Ich bin ehrlich - heute wäre ich mit meinen schmaler bereiften Bikes nicht auf die Idee gekommen, rauszugehen. Nicht dass ich mit denen nie im Schnee gefahren wäre, aber der Blick nach draußen verursachte an diesem Morgen gemischte Gefühle. Weiße Pracht um mich herum, aber das Thermometer zeigte +1 Grad und überall begann es zu tauen.
Aber hey, ich habe ein Fatbike, das genau dann fährt, wenn andere verweigern... Also raus, ein paar Höhenmeter weiter oben ist es bestimmt noch nicht am tauen.
Und tatsächlich, nach 100 Metern gings in den Wald, dort war es unten noch ein bisschen matschig, danach die Steigung und bald war es vorbei mit dem Matsch... reiner Schnee, in unterschiedlichen Ausprägungen, mal mit Spur, mal plattgetrampelt, mal nur Tierspuren, mal unberührt.
Eine merkwürdige Spur erweckte mein Interesse: Bei Georgenborn, so breit wie ein Fatbikereifen, aber viel größere Profilstollen. Ist hier jemand mit dem Motorrad durchgefahren? Oder gibt es einen neuen Fatbikereifen, von dem ich noch nix weiß?
Egal, ich setzte meine Fahrt fort bis zum Gipfel der hohen Wurzel... Auf dem Weg dorthin hinterließ ich wie üblich ratlose, verwunderte, verwirrte, erfreute und interessierte Blicke.
Die besten Kommentare des Tages waren:
"Oh, Winterreifen"
"Guck mal, die
Reifen werden auch immer dicker - cool!"
"Cooles Teil, fährt das wirklich so leicht?"
"Ganz schöne Walzen"
"Haben Sie Spikes?"
Den letzten Abschnitt zur hohen Wurzel hatten Horden von Eltern mit ihren kleinen Kindern in eine Schlittenbahn umgewandelt. Mit der Genugtuung, als einziger aus eigener Kraft hier herauf gekommen zu sein, zog ich lächelnd und mühelos an den Massen vorbei, die wohl ohne Ausnahme mit dem Auto angereist waren und sich dann oben um die raren Parkplätze zanken mussten. Es fiel mir auf, dass beim Schlittenfahren offensichtlich 90% der Zeit für´s Schlitten hochziehen draufgehen und nur 10% für die Abfahrt. Da ist fettes Bergradfahren im Schnee doch die dankbarere Alternative...
Dann der Downhill - eine Offenbarung. Ich hatte selten so viel Spaß bei einer Abfahrt. Und ich fahre seit über 20 Jahren Mountainbike...
Zunächst war eine Spur plattgetrampelt, sodass es sich nicht viel anders fuhr als im trockenen. Ein guter Einstieg. Schön schnell und flowig.
Dann wechselte der Belag, weil ein Großteil des Trampelvolkes rechts abgebogen ist. Die Spur wurde schmaler und weniger plattgetrampelt.
Wunderbar, wie eine Bobfahrt. Vom Schnee beschwerte Äste machten die eine oder andere Limbo-Einlage nötig. Die schmale Spur schlängelte sich launig durchs Gelände. Ich folgte ihr nur allzu gerne - mit einem immer breiter werdenden Grinsen.
Weiter unten war ein Teil des Weges sogar gesperrt, aber ich hatte keine Wahl, da musste ich durch. Was dann folgte, war eine wahre Winter-Wunderland-Fatbike-Abfahrt: Man erahnte unter dem Schnee querliegende Äste oder Stämme, ausgefahrene Spuren, tiefe Gräben und sonstige Hindernisse. Alleine, es interessierte nicht weiter. Das Bike schwebte quasi über alles hinweg, es war unglaublich. Ein Tier hatte bereits die Ideallinie ausgekundschaftet und so folgte ich der animalischen Intuition dieses pionierhaften Wesens. Die Spur erwies sich als traumhaft und selbst Ausflüge in den seitlichen Tiefschnee konnten meinen Vorwärtsdrang nicht aufhalten.
Unten angekommen fragte mich ein Pärchen, ob das der Weg zur hohen Wurzel sei. Klar sagte ich, einfach der breiten Reifenspur folgen bis zum Gipfel. Einen besseren Wegweiser kann man sich eigentlich nicht wünschen
.
"Wow" sage ich am Ende dieser kurzen Tour, es sind genau Ritte wie dieser, die das Fatbike so wertvoll machen. Man bekommt frische Luft, eine Extraportion Kondition, denn anstrengend ist es ja schon im Schnee und am Ende endlosen Spaß. Und als kleinen Bonus erhält man noch grundgereinigte Breitreifen
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PS: Eben kam ne WhatsApp von einem Kumpel:
Man kann auch nichts unbemerkt machen mit so nem Fatbike...