Um diese Anti-Aktion richtig einzuordnen, sollte man einen kurzen Blick auf die Macher dieser Kampagne werfen: Es sind spanische Fahrradhändler und die spanischen Bike-Importeure (Motor-Dealer, etc).
Und wer schon mal Bike-Artikel in spanischen Bike-Läden eingekauft hat, der wird die Feststellung machen, dass die überwiegende Mehrheit der gleichen Ersatzteile in spanischen Bike-shops ERHEBLICH teurer verkauft werden als in den meisten Bike-shops in jedem anderen Land der Europäischen Gemeinschaft. Der Verdacht liegt nahe, dass die spanischen Importeure (und vermutlich auch die Bike-Shops) sich hier jahrelang auf Kosten der Kunden ein wenig mehr bereichert haben als z.B. in Deutschland... Es liegt auch der Verdacht nahe, dass hier seit Jahrzehnten Preisabsprachen zwischen den beteiligten Parteien existieren - die einfach noch nicht geahndet wurden, weil keiner geklagt hat, oder aber weil hier eventuelle Kläger vielleicht einfach mal "ins Boot geholt" wurden. Man weiss es (noch) nicht...
Dazu hinzu kommt eine wiederholt überprüfte, extreme Inflexibilität und Inkompetenz von Seiten der spanischen Importeure hinsichtlich der Dienstleistungskompetenz - sie ist schlicht und einfach unterirdisch.
Die Preisunterschiede zwischen Bikeladen und Online-Angebot für ein und das gleiche Produkt sind daher in Spanien noch sehr viel eklatanter als z.B. in Deutschland oder Frankreich. Kein Wunder also, dass selbst die spanischen Konsumenten irgendwann mal Preise bei CRC, Bike-Discount, Canyon, Rose, etc. vergleichen.
Der Hauptgrund dafür dass diese Kampagne von seiten spanischer Bikehändler u. - Importeure ERST JETZT gestartet wird, ist meines Erachtens nur dadurch erklärbar, dass der spanische Konsument bis vor kurzem tendenziell nur sehr wenig Vertrauen zum Online-Shoppen hatte. Ganz nach dem spanischen Vorsichts-Gebot "Was? Ein Shimano-XT Umwerfer so preiswert? Im Online-Shop? Das kann ja nur gefälscht sein..."
Dieses Misstrauen schwindet bei den Spaniern nun zusehends - und die Folge ist, dass schlecht geführte Bikeläden und bräsige Bike-Importeure mit einem mehr als denkwürdigen Service-Gebaren nun auf einmal wie aus allen Wolken fallen und solche Heul-Kampagnen publizieren.
Um Missverständnisse auszuräumen, ich gehe durchaus in einen kompetenten Fahrradladen, lasse das Bike reparieren und nehme durchaus auch in Kauf, das ein Ersatzteil dort auch einen anderen Preis als im Online-Shop hat: Ich zahle für getätigte Arbeits-stunden und natürlich auch für Ersatzteile, wenn der Preis für diese in vertretbarem Masse etwas höher liegen sollten als z.b. in einem Online-Shop. Man kann jetzt darüber diskutieren, was ein "vertretbares Mass" ist. Das muss jeder Kunde für sich selbst entscheiden.
Aber für Spanien möchte ich gerne einige wenige Beispiele anführen (aus eigener Erfahrung), die das Verhalten der spanischen Konsumenten umso erklärlicher machen:
a) Defekt einer Rockshox-Gabel (Lyric): Beim Eintauchen verhärtetete diese sich spürbar und reagierte nicht mehr 1a. Der Bike-Händler meinte, die müsste er einschicken nach Madrid. Resultat: 8 Wochen Wartezeit, Ergebnis: nach der ersten Ausfahrt genau dasselbe Problem und 50 Tacken ärmer... Ich reklamiere, und die Antwort ist eine Woche später, wenn ich die Gabel erneut einschicke und diese inspiziert würde, müssten sie dieses auch in Rechnung stellen...
b) Shimano-XT Umwerfer (2009): im Laden um die 65 Teuro, im Online-Shop um die 43,- Teuro, zusätzliche Montagegebühr: 25 Euro (für jede angefangene Stunde)
c) Ein bekannter grosser Bikeladen in Barcelona, bei dem ich um einen Termin zum Durchchecken u. Säubern von Federgabel u. Dämpfern bitte, erklärt mir, dass momentan nur Bikes angenommen würden, die auch im Laden selbst gekauft worden sind. Ansonsten nochmal in ca. 8 Wochen anfragen... (offensichtlich herrscht bei DENEN keine Krise...)
Es ist also mehr als verständlich, dass ich mit der Zeit:
1. mir meine eigene Reparaturwerkstatt ausgebaut und mir so einiges teure Werkzeug angeschafft habe, so dass ich jetzt immer weniger auf solche fragwürdigen Dienstleister hier in Spanien angewiesen bin;
2. ich weiterhin AUCH (nicht ausschliesslich) bei Online-Shops einkaufe, da sie einfach vielfach besser sind: sie sind oftmals ERHEBLICH preisgünstiger und sie sind meistens SCHNELLER - eine in derselben Stunde aufgegebene Bestellung von zwei Teilen vergleichbarer Grösse (1 über CRC, eines über einen Bike-Shop in Madrid) ergab, dass das Teil aus England genau 2 Tage früher bei mir landete. Shit happens.
Fazit: Anstatt so dumm rumzuheulen, empfehle ich den spanischen Bike-Importeuren und schläfrigen Bikeshops ihre Servicekompetenz mal an das Jahr 2011 anzupassen und völlig überzogene Ersatzteilpreise und Arbeitshonorare ein wenig anzupassen, dann klappts auch wieder mit dem Kunden!
Viele Grüsse aus Barcelona.