One Night Stand

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8. Dezember 2009
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Guten Morgen zusammen,

Letzte Woche war es wieder soweit. Die kürzeste Nacht und der längste Tag. Schon lange träumte ich davon meinen gescheiterten Versuch aus 2021 noch mal anzugehen. (2021 - erster Versuch). Damals bin ich im früh zeitig gestartet, und war Abends einfach zu fertig um weiterzufahren und musste nach 350km abrechen.
An einem Tag von Dresden bis an die Ostsee. Diesmal sollte es bis nach Bansin, auf Usedom gehen.
Deshalb schwebte mir diesmal eine andere Strategie vor. Ich starte am Abend mit dem Sonnenuntergang. Da ich noch nie Nachts gefahren bin, startete ich vor einer Woche einen spontanen Testlauf und für 100km durch die Nacht.
Schon das war eine interessante Erfahrung. Auf der einen Seite die totale Ruhe und die leeren Straße und Wege, aber auch die innere Angespanntheit, ob etwas aus dem Wald gesprungen kommt.
Nach dieser Erfahrung startete ich mit einem besseren Gefühl und etwas musikalischer Ablenkung am letzten Donnerstag Abend im Dresdner Süden.
Sobald ich die Stadt im Norden hinter mir gelassen hatte, kehrte Ruhe und Einsamkeit ein, die bis zum Morgengrauen anhalten sollte.

Obwohl ich die ersten 300km schon kannte, sah es im dunkeln komplett anders aus. Über zu wenig Licht konnte ich mich mit meiner Sigma Buster 2000 nicht beschweren.
Doch man nimmt in der Nacht alles ganz anders war. Einiges an Tieren kreuzte meinen Weg, aber nie das des gefährlich wurde. Nur einigen riesigen Spinnennetzen, die über den Weg gespannt waren, konnte ich nicht rechtzeitig ausweichen.
Und so verstrich die Zeit bis zur Morgendämmerung recht schnell und ich erreichte gegen 5 Uhr den Berliner Ring.
Nachdem ich die Nacht also besser überstanden hatte, als erwartet, lag jetzt die nächste Herausforderung vor mir. Berlin durchfahren.
Aufgrund der Uhrzeit war noch wenig los, so das ich es diesmal nicht so schlimm empfand wie 2021, als ich kurz vor Mittag durch die Hauptstadt fuhr.
Die schlimmsten Stücken waren eine sehr lange Kopfsteinpflasterpassage und Marzahn. Doch auch das ließ ich in meiner Euphorie hinter mir und genoss dann ein schönes Frühstück in Bernau.
Ich hatte mit die ganze Strecke in 4 Abschnitte zu je ca. 110km eingeteilt. Das war moralisch eine echte Hilfe und so hatte ich zu diesem Zeitpunkt die Hälfte der Strecke schon hinter mir.
Weiter ging es, jetzt bei Tageslicht durch die schöne Uckermark. Ich folge weiten Strecken dem Berlin Usedom Radweg.
Das Wetter war besser als erwartet, ein Mix aus Sonne, Wolken und leichtem Wind, der aber auch mal von vorne kam.
Mein größtes Problem war die Ernährung unterwegs. Obwohl ich sonst süßen Sachen nicht abgeneigt bin, bekam ich schon nach den ersten 200km keinen Riegel mehr runter.
In den Pausen besorgte ich mir meist ein Brötchen oder zum Mittag auch eine Pizza, aber während der Fahrt war es ein Krampf. Nur mit Überwindung drückte ich mir mal eine Gel rein. Und immer mal eine Handvoll Goldbären.
Ich hatte zwar nie einen Hungerast, aber ich merkte schon, dass mein Puls immer niedriger wurde und die Leistung abfiel.
Natürlich ist das nach so vielen Stunden irgendwo normal, aber es kamen doch Zweifel auf ob ich durchhielt.
Der ursprüngliche Plan war, dem Usedom Radweg bis nach Kamp zu folgen und dort mit der Fähre nach Usedom überzusetzen.
Doch in Prenzlau wußte ich, die Strecke bis dahin würde ich bis zum Fährschluss nicht mehr schaffen.
Als Alternative hatte ich deshalb die Route über Anklam gespeichert, was aber auch etliche km Bundesstraße bedeuten würde.
Hinzu kam einsetzender Regen, der aber zum Glück nie so stark wurde, dass es unangenehm war.
Ich warf wieder etwas Musik ein und kämpfte mich jeder 5km Runde weiter.
gegen 18 Uhr erreichte ich Anklam und füllte zum letzten Mal meine Wasservorräte auf und aß ein belegtes Brötchen.
Jetzt warteten die finalen 45km auf mich.
Usedom empfing mich mit einem Gegenwind und die vielen Wellen raubten mir die letzten Körner. Doch jetzt wußte ich, ich würde es schaffen, auch wenn mein Schnitt weiter fiel.
Nach ca. 22,5 Stunden und knapp 18 Stunden Fahrzeit erreichte ich nach 450km die Seebrücke Bansin.
Meine Hoffnung unterwegs gleichgesinnte zu treffen und mal ein Stück gemeinsam zu fahren blieb leider unerfüllt. Vielleicht lag es am Wochentag, keine Ahnung. In der Uckermark traf ich ein Gruppe von Gravelbikern, die aber eher eine gemütliche Tour machten.
Also fuhr ich die ganze Zeit, ohne Windschatten oder Ablenkung. Aber das war ja auch der Grundgedanke. Ohne Support einmal ans Meer.
Ich war erstmal viel zu erschöpft um mich richtig zu freuen. Ein kurzer Videocall mit Frau und Kindern, die meine Tour per Tracking verfolgt hatten.
Natürlich hatte ich schmerzende Beine, Arme, Nacken, vom Hintern ganz zu schweigen. Aber trotzdem war es eine einmalige Erfahrung.
Wie schon beim ersten Versuch, fuhr am Ende eigentlich der Kopf.
Noch was Essen und duschen im Quartier, dann war ich weg. Mein Zug fuhr zeitig nach Dresden zurück und ich wollte vorher noch in die Ostsee.
Früh 6 Uhr in die Wellen zu springen war nochmal eine Belohnung für die Strapazen.
Für alle Interessierten hier der Link zu Strava und ein paar Bilder. Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr viele Fotos zu machen. Der Kopf war damit beschäftigt weiterzufahren. Aber mit meinen Augen fing ich so viele schöne Bilder ein.
zu meinem Hintergrund. Eigentlich bin ich nur ein Ende 40er der seine 5000-6000km im Jahr fährt, und meine Leistungswerte sind eher Durchschnitt. Also einfach machen 8-)
Entschuldigt den langen Text, aber auch der gibt nur zur Hälfte wieder was man bei so einer Tour erlebt.

Strava Tour

Blaue Stunde vor Radeburg
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Autobahnbrücke und ab in den Wald
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KeinMotor- Sport am Lausitzring
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Flutlicht
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Märkisch Buchholz

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Hölzener See

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Der bekannt Turm an der A10
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Berlin kann auch schön
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Am Werbelinsee
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Vogelpark Barlow
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In der Uckermark
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Die Peene in Anklam
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Ruhiger Morgen am Strand
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Saugeil!

Sommersonnenwende nutze ich eigentlich auch immer gern für ein dickeres Brett. Wann, wenn nicht dann! Dieses Jahr leider nicht, aber nächstes Jahr sollen mal die 400 km fallen! :i2:
 
Schöne Tour! Den Berlin Usedom bin ich auch schon 4x gefahren. Aber davor noch Dresden - Berlin. Respekt!!
 
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