Runterrauf
Weitwinkelpabst
Eispickel und Runterrauf bei den Friesen - ein Reisebericht
2014: War es im September? Herbstletharghie breitet sich aus. Um die Luft aus den Bikes zu lassen und in den Winterschlaf zu schicken, ist es aber eindeutig noch zu früh. Wir wollen nochmal ganz viel Kilometer schrubben, die ich zumindest, mir dieses Jahr noch schuldig bin. Doch wohin soll die Reise gehen?
Die Alpen verglimmen in dieser Jahreszeit schon zeitig, ringsherum ist es in den Bergen für kurze Hosen auch schon gefährlich kühl. Eispickel setzte sich einige Nächte lang an seinen schnellen Brüter und kam mit der zündenden Touren-Idee: Nord- und Ostsee sind um diese Jahreszeit noch warm und werden uns mit ihren milden Westwinden nach Hause blasen. Einfach mal immer die Küste langfahren, bis das zuhause vorbeikommt… Das klingt verlockend. Überhaupt gilt es noch viele ungeklärte Fragen zu klären:
Wie verhält sich ein notorisch unterfordertes, gelangweiltes Mountainbike? Die Speichengallere macht in Friesland etwa soviel Sinn, wie ein Grand Cherokee auf der Schönhauser Allee. Aus wieviel verschiedenen Richtungen kann Westwind kommen? Macht für einen Deichgrafen ein Fahrradschloß überhaupt Sinn? Und: wie fließend ist unser holländisch? Rudi Carell hat das mit dem Deutsch doch auch so einfach hingekriegt.
Unser Reiseplan lässt uns an der deutsch-holländischen Friedensgrenze starten. Da, wo der Rhein aus Deutschland rausfließt:
Tag 1, 03.10.2014: Berlin - Wijk by Duurstede
Für unsere Anreise aus dem Flachland in das noch flachere Flachland steigen wir am ZOB in den ADAC- Postbus. Der startet aber so gemein in der Herrgottsfrühe, dass ich die letztmögliche S-Bahn Richtung Messe-Nord nehme. Eispickel zieht schon sämtliche Charme-Register, um den Busfahrer bei Laune zu halten. Schließlich muss der heute gaaanz pünktlich los (EP erzählte später irgendwas wegen der Kanzlerin).
Aus der Ferne sehe ich schon den vor Menschen und Bussen überquellenden Busbahnhof und spüre in mir leichte Panik hochkommen, noch rechtzeitig den richtigen Bus mit dem richtigen Eispickel zu finden.
Da wir nicht den Marktführer gewählt haben, steht - sehr übersichtlich- nur ein gelber Bus bereit. Schnell gefunden, und alles geht ratzbatz. Auf nach Duisburg, von da aus soll es mit dem Regio bergrunter an den Rhein.
Los geht´s durch die Brandenburgische Tiefebene. Der Tag taut auf.
Wolfsburg... nur für Aussteiger. Irgendwie war das mit dem Postbus doch keine Direktverbindung

Umstieg in Duisburg. Ein Bahnhof ganz aus Altglas und Klebeband. Ich bin das erste mal in dieser Gegend und ziemlich geschockt, wie runtergerockt das Ruhrgebiet ist. Parallelen zum Lausitzer Bergbau gehen mir durch den Kopf - man sollte bei uns in Brandenburg auf alle Fälle rechtzeitig die Bremse ziehen...
17:00 Uhr Welcome in Emmerich am Rhein. Es ist sonnig. Die Außentemperatur beträgt angenehme 20 °C. Wir deichen ein und machen uns auf, in eine uns unbekannte Welt.
Ist das Deichkind?
Wir begleiten den Rhein für ca 1,5h. Es dämmert, und wir verlassen den Fluß an einem Kanal Richtung Norden, um die GPS-Nadel Richtung Amsterdam auszurichten. Eispickel hat als Etappenschluß Wijk by Duurstede ausgesucht, weil es vom Satelliten nach Mittelgroß und Mittelalter, und ja, hübsch aussieht.

Nach einer kurzen, zweiten, Fährüberfahrt erreichen wir gegen 21.00 Uhr unser Ziel. Irgendwie ist es wie immer... es ist spätgeworden

Nachdem unsere Gastgeberin hörte, wir kommen aus Deutschland, schob sie gleich nochmal Wurst, Käse und Saft ins Kühlschrankfach. Nach 90 km durch einen milden Oktoberabend sind wir platt und haben die Holländer schon ins Herz geschlossen.
... das war ja auch schon ganz schön viel für einen Tag

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