Donnerstag
Heut soll das Wetter endlich besser sein. Darum steh ich motiviert auf, lass mich vom Nebel nicht entmutigen und bin um 9 Uhr unterwegs. Auf der anderen Talseite komm ich bald an die Sonne.
Das ist herrlich, doch mein Strässchen steigt immer mal wieder ganz schön steil an. Im Rettungsring (30x46) kämpf ich mich hoch, da rauscht's nicht vor mir und nicht zur Seit', sondern von hinten und es lärmt in Lüften, wie wilde Jagd, so fliegt es vorbei. Und ich ich komm mir schon ein bisschen blöd vor.
Doch die Ausblicke sind wunderbar. Das Oberengadin mit seinen Seen und Ebenen mag toll sein, doch das Unterengadin mit seinem herben Charme muss sich daneben nicht verstecken.
Was sich aber bald einmal versteckt, ist die Sonne. So war das nicht geplant! Ich komm nach Ftan und montiere für die isohypsige Fortsetzung wieder die Winterausrüstung.
Ich befinde mich jetzt auf der karolingischen Via Imperiala Tirol-Como. Da darf eine zünftige Sust nicht fehlen - allerdings komm ich ein paar Jahre zu spät. Der Gasthof war wohl nicht erfreut darüber, dass die neue Hauptstrasse ein paar hundert Höhenmeter tiefer verläuft.
Mir dagegen passt das, denn so ist die Via Imperiala heute ein ruhiger Spazier- und Radweg. Mir scheint allerdings, dass alle Touristen, die sich momentan im Engadin aufhalten, diesen heute als ihre Tagesbeschäftigung erkoren haben. Dieses Bild relativiert sich in Guarda, denn da tummeln sich diejenigen, die es nur vom Auto bis in die Beiz schaffen (und das ist in Guarda schon ein rechter Spaziergang, da der Parkplatz fast einen Kilometer vor dem Dorf liegt). Trotzdem gelingt mir ein Foto fast ohne Volk.
Weiterhin imperialisch geht's runter nach Lavin und von da nach Susch. Hier verabschiede ich mich vom Engadin.
Wie kommt man schlau wieder aus dem Engadin raus? Ganz schlecht ist der Vereinapass, denn da müsste man 1000hm tragen und sowas würde ich nie tun. Daneben liegt der Flesspass, da muss man kaum tragen, nur etwas schieben und man käme direkt nach Klosters, würde also den Wolfgangpass umgehen. Ausserdem ist er landschaftlich reizvoll. Aber mit 2471m etwas zu hoch für die gegenwärtige Schneelage. Zudem ist er im oberen Teil sehr flach, man hätte also genügend Zeit, den Schnee über längere Distanz so richtig zu geniessen.
Dann gäbe es auch noch den Grialetschpass. Der hätte die beste Abfahrt, aber den kleinen Haken, dass er nochmals 100m höher ist als der Flesspass.
Der langen Rede kurzer Sinn: ich nehme den Flüela (rechts weg im Bild oben). Da hat es eine Strasse oben drüber. Meine letzten Erfahrung mit ihm sind zwar nicht so gut, weil da immer viel Verkehr war, doch heute geht's.
Unterwegs treff ich sogar noch einen Kollegen am Strassenrand. Sein Arbeitgeber hat Steinschlagnetzte getestet. Dazu haben sie mit einem Heli Betonklötze auf den Berg geflogen und die den dann runterkullern lassen und geschaut, was mit den Netzen passiert. Für die Action komm ich leider zu spät. Dirk Steffens steht da auch rum, doch er erkennt mich nicht.
Schliesslich bin ich oben.
Ja, und dann kommt sie: Die längste Singletrailabfahrt der Tour. Etwa 1000hm bis Klosters. Halt etwas witzlos mit der Strasse unmittelbar daneben, aber Singletrail ist Singletrail, oder?
Die Sonne kommt auch wieder raus, es wird sogar fast warm. Bei Küblis kommen mir die ersten Menschen mit kurzen Hosen entgegen. Mit leichtem Rückenwind fahr ich das Prättigau runter und komm so an die Grenzen meines Antriebs (30x11). Ab 32km/h kann ich nicht mehr vernünftig mittreten und muss rollen lassen... Schon ein Fluch dieses 1fach.
Aber es rollt gut, an Landquart vorbei in den lauen Herbstabend hinein. Soll ich hier bleiben?
Nein, ich rolle weiter! In Mels erwisch ich kurz vor Ladenschluss um 19 Uhr noch ein Sandwich, montiere alle Lampen und fahr rein in die Nacht. Es läuft weiterhin gut. Bis Weesen, dann wird's streng. Die letzten 15km führen topfeben durch einen trockengelegten Sumpf und wollen und wollen nicht enden. Aber sie enden natürlich dann doch. Um 21:30 Uhr bin ich zu Hause.
Danke fürs Lesen, Gucken, Liken und Kommentieren
ich bin jetzt erst mal platt.