Hallo,
für alle, die mit dem Gedanken spielen, sich eine absenkbare Sattelstütze aus dem Hause Rock Shox zuzulegen, ist die folgende Erfahrung eventuell interessant:
Seit knapp zwei Jahren fahre ich an einem meiner Räder eine Sattelstütze von besagtem Hersteller, 30,9mm, 170mm Absenkung, soweit die harten Fakten. Nun musste ich nach einem Radwochenende in den Alpen einen Kratzer auf der sichtbaren Lauffläche der Sattelstütze fest stellen. Vermutlich wurde Dreck unter die Dichtungslippe geschoben, der sich zwischen dem Sattelrohr und der Führung (Kunststoffbuchse) verkeilt hat. Eine erste Anfrage beim Händler, was zu tun sei wurde recht direkt abgebügelt mit: Wenn der Service Intervall nicht eingehalten wurde, gibt's keine Garantie (zu diesem Zeitpunkt war die Stütze noch keine zwei Jahre alt). So, und damit kommen wir zu den zwei Punkten, die mir beim Thema versenkbare Sattelstütze Reverb nach etwas Recherche und nachrechnen sauer aufstoßen. Ich kann nicht ausschließen, dass ähnliche Dinge auch bei Produkten von anderen Herstellern vorkommen/zutreffen.
1) Service/Wartung/Garantie
Nachdem die Frage im Raum stand, wann und ob das Service-Intervall eingehalten wurde, habe ich mich auf die Suche nach genaueren Informationen gemacht und gleichzeitig nachvollzogen, wie viele Stunden die Stütze bei mir in Betrieb gewesen sein könnte. Kurzes Nachrechnen meinerseits ergab, dass nach knapp zwei Jahren am Rad zwei Alpentouren und ein Teil der üblichen Touren zu Hause mit dem Rad bestritten wurden. Warum nur ein Teil der Home-Trails: Die Stütze ist im Hardtail verbaut, ab und an steige ich auch auf das ebenfalls vorhandene Fully. Pro Alpen-Tour veranschlage ich je 45h im Sattel, was realistisch sein sollte. Für die Touren vor der Haustür noch einmal 60h, was 20 Touren je 3h im Sattel entspricht. Insgesamt komme ich so auf 150h Nutzung nach nicht ganz zwei Jahren, also über den von Rock Shox als Service Intervall angegebenen 100h.
Nun zurück zu Rock Shox: Laut Händler greift bei Nichteinhaltung der Wartungs-Empfehlung (genau so steht es in der Anleitung) keine Garantie bei Auftreten von Fehlern. So weit, so verständlich. 150h Nutzung ohne Service = Überschreitung des Service-Intervalls, Pech gehabt, mein Risiko. Das etwas unbefriedigende Ergebnis hat mich jedoch neugierig gemacht: Was für ein Produkt habe ich hier eigentlich gekauft? Und warum habe ich den Service Intervall nicht eingehalten? Gehen wir mal davon aus, ich hätte alles genau so durchgeführt, dass die Garantie greift, was würde dies für mich und mein Hooby Radfahren bedeuten:
Erstmal eine Nachverfolgung der Anzahl an Stunden, die ich im Sattel saß, das Ganze natürlich noch unterschieden danach, welches Rad im Einsatz war. Ich nutze weder Strava noch sonstige Tools zur Quantifizierung meines Hobbies, also wäre hier eine Umstellung notwendig, hin zu mehr Protokollierung.
Was passiert aber nun, wenn das Stundenlimit erreicht ist? Ein Service steht an. Hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Selbst ist der Mechaniker (wobei hier wieder der Nachweis schwierig wird, dass der Service gemacht wurde) oder eben, einen Service machen zu lassen. Wer Glück hat fährt mit dem Rad genau so lange, dass der Service auf die Winterzeit fällt (im Winter fährt Otto-Normal-Radler nicht so viel), da das Rad nicht nutzbar ist, während sich die Stütze im Service befindet. Wer nicht so viel Glück hat, der muss während der schönen Jahreszeit ein paar Tage auf sein Rad verzichten (Gerüchteweise gab es auch schon Nutzer, die Wochen auf Ihr im Service befindliches Produkt warten mussten). Was kommt noch auf mich zu, bei so einem Service?
Ach ja, die Kosten, ebenfalls ein spannendes Thema: Pro Service werden 90-100€ berechnet. Schaut man sich das Produkt unter dem Gesichtspunkt Total Cost of Ownership (ich weiß, Denglisch) an, so kommen zu dem Kaufpreis von in meinem Falle 350€ im Juli 2016 auch noch 2x 100€ über eine Laufzeit von 2 Jahren an Service-Kosten hinzu, gesetzt den Fall, dass ich pro Jahr die 100h voll mache, bzw. schlau bin, und den Service prophylaktisch immer in der dunklen Jahreszeit machen lasse. Zusammengefasst heißt das: Möchte ich in den Genuss der 2-jährigen Garantie bei berechtigten Ansprüchen kommen und meine Stütze nach Herstellerangaben nutzen und warten, so stehen Kosten von 550€ für die 2-jährige Nutzung der Stütze ins Haus, nicht eingerechnet der stundenmäßige Aufwand durch Montage/Demontage der Stütze, plus Versenden oder Abgeben/Abholen beim Händler. Auf die Betriebsstunde runtergebrochen heißt das: Die Nutzung nur der Stütze am Rad kostet 2,75€/h bei 200h Betrieb über zwei Jahre. Die gleiche Rechnung könnte man jetzt noch mit Gabel, Fahrwerk (beim Fully), Reifen, etc. machen, aber so möchte niemand auf sein Hobby schauen bzw. die bei jeder Ausfahrt überlegen, ob sich die Tour dafür gelohnt hat.
Zusammengefasst bedeutet das, ein derartiges Produkt macht für mich persönlich aus Aufwands- und Kostensicht keinen Sinn. Mein Hobby ist Radfahren, nicht Stundencontrolling und mit dem Servicepersonal per du zu sein. Der Kostenpunkt aus TCO-Sicht (550€) hat mich ehrlich gesagt etwas erschreckt, mir ist das bisschen auf und ab des Sattels diesen Aufwand und die Ausgaben nicht wert.
2) Selfmade Service Rock Shox Reverb Stealth 170mm
Der zweite Fehler, den ich gemacht habe (nach: Service-Intervall nicht einhalten) war, den Service selbst durchführen zu wollen. Zum Hintergrund: Meine Räder baue ich selbst aus Komponenten bis hin zu den Laufrädern nach meinen Vorstellungen auf. Warum also nicht auch mal einen Stützenservice selbst machen, gibt ja Anleitungen etc. Das folgende Drama in kurz: Stütze geöffnet, beim Klemmen der Hauptkolbenstange durch übermäßigen Druck Stange verkratzt, Ölkammer der Stütze dadurch undicht. Macht ja nichts, Rock Shox hat glücklicherweise Ersatzteile für seine Produkte im Angebot. Leider konnte ich jedoch genau für das 170mm Modell kein geeignetes Ersatzteil finden. Rückfrage über einen Service-Partner und einen Händler brachten das ernüchternde Ergebnis: Für die 170mm Variante der Stütze gibt es keine Ersatzteile. Selbst beim SRAM-Service war man über diese Erkenntnis einigermaßen verwundert und hatte keine sinnvolle Erklärung.
Fazit:
Die vielgepriesene Servicefreundlichkeit der Rock Shox Produkte trifft nicht immer zu, bzw. ist immer Einzelfall zu prüfen und andere Produkte in Betracht zu ziehen.
Radfahren ist ein teures Hobby.
Manche Produkte haben auf dem Markt einfach nichts zu suchen (550€ für 2 Jahre Sattel rauf und runter ist mir definitiv zu viel).
Hinterher ist man immer schlauer.
Still sendin' it!
für alle, die mit dem Gedanken spielen, sich eine absenkbare Sattelstütze aus dem Hause Rock Shox zuzulegen, ist die folgende Erfahrung eventuell interessant:
Seit knapp zwei Jahren fahre ich an einem meiner Räder eine Sattelstütze von besagtem Hersteller, 30,9mm, 170mm Absenkung, soweit die harten Fakten. Nun musste ich nach einem Radwochenende in den Alpen einen Kratzer auf der sichtbaren Lauffläche der Sattelstütze fest stellen. Vermutlich wurde Dreck unter die Dichtungslippe geschoben, der sich zwischen dem Sattelrohr und der Führung (Kunststoffbuchse) verkeilt hat. Eine erste Anfrage beim Händler, was zu tun sei wurde recht direkt abgebügelt mit: Wenn der Service Intervall nicht eingehalten wurde, gibt's keine Garantie (zu diesem Zeitpunkt war die Stütze noch keine zwei Jahre alt). So, und damit kommen wir zu den zwei Punkten, die mir beim Thema versenkbare Sattelstütze Reverb nach etwas Recherche und nachrechnen sauer aufstoßen. Ich kann nicht ausschließen, dass ähnliche Dinge auch bei Produkten von anderen Herstellern vorkommen/zutreffen.
1) Service/Wartung/Garantie
Nachdem die Frage im Raum stand, wann und ob das Service-Intervall eingehalten wurde, habe ich mich auf die Suche nach genaueren Informationen gemacht und gleichzeitig nachvollzogen, wie viele Stunden die Stütze bei mir in Betrieb gewesen sein könnte. Kurzes Nachrechnen meinerseits ergab, dass nach knapp zwei Jahren am Rad zwei Alpentouren und ein Teil der üblichen Touren zu Hause mit dem Rad bestritten wurden. Warum nur ein Teil der Home-Trails: Die Stütze ist im Hardtail verbaut, ab und an steige ich auch auf das ebenfalls vorhandene Fully. Pro Alpen-Tour veranschlage ich je 45h im Sattel, was realistisch sein sollte. Für die Touren vor der Haustür noch einmal 60h, was 20 Touren je 3h im Sattel entspricht. Insgesamt komme ich so auf 150h Nutzung nach nicht ganz zwei Jahren, also über den von Rock Shox als Service Intervall angegebenen 100h.
Nun zurück zu Rock Shox: Laut Händler greift bei Nichteinhaltung der Wartungs-Empfehlung (genau so steht es in der Anleitung) keine Garantie bei Auftreten von Fehlern. So weit, so verständlich. 150h Nutzung ohne Service = Überschreitung des Service-Intervalls, Pech gehabt, mein Risiko. Das etwas unbefriedigende Ergebnis hat mich jedoch neugierig gemacht: Was für ein Produkt habe ich hier eigentlich gekauft? Und warum habe ich den Service Intervall nicht eingehalten? Gehen wir mal davon aus, ich hätte alles genau so durchgeführt, dass die Garantie greift, was würde dies für mich und mein Hooby Radfahren bedeuten:
Erstmal eine Nachverfolgung der Anzahl an Stunden, die ich im Sattel saß, das Ganze natürlich noch unterschieden danach, welches Rad im Einsatz war. Ich nutze weder Strava noch sonstige Tools zur Quantifizierung meines Hobbies, also wäre hier eine Umstellung notwendig, hin zu mehr Protokollierung.
Was passiert aber nun, wenn das Stundenlimit erreicht ist? Ein Service steht an. Hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Selbst ist der Mechaniker (wobei hier wieder der Nachweis schwierig wird, dass der Service gemacht wurde) oder eben, einen Service machen zu lassen. Wer Glück hat fährt mit dem Rad genau so lange, dass der Service auf die Winterzeit fällt (im Winter fährt Otto-Normal-Radler nicht so viel), da das Rad nicht nutzbar ist, während sich die Stütze im Service befindet. Wer nicht so viel Glück hat, der muss während der schönen Jahreszeit ein paar Tage auf sein Rad verzichten (Gerüchteweise gab es auch schon Nutzer, die Wochen auf Ihr im Service befindliches Produkt warten mussten). Was kommt noch auf mich zu, bei so einem Service?
Ach ja, die Kosten, ebenfalls ein spannendes Thema: Pro Service werden 90-100€ berechnet. Schaut man sich das Produkt unter dem Gesichtspunkt Total Cost of Ownership (ich weiß, Denglisch) an, so kommen zu dem Kaufpreis von in meinem Falle 350€ im Juli 2016 auch noch 2x 100€ über eine Laufzeit von 2 Jahren an Service-Kosten hinzu, gesetzt den Fall, dass ich pro Jahr die 100h voll mache, bzw. schlau bin, und den Service prophylaktisch immer in der dunklen Jahreszeit machen lasse. Zusammengefasst heißt das: Möchte ich in den Genuss der 2-jährigen Garantie bei berechtigten Ansprüchen kommen und meine Stütze nach Herstellerangaben nutzen und warten, so stehen Kosten von 550€ für die 2-jährige Nutzung der Stütze ins Haus, nicht eingerechnet der stundenmäßige Aufwand durch Montage/Demontage der Stütze, plus Versenden oder Abgeben/Abholen beim Händler. Auf die Betriebsstunde runtergebrochen heißt das: Die Nutzung nur der Stütze am Rad kostet 2,75€/h bei 200h Betrieb über zwei Jahre. Die gleiche Rechnung könnte man jetzt noch mit Gabel, Fahrwerk (beim Fully), Reifen, etc. machen, aber so möchte niemand auf sein Hobby schauen bzw. die bei jeder Ausfahrt überlegen, ob sich die Tour dafür gelohnt hat.
Zusammengefasst bedeutet das, ein derartiges Produkt macht für mich persönlich aus Aufwands- und Kostensicht keinen Sinn. Mein Hobby ist Radfahren, nicht Stundencontrolling und mit dem Servicepersonal per du zu sein. Der Kostenpunkt aus TCO-Sicht (550€) hat mich ehrlich gesagt etwas erschreckt, mir ist das bisschen auf und ab des Sattels diesen Aufwand und die Ausgaben nicht wert.
2) Selfmade Service Rock Shox Reverb Stealth 170mm
Der zweite Fehler, den ich gemacht habe (nach: Service-Intervall nicht einhalten) war, den Service selbst durchführen zu wollen. Zum Hintergrund: Meine Räder baue ich selbst aus Komponenten bis hin zu den Laufrädern nach meinen Vorstellungen auf. Warum also nicht auch mal einen Stützenservice selbst machen, gibt ja Anleitungen etc. Das folgende Drama in kurz: Stütze geöffnet, beim Klemmen der Hauptkolbenstange durch übermäßigen Druck Stange verkratzt, Ölkammer der Stütze dadurch undicht. Macht ja nichts, Rock Shox hat glücklicherweise Ersatzteile für seine Produkte im Angebot. Leider konnte ich jedoch genau für das 170mm Modell kein geeignetes Ersatzteil finden. Rückfrage über einen Service-Partner und einen Händler brachten das ernüchternde Ergebnis: Für die 170mm Variante der Stütze gibt es keine Ersatzteile. Selbst beim SRAM-Service war man über diese Erkenntnis einigermaßen verwundert und hatte keine sinnvolle Erklärung.
Fazit:
Die vielgepriesene Servicefreundlichkeit der Rock Shox Produkte trifft nicht immer zu, bzw. ist immer Einzelfall zu prüfen und andere Produkte in Betracht zu ziehen.
Radfahren ist ein teures Hobby.
Manche Produkte haben auf dem Markt einfach nichts zu suchen (550€ für 2 Jahre Sattel rauf und runter ist mir definitiv zu viel).
Hinterher ist man immer schlauer.
Still sendin' it!
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