hallo fitnessbiker,
ich sehe, du hast dir augiebig gedanken gemacht, das finde ich sehr gut, leider is es eine relativ selten gewordene eigenschaft heutzutage, insbesondere bei einigen führenden sozialpolitikern. ich fühle mich im übrigen nicht angegriffen, sondern eher angespornt...aber nicht um um jeden preis recht zu behalten, sondern um eine interessante diskussion zu führen und gelegenheit zu bekommen meinen eigenen standpunkt auf widersprüche und irrtümer zu prüfen.
im übrigen hoffe ich nicht, daß ich schon jetzt zu betriebsblind bin (dummerweise merkt man es ja selber meist nicht). ich werde erst 34 und arbeite seit gerade mal 4 jahren in der versicherungsbranche, davon 2 jahre PKV und nun seit einem jahr GKV, also noch nicht zuuu lange, hoffe ich. jetzt kann man natürlich sagen, mir fehle die erfahrung, mag sein...aber ich habe 34 jahre erfahrung als versicherter und das reicht ja wohl aus, um mir meine meinung von dieser seite aus zu bilden, denke ich
du schreibst...
Fitnessbiker schrieb:
Warum soll dies nicht sinnvoll sein? Die GKV geht schon diesen Weg mit den Leistungen für Zahnersatz, die in einer privaten Zusatzversicherung abzusichern sind. Die Verwaltungskosten würden dann signifikant steigen, wenn die Kassen keine effizienten Systeme schaffen. Das System an sich sollte jedoch nicht zu komplex werden, dann kann man das auch effizient steuern. Ich meine damit NICHT für alles einen eigenen Sachbearbeiter zu beschäftigen, sondern dies systemgestützt zu automatisieren.
leider ist mir nicht ganz klar, was du mit "effizienten systemen", "komplexität" und "automation" meinst. es ist allerdings eine realität, die ich bei der pkv gelernt habe, dass jeder tarif einen zusätzlichen aufwand an das unternehmen stellt, der nicht unerheblich ist: edv-unterstützung (am teuersten), aus- und fortbildung, vertriebsunterstützung, neues provisionssystem, risikoprüfungsrichtliniensystem, evt zusätzliches personal. wenn man sich die verwaltungskostenquoten der unternehmen anschaut, dann sind sehr oft diejenigen PKVen die verwaltungskostengünstigsten, die einen überschaubares und intelligent aufgebautes tarifportfolio haben. eine der schwierigsten fragen würde bei einer sportzusatzversicherung bspw sein, wann diese haftet und wann die normale KV, aus diesem grunde ist ja bspw auch die private absicherung des unfallrisikos vor ca eineeinhalb jahren gescheitert. von einem effizienten ablauf bei derart schwierig nachzuprüfenden sachverhalten zu sprechen wird schwierig sein und automatisieren lässt sich da nichts.
Fitnessbiker schrieb:
Das stimmt absolut. Aber wo ist das Problem? Alle, die einen Sport mit Verletzungsgefahr ausüben, müssen/können dieses Risiko absichern. Dein Vergleich mit einer Brillenversicherung hinkt absolut, nicht jeder Sportler wird auch permanent Unfälle haben, die die Versicherung abdeckt. Oder hat hier jeder MTBler ständig Unfälle mit der Folge von OP's, Krankenhausaufenthalte etc?? Wohl kaum. Also ist das Risiko versicherungsmathematisch auch berechenbar und damit in einem Beitrag kalkulierbar. Und warum soll diese Gruppe ihr Risiko nicht selbst tragen? Es gäbe ja auch im Umkehrschluss einen Bonus auf den KV-Beitrag. Warum also nicht?
das problem ist, dass eine sportversicherung, die logischerweise nur von sportlern abgeschlossen würde im beitrag sehr schnell relativ teuer würde. nimm mal nur skiunfälle. eine gängige behandlung eines skiunfalls mit meniskusschaden und bänderrissen kostet inklusive behandlung, op, reha und lohnaufall im schnitt ungefähr 12.000. ich kann mich an eine schlagzeile im dezember erinnern, die besagt, daß innerhalb eines wochenendes in den alpen, 800 menschen aufgrund von skiunfällen ins krankenhaus gekommen sind. und wenn es ein paar weniger sind, reichts auch noch. ich spreche hier also nur von einer einzigen sportart, die effektiv vielleicht drei monate im jahr ausgeführt wird. jetzt gibt es ja noch unzählige andere: fussball! da gibt es ähnliche verletzungen etc. etc. da kommt also schon was zusammen. und nun frage ich dich, was wärst du bereit monatlich für eine sportkrankenversicherung zu zahlen? 15 vielleicht 20? find ich schon recht teuer, ich hab aber meine zweifel, dass dieser betrag ausreichen würde. was ist mit leuten, die sozialhilfe bekommen. wenn die sich diese versicherung nicht leisten können, dann sollten sie entweder aufhören sport zu machen, weil sie keinen versicherungsschutz geniessen oder sie werden aufgerufen einen sportunfall als nicht-sportunfall zu kaschieren, beides keine alternativen, wie ich finde. im übrigen wäre die konsequenz daraus die, dass ein stab von mitarbeitern abgestellt werden müsste, um mißbrauch, wie dargestellt, zu vermeiden, mit den beschriebenen auswirkungen auf die verwaltungskostenquote, die wiederum den beitrag steigert.
wenn man sich obiges rechenexempel anschaut, wird auch klar, warum ich keinen bonus auf sportliche aktivität geben würde. ganz einfach, weil ein einziger sportunfall ausreicht, um das eingesparte wieder aufzuzehren ohne, dass man jetzt horrorszenarien aufzeichnet (bspw rasoulli). es ist einfach sehr schwierig, die tatsächlichen kosteneinsparungen durch sprot aufzurechnen. natürlich sinkt das infarktrisiko etc. aber auf der anderen seite treten andere behandlungsnotwendigkeiten in den vordergrund.
Fitnessbiker schrieb:
Jetzt machst du leider genau das in deiner Argumentation, was ich als Ideenkiller bezeichne. Es ist natürlich immer möglich Gegenargumente zu finden, warum im Prinzip keine Änderungen an bestehenden Systemen möglich sind, auch wenn diese ineffizient sind.
ich schreibe nirgendwo, dass ich das system aufrechterhalten möchte. im gegenteil bin ich für einen grundlegenden systemwechsel. der sofortige systemwechsel würde aber die über 45jährigen existentiell treffen, wenn wir in der KV das eigenverantwortungsprinzip ebenso einführen würden, wie es in der RV bereits begonnen worden ist. dumm, dass die über 45jährigen großen einfluss haben, in der mehrheit sind (und politiker wollen ja schließlich wieder gewählt werden) und abgesehen davon fallen auch unsere regierenden und meinungsführenden vertreter in diese altersklasse.
was ich an dieser stelle ausdrücken wollte war, dass es imho keinen sinn macht auf die "dicken", die "raucher" oder andere "teilmengen" der gesellschaft zu schimpfen, weil jeder von uns selber ein mitglied unzähliger teilmengen ist, die ein erhöhtes erkrankungs- oder kostenrisiko beinhalten. das fahrradfahren reicht hier nicht aus, um sich als "sparschwein" der GKV verstehen zu können.
im übrigen sagst du ja selber, dass das system ineffizient ist. nichts anderes fordere ich in meinem letzen abschnitt, wo ich sage, das die effizienz gesteigert werden sollte (bspw. das wegwerfen von arzneimittel kostet das system jedes jahr einen zweistelligen milliardenbetrag, in den meisten fällen sind die verpackungen sogar ungeöffnet) und missbrauch verringert - das effizienzpotential in der GKV ist immens, hier liessen sich tatsächliche beitragseinsparungen realisieren und eventuell auch ein stufenweiser systemwechsel sozialverträglich durchführen. mit der einführung einer vielzahl von zusatzversicherungen, wäre keines der ziele zu erreichen, weder effizienz, noch verringerung des missbrauchs, noch beitrasstabilität, noch ein systemwechsel.
Fitnessbiker schrieb:
Der Weg in ein Zweiklassenmedizin ist nicht nur da, wir haben bereits heute die Zweiklassenmedizin. Vergleiche mal die Leistungen der GKV mit denen einer halbwegs vernünftigen privaten KV, da liegen Welten dazwischen.
Alles andere sind Schönwetter-Politiker-Reden, imho.
da magst du recht haben, wobei ich dir genügend fälle von PKVversicherten aufzählen könnte, wo man sich fragen muss, ob diese wirklich besser gestellt sind. was ist bspw bei psychiatrischen erkrankungen? wenn ich psychische probleme hätte möchte ich nicht privat versichert sein, in der regel 20-25 sitzungen (ambulant) im jahr und vom betrag gedeckelt, stationäre aufenthalte, werden nur in geringem umfang, wenn überhaupt gezahlt. die GKV zahlt unbegrenzt, wenn das medizinische gutachten dies ausweist. im übrigen sind die PKVen ja nun gerade dabei ihren leistungskatalog abzuspecken, weil die jüngste rechtssprechung die meinung vertritt, das die PKVen auch rechnungen bezahlen müssen, die bspw über dem 3 bis 5fachen des üblichen Leistungssatzes liegen, nun werden nachträglich die leistungskataloge gekürzt oder gedeckelt, bringt nicht grade sympathien ein. nächster punkt: wenn ich mir die aktienbaisse der letzten jahre anschaue und die kapitalsituation vieler PKVen, dann kann man gespannt sein, wie sich die prämien in den nächsten 20 bis 30 jahren entwickeln werden, was bringt dir ein luxustarif, den du nicht bezahlen kannst. du kannst dann in den standardtarif wechseln, der dieselben leistungen hat, wie der GKV-katalog. was ist, wenn du familie geplant hast??? eine familie mit zwei kindern ist selbst für einen gutverdiener in der PKV nicht versicherbar, weil unheimlich teuer. hier müssen vier personen einzeln versichert werden. in der GKV nur einer, die anderen drei sind kostenlos mitversichert (wenn sie kein einkommen haben) hier könnte noch einiges angeführt werden, was ich sagen möchte: abgerechnet wird am schluss, ob die PKV wirklich besser ist, lässt sich nicht wirklich sagen.
last but not least ist mir das KVsystem in deutschland lieber, als das in England, wo es ein staatliches KVsystem gibt und man bis zu 12 monate auf eine OP warten muß. es ist auch besser als das in amerika, welches ein reines PKVsystem darstellt und dabei aber so teuer geworden ist, dass es sich einige millionen nicht leisten können. es kann nicht sein, dass du mitten in einer behanlung aus dem krankenhaus fliegst, weil du kein geld mehr hast, um die behandlung zu bezahlen und das auto und das haus aber schon verkauft sind....zeige mir ein KVsystem, dass nicht mit denselben problemen zu kämpfen hätte wie das deutsche. gäbe es nicht das nachwuchsproblem (zu wenige junge, zu viele alte) und gäbe es weniger arbeitslose, dann hätten wir auch kein problem mit unserem KVsystem, im übrigen auch nicht mit der RV.
gruß