Dresden – Berlin 14.09.2024
Schon einige Wochen hatte ich mit dem Gedanken gespielt, 200km am Stück Rad zu fahren. Die Längste Tour stellte bis dato unsere Rückfahrt aus Decin da. Allerdings entspannt am Elberadweg bei angenehmen Temperaturen, wenig bis gar keinem Wind und mit einem Abstecher nach Moritzburg um die 100km voll zu machen. Am Ende standen 110km auf dem Tacho.
Als Streckenziel bot sich Berlin an. Also auf Youtube ein bisschen geschaut wer die Strecke von Dresden nach Berlin bzw. umgekehrt schon gefahren ist und Routenvorschläge auf Komoot durchforstet. Die Strecke lag dann ein paar Wochen unter meinen geplanten Strecken herum. Freitagabend kam ich von einer schlauchenden Weiterbildung zurück und war gar nicht so sehr motiviert. Der Wetterbericht hatte für den Samstag tagelang permanent Regen gemeldet, aber nun sollte es in Teilen Brandenburgs und Berlin selbst an dem Tage nicht mehr regnen. Besser würde es wahrscheinlich dieses Jahr nicht mehr werden und die Wochenenden waren auch schon häufig verplant.
Also Sachen gepackt, Rad nochmal gecheckt und den Entschluss gefasst, es durchzuziehen. Meine Rückfahrt hatte ich inklusive Fahrrad für 22:00 Uhr ab ZOB Berlin gebucht. Planmäßig wollte ich 7 Uhr in Dresden starten, aber aufgrund der Erschöpfung verzögerte sich das Aufstehen und die Abfahrt um knapp 2 Stunden.
Los ging es nach einem kleinen Frühstück also kurz vor 9, mit Helmüberzieher, Regenjacke und den neuen Regengamaschen die Amazon noch pünktlich geliefert hatte. Temperatur 9° und Regen, klasse.
Erster halt dann natürlich an der Carola Brücke. Dort hatten sich schon zahlreiche Schaulustige für das Brückenspektakel eingefunden.
Es regnete und der Wind war böse. Fast die komplette Fahrt hatte ich mit diesem Gegenwind zu kämpfen. Total frustrierend, wenn man in die Pedalen tritt und nichts passiert. Aber aufgeben war keine Option. Mehrfach geriet ich in Baustellen, aber die netten Bauarbeiter ließen mich immer passieren und fuhren einmal sogar ihren Bagger zur Seite, damit ich durchfahren konnte. Sie hatten wahrscheinlich Mitleid mit mir bei dem Wetter.
Irgendwann fingen dann auch die ersten Passagen durch den Wald an. Ich liebe das Gefühl runter vom Asphalt zu kommen und die Natur zu genießen. Spoiler an der Stelle: Die mitgeführten Kopfhörer habe ich nicht ein einziges Mal verwendet
Nach einiger Zeit gab es den ersten Stopp. Apfeltasche und Latte Macchiato, das fühlte ich gut an.
Irgendwann fing dann der Hintern an wehzutun. So ab Kilometer 80. Also immer mal kurze Pausen oder Passagen im Stehen, um das Hinterteil zu entlasten. Die ETA auf der
Garmin verschob sich dadurch immer weiter nach hinten und der Wind tat sein Übriges. Bei jeder Dorf Ausfahrt überkam mich beim Anblick eine Landstraße und freier Felder links und rechts Wut. Wind, Wind und noch mehr Wind. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Immerhin hatte es aber aufgehört zu regnen und ich versuchte mich auf die positiven Dinge zu konzentrieren. Dies gelang mir nur gelegentlich. Ich fuhr durch schöne Dörfer und Städte in Brandenburg. Leider hatten die Gaststätten alle geschlossen.
Unterwegs immer mal wieder umgekippte Bäume. Einmal wurde ich fast von einem Traktor mit Hänger abgeräumt, der ohne gucken Vollspeed den Radweg aus dem Wald kommend passierte.
Ich hatte eine feste Mittagspause geplant und sonst nichts. Da die Zeit immer knapper wurde (ich wollte allerspätestens 21:15 am Brandenburger Tor einfahren um noch Fotos machen zu können und pünktlich am ZOB zu sein) entschloss ich, auch diese zu kürzen. Als dann eine Tankstelle mit einem „Bistro“-Schild mich anlächelte, konnte ich nicht nein sagen.
Leider gab es nur Knacker oder Bockwurst, ich entschied mich für letzteres. Der Hunger war gar nicht so groß, da ich unterwegs permanent Riegel gegessen hatte und Glucose und Maltodextrin um den Blutzucker stabil zu halten. Solche erstmaligen Erfahrungen sind als Diabetiker immer gar nicht so einfach zu antizipieren, zumal z.B. die tatsächlichen Höhenmeter stark von der Komoot Berechnung abwichen und ich nicht alle Parameter richtig planen konnte.
Der Rest der Fahrt bis Berlin verlief unspektakulär. Wasser wurde am Friedhof aufgefüllt, 2 Red Bulls für zusätzlichen Zucker und Energie vernichtet und irgendwann ging es nur noch geradeaus.
Die Radwege waren dann nicht mehr schön zu fahren. Ständig verwurzelter Untergrund und damit unangenehme Verformungen der Wege sowie ständig fehlende oder teilweise herumliegende Pflastersteine. Zudem Wechsel der Wegführung auf die andere Straßenseite ohne Ankündigung, echt nervig. Aber um pünktlich zu sein, durfte ich jetzt nicht mehr anhalten, sondern musste durchziehen. Der Popo tat schon richtig weh.
Irgendwann erreichte ich endlich das Ortsschild:
Die Radwege waren jetzt richtig beschissen. Die Sofirn Taschenlampe auf 2. Hellster Stufe sorgte dafür, dass mich kein Autofahrer beim Abbiegen übersehen konnte. Ständige Ampeln erhöhten allerdings den Zeitdruck. Richtung Innenstadt gab es dann die Fahrspuren, die nur für Radfahrer freigegeben sind und nochmal extra abgesichert mit Reflektoren. Eine tolle Sache! Und deutlich besser gelöst als die Pilotprojekte in Dresden, die durch bloßes Abkleben für maximale Verwirrung bei allen Verkehrsteilnehmern sorgen.