Tach zusammen!
Hier mein Erfahrungsbericht:
Die Topo Deutschland 2010 ist die erste topographische Deutschlandkarte von
Garmin *, die auf dem gesamten Wegenetz routingfähig ist. D.h. der Weg zwischen einem Startpunkt A und einem Startpunkt B kann über das gesamte Wegenetz berechnet werden, auch Waldwege und kleine Pfade stehen für die Routingfunktion prinzipiell zur Verfügung. Ich besitze auch bereits die Version 2 der TOPO Deutschland sowie die Karte âCity Navigator NTâ und werde daher nachfolgend teils Vergleiche zwischen diesen Karten ziehen.
Hinweis: Die Begriffe Track, Route, Wegpunkt etc. werden nachfolgend als bekannt vorausgesetzt. Wer die Unterschiede nicht kennt, sollte sich erst noch etwas mit dem Thema GPS im Allgemeinen auseinandersetzen.
Systemanforderungen
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Die Topo Deutschland 2010 braucht spürbar mehr Systemressourcen als die V2. Sowohl die Verwendung der Karte auf einem etwas kleineren PC als auch dem GPS-Gerät läuft spürbar langsamer. Der Bildaufbau auf dem Display des
Garmin * eTrex ist insbesondere bei Abbiegehinweisen im Routingmodus (dazu später) so langsam, dass man die Kreuzung mit dem Fahrrad bereits überquert hat, ehe man sieht, in welche StraÃe man hätte einbiegen sollen. Ich habe die Abbiegekommandos im GPS-Gerät daher inzwischen ausgeschaltet, was beim ebenfalls routingfähigen City Navigator NT noch nie nötig war.
Installation
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Die Karte wird auf DVD und SD-Karte ausgeliefert. Von der DVD kann man die Karte auf dem PC installieren, die SD-Karte kann man direkt und ohne Freischaltung im Gerät nutzen. Trotzdem ist eine Freischaltung der Karte auf dem PC zwingend: Bei der Installation auf dem PC sind ohne Freischaltung die Kartendetails gesperrt (nur FernstraÃen werden angezeigt). Um eine Tour planen zu können, geht an der Freischaltung also kein Weg vorbei.
Von der auf dem PC installierten Version kann man sich auch eine weitere SD-Karte erstellen. Das heiÃt aber leider nicht, dass man die Karte mit einem Kumpel teilen könnte, denn die Nutzung der Karte auf dem PC ist für die Tourplanung zwingend, und dafür ist die Freischaltung mithilfe der Geräte-ID nötig.
Hat man mehrere PCs, kann man die Karte auch auf beliebig viele PCs installieren, muss sie jedoch auf jedem PC freischalten.
Der Freischaltprozess kann etwas nervenaufreibend sein. Am besten man kocht sich vorher noch einen Tee und nimmt sich dafür etwas Zeit.
Datenbasis der topographischen Karte
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Die Karte enthält das gesamte StraÃen- und Wegenetz, also sowohl die Autobahnen als auch Waldwege, Pfade, Radwege u.s.w.. Auch der winzige Trampelpfad hinter ihrem Haus ist enthalten und Trails am Hausberg, die man bislang nie entdeckt hat oder bei denen man noch nie auf die Idee gekommen ist, dass man da einmal einbiegen könnte.
Eher selten stellt man fest, dass ein Weg in der Karte fehlt, der in der Natur vorhanden ist. Das ist äuÃerst schade und erhöht nicht gerade die Qualität, ist aber nicht allzu kritisch, denn einen Weg, der in der Karte fehlt, plant man ja auch nicht für seine Tour ein.
Deutlich kritischer ist, dass die Karte â wie schon die Version 2 â eine Fülle von Wegen und Pfaden enthält, die in Wahrheit nicht passierbar sind. Dazu zählen vor allem völlig überwucherte Wegabschnitte, Wege, die für die Ãffentlichkeit nicht zugänglich sind (bspw. an Trinkwassertalsperren, Betriebsgelände etc.), solche die inzwischen in Weideland umfunktioniert wurden oder neulich stand ich vor einer Einsturzgefährdeten Brücke über eine Bahnstrecke. Ich habe mir angewöhnt, beim Mountainbiken bei jedem Wetter komplette Regenkleidung dabei zu haben â denn wenn man nach Garminkarten fährt, muss man öfter mal durch schulterhohe Brennnesseln. Wer mit Kind und Kegel unterwegs ist, dürfte hier weniger Spaà verstehen und ein in Wahrheit nicht passierbarer Weg kann insbesondere für Wanderer erhebliche Konsequenzen für die Tourplanung haben.
Das StraÃen- und Wegenetz wurde seit der Version (âV2â) der topographischen Karte nur teilweise aktualisiert. Die vor einigen Jahren eröffnete Verlängerung der A4 von Olpe nach Siegen ist in der Version 2010 enthalten, nachdem sie in der V2 noch fehlte. Manche neu ausgebaute Radwege fehlen jedoch, bspw. fuhr ich bei Daun in der Eifel vor einigen Tagen angeblich auf Schienen, wo in Wahrheit seit einigen Jahren ein Radweg auf einem ehemaligen (!) Bahndamm verläuft.
Die Präzision des StraÃen- und Wegenetzes scheint nach meinen bisherigen Erfahrungen gut zu sein. Ich konnte bisher keinen nennenswerten Versatz zwischen Karte und tatsächlichem Wegeverlauf feststellen.
POIs (âPoints of Interestâ)
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Bei den Points of Interest war die V2 noch eher spärlich ausgestattet, in der Version 2010 scheinen eine Reihe von Punkten hinzugekommen zu sein. Von Vollständigkeit ist die Karte aber weit entfernt. Während in manchen Gegenden jedes Wegekreuz im Display auftaucht, ist andernorts nicht einmal die Dorfkirche enthalten, was man von einer topographischen Karte aus geographischer Sicht durchaus erwarten könnte.
Im sauerländischen Ort Welschen-Ennest sind der Bahnhof, das Gefallenendenkmal und eine Tankstelle verzeichnet. Dass es sich um eine Automatentankstelle ohne Einkaufsmöglichkeit handelt, ist nicht ersichtlich. Dass es auch zwei Banken mit Geldautomat sowie einen Supermarkt und mindestens einen Gasthof, mehrere Bushaltestellen sowie ein Schnellrestaurant und eine Kirche gibt â davon weià die Karte nichts. Informationen, die für Wanderer und Fahrradfahrer wichtiger wären, als eine SB-Tankstelle.
Darstellung auf dem Display
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Gegenüber den Vorgängerversionen wurde die Karte einer optischen Ãberarbeitung unterzogen. Das Ergebnis ist nicht wirklich eine Verbesserungsrevolution. Unterschiedliche Gelände nutzen nun stark unterschiedliche Farben. Das ist zunächst ein Vorteil zu den Vorgängerversionen für die bessere Abgrenzung bei der Betrachtung im Display. Es erschwert aber auch die Wahl der Farbe von Tracks und Routen, die im Display angezeigt werden sollen, denn je nach Gelände sind die bunten Linien mal hier mal dort sehr schlecht bis gar nicht zu erkennen. Mitunter muss man daher während der Tour die Darstellungsfarbe der Tracks oder der Route ändern.
Aufgrund des Detailreichtums der Karte ist es im GPS-Gerät häufig erforderlich, eine sehr hohe Zoomstufe einzustellen, um zwischen den zahlreichen Details auf der Karte differenzieren und den Wegeverlauf während der Fahrt schnell erfassen zu können. Eine hohe Zoomstufe ist auf fremden Wegen aber sehr hinderlich, denn der nächste Abzweig kommt so erst spät in den sichtbaren Bereich. Hier wäre manchmal âweniger mehrâ gewesen.
Besonders bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Einstellung âDetailbegrenzerâ im GPS-Gerät keinerlei Auswirkungen hat. Bei der Version 2 der Topo-Karte und beim City Navigator ist der Detailbegrenzer ein gutes Instrument, um auf Tour unwichtigen Kleimkram auszublenden und sich auf die Streckenführung zu konzentrieren. Bei der TOPO 2010: Leider Fehlanzeige.
Routingfunktion
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Eins vorab: Die Karte unterstützt keine Adresssuche, weder auf dem PC noch im GPS-Gerät, was für eine routingfähige Karte ein âetwas traurigerâ Zustand ist. In einer fremden Stadt ein Hotel zu finden dürfte also schwer werden, falls das Hotel bei den POIs leider nicht enthalten ist (POIs siehe oben). Eine Suche nach dem Ortsnamen âKölnâ steht zur Verfügung. Die Suche nach einem StraÃennamen: Fehlanzeige. Die Routingsfunktion hilft entsprechend nur, wenn man die geographischen Daten des Hotels als Längen- und Breitengrad kennt oder man zuvor mithilfe des PC mit anderen Hilfsmitteln einen Wegpunkt an der Adresse des Hotels gesetzt hat. â Man stelle sich ein KFZ-Navi ohne Adresssuche vor. Man würde wohl die Stirn runzeln.
Historie zum Routing: Die Version 2 der Topo Deutschland unterstütze noch überhaupt kein Routing, also keine Streckenberechnung. Der City Navigator NT bringt zwar eine europaweite Routingfunktion mit, enthält aber keine kleinen Nebenstrecken sowie keine Wald- und Wanderwege. Die Version 3 der Topo Deutschland hatte ein völlig nutzloses Pseudo-Routing auf Fernrad- und Fernwanderwegen.
Die Topo 2010 kennt nun den Weg von meinem aktuellen Aufenthaltsort im Wald zurück zum geparkten Auto â vorausgesetzt, ich habe am Parkplatz einen Wegpunkt gespeichert. Da alle Wege und Pfade, auch im Wald und Gelände, in der Karte enthalten sind, kann die Karte den Weg zurück zum geparkten Auto berechnen und den erschöpften Wanderer auf hoffentlich kürzestem Weg dorthin zurückbringen.
So die Theorie. Nun zur Praxis: Die Routingfunktion der Topo 2010 führt teilweise zu völlig abstrusen und völlig nutzlosen Ergebnissen, wobei nicht erkennbar ist, wann das Routing klappt und unter welchen Bedingungen oder mit welchen Einstellungen das Ergebnis zu verbessern wäre.
Eine Berechnung vom Parkplatz des âHeider Bergseeâ in Brühl zum nördlichen Rheinufer in Köln kam auf dem GPS-Gerät im FuÃgängermodus auf 55 Kilometer und schlägt einen riesigen Bogen. Im Fahrradmodus sollten es immerhin noch 35 Kilometer sein. Später stellte ich fest: Die Routingfunktion des City Navigators auf dem PC kommt auf 21 Kilometer.
Der FuÃgängermodus (!) macht also einen Umweg von 24 Kilometern, was man groÃzügig in 1,5 Tagesetappen umrechnen darf. Ein völlig nutzloses Ergebnis. Ich bin vom Heider Bergsee schlieÃlich dem Radfahrermodus gefolgt, anfangs noch über einen Schotterweg abseits von StraÃen und durch den Kölner Stadtwald, so weit ganz nett.
Aber dann: Ab südwestlicher Stadtgrenze Kölns lotst mich das Gerät auf die MilitärringstraÃe. Eine 4-spurige Rennstrecke, die sich von einer Autobahn nur durch die Farbe der Schilder unterscheidet. Fahrräder sind übrigens verboten â
Garmin * ist das egal. Und noch immer sollen es 14 Kilometer bis zum Rheinufer sein. Als es mir zu bunt wird, halte ich an und wechsle die SD-Karte, lege den City Navigator NT in das Gerät ein. Die Reststrecke bis zum Ziel reduziert sich schlagartig von 14 auf 9 Kilometer und führt ab jetzt über NebenstraÃen in Wohngebieten und durch Parks.
Auch im rechtsrheinischen Köln führte mich die TOPO 2010 bereits auf die âÃstliche ZubringerstraÃeâ, nicht weniger als ein Autobahnzubringer, wie der Name schon sagt. Die Einstellung âFernstraÃen vermeidenâ wird offenbar groÃzügig ignoriert.
Was in Grenzen klappt, ist, die zuvor geplante oder aus dem Internet heruntergeladene Tour zuvor auf dem PC mit (maximal 50) Wegpunkten abzustecken und aus diesen Punkten eine Route mit 50 Zwischenzielen zu erstellen. Auf dem PC kann man sich dann schon vorab ein Höhenprofil der Tour anzeigen lassen und während der Fahrt die restlichen Kilometer bis zum Ziel. Doch Vorsicht: Die Routingfunktion auf dem PC führt zu anderen Ergebnissen als die auf dem Gerät. Wenn die Routenberechnung auf dem PC zu dem gewünschten Ergebnis führt, kann das Ergebnis auf dem Gerät immer noch eine Farce sein. Die aus den Zwischenzielen berechnete Route ersetzt also keinesfalls die sorgfältige und detaillierte Tourplanung mit einem Track als verbindliches Planungsergebnis. Wer allein mit der Routingfunktion der TOPO 2010 auf eine Tour aufbricht, wird wahrscheinlich den ganzen Tag überwiegend auf Schnell- und BundesstraÃen verbringen und eine Odyssee erleben.
Dass die Abbiegekommandos teilweise falsch sind (Route biegt im Display eindeutig nach links ab, das Abbiegekommando und der Abbiegepfeil weisen nach rechts) und sich die Abbiegepfeile teilweise völlig chaotisch über das Display legen, so dass keine sinnvolle Information mehr übrig bleibt, ist in Anbetracht der Gesamtdefizite beim Routing beinahe gleichgültig. Wegen des langsamen Bildaufbaus (siehe oben) ist es ohnehin sinnvoll, die Abbiegekommandos auszuschalten.
Fazit
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Wer sein GPS-Gerät zum Wandern oder Radfahren abseits von StraÃen nutzen will, benötigt so oder so eine topographische Karte und ist mit dieser gut beraten â allerdings auch aus Mangel an Alternativen. Wer die Gelegenheit hat, die Version 2 oder Version 3 günstiger zu bekommen, kann darüber durchaus nachdenken. Die Vorteile der Version 2010 gegenüber den Vorgängerversionen sind mit Blick auf die eklatanten Mängel bei der Routingfunktion marginal.
Wer bereits eine topographische Deutschland-Karte hat, sollte sich sehr gut überlegen, ob sich die Investition in die Topo 2010 als Erweiterung wirklich lohnt.
Auf die Routingfunktion der TOPO 2010 ist wie oben dargestellt keinerlei Verlass. Das Routing ist nur einsatzfähig im Zusammenhang mit vielen zuvor geplanten Zwischenzielen, also dann, wenn man sowieso schon weiÃ, welche Strecke man fahren möchte.
Wer ein wirkliches Routing sucht, im Sinne âich bin an Punkt A und will auf kürzestem Weg zu Punkt B, jedoch möglichst wenig über FernstraÃenâ, der sollte unbedingt vielmehr über den City Navigator NT nachdenken, dessen Routingergebnisse sehr brauchbar sind â aber eben nur auf StraÃen, nicht auf Wald- und Feldwegen.
Ein brauchbares Routing auf Wald- und Feldwegen gibt es für Deutschland also auch nach Erscheinen der TOPO 2010 leider nicht.