Zur Neujahrsparty mit dem Rad
Nachdem JoeSchmue mich am Samstag mit seiner Silvesterplanung auf dumme Gedanken gebracht hatte (
"...Berlin-Usedom-Radweg in einem Husch.. Gepäckhänger ans Puky.. EmilIA in den Wind vorweg..") liefen meine grauen Zellen auf Hochtouren und waren eifrig mit Realisierung und Zeitmanagement beschäftigt. Eigentlich waren diese schon überfordert. Schließlich galt es zeitgleich den Gänse.. ähmmmm Wildschweinbraten zu vernichten. So musste ich also nachdenken und die lebensnotwendige Nahrungsaufnahme gleichzeitig ausführen. MULTITASKING - eine mittelschwere Herausforderung!
Doch die Stimme der Vernunft hatte unser gemeinsames Dreierlei dann ausgebremst und ich musste das Vorhaben nun von mir für mich bestimmen. So eröffneten sich völlig neue Dimensionen. Theoretisch wollte ich nun von B Richtung U mit einem Schlenker quer Polen, möglichst offroad.
Praktisch durfte aber der Gockel nicht vor 6 Uhr krähen, das Tageslicht war nur für acht Stunden verfügbar und spätestens um sechs am Abend musste ich unterm Wasserfall stehen.
Theoretisch könnte ich auch soviel Bar in den Rocket Ron pusten wie die Felge aushält, zünden und auf dem Bitumen der Landstraße die direkteste Verbindung zum Ziel nehmen. Aber praktisch ist Asphalt schneiden so spaßig wie das Schwitzen auf der Festen, und so gefährlich wie das Schlafen auf der freien Rolle.
Ein Kompromiss musste her, viel durch den Wald und möglichst kilometerschrubbend. Also über die B-U-Teerzunge mit Abstecher in die Botanik. Die Voraussetzungen für die Erkundung neuer Wege waren ebenfalls ideal:
- Navi verborgt
- Kartenmaterial auch
- Tacho seit gestern kaputt
- um Wegweiser zu kaufen oder leihen keine Zeit,
ebenso keine Zeit um die geschnorrten, als Powerbar deklarierten Einfachzucker abzuholen. Egal! Die Giftnatter bis Bernau in den Schienenpanzer gesteckt...
...folgte ich ab dort im Blindflug den Pfeilen mit dem Fahrrad drauf. Lief bis Biesenthal problemlos. Bis ich an der Kreuzung in Bahnhofsnähe folgendes Schild entdeckte;
Berlin-Usedom-Fernweg 3,2km. Fein! Allerdings zeigte der Pfeil in die Richtung, aus der ich kam. Mhhh
![Confused :confused: :confused:](/forum/styles/legacy/smilies/confused.gif)
Nagut, nochmal zurück
Nach ca. einem! Kilometer wieder ein Pfeil. Dem folgend war ich nun Richtung Eberswalde unterwegs. Hä? Ist doch Quatsch. Falsch, wieder zurück ins Dorf. Nachfragen.
"Hallo, ich bin der Herr Kessler und auf dem Weg zur Ostsee..."
OK. Zurück, Straße runter, irgendwann rechts rein. Dem gefolgt und einen Stück weiter wieder ein Pfeil: Wandlitz 12km.
Endlich richtig! Endlich raus es diesem Kaff! Für diesen ungeplanten Zickzackkurs war sowieso keine Zeit
Auf der Straße nach Wandlitz kurbelnd vermisste ich plötzlich den B-U-RADweg.
Und hatte der Wind gedreht? Der pfiff nun volle Dröhnung von vorn.
Und wieso gehts durch das Dorf Lanke nach Wandlitz?
*grübelgrübel*
*grübelgrübelgrübel*
AHHHHHHH!!!
Wandlitz, Warnitz, Wandlitz, Warnitz... verwechselt! Anstatt nach Nord war ich nach West unterwegs, anstatt nach Warnitz schon bald in Wandlitz!
Wieder zuuuurück. Kette rechts. Innerlich tobend kalkulierte ich meine Route neu und schaute ständig aufs Zeiteisen. Parallel der suchende Blick zur richtigen Beschilderung. Und da war es wieder, dieses MULTITASKING
Nachdem die fortführende Einmündung gefunden wurde, pustete Petrus mir in den Rücken um die verlorene Zeit zu fangen. Die Kette kreischt nun im 42/11er Takt, die Stollen surren wie ein Wespennest und Offspring dröhnt im Ohr bis Glambeck. Erwähnt sei noch, dass erst
ab Biesenthal der besagte Radweg explizit als Berlin-Usedom-Fernweg gekennzeichnet ist.
Glambecker Taubenturm
Die erste Fahrradkirche in Deutschland steht nebenan
Hier folgte das Tageshiglight:
Biosphärenreservat Schorfheide
Große, dichte Tannenschonungen die jegliches Sonnenlicht verschlingen, von Blaubeeren umspülte Kieferwälder, Trails über Moosteppiche und Hügel über Hügel. So die Erinnerung von damals. Die Einstiege und Sahnestückchen hatte ich mir klugerweise auch auf meinen Karten markiert
Aber heute war ich auf den ollen Pfeil vom ADFC angewiesen. Also galt es Neues zu entdecken, zu finden. Und immer schön im Kreis; zwei-, drei-, viermal links mitgezählt um sich nicht zu weit vom Hauptkurs zu entfernen. Ein Königreich für einen Kompass!
Nach Kür kommt Pflicht: Strecke machen, Fotostopp, Strecke machen
Verfahren???
Oberammergau oder Unterammergau oder Oberuckersee oder Unteruckersee?
Hinter Prenzlau wars irgendwann an der Zeit, den restlichen Reiseverlauf mit der Bahn abzukürzen, um pünktlich und rausgeputzt zum Abendprogramm der Silvesternacht mit Anwesenheit zu glänzen. Also den nächsten Bahnhof ansteuern, Pasewalk.
Plan B: Werbelow-Pasewalk direkt Straße.
Plan B entstand noch am Morgen beim Frühstück aus schlechter Wegstreckenbeschaffenheits-, schlechter Wegstreckensuch- und schlechter Wegstreckenfind
erfahrung entlang der Ucker und der Uckerwiesen aus damaligen Touren.
Aber ein wenig Zeit war noch übrig, so verwarf ich in Werbelow spontan Plan B. Die letzten 10 km, was soll da nach noch kommen...
Um jegliche Zweifel über diese Entscheidung zu verdrängen, erinnerte ich mich an Positives von früheren Märschen durch diese Gegend. Also ich versuchte es. Also in Anbetracht dessen, schon 160 km in den Beinen zu haben, kaum was gegessen, von drei noch zwei Liter Wasser in der Trinkblase, die erbettelten Powerbars nicht abgeholt... warf ich dann doch einen Blick nach hinten zu Plan B. Einen ganz Kleinen.
Aber mehr auch nicht!
![Roll Eyes (Sarcastic) :rolleyes: :rolleyes:](/forum/styles/legacy/smilies/rolleyes.gif)
Die letzten 10 (gefühlte 30) Kilometer durch die überschwemmten Wiesen entlang der Ucker, durch Schlamm, lehmnassen und aufgeweichten Feldwegen, Wind aus allen Richtungen auf dem freien Acker...
Mit Hinblick auf den bevorstehenden Abend habe ich mich noch nie so gefreut im tristen Bahnhof PASEWALK einzutreffen!
PS: schön wars
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