Bikepacking & Bikepark = BP²
Bei meiner ersten Bikepacking-Tour stand ich seinerzeit da oben am Jedlová · Tannenberg
Nach dieser ausführlichen Gipfelrast lockt der Downhill. Die Skipiste direkt am Turm beginnend ist mir heute mit Gepäck und ohne Schoner nicht ganz geheur, so geht es erstmal den Asphaltaufstieg ein Stück zurück bis zu einer Art halben Rundweg, welcher zu einem unschweren Wiesen-DH überleitet.
und hatte mega Denkblasen über dem Kopf, ob man nicht da runter käme. Natürlich entsprechend vorbereitet und ausgerüstet.
Wie gesagt, da war dann noch diese Idee mit den
Bikeparks, auf die ich irgendwann zufällig bei Recherchen gestossen bin. Die jeweils leichtesten Abfahrten oder eben unter Umfahrung aller echten Rampen, Drops und Doubles die Sache sozusagen als DH-Trail unter die Stollenreifen zu nehmen sollten doch drin sein.
Deshalb hatte ich bei meinem Rucksackdesign eine FF-
Helm-Halterung vorgesehen und entsprechend die Trailtauglichkeit auf Hometrails und meiner
Schneebergtour getestet.
Training im Bike Areal und Heimwege von Arbeit durch die Dresdner Heide oder den Elbhang sollten mich auf diese spezielle Tour vorbereiten.
Irgendwann kommt der Punkt, wo alle Vorübungen nichts mehr nützen und man muß sich der Sache stellen!
Nachdem die Locations abgeklärt waren, Fahrpläne ausgedruckt bereitlagen und die Transfertracks im GPS landeten, ging es erstmal zu dem Kultbahnhof mitten in der Pampa im tiefsten Tschechien:
So radelte ich vormittags bei leicht kühlem Wetter zur Talstation des Liftes im
Adrenalinpark Jedlová, nur um festzustellen, dass die überhaupt gar keine Räder transportieren können. Da hängen dann bloß so komische DH-Trikes dran, womit man über den Skihang brettern kann.
Egal, so würde eben ein Trackwalk draus werden, was sich auch als extrem sinnvoll erwies.
So fing es dann auch gleich an:
Neee ... huppen kam für mich nicht in Frage und andernfalls kann man nur so spaßfrei drüberhubbeln.
Steil, seeehr steil ... aber da bin ich nicht der einzige, der kneift, wie man anhand zahlreicher Chickenways sehen konnte, die sich so eingefahren hatten.
So ein kleines Steinfeldchen ist schon eher was, das sieht doch machbar aus. Weiter geht es und ich schwitze und keuche den steilen Skihang hoch, immer hart am Waldrand, wo der DH-Track sich um die Fichten schlängelt.
WTF??? Da ist der Chickenway richtig ausgefahren
So mehre ich mich hinauf und habe genug Zeit, um über mein Vorhaben nachzudenken. Wird es so funktionieren? Wird es Quälerei werden/bleiben, oder kommt irgendwo auch mal Flow auf? Auch über Ausrüstungsoptimierungen sinniere ich breit und lang, da ich aufgrund der Schutzausrüstung einen Rucksack mit über 11 kg schultere. Das ist eindeutig über meiner Komfortgrenze und ich überlege, gleich am ersten Tag im Camp 1,5 kg hochkonzentrierte Nahrung zu vernichten und mich dann nur noch unterwegs zu verpflegen ...
Nach einem kurzen Stück Wanderweg öffnet sich der Horizont und die trüben Gedanken sind auf einmal wie weggeblasen:
Oben gönne ich mir nur ein kleines Bier aus einer berühmten
Craft-Brauerei
und denke an den Bikeartikel mit der Studie, dass genau so eine Alkoholmenge die Probanden auf dem Trail sicherer werden ließ!
Nochmal pinkeln und dann stehe ich vor dem Steilgelände:
Jetzt wird es Ernst und ich präpariere mich für die Abfahrt.
Ellebogenschoner und kombinierte Knie-Schienbeinschoner werden angelegt, die CC-Schüssel weicht dem FF-
Helm. Der
Sattel geht auf Tauchstation und die Bremse wird etwas bissiger eingestellt.
Ready for Race!
Anfänglich geht es einen verblockten, steinigen Trail inmitten des Skihanges hinab. Ich kann ausreichend Tempo aufbauen, Angst- und Freuhormone kämpfen miteinander um Vorherrschaft.
Mit weichen Knien komme ich an der Stelle an, wo der Wanderweg kreuzt und der eigentliche DH-Trail beginnt. Freuhormone haben knapp gesiegt und nach kurzem Verschnaufer geht es rein ins Trailvergnügen.
Der Trail ist anfänglich durchgängig steil, verblockt und verwinkelt. Einmal rutsche ich mit dem Vorderad weg, aber kann mich mit dem Fuß abfangen. Tempo aufbauen kann man hier wohl nur mit dem Fully, ich stehe tüchtig auf der Bremse. Zum Glück hat mir ein Freund vor kurzem noch richtige Freeride-Pellen geschenkt (29" hat so oder so eben seine guten Seiten), die leider nur vorne draufpassen. Aber das rettet mir den Arsch - der Grip ist wirklich gigantisch.
Weiter unten im Wald kann ich die beiden billigsten Hindernisse nehmen, habe sogar mal ein Meterchen Airtime!
Zack-Bumm bin ich auch schon unten, mensch, ging das alles schnell!
Nun rüste ich wieder ab und stelle auf Trailmodus um. Über einen endlosen Forstweg radle und schiebe ich bald in Richtung Lausche, da meine nächsten Ziele der Grenztrail mitsamt dem Hochwald sind. Das musst ich einfach noch mitnehmen, wenn ich schon mal hier bin.
Immer wieder erfreue ich mich daran, wie liebevoll die Tschechen ihre Quellen umsorgen:
So gelange ich auf den Kamm und überlege mir schon die kürzeste Cyklotrasa zum nächstbesten Bahnhof zu nehmen, da ich nach der Attacke am Tannenberg ziemich alle bin. Ein Päuschen später geht es schon besser und ich habe ja Zeit. Also radle und schiebe ich gemütlich durch die Gegend, bis unterhalb der Lausche der Grenztrail losgeht:
Zuerst über einen langen „Northshore”, dann über kurzweiliges welliges Gelände mit Wurzeln durchsetzt, wo man zumeist gut rollen kann:
Kurz vor dem Falkenstein wird es dann steil, aber ich habe keine Lust auf ewige Umwege und packe den Stier direkt bei den Hörnern bzw. das Rad an Standrohr und Kurbel, so wie es die Bikebergsteiger vormachen:
Der Aufstieg lohnt sich, der Felsen schein ja mal als Vorposten gedient zu haben, wie ausgeschlegelte Treppen und Balkenfalze nahelegen. In den Balkenfalzen war sicher mal eine Vortreppe verankert, so dass man nicht einfach hochsteigen kann. Aber auch der Blick vom Gipfelfuß in Richtung Lausche erfreut:
Nun kürze ich etwas ab und rolle nach Krompach hinab. An historischem Standort ist ein Restaurant mit Pension wiedererstanden und nennt sich zweisprachig Na Hřebenovce - Am Kammweg. Es ist urst gemütlich darinnen und ich ordere erstmal Kalorien und Vitalstoffe satt:
Solcherart gestärkt, aber auch etwas träge nehme ich den Hochwald in Angriff. Zum Glück verläuft der Weg zunächst nur schwach ansteigend, wird dann etwas steiler und steiniger. Wasserrinnen aus gesetzten Steinen lassen erkennen, dass hier mal die Gebirgsvereine aktiv waren. Das letzte Stück will ich mir erleichtern und weiche auf einen schönen flachen Seitenweg aus, der zum rot markierten Weg - und zugleich dem Grenztrail - führt.
Das war wohl nichts mit leichter:
Frage an die Zittau Connection: ist da schon mal jemand zumindest zum Teil runtergehoppelt?
Es geht noch steiler, aber da sind auch Stufen gesetzt und man ist ja praktisch schon oben.
Oben schweift der Blick weit übers Land und bleibt unweigerlich am Jeschken hängen:
Hier gerate ich ein wenig ins Philosophieren: bei mir wird die Freude oftmals durch das Bekannte gesteigert. Jedesmal wenn ich in meinem Revier unterwegs bin, erkennen ich sofort mehr Berge, werden daran verknüpfte Erinnerungen wach, was die Freude zum bloßen Auf-dem-Berg-sein zusätzlich steigert. Was für ein Gegensatz zu unserem Zeitgeist, wo alles nur noch „Hot” und „New” sein muß, und wer zweimal im selben Wald pennt, gehört schon zum Establishment, um einen altlinken Kampfspruch mal abzuwandeln.
Ob die mit der gewünschten und gelebten Flexibilität und Mobilität einhergehende Beliebigkeit den Lebensgenuß steigert, muß wohl jeder für sich selbst herausfinden ...
Beim folgenden DH ist dann auch ganz schnell Schluß mit Gehirnfasching und ich bin ja auch ein wenig ein Trendopfer, wie ich so mit Schonern und FF-
Helm am Rucksack um die Fichten eiere ...
Zwischendrin wird es mir zu lose im Geröll und ich mag mich wegen 20 m nicht erst erneut umkleiden, also kneife ich und rolle weiter unten im Flachen weiter. Der Weg hats aber ganz schön in sich, bis zum Kammloch ist kaum ein Meter zum Verschnaufen drin in dem ausgewaschenen und verwurzelten Weg.
Dieser Weg sah auf der Karte ganz interessant aus, entpuppt sich aber als langweiliger Forstweg. Zuerst geht es durch monotonen Kieferwald und dann, Abwechslung muß sein, durch Fichten-Monokultur. Also kürze ich über einen abzweigenden Wanderweg ab, rolle über Wiesenwege und diverse Straßen nach Jablonné v Podještědí · Deutsch Gabel. Dort werden zuerst Kronen und direkt danach Bier, Zopfkäse und Kümmelstangen ausgefasst, schließlich strebe ich jetzt das Camp an.
Dann warte ich auf einem interessanten Bahnhof auf den Zug, der mich auf die Bergeshöhe am Jeschken bringen soll. Überall grünt und blüht es,
ein winziges Eisenbahnmuseum ist vorhanden und irgendwas mit Kunst und Galerie kann ich entziffern.
Ich versuche mich auch in formaler Fotokomposition:
Dann rattert der Zug heran und ich quetsche mich ins winzige Fahrradabteil, wo zwei Räder hängen können. Meine dicken Pellen passen in die Halterung nicht rein, aber bald bin ich in Novina · Neuland, wo insbesondere das Novinský viadukt · Neuländer Viadukt, ein technisches Denkmal, von Interesse ist:
Es geht anfänglich eine steile Straße durch das kleine Dorf mit seinen Umgebindehäusern, dann steigt ein Forstweg allmählich an. Das letzte Stück zum geplanten Wildcamping-Platz nahe der Dánské kameny · Dänsteine sieht dank „vorbildlicher” Forstwirtschaft so aus:
Auf der Suche nach Wasser wurde es dann noch feuchter: auf mapy.cz war eine Quelle eingezeichnet. Ein kleines Bächlein ist am fraglichen Ort schnell ausgemacht, aber auf der Suche nach der Quelle merke ich erst, dass ich quasi mittendrin stehe, als es in den Schuhen feucht wird
Es gelingt mir dennoch Wasser zu fassen und ich schnaufe und keuche noch die letzten steilen Höhemeter hinauf bis zum Kammweg.
Für Nachfahrer: möglicherweise ist es schlauer, bereits in Křižany auszusteigen und via Cycklotrasa 21 und 3007 hochzuradeln.
Die Dänsteine sind zwei Felsgebilde: ein kleineres, in dessen Nähe ich mit mühe ein isomattengroßes ebenes Stück finde und mich häuslich niederlasse.
Weiter abwärts befindet sich , etwas schwer zugänglich, ein weitaus größeres Felsmassiv, welches bergseitig unschwer erstiegen werden kann und eine eingeschränkte lokale Aussicht bietet.
Mit Gegend erkunden, Camp einrichten, Essen kochen und bettfertig machen vergeht die Zeit wie im Fluge und bald liege ich flach. Im Einschlafen denke ich noch, dass ich mit dem Tarp eigentlich zum ersten Mal so richtig mitten im puren Wald penne ...
Wie es weitergeht und ich zu den eingewickelten Armen komme erfahrt ihr morgen!
ride on!
tanztee