenziel angelangt: ein
unglaublich hoher Aussichtsturm, der wohl auch in vielen Jahren noch die höchsten Bäume überragen wird. Hier erstmal unser Bikepacking-Setup am Fuß des Turms:
Überragend die Aussicht:
Eine unglaubliche Rundumsicht über alle Berge, die mir so lieb und teuer sind ...
Aber es geht gleich weiter zu
Aussichtsturm #2, der eher witzig als exorbitant aussichtsreich ist. Während ich mit meinem hochspezialisiertem Bikepackingbike leichtfüßig schieben kann, muss sich quaq die feuchten und rutschigen Wiesentrails hochquälen:
Ist das eine Aussichtskuppel?
… oder doch ein Gespenst mit Aussicht?
Jedenfalls ist die Perspektive auf den Růžovský vrch · Rosenberg ganz lustig:
Dann rollen wir zur Dolský mlýn · Grundmühle herunter, nicht ohne noch diesen einmaligen Aussichtsfelsen in die Klamm (schiebenderweise!) zu besuchen:
Dann geht es den ausgewaschenen und verblockten Weg zur Dolský mlýn · Grundmühle herunter - ideales Spielgelände für quaq und sein AM-Fully! Ich hoppel mit meinen 2.1er
Reifen hinterher …
Kurze Rast:
Entspannt rollen wir dann nach Jetřichovice · Dittersbach und biegen nach Všemily · Schemeln ab, um dort dem blauen Wanderweg zu folgen. Gleich nach Verlassen der Straße gelangen wir zu einem ganz speziellen Museum:
Da wurde einer der sog. „Ohrenbunker” der
Schöberlinie aufwändig restauriert und für zwei Klimperlinge gibt es Einlaß in die Geschichte der engen Bunkerwände:
Drinnen flackert das Licht, was durch ein Notstromaggregat von außen gespeist wird:
Gruslig!
Dann kurbeln wir weiter bis nach Česká Kamenice · Böhmisch Kamnitz, wo es nach einer Stärkung in einem Café wieder steile Wiesentrails am Zámecký vrch · Schloßberg vorbei geht. Weitere Wiesentrails bieten dann gute Aussichten (hier auf letztgenannten Berg):
Die Wiesentrails haben es in sich und da zieht mir quaq davon, man fährt praktisch weglos über die Weide. Aber schon finden sich wieder Trails mit kleinen aufmunternden Hindernissen:
Ja, quaq hat es geschafft, den einzigen coolen Moment einzufangen, bevor mich die Äste besiegen
Schöne Aussichten vom Wegrand aus:
tanztee genießt den Anblick seiner geliebten Berge:
Dann heißt es emsig kurbeln, bis wir in Kamenický Šenov · Steinschönau am Panská skála · Herrenhausfelsen ankommen. Diese alten, immer hart am Gebirge befindlichen Glasmacherstädtchen haben es steigungsmäßig echt in sich. Aber ich kann quaq motivieren, den finalen Gipfelsieg einzuheimsen:
Wie quaq so den Blick am Fuße der Felsen schweifen läßt, entfährt es ihm: „Das sieht doch aus wie ein Trailpark, die ganzen Pfade hier!”
Klar doch!
Wir kurbeln weiter und auf dem Plan steht ein Aussichtspunkt mit dem originellem Namen Vyhlídka Češka oder Češka skála (Böhmische Aussicht oder Bömischer Felsen, früher Tscheschkenstein). Nach einem heftigem Wurzeltrail erreichen wir das gewaltige Felsgebilde:
Die Aussicht ist tatsächlich ganz ordentlich, und wir versuchen uns am Wurzelteppich-DH. Während quaq davonschießt, fällt mir erst mal die Kette runter
Es folgt dann auf dem weiteren Weg ein verblockter Downhill, der eher das Metier von quaqs Fully ist. Ich muss das Tempo rausnehmen, aber weiter unten gibt es auch flowige Passagen und so platzen wir mit Adrenalin vollgepumpt auf einer stillen Dorfstraße aus dem Wald. Hammer!
Eigentlich war es das jetzt mit Trails und wir rollern über Dorfstraßen der Boofe entgegen. Aber Moment mal, da sind wir doch nach einem Anstieg fast schon auf der Höhe von diesem einen Trail … ja so ein secret Spot eben
Da tragen wir erstmal die Räder hoch und genießen die Aussicht hoch über Sloup · Bürgstein:
Jetzt gehts aber richtig los: erstmal wachschütteln auf einem Wurzeltrail, bis zur Schlüsselstelle #1:
Ja, quaq klärt das Teil nach einem Erkundungsversuch. Mir ist das bissel 2much, aber ich halte mal das Vorderrad rein:
Dann kommen noch ein paar echt fiese Holzstufentreppen, bei einer Stelle macht der Kopf nicht mit, aber beim Rest wird dann Fahrkönnen durch Wahnsinn ersetzt und völlig aufgeputscht kommen wir im Ort unten an. Yeah!
Nachdem im Dorfladen diverse Flüssigkeiten ausgefasst wurden, geht es in ein kleine Tal zur Übernachtungsstelle
wo wir auf einen Trupp Tschechen treffen.
Die sitzen auf Isomatten und Planen und sind in so ein Rollenspiel (Pen & Paper) vertieft; das Feuer räuchert auch schon so vor sich hin.
Die treffen sich da einmal im Monat und spielen ihre Rollenspiele. Wir sind anfangs verwundert, dass die überhaupt kein Bier trinken
Aber die drehen sich auch unentwegt einen Joint nach dem anderen … ja das beflügelt dann die Phantasie wohl schon ausreichend
Die Boofe ist außerordentlich groß, wir haben freie Platzwahl und richten uns häuslich ein.
Quaq fördert umfangreiche Essensvorräte zutage, die bei mir einem mittleren Wocheneinkauf gleichen würden: unter anderem ein mehr als pfundschweres Brot, ein mega dickes Käsestück, begleitet von einer anständigen harten Wurst.
Habe ich meine Touren in den Berichten etwa als sehr kräftezehrend dargestellt? Das trägt schon fast Expeditionscharakter, aber quaq versichert mir, dass das nur Vorräte für rund zwei Tage sind. Ich gewinne den Eindruck, dass quaq prinzipiell ohne ein gescheites 500g-Stück Käse überhaupt nicht daran denken würde, das Haus zu verlassen
Später sitzen wir zusammen am Lagerfeuer, erzählen uns auf englisch allerlei skurile Geschichten und nippen an einer repräsentativen Auswahl tschechischer Billig-Spirituosen, wovon uns der „Jagdgeselle” noch nachhaltig in Erinnerung geblieben ist.
Da wahr der Meister wohl grad zur Jagd …
Irgendwann horchen dann alle an der Matratze.
So, 23.09.2018
Am nächsten Morgen kommt die Party nur sehr langsam in die Gänge. Während wir am Kaffee nippen
wird sich in der anderen Ecke erstmal ein Tütchen gerollt und mit Deathmetal aus der Bassbox der Wachzustand gesteigert
Wir packen zusammen und quaq rockt noch den Boofentrail, der direkt von oben kommt, dann sind wir bei leichtem Nieselregen wieder auf der Piste und peilen Nový Bor · Haida an.
Wie alle Glasmacherstädtchen, geht es bärisch steil rauf und so kann - im Städtchen angelangt - der tanztee zu einer Stärkung nicht nein sagen:
Wir kurbeln weiter die schmale Straße bis zur Paßhöhe in die Berge hinauf, werden auf einen neuen
Bikepark hingewiesen
und rollen über Forstwege nach Mlýny · Hillemühl ins Tal der Kamenice · Kamnitz hinab. Das macht zwar Spaß, aber aus dem dicken Nebel entwickelt sich so langsam echter Regen.
Wir müssen die Tour zwangsläufig an die Wetterverhältnisse anpassen und lassen weitere Berge aus, rollen stattdessen nach Česká Kamenice · Böhmisch Kamnitz in die kleine Craftbierbrauerei.
Nach einem 14° Craftbier und aufgewärmt steht der Entschluß fest: wir fahren über Dorfstraßen nach Děčín · Tetschen und rollen dann den Elberadweg zurück nach Schöna.
Gesagt, getan: durch Dörfer, unter Felswänden und an tiefen Fichtenwäldern radeln wir, gar nicht so unbergig, unserem Ziel entgegen.
Für Vitamine ist auch gesorgt:
So langsam sind wir komplett durchgeweicht und es ist auch recht frisch geworden. Wir wählen verschiedenen Taktiken zum Erhalt der Wohlfühl-Körpertemperatur: während quaq im dünnen Trikot und kurzer Hose durch beständiges Essen von Bananen, dicken Kniften und namhafter Käsestücken quasi seine Energie- und damit Wärmeproduktion kräftig ankurbelt, habe ich unter der Freeride-Shorts aus festem Stoff eine dicke Jogging-Pants an und halte durch diverse Trikots und Windjacke die Wärme im Körper
Dann gelangen wir für einige Meter doch auf die Fernstraße, flüchten jedoch gleich wieder auf Trails und geben uns zum Schluß noch einen schönen Zickzack-Trail am Kvádrberk · Quaderberg. Der rockt noch mal richtig und dann rollen wir nach Schöna aus.
Schön durchfeuchtet sitzen wir dann in der S-Bahn und vertilgen die Reste von quaqs umfangreichen Essensvorräten.
Fazit:
Ja, am Ende war das Tempo die zwei Tage über doch nicht ganz so gechillt, am ersten Tag fast und am zweiten über 50 km in den Bergen steckten mir dann doch tüchtig in den Knochen. So ein Mitfahrer motiviert doch etwas mehr, als wenn man ganz alleine durch die Gegend eiert.
Es war für mich wieder eine gute Mischung aus Anstrengung, Aussichten, gastronomischer Pausenkultur und Boofenatmosphäre
ride on!
tanztee