Mit dem Motorrad nach Neuseeland reisen Heidi Gleitz und Bernd Kleine aus Kallmerode. Was die beiden Eichsfelder auf ihrer aufregenden, rund 40 000 Kilometer langen Tour erleben, das schildern sie selbst:
Regen, Regen, Regen. So hatten wir uns den Beginn unserer Reise nicht vorgestellt. Nach fast einer Woche Dauerregen und Temperaturen um die 10, 12 Grad hatten wir die Hoffnung auf die wärmende Sonne schon fast aufgegeben.
Doch an der bulgarischen Goldküste konnten wir den Silberstreifen am Horizont erkennen. Nach 3200 Kilometern und dem Grenzübertritt in die Türkei am 14. September hatten wir die Sonne eingeholt.
Den ersten Eindruck der türkischen Gastfreundschaft hatten wir am nächsten Morgen. An Heidis
Helm hatte sich eine Schraube der Visiermechanik verabschiedet und wir suchten nach Ersatz. In einer kleinen Mofawerkstatt wurde uns sofort geholfen. Natürlich durfte der obligatorische Tee nicht fehlen. Geld für die Schraube und den Tee wollten sie natürlich nicht annehmen. Diese ungewohnte Gastfreundlichkeit sollte von nun an für uns zum Alltag gehören. Abseits der Touristengegenden bekommen wir immer wieder Äpfel, Melonen, Weintrauben oder Mandeln geschenkt. An einem einsamen Strand brachte uns ein Angler morgens zwei frisch gekochte Frühstückseier und Brot.
Nach zwei Tagen Trubel in Istanbul suchten wir wieder die Abgeschiedenheit der ländlichen Türkei. Das Zusammentreffen der unterschiedlichen Kulturen ist in der Türkei nicht zu übersehen. Der europäische Einfluss begegnet uns auch im asiatischen Teil der Türkei überall.
Unser Weg führt uns in Richtung Pamukkale, zu den berühmten weißen Terrassen, über die das Thermalwasser rinnt. Doch auch hier ist wieder Massentourismus angesagt. Also nix für uns.
Nach zwei erholsamen Badetagen an einem einsamen Strand fahren wir an den jetzt leeren Hotels und Stränden Antalyas vorbei. Sultanhani, eine alte, aber sehr gut erhaltene Karawanserei, ist unser Ziel. Hier fühlt man sich in die Zeit aus tausend und einer Nacht zurück versetzt.
Bei einem Tankstopp am nächsten Tag entdecken wir einen kleinen Ölfleck unter Bernds Motorrad. Der hintere Stoßdämpfer scheint Öl zu verlieren. Kappadokien dürfte allen Türkeiurlaubern bekannt sein. Diese einzigartige Landschaft zog auch uns in ihren Bann. Doch leider ölte der Dämpfer immer mehr und machte eine Reparatur dringend nötig. In Kayseri, eine Stadt mit 500 000 Einwohnern, etwa 300 Kilometer südöstlich Ankaras, fanden wir Hilfe. In Orhans Motorradwerkstatt wurde sofort der Stoßdämpfer ausgebaut und begutachtet. Doch leider konnte er hier nicht repariert werden. Nach einem Telefonat mit dem KTM-Händler in Istanbul war klar, er musste dort hin geschickt werden.
Da sich ein längerer Aufenthalt ankündigte, organisierten sie sofort ein gutes, aber billiges Hotel um die Ecke. Bis spät in die Nacht saßen wir dann mit vielen Freunden in der Werkstatt, tranken Tee und unterhielten uns. Wir wurden auch gleich zum Frühstück eingeladen. Murat, den Mechaniker, mussten wir am Morgen erstmal aufwecken, denn er schläft auch dort.
Diese Werkstatt ist zirka sechs mal drei Meter groß und nicht mit denen von uns in Deutschland gewohnten zu vergleichen. Zum Beispiel ist sie immer geöffnet! 24 Stunden am Tag! Dort lernten wir auch Recep kennen. Er lud uns sofort zu sich nach Hause ein, damit wir nicht im Hotel schlafen müssen. Sein Angebot haben wir natürlich sehr gern angenommen und zogen aus unserem Hotel aus. Mit einem uralten und sehr klapprigen Ford Transit (man sah vom Innenraum aus das rechte Vorderrad) wurden wir in unser neues Heim gebracht.
Herzlich und mit einem reichlichen Essen wurden wir von seiner Frau Fatma empfangen. Mit Händen und Füßen, drei Wörterbüchern und mit Zettel und Stift bewaffnet, unterhielten wir uns bis spät in die Nacht.
Wenn der Stoßdämpfer wieder da ist, werden wir unsere Reise in Richtung Nemrut Dagi fortsetzen. Von da aus ist es dann nicht mehr weit zum Vansee und in den Iran. Doch bis dahin sind es noch einige Kilometer.
Gefahrene Kilometer bis Kayseri: 5800.
03.10.2003