Ich schreibe jetzt doch noch was zu diesem Thema:
Warum nicht einfach mal leben und leben lassen? Meine beiden dick bereiften Bikes (Fatbike und 29+) zaubern mir schon bei einer Runde durch den Garagenhof ein Grinsen ins Gesicht, dass es eine wahre Freude ist.
Höher, schneller, weiter...das brauch ich nicht...ich will einfach fahren, entdecken, eine gute Zeit auf dem Bike haben. Die hatte ich mit den Dicken auch schon auf dem Berg, auf dem Hometrail der Enduro-Freeride-Fraktion und sogar im Bikepark.
Es will mir schlicht nicht in den Kopf, warum man sich hier beinahe dafür rechtfertigen muss, ein Fatbike zu zu fahren. Ich bin seit knapp einem Jahr ausschließlich starr unterwegs, das 160mm Enduro steht in der Garage. Deshalb komme ich aber nicht auf die Idee, in jeden Enduro-Newsbeitrag zu schreiben, dass man das doch eigentlich gar nicht brauche.
Man sollte halt nicht die Scheuklappen aufsetzen und mit Tunnelblick durch die Welt laufen, sondern einfach mal den Blick über den Tellerrand wagen, dann findet man schon das, was für einen persönlich am passendsten ist.
Die Enduro-Fraktion freut sich doch auch, wenn man das Vorder- oder Hinterrad fallen lässt und die Federung dann nicht springt, sondern satt aufliegt. Ihr steigt doch sicher auch mal einfach so auf's Bike, fahrt vor dem Haus auf und ab und wippt dabei einfach mal rum, um die Federung zu spüren. Das nennt man dann Spaß oder Begeisterung für sein Gefährt. Der CC-Racer freut sich darüber, wenn die Bikewaage wieder einmal weniger als beim letzten Mal anzeigt, der Downhiller, wenn die perfekte Zugstufeneinstellung gefunden ist...die Aufzählung kann endlos fortgesetzt werden.
Diesen Leuten spreche ich aber ihren Spaß am Radl nicht ab, warum auch? Für mich ist das halt nix, mein Enduro wird für Touren nicht mehr genutzt, sondern es ist geplant, ein reines Bikepark-Radl daraus zu machen. Dafür muss ich auch nicht gleich die Sinnfrage stellen.
Dass der betreffende Redakteur in der Lage ist, Fatbikes angemessen zu präsentieren, hat man im letzten Jahr mit dem Test des Moonlanders gesehen. Bei dieser Artikelserie allerdings sind die Aufgaben bisher einfach nicht günstig gewählt bzw. nicht konsequent zuende gedacht. Mit Spikereifen hätte es auf der vereisten schwarzen Piste wohl anders ausgesehen mit dem Grip, das Bachbett hätte nicht sein müssen und ufernah durch das Wasser eines Sees zu fahren...da gibt es sicher Aufregenderes und am Bodensee macht das eben auch nicht so viel Sinn. Das ändert sich allerdings komplett, wenn man mit dem Fatbike andere Regionen erkundet:
Und was man halt auch noch sagen muss (das wurde auch schon erwähnt): Getestet wurde eines der schwersten Fatbikes, noch dazu mit einer Reifenkombination, die für den normalen Einsatz hoffnungslos überdimensioniert ist. Man muss nur einmal ins Fatbike-Unterforum schauen, dort fährt kaum jemand den Lou am Hinterrad. Der Rollwiderstand ist schlicht zu hoch. Hinzu kommt noch, dass der Moonlander eigentlich (mittlerweile) ein reines Expeditionsgerät ist...da gäbe es andere Fatbikes, die als Trailbike eine bessere Figur machen, aber dennoch gewöhnlichen Mountainbikes in schwerem Gelände überlegen sind.
Abschließend: Klar geht es mit einem Fatbike im Gelände ruppiger zu, natürlich ist man bergab nicht so schnell wie mit einem potenten Enduro. Das dürfte den meisten Fatbike-Fahrern auch bewusst sein. Aber man kann sich eben auch bewusst gegen etwas entscheiden und die vermeintlichen Nachteile einfach in Kauf nehmen. Anderen Bikern macht es doch auch nichts aus, wenn das Radl beim Bergauffahren wippt und somit unnötig Kraft schluckt, weil sie wissen, dass sich das beim Runterfahren wieder ausgleicht. Genau so ist es doch beim Fatbike auch: Ja, ich bin nicht so schnell unterwegs, aber das ist vergessen, wenn ich das nächste Mal mühelos bspw. durch tiefen Sand fahre.
Alles hat seine Vor- und Nachteile und jeder setzt seine Prioritäten anders. Das kann man doch einfach akzeptieren, ohne die Sinnfrage zu stellen. Oder würde hier jemand auf die Idee kommen, einem Porschefahrer den Spaß an seinem Auto absprechen zu wollen mit der Begründung, dass ein alter Volvo Kombi einen größeren Kofferraum hat?