Drei Stunden sind nix und 4 Tage noch viel weniger
Das beschreibt eigentlich auch schon am besten das letzte ausgedehnte Wochenende.
Wie bei allen schönen Dingen flog die Zeit nur so dahin und ich bin traurig, dass der Harzsturm 2003 schon vorbei ist.
Jetzt sitze ich zu Hause, studiere Waschanleitungen um den Schlammbergen in Arthurs und meinem Trikot Herr zu werden, suche einen guten Platz an der Wand für die Urkunde meines ersten Marathons, zähle die blauen Flecken, vermesse meinen Wadenumfang neu und träume von Walen. Aber der Reihe nach...
Donnerstag, 29.05.2003
Kurz vor 4 Uhr
Nahendes Morgenrot. Wir buckeln unsere Taschen über das riesige, uns noch fremde Ferienlagergelände, suchen ein Bett und entdecken einen Abenteuerspielplatz. Für Abenteuer sind wir viel zu müde, für einen Sonnenaufgang, der wunderschön zu werden scheint, auch. Und so fallen wir für`s erste um und schlafen.
Später an diesem Morgen
Vor lauter Aufregung, mit dem ESK zu campieren, kann ich nicht lange schlafen und so eile ich - noch etwas verschlafen - über den Platz um alle zu begrüÃen. In welcher Reihenfolge ich wem die Hand schüttel, weià ich nicht mehr, aber anwesend sind: S-Punkt (erwiesenermaÃen neues potenzielles Mitglied des ESK; Aufnahmeantrag meinerseits folgt!), Menis und Husten, Rifli, G., Jockel, J-Coop, PDA, Schotter, Nicolai, Rikman, Rob, EL, natürlich Michael 59, Sketcher und....
(sorry, ich weià es waren mehr, aber meine Augen waren noch nicht ganz offen)
Im Laufe des Tages entdecke ich all die anderen ESK-Mitglieder, komme nicht raus aus dem Freudentaumel, dabei sein zu können, staune mit S-Punkt an meiner Seite immer wieder wie man sich stunden-, ja tagelang (wie sich später rausstellt) über Fahrradtechnik begeistern kann, werde Zeugin eines Downhill-Spektakels im Abenteuerland, und probiere meine ersten Clickies aus (Resultat: nie wieder ohne und mindestens 3 von 7 blauen Flecken).
Tour, die Erste:
Am Nachmittag brechen wir auf zur ersten Eroberungstour des Harzes. Wir, das sind ungefähr 30 Leute...Ziel ist das Josephkreuz. So ist vorprogrammiert: langes Feld, häufige Pausen, ständiges Durchzählen und verschiedene Ansichten über den richtigen Weg. Aber es ist genial in diesem Tross durch die Gegend zu brausen. Am Berg hat sich`s leider ausgebraust und ich frage mich, nicht das letzte mal in diesen Tagen, warum ich mountainbike. Es sind über 30 Grad, die Sonne brezelt ordentlich, ich atme den Staub (Staubi kam übrigens auch mit, und Zwock, und...) der Wege ein, der Rest sammelt sich in meinen Augen, die Gruppe entfernt sich, nur wenige sind noch mit uns. S-Punkt und ich (uns gibt`s die Tage nur im Doppelpack), wir sprechen uns Mut zu und halten durch. Alles Training für den bevorstehenden Marathon, denken wir und strengen uns an.( An alle, die immer vorne fahren und an Kreuzungen auf uns warten â DANKE! ) Die letzten Meter vor dem Gipfel nahen, wir mobilisieren letzte Kraftreserven und dann endlich baut sich vor uns der Eiffelturm auf, der im Ganzen betrachtet genaugenommen das Sankt-Joseph-Kreuz- darstellt.
Wie wir genau dahin gekommen sind, kann ich nicht nachvollziehen, aber Tourbeschreibungen wird es eh mehr als genug geben.
Ich weià nicht, ob ihr Profifahrer noch nachvollziehen könnt wie schön es ist, zu wissen man hat es aus eigener Kraft geschafft oben angekommen zu sein. Dieses Gefühl ist einer der vielen Gründe, warum ich immer wieder gern fahre, na ja, manchmal gehtâs nicht ohne schieben.
Oben gibt`s, neben Ausblicke auf liebliche Körper, der hier, aus Reisebussen ausgeschütteten, deutschen Naturfreunde, literweise Apfelschorle. In Anbetracht der Massen und dass S-Punkt und ich ja etwas verspätet den Gipfel erreichten, bleiben wir nicht ewig oben und brausen bald den eroberten Berg wieder hinunter. Geile Trails! Nach einigen Hin-und Her über den richtigen Heimweg, gibt es letztendlich noch eine wunderbare Abfahrt, die uns genau neben dem Ferienlager entlässt.
Glücklich, zufrieden, durstig und hungrig rollen wir ein.
Unsere Frauenquote erreicht durch Iris` Ankunft am Nachmittag die 100 Prozent.
Zzzzzzzorro ist der unbestrittene Grillmeister an diesem Abend, Spezialitätengetränke der deutschen Braukunst werden ausgetauscht, ich halte mich lieber an süffigen Montepulciano, der trotz aus der Tasse getrunken, köstlich ist. Leider sitzen wir alle, auf Grund der getrennt stehenden Tische, für ein näheres Kennenlernen ganz schön weit auseinander. Um meine Mobilität an diesem Abend ist es nicht so gut bestellt und so bleibe ich bei den üblichen Verdächtigen kleben und traue mich nicht die Bratwurst zu essen, in der jemand ein Stückchen Festes gefunden hat und von der ich gehört habe, das sie eine Vegetarische ist. Tofuwurst mit Knochen ist mir suspekt, ein Steak ist da doch schon was Genaueres. Erst am nächsten Tag stellt sich raus, dass die Tofuwurst nur ein Gerücht war, dafür kündigt Michael 59 für das morgige Abendessen Spaghetti mit vegetarischem Gyros an. Diesmal hat Tofu tatsächlich seine Hände im Spiel.
Der Abend gluckert sich langsam aus, ich bin ganz schön platt von dem Tag und freue mich auf die kommenden und möchte mich an dieser Stelle herzlich bei michael 59 bedanken für die tolle Organisation, die Idee für dieses wunderschöne Gelände, für die herangekarrten Futter-und Trinkdinge (der Mohnschnecken waren köstlich) und für all die investierte Zeit und und und...
Der Freitag, ein weiterer Trainingstag
S-Punkt und ich, wir fallen uns in regelmäÃigen Abständen in diesen Tagen um den Hals, da wir so froh darüber sind, uns in dieser von Männern dominierten Fahrradwelt zu haben. Ich hab die Augen noch nicht offen, da höre ich schon ein erneutes Zweiradtechnikseminar vor unserer Bungalowtür, denn dank Arthur, der einen Montageständer beschafft und das halbe Ladeninventar mitgebracht hat, befindet sich vor genau dieser die mobile Werkstatt des Harzsturms. Menis bastelt mit stoischer Ruhe zum wiederholten Male an seinem Tretlager rum, dass das Knacken nicht sein lassen will. Mittlerweile darf man ihn nicht mehr darauf ansprechen.
Michael versucht die Fahrradgemeinschaft zu einem gemeinsamen Ausritt zu bewegen. Menis ist immer noch dabei, Trurl wird nicht fertig, Sabine und ich wollen eh eine eigene, gemütliche Runde fahren um unsere Kräfte für den nächsten Tag zu schonen, der Rest der Jungs vom Berliner ESK ist sich einig, nicht in einer Hundertschaft zu starten und so wünscht uns Michael einen schönen Tag und der GroÃteil des Harzsturms rollt los.
Ich finde mich bald darauf auf einem schrecklichen Wiesenweg wieder auf dem aber auch so gar nix rollt. Mit unserer Trödelei haben wir es geschafft in der gröÃten Mittagshitze aufzubrechen und kein Zipfel Schatten ist auf diesem Weg auszumachen. Von unseren Männern konnten wir uns auch nicht trennen und so wird auch nix aus einer gemütlichen Mädchenlullerrunde. Nach dem Weg darf mich schon wieder niemand fragen. Ich kann mich nur daran erinnern, dass es furchtbar heià war und es stetig bergauf ging. Unser erstes Ziel war der rote Stein. Dort oben endlich angekommen wurde jedes schattige Plätzchen sofort okkupiert und der normale Atemrhythmus wieder hergestellt. Weiter auf diesem Weg pausieren wir in Treseburg. Dort stellen wir zum ersten Mal fest, in welcher lustigen Kombination wir an diesem Tag aufgebrochen waren. Es lebe der Partnerlook. Man beachte Die Kopfbedeckungen von Schotter und Trurl, die sich herrlich in dieses Bild der totalen Harmonie einfügen.
Wir durchpflügen die Bode, zur Belustigung anwesender Spaziergänger, auch gleich ein zweites mal um es fotografisch festzuhalten. Spätestens bei der Wiederholungstat kam keiner trockenen FuÃes auf der anderen Seite an. Für den kommenden Weg senkte es die Hemmschwelle sehr, denn nun fahren wir immer weiter ins grüne Tal hinab und unzählige male durchqueren wir dabei das âreiÃendeâ Strombett, welches sich uns todesmutig immer wieder in den Weg wirft. Was für ein SpaÃ. In Friedrichsbrunn angekommen, müssen wir Iris
bremsen, die sich unternehmungslustig und neugierig die Strecke des nächsten Tages annehmen will. 24 km aus Jux und Dallerei-nicht mit uns! Sabines und meine Taktik besteht darin, so wenig wie möglich über die Strapazen nachzudenken, die da auf uns zukommen. Das Streckenprofil wollen wir an dieser Stelle auf gar keinen Fall sehen. Zum Glück bedarf es nicht allzu viel Ãberredungskunst um Iris von diesem Vorhaben abzubringen. Die anderen wollen auch nicht. Ufff...So gehtâs zurück nach Güntersberge, durch den schatten spendenden Wald, über Weizenfeldautobahnen und Wiesensingletrails. Eine wunderschöne Tour geht zu Ende!
Müder Abend
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Ich bin so k.o., dass ich mich, nach gründlicher Reinigung meines gestählten zerschundenen Körpers, auf das Bett werfe und nur noch meine Wunden lecken und schlafen will.
Fachsimpeleien, in Worte gefasste Werkstattprofessionalität und Trainingszustände der einzelnen, sich am Bier festhaltenden ESK-Sportkameraden verhindern es gekonnt. So erlebe ich noch das Gyros-tofu (was für Wortparadox!) am Abend und schleiche nun endlich ins schon lange rufende Bett. Denn der heutige Tag war anstrengend, der nächste verlangt alles.
Der Tag, der Entscheidung
Um halb 7 klingelt der Wecker. Erfrischt vom wohligen Schlaf springe ich ausgeruht aus dem Bett. Der Tag ist jung, ich, bald darauf, frisch geduscht, topfit und ich im ESK-Trikot exellent gekleidet und so nehme ich bald darauf mit den anderen ein gesundes Frühstück zu mir. Es lebe Green Peace, denn es gibt sogar vegetarische Brotaufstriche, 3 verschiedene Sorten Vollkornbrot und Konfitüre aus ökologisch korrekt angebauten Sauerkirschen.
Eine viertel Stunde, nachdem die Anwärter für die lange (96 km) Strecke gestartet sind, fällt auch unser Startschuss. Sabine und ich haben beste Voraussetzungen bei unserem allerersten Marathon, den wir auch noch gemeinsam antreten. Es sind nur eine Handvoll Frauen am Start.
Wir brausen gekonnt die Abfahrten hinab, brausen kämpfend die Berge wieder hoch, kein Anstieg ist uns zu steil, der Gewitterregen treibt uns voran und bringt eine willkommene Erfrischung, das Publikum tobt, Runde 1 ist bereits bestens absolviert, diverse Mitstreiter abgekocht, die anderen Frauen lassen wir am Wegesrand hechelnd,links liegen, Beifallstürme um uns herum, wir fahren hand in hand ins Ziel ein und haben gesiegt!! Wir schmeiÃen die Räder zur Seite, fallen uns um den Hals und im Freudestaumel verliere ich die Besinnung und sinke auf den weichen Boden................................................ .......................................................... .......................................................... .......................................................... ..........âannieâ-im totalen Dämmerrausch höre ich meinen Namen. S-Punkt steht neben mir und rüttelt wohl schon länger an meinem schlaffen Leib. Die Augen lassen sich nicht öffnen, zu sehr hängt die letzte Nacht noch in den Lidern fest. Langsam wird mir klar, der tag meines Verhängnisses hat begonnen. Mein erster Marathon findet in exakt 1h und 15 min statt. Schlurfend schleiche ich zu den Waschräumen, schlurfend bewege ich mich zum Speisesaal, schlurfend wühle ich mich in die Radklamotten, schlurfend ziehe ich los Richtung Friedrichsbrunn, schlurfend geh ich noch mal zurück, da ich die Hälfte vergessen hab, schlurfend finde ich mich am Start wieder. Der gröÃte Schrecken an dieser Veranstaltung lag für mich in der Zeit des frühen Aufstehens. Jetzt war ich wach!
Das Rennen beginn. S-Punkt und ich haben uns als Ziel gesetzt, durchkommen, egal wie, und dabei das beste geben, um dann, Hand in Hand, durch das Ziel zu fahren.
Der Anfang klappt bestens. Es geht immer gut bergab. Es fängt zwar an zu regnen, aber zu diesem Zeitpunkt finde ich es noch erfrischend. Später schlagen Blitze neben mir ein und Donner grollt. Auch geht es nicht mehr bergab, sondern kräftezehrend steil nach oben. Die ersten 5 km nehmen kein Ende und ich weià nicht, wie ich die restlichen 43 überleben soll. Für Sabine ist es die 5.!! Mountainbiketour, ich selbst mach auch viel zu selten was, aber das spielt jetzt alles keine rolle mehr, wir spornen uns an, geben alles, muntern uns auf, motivieren uns gegenseitig, je nachdem wer es gerade nötiger hat. Bis auf einen Bergarbeiter gibt es rings herum niemanden abzukochen, denn die anderen sind uns wahrscheinlich alle weit voraus. So versuchen wir dieses einsame Exemplar zu fangen, aber Männerehrgeiz ist nicht zu unterschätzen und so müssen wir unser Vorhaben nach langem Kampf verwerfen. Kurz wittern wir noch eine Chance für eine bessere Platzierung, als wir am Wegesrand eine SIE mit Panne sehen, aber schneller als uns lieb ist, dampft sie auch schon wieder an uns vorbei. Und wir sind wieder allein. Und trotzdem, die Kilometer rauschen nur so dahin, wir kämpfen uns dem Ziel näher, die Halbzeit im Ort mit beifallspendenden Menschen spornt uns an, die schlimmsten schlammvermatschten Anstiege liegen hinter uns, jetzt noch eine Kurve und wir haben es geschafft. Wir reiÃen die Arme hoch, fassen uns an den Händen und rollen durch das Ziel. Der Rest ist Rausch. Endorphine ohne Ende!
....Fortsetzung folgt! Gute Nacht John Boy!
Teil 2 wird ganz kurz!
Das Gelobe ich! schlaft gut! eure trüllü