Anglizismen/-mus(s)-Fremdwörterinflation bei mtb-news.de

Und dass die Welt durch und dank Globalisierung und Internet wieder zusammenwächst...
...als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war sie noch in einem Stück. Die Welt. Da muss vermutlich nichts zusammenwachsen.

Jeder Zeit ihr Feindbild, jeder Gruppe ihr Feindbild. Jedem Menschen sein Feindbild. Kann helfen. Muss aber nicht. Wachsen wird da dann vermutlich nur der Hass.
 
Goethe wurde hier ja schon zitiert. Er hat sich gehörig über Leute lustig gemacht, die ihm alles verdeutschen wollten.
 
Mag sein, aber er sagte auch: "Die Sprache bringt doch eine Art von Atmosphäre des Landes mit."
Welche Atmosphäre soll das sein, wenn wir unsere Kinder Kids nennen?
 
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Oder Bestellungen äußerst einfach aus Übersee...
:bier:
Sind doch Fake Information von den Leuten die von der Wahrheit nichts wissen wollen und um höhere Versandkosten zu generieren .
Die Erde ist halt eine Scheibe .
irrtumskampagne_01.jpg
 
Welche Atmosphäre soll das sein, wenn wir unsere Kinder Kids nennen?
Weiß nicht, wo du da die Atmosphäre gestört siehst. Mir kommt eine Atmosphäre, wo Kinder "Kids" genannt werden, liebevoller vor, als wenn sie "Bälger", "Blagen" oder "Wänster" genannt würden, auch wenn Letztere natürlich sehr deutsche Ausdrücke sind.

Im Übrigen finde ich es gut, wenn eine Sprache lebendig ist, aus anderen Sprachen entlehnt, oder neue Wörter generiert. Beides ist für das Deutsche der Fall. So weit gesund also. Dass nicht alle Sprecher meinen Geschmack treffen ... nun ja ... ist bei Musik, Malerei und Fahrrädern auch so.

Witzig, dass mich das an diesen schon etwas älteren Artikel erinnerte, in dem es auch um "Kids" geht, und Goethe und Schiller am Rande erwähnt werden. Das Sprachlog kann ich übrigens jedem ans Herz legen, der sich für Sprache(n) und ihre Entwicklung interessiert.

Mich stört der "Nack Breace" mehr. Nicht so sehr, weil das Ding englisch benannt wird, sondern weil man sich um die Rechtschreibung von Wörtern gar keine Gedanken mehr zu machen scheint.
 
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...solange die Sprache bereichert wird oder Begriffe aus einer anderen Sprache bestimmte Sachverhalte besser treffen ist das auch in Ordnung und gut so. Und dann auch wertvoller Bestandteil sprachlicher Entwicklung.

Aber das Pidgin-Deutsch in manchen Artikeln oder auch in ganzen Branchen ist grotesk. Und englische Grammatik auf die Deutsche Sprache übertragen unerträglich. Pseudoenglische Begriffe nur ein Zeichen sprachlicher Hilflosigkeit.
 
Wo wird denn englische Grammatik auf die deutsche Sprache übertragen? Das klingt wirklich eher experimentell.

Einiges von dem, was hier und da als pseudo-englisch verachtet wird (z.B. Handy, Body Bag, Public Viewing) stellt sich bei näherer Betrachtung als gar nicht so "pseudo" heraus. Aber abgesehen davon gibt es ja keine Verpflichtung der Gebersprache gegenüber. Das Lehnwort kann erstens in eingeengter, erweiterter oder auch verschobener Bedeutung entlehnt werden, zweitens darf es sich in der Nehmersprache ganz unabhängig von seiner Bedeutung in der Gebersprache weiterentwickeln.

Fisimatenten, Kartoffel, Schattenmorelle, Schabracke, Gulasch, Kanada usw.
 
"Sinn machen" nimmt dermaßen Überhand, da dauert es wahrscheinlich nicht mehr lange und das findet seinen Platz im Duden.

Damit wird es zum korrekten deutschen Sprachgebrauch erhoben ;)
 
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"Sinn machen" ist nicht mal ein Anglizismus. Diesen Unsinn hat, wenn schon nicht erfunden, Bastian Sick leider populär gemacht.

Die Wendung findet man seit hunderten Jahren, teilweise mit etwas anderer Bedeutung in der deutschen Schriftsprache, auf Anhieb erinnere ich mich an Luther und Lessing, deren Bedeutung für die Entwicklung des Neuhochdeutschen kaum überschätzt werden kann.

die weyse ist, das man wenig wort mache, aber vill und tieffe meynungen ader synnen (Luther)


Ein Übersetzer muß sehen, was einen Sinn macht.”
Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend (10. Januar 1760)


Nun ist es wahr, daß dieses eigentlich keinen falschen Sinn macht; aber es erschöpft doch auch den Sinn des Aristoteles hier nicht.”
Lessing: Hamburgische Dramaturgie (notiert am 8. März 1768)

"Sie sind teils als Solo, Duett, Chor gesetzt und unglaublich original, ob man gleich sich erst einen Sinn dazu machen muss."
Goethe: Briefe, 1. März 1788


Abgesehen davon verletzte es, selbst wenn es ein Anglizismus wäre, keine deutsche Grammatik. Der in diesem Zusammenhang unterstellte Fehler ist ja semantischer, nicht grammatischer Natur.

Typisch für die Entlehnung ist doch eher die Anwendung deutscher Grammatik auf neu entlehnte Wörter, was manchmal ein bisschen seltsam klingt.
 
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Und inwieweit ist „Sinn machen“ sprachlich bereichernd und eindeutiger in der Aussage als Sinn ergeben oder Sinn haben?

Man muss die Angelegenheit weder fanatisch noch nationalistisch sehen und vertreten. Aber etwas mehr Selbstbewusstsein wäre schon hilfreich. Identitätsstiftend und schlicht die Basis fürs tägliche Zusammenleben. So wie wir selbstverständlich erwarten, dass Ein- und Zuwanderer als wesentlichen Teil der Bereitschaft zur Integration Deutsch reden und schreiben sollen. So sehr sollten wir das von uns selbst erwarten. Noch einmal, da wo es sinnvoller ist, sind Lehn- oder Fremdwörter angebracht und praktisch.
 
"Sinn machen" gehört einfach schon ewig zur deutschen Sprache. Das Grimmsche Wörterbuch verfolgt die Wendung bis auf die mittellateinische Scholastik ins 15. Jh. zurück: ("Sinn m., II 21 b) gedanke: liber sententiarum - buch von den hohen synnen. (...). in dem buch der hohen sinn, in libro sententiarum. meister der sinnen, magister sententiarum (St. Gregorius). maister von hohen sinnen (Petrus Lombardus). Petrus der maister Lampardus, der die sentencias machet, das ist das puch von hochen synnen zu teutsch genant.") Kein Wunder also, dass Luther, Lessing und Goethe sie verwendeten.

Dass es andere Wendungen gibt, die gleiches oder ähnliches bedeuten, ist doch kein Grund zur Aufregung, sondern in einer natürlichen Sprache ganz normal (tatsächlich gibt es sogar in rein technischen Sprachen, wie Programmier- oder Auszeichungssprachen verschiedene Möglichkeiten, dasselbe auszudrücken). Die minimalen Bedeutungsunterschiede von "Sinn haben/machen/ergeben, sinnvoll sein" lassen sich auch wissenschaftlich untersuchen:
Sinn haben bezieht sich am häufigsten auf Dinge, die zu einem bestimmten Ziel führen sollen oder bei denen man sich über die möglichen Gründe ihrer Existenz wundern kann: Diskussion, Beziehung, Thread, Tod, Schule, Geschichte, Universum, Evolution und Strafe. Hier ist es plausibel, den Zweck zu hinterfragen oder zu verneinen.

Sinn ergeben wird häufig auf Elemente der Sprache (oder sprachähnlicher Systeme) angewendet: Satz, Bewertung, Name, Story, Wort, Programm, Code, Text, Botschaft, Antwort, Aussage, Aufforderung, Beispiel. Hier ist es plausibel, nach der Bedeutung zu fragen oder diese zu verneinen oder zu kommentieren.

Sinn machen findet man am häufigsten mit Aktivitäten, denen Entscheidungsprozesse vorausgehen und zu denen es normalerweise Alternativen gäbe: Teilverkauf, Kombination, Aktion, Zerschlagung, Fusion, Umschulung, Verrechnung, Offshoring, Herbstpflanzung, Altersvorsorge, Annahme, Pkw-Maut, Verbot, Gegenentwurf, Regelung und Vorbereitung. Hier ist es plausibel, zu fragen, ob diese Aktivitäten gut durchdacht sind bzw. die jeweils beste Alternative darstellen.

Mit anderen Worten, wenn etwas keinen Sinn hat, ist es zwecklos, wenn es keinen Sinn ergibt, ist es bedeutungslos oder unlogisch, wenn es keinen Sinn macht, gibt es bessere Alternativen.

Aber: Inwiefern ist es denn notwendig, dass drei mal Drei "Neune macht", wenn doch drei mal Drei auch "Neun ergibt"? Und inwiefern bereichert "rumhängen" die Sprache, wo doch "rumsitzen" oder "nichts tun" quasi dasselbe bedeuten?
 
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Bezüglich Ökonomie der Sprache.

Wenn wir eh schon so globalisiert sind und der internationale Handel (im Gegensatz zur französisch sprechenden Diplomatie) in englischer Sprache abläuft, warum dann nicht gleich auf Amtssprache Deutsch-Englisch und alle Ausrichtungen in Zukunft nur mehr auf die englische Sprache umstellen? Wäre doch auch viel ökonomischer. Und ein noch größerer Markt würde sich erschließen.

Ich glaube es waren die Schweden (oder eines der nordischen Länder), wo es kaum Syncronisationen von englischsprachigen Filmen gibt; die dazu gezwungen werden, entweder in englisch (vielleicht mit Untertitel) den Film/Dokumentation etc zu sehen, oder eben nicht.

Aber um das ganze auf die ökonomische Spitze zu treiben, wäre es vermutlich noch besser, wieder zum Ursprung, nämlich zu Latein zu kommen. Sehr viele Sprachen entstammten ja (aus) dem Latein und immer wieder finde ich Worte, die einfach nur ein paar Buchstaben mehr oder weniger haben, aber eben lateinischen Ursprungs sind.

Soviel ich weiß, werden ja sogar für Neuentdeckungen (ich glaube es war bei Pflanzen und Tierarten [Mimidae, Passeriformes]) immer noch lateinische Wörter als Bezeichnung gewählt.

Und immer wieder werden selbst neue Sachen bzw Ereignisse, wie die Bildaufzeichnung - video = ich sehe, oder audio = ich höre usw mit lateinischen (oder auch griechischen) Wörtern "versehen". Klar geht es dabei auch um Andersartigkeit oder Originalität.

Auch ein interessanter Artikel im ORF: Wo Latein noch lebt.
 
uf die englische Sprache umstellen? Wäre doch auch viel ökonomischer. Und ein noch größerer Markt würde sich erschließen.

Ich glaube es waren die Schweden (oder eines der nordischen Länder), wo es kaum Syncronisationen von englischsprachigen Filmen gibt; die dazu gezwungen werden, entweder in englisch (vielleicht mit Untertitel) den Film/Dokumentation etc zu sehen, oder eben nicht.

Da wäre ich sofort dafür :daumen:

Aber um das ganze auf die ökonomische Spitze zu treiben, wäre es vermutlich noch besser, wieder zum Ursprung, nämlich zu Latein zu kommen.

Dafür aber nicht :mad:
 
@ufp: Du hast wirklich keine Ahnung von Sprache(n), oder? Sprachökonomie ist doch nicht das Resultat von Verordnungen und Verboten, die sich irgendwelche Planer am ihrem Schreibtisch einfallen lassen, sondern eine Tendenz im alltäglichen Gebrauch einer Sprache durch die Sprachgemeinschaft.

Wenn irgendwer deine aberwitzige Idee aufnehmen würde, eine allgemein verbindliche Sprache durchzusetzen, stünde man früher oder später vor demselben Problem, nämlich, dass sich Dialekte und Sprachstufen bilden, ausdifferenzieren und schließlich verschiedene Sprachen existieren. So sind doch alle aktuell gesprochenen natürlichen Sprachen auch entstanden. Das ließe sich ja nur mit Gewalt verhindern.

Gerade Latein ist ein gutes Beispiel dafür. In den aktuell gesprochenen romanischen Sprachen lässt sich ja die Dialektvielfalt, die in der lateinischen Sprache herrschte, wiederfinden. Wir reden hier immerhin über mindestens 14 anerkannte Standardsprachen, zu welchen jeweils noch mal verschiedene Sprachebenen, sozial und regional differenzierte Dialekte existieren.

Die Grafitti, die in Pompeji erhalten geblieben sind, sprechen in einem anderen Latein zu uns als die Schriften von Cäsar oder Cicero, nicht nur weil hundert Jahre dazwischen liegen, sondern weil die einen in einem Latein der Straße, die anderen in einer Hochsprache gehalten sind, die nur gebildete Menschen gesprochen und geschrieben haben und die genau aus diesem Grund zu einer "toten Sprache" geworden ist. Bei diesen Differenzen geht es nicht nur um Wortschatz, sondern tatsächlich um Syntax, um grammatische Verschiebungen, die letzten Endes zu einer anderen Sprache führten.

Welches Latein hättest du denn gern verallgemeinert? Das humanistische Latein Boccaccios, Erasmus', Newtons und Descartes'? Oder lieber das Latein der mittelalterliche Scholastik? Oder doch lieber Cäsar und Cicero? Das Vulgärlatein aus Pompeji? Wäre ein vorklassisches Altlatein nicht besser, weil urspünglicher? Oder gleich Frühlatein, wenn wir sprachlich so weit zurückgehen, kommt es doch auf 300 Jahre nicht mehr an. War es nicht so, dass die (gebildeten) Römer sich ihrer vulgären Sprache auch lange Zeit schämten und lieber griechisch sprachen und schrieben? Sollte dann also nicht besser (Alt-)Griechisch zur Sprachpflicht erklärt werden? Dorischer oder attischer Dialekt?

In der Substanz bildet dein, ich nehme an ironisierend vorgebrachter, Vorschlag exakt die Kehrseite deiner eigentlichen Idee ab: Man könne (und solle!) kontrollieren, wie die Menschen sprechen - sei es nun aus okönomischen Gründen, wie du es hier gerade mal testweise vorspielst, oder aufgrund von konservativen, geschmacklich begründeten Urteilen, was sich ja als Thema durch den ganzen Thread zieht. Keines von beiden lässt sich verwirklichen: Die Menschen sprechen am Ende, wie es ihnen passt. Wenn sich eine Variante ihrer Sprache als nützlich erweist, wird sie verallgemeinert, wenn nicht, wieder vergessen.
 
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@ufp Die Menschen sprechen am Ende, wie es ihnen passt. Wenn sich eine Variante ihrer Sprache als nützlich erweist, wird sie verallgemeinert, wenn nicht, wieder vergessen.
Um was es hier geht, sind doch geschwindigkeit und umfang der sprachänderung. Die änderung in den letzten 20 jahren ist viel umfangreicher als in den 50 jahren davor. Das ist meine lebenserfahrung. Das kann erschrecken, weil man schnell abgehängt wird. Andererseits bin ich nicht sicher, ob die jüngere generation überhaupt noch mein vokabular versteht. Aber auf unbekannter zeitskala entwickelt sich unsere sprache in deutschland vielleicht zu einem kreol. Das restliche europa dürfte da kaum nachkommen. Und die biker gemeinde wird sich darin als sprachinsel darstellen. Da ist es völlig egal mit welchem vokabular und welcher grammatik.
 
Zusammenfassung: Deutsch ist nicht in seiner Existenz bedroht, die Geschwindigkeit der Veränderungen der Sprache geht mit der Geschwindigkeit der sozialen und technischen Veränderungen einher.

Ab hier folgen aus- und abschweifende Überlegungen, teils mit Fakten unterlegt, teils mit persönlichen Einschätzungen. Muss man nicht lesen, kann man aber.


Um was es hier geht, sind doch Geschwindigkeit und Umfang der Sprachänderung. Die Änderung in den letzten 20 Jahren ist viel umfangreicher als in den 50 Jahren davor. Das ist meine Lebenserfahrung.
Die eigene Erfahrung ist natürlich unter Umständen ein wenig trügerisch, vor allem wenn es um die Einschätzung sozialer Prozesse geht. Die ersten 20 Jahre seines Lebens lernt man ja die Muttersprache erst mal und verändert also andauernd den eigenen Wortschatz und die Art und Weise, wie man spricht. Wohl auch deswegen ist die "Jugendsprache" natürlich etwas volatiler als die Sprache in ihrer Gesamtheit.

Über die Veränderungen der deutschen Sprache in den 1.000 Jahren zwischen 1933 und 1945 sind immerhin auch Bücher geschrieben worden, und tatsächlich haben sich auch die Varietäten zwischen den beiden deutschen Staaten fast 50 Jahre lang auseinanderentwickelt, von Österreich oder der (Deutsch-)Schweiz mal ganz zu schweigen. Es mag sein, dass in den letzten 20 oder auch 30 Jahren viele Wörter aus dem Englischen übernommen worden sind. Das geht ja allerdings mit einer ebenso rasanten Veränderung der technischen und sozialen Wirklichkeit einher. Dass hier regelmäßig Bedarf an neuen Begriffen besteht, liegt ja schon daran, dass es einfach regelmäßig neue Dinge gibt, die bezeichnet werden müssen.

In der internationalen Wissenschaft wird (bis auf Ausnahmen) auf Englisch veröffentlicht, das war nicht immer so (inbesondere in der Physik dürfte das eine direkte Folge der Nazi-Herrschaft und des 2WK sein), aber ich denke, das kann man aktuell als Fakt anerkennen, ohne dagegen anzurennen. Fände Wissenschaft immer noch auf Latein statt, hätten wir eben mehr (pseudo-)lateinische Wörter, die Eingang in unsere Sprache fänden, denn aus dem Bereich der Wissenschaft diffundieren regelmäßig Wörter in den Alltagsgebrauch und damit in die Standardsprache. Aber neben dem Umstand, dass ein guter Teil der Weltbevölkerung bereits Englisch (sei es als Erst- oder Zweitsprache) spricht, findet eben auch ein großer Teil der Spitzenforschung an amerikanischen Universitäten statt, was die Verwendung des Englischen als Wissenschaftssprache stützt.

Abgesehen davon ist natürlich die Kenntnis von Fremdsprachen, insbesondere des Englischen heute sicher weiter verbreitet als noch vor 80 Jahren, was natürlich die Übernahme von Wörtern englischen Ursprunges in die Alltagssprache erleichtert. Mehr als 50% des Internets finden auf Englisch statt, aber immerhin teilt sich Deutsch hier mit Japanisch aktuell nach Russisch (6.8%) den dritten Platz (5,6%).

Das kann erschrecken, weil man schnell abgehängt wird.
Das mag sein. Aber man wird nicht sprachlich abgehängt, sondern auf ganz anderer Ebene. Was ein Smart-Phone ist, wissen meine Eltern z.B. ganz genau, auch ohne dass sie Englisch sprächen. Denn neue Wörter zu lernen, bekommen sie schon noch hin. Aber warum sich das Ding mal so und mal anders verhält, verstehen sie schon nicht mehr. Und um die verschiedenen, sich aller Jahre ändernden Mobilfunkstandards zu verstehen, bedarf es mehr als zu wissen, wie sie heißen und was die Abkürzungen bedeuten. Das ist kein Sprachproblem.

Andererseits bin ich nicht sicher, ob die jüngere Generation überhaupt noch mein Vokabular versteht.
Welche veralteten Begriffe verwendest du denn, die du für eventuell unverständlich hältst?

Aber auf unbekannter Zeitskala entwickelt sich unsere Sprache in Deutschland vielleicht zu einem Kreol.
Prognosen sind immer schwer, um so mehr, wenn sie die Zukunft betreffen. Aber aktuell gibt es wohl nur wenig Hinweise für eine solche Tendenz zur radikalen Vereinfachung.

Deutsch gehört aktuell zu den 10 am meisten gesprochenen Sprachen auf der Welt (ca. 105 Millionen Muttersprachler, 185 Millionen Sprecher). Sie ist die von den meisten Menschen gesprochene Muttersprache in der Europäischen Union, und zwischen 50 und 60 Millionen EU-Bürger sprechen Deutsch als Fremdsprache (nicht inbegriffen also die Schweiz, Russland und andere Nicht-EU-Länder, wie die Türkei). 10% aller weltweit gedruckten Bücher sind auf Deutsch. Deutsch ist also im Verhältnis zur Zahl seiner Sprecher aktuell deutlich überrepräsentiert.

Ich glaube, dass andere Sprachen unter wesentlich größerem Druck stehen als das Deutsche, denn dort stehen nicht nur einzelne Wörter und Wendungen zur Debatte, sondern u.U. das gesamte Schriftsystem, das sich gegenüber aktuellen Anforderungen als zu kompliziert erweist.

Keine Ahnung, ob es ernstzunehmende Untersuchungen über die Veränderungen in der Geschwindigkeit des Sprachwandels gibt, ich nehme aber an, außer das Phänomen zu beschreiben und die Mechanismen zu verstehen, wird da nicht viel zu tun sein. Gesellschaftliche Veränderungen führen zur Veränderung der Sprache. Was sonst? Englisch ist mir als internationale Verkehrssprache (und damit auch als Haupt-Gebersprache für Lehnwörter) immer noch lieber als Chinesisch, dessen Beherrschung mir als deutschem Muttersprachler sicherlich deutlich schwerer fiele als die Beherrschung irgendwelcher indoeuropäischen Sprachen, einschließlich Hindi.

Die deutsche Standardsprache ist vom Aussterben aktuell nicht bedroht. Worum es einem wirklich leid tun kann, sind die deutschen Dialekte, die unter dem Druck des Standarddeutschen absterben - aber auch das ist natürlich irgendwie kulturkonservativ, mir gefallen die Dialekte einfach und ich habe Spaß daran, sie zu hören. Viele werden heute schon nicht mehr gesprochen, die meisten gleichen sich immer mehr an die Standardsprache an. Das Englische ist an diesem Prozess nicht oder nur sehr unwesentlich beteiligt.

Das restliche Europa dürfte da kaum nachkommen.
Ich verstehe nicht, was du meinst. Die anderen europäischen Sprachen verändern sich ja nicht weniger als das Deutsche. Inwiefern sollten die Leute dort "kaum nachkommen"? Oder meinst du die Leute in Europa, die Deutsch als Fremdsprache sprechen und die, weil sie es nicht im Alltag sprechen, die Entwicklungen nicht mitmachen können? Keine Ahnung, ob das ein ernsthaftes Problem ist.
 
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