Das, was wir heute als Pfade oder Wege wahrnehmen hat nur zum Teil seinen Ursprung zur Zweckbestimmung des Wanderns. Wenn man das fortschreiben wollte und die ursprüngliche Zweckbestimmung in den Namen aufnimmt, haben wir Arbeitswege, Schulwege, Verbindungswege zum Zwecke des Verwandtenbesuches im Nachbardorf, Zugangswege zur Ernte von Beeren und anderen Waldprodukten, ... . Zu Beginn des 20sten Jahrhunderts gab es dann Vereine, die in der Folge Wege zum Wandern angelegt haben. In der Pfalz und anderswo. Der Großteil gerade der ländlichen Bevölkerung konnte sich den Aufenthalt im Wald nur zum "Unterwegssein" oder auch Wandern gar nicht leisten. In den Wald gehen bedeutete Holzeinschlag, Jagd(helfer), Reisig- und Holzsammeln, Heidelbeeren und Pilze suchen. Es ging um Broterwerb. Den Wald durchqueren, bedeutete den schnellsten Weg zur Verwandtschaft im Nachbarort wählen. ÖPNV war Fehlanzeige und das eigene Auto eine Utopie. Wenn es zu dieser Zeit die Option gegeben hätte diese Strecken mit einem Rad zurückzulegen, hätten das die Leute genutzt.
Von daher werbe ich darum nicht von Wanderwegen zu reden, denn dies legt eine einseitige Zweckbestimmung nahe. Ein Weg ist ein Weg ist ein Weg. Breite egal.
Covid-19 bedeutet für alle, die sich seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich/erfolglos Gedanken um "Besucherlenkung" und "Wegekonzeptionen" machen, einen gewaltigen Tritt in den Arsch.
- Es gibt keine tragfähigen Konzepte um das erlebte Verkehrschaos an Hotspots zu verhindern
- Die Vermüllung im Wald nimmt drastisch zu
- Besucher sind zu wenig in der Lage Alternativen zu einem überfüllten Gebiet/Hotspot zu entwicklen
- Neben anderen Besuchergruppen hat die Nutzung verschiedenster Spielarten des Mountainbikesports zugenommen
Die chronische Unterversorgung mit legalen Angeboten für das abfahrtsorientierte MTB-Fahren besteht schon viel länger (siehe auch Entstehungsdatum dieses Threads und noch davor). Wie in voranstehenden Beiträgen dargelegt, nimmt die Bautätigkeit in den vergangenen zwei Jahren zu. Unter dem "Stress mit der Besucherfülle im Wald" wird er verstärkt wahrgenommen. Von anderen Waldbesuchern. Von offizieller Seite.
Die Aufgabenträger für Wegekonzeptionen und Besucherlenkungskonzepte haben sich viel zu lange nur mit der Nutzergruppe der Wanderer beschäftigt. Betrachtet man allerdings die Verteilung der Strecken, die gefahren und publiziert werden, ist diese Vorgehensweise zum Beispiel für die Region um Neustadt nicht nachvollziehbar. Legt man publizierte Strecken von diversen Onlineplattformen übereinander, ergibt sich eine Häufung um das Weinbiet und die Kalmit. Auf Platz drei das Gebiet um die Lindemannsruh. Hat man sich von offizieller Seite mit dem MTB-Sport nicht beschäftigt, weil das Problem gar nicht so groß ist, wie in der Presse dargestellt wird? "Lösungen" wie zunächst von der Stadt Neustadt ins Auge gefasst, sind realitätsfremd. Man wollte (oder will man das noch immer?) die Mountainbiker über zwei Korridore nach Lambrecht leiten und dort sollen sie auf die "vorhandenen Strecken" geleitet werden. Der Versuch die Mountainbiker mit solchen (Nicht-)Angeboten aus der Region am Haardtrand zu vertreiben, bleibt garantiert erfolglos.
Nach der Lesart und dem Verständnis der offiziellen Seite gibt es ab Lambrecht genau eine offizielle Strecke, nämlich die Route 5 des MTB-Parks-Pfälzerwald. Das ist für Tourenfahrer. Das ist eher Langstrecke. Das ist nix für Locals, oder wenn da so einmal im Jahr oder so. Der Lenkungseffekt von beschilderten Strecken ist neu zu bewerten. Zudem: Der komplette Haardtrand hat vom Norden her bis kurz vor Landau genau Null offizielle Streckenangebote. Egal für welche Art des MTB-Sports.
Was allerdings auch ein ziemlicher Quatsch ist, wenn man im Wald an einer Strecke gefälschte Schilder versehen mit dem Logo von Landesforsten und der DIMB findet, auf denen das "Betreten der offiziellen MTB-Strecke der Stadt Bad Dürkheim für Wanderer untersagt wird". Geht's noch? Packt noch das Logo der Pfalzbiker drauf und damit wäre dann so ziemlich allen Fraktionen, die sich mit dme Thema befassen müssen, der Stinkefinger gezeigt. Danke für nichts.
In groben Punkten meine Meinung, was wir brauchen:
- Einen respektvollen Umgang aller Waldbesucher und -nutzer untereinander und insbesondere der Natur gegenüber.
Der Wildwuchs an gebuddelten Strecken ist weder das eine noch das andere. Wenn hier ein Status quo geschaffen werden soll, um möglichst viel Strecken als Verhandlungsmasse in mögliche Gespräche einzubringen, ist das ein Irrweg.
- Ein offizielles und verantwortlich betriebenes Angebot für den Abfahrtssport per MTB am Haardtrand. Nicht eine Strecke, sondern zum Beispiel ein Dutzend. Nicht an einer Lokation, sondern vom Norden bis nach Schweigen-Rechtenbach verteilt. Dort wo es möglich ist mit der Möglichkeit zum Shutteln (wird eh gemacht).
Eine echte Downhillstrecke sehe ich da noch nicht, weil diese für mich zum Beispiel mit Polsterungen an Bäumen und nochmals einem anderen Streckendesign verbunden wäre.
- Ein klare Erklärung und Ansage zu welchem Zweck Schutzgebiete/Kernzonen eingerichtet werden. Wenn es früher Gebiete mit Wildkatzenvorkommen gab und diese heute nicht mehr da sind, ist das ein Baustein, warum man eine Maßnahme verstehen könnte. Der Ziegenmelker ist nicht der einzige Naturbewohner um den es geht.
- Eine klare und verbindliche Vereinbarung, bis wann Projekte nach dem Start fertig und nutzbar sind. Hier soll kein AKW erreichtet werden und auch keine Autobahn gebaut werden. Das muss deutlich schneller gehen. Aussitzen, ignorieren und Scheuklappen funktionieren nicht mehr.
- Perspektivisch ein Landeswaldgesetz, das nicht aus der Verbotssicht formuliert ist, sondern sich zum Beispiel am hessischen Landeswaldgesetz orientiert. Baden-Württemberg mit seiner 2-Meter-Regelung braucht man sich gar nicht als Vorbild nehmen. Die Regelung funktioniert dort nicht.
Was den Behörden ebenso klar sein dürfte, ist das chronische Vollzugsdefizit, wenn man darauf aus ist die gültige Rechtslage im Wald durchzusetzen. Zumal es dann früher oder später zu einer (höchst-)richterlichen Entscheidung kommen dürfte, welche Ansicht denn nun korrekt ist. Die Ansicht von Landesforsten? Die Auslegung zum Beispiel der DIMB? Was nicht sein kann: Immer wieder wird von behördlicher Seite gefordert, dass die Mountainbiker doch bitte selbst in ihren Reihen für Ordnung sorgen sollen. 'tschuldigung, hat schon jemand den ADAC mit Geschwindigkeitskontrollen oder der Vergabe von Parkknöllchen beauftragt? Was Vereine wie zum Beispiel die Pfalzbiker, der DAV oder die DIMB leisten können, ist durch Ausbildung und Aufklärung für einen respektvollen Umgang (siehe oben) zu werben und diesen vorzuleben. Diese Vereine können in Zusammenarbeit mit Behörden zielführende Projekte umsetzen.
Die Verbotskeule und selbst das harte Durchsetzen von Sperrungen und Befahrungsverboten zum beispiel auf Wegen wird kein einziges Problem lösen. Uneinsichtiges Verhalten entweder auf dem Rad oder an der Schaufel ebensowenig. Ich teile den Pessimismus, dass selbst bei einer vereinbarten und umgesetztes Zahl von offiziellen Strecken die Buddelei endet. Der/die eine hat zu kleine Eier und der der/die andere wieder zu große. Was dann tun? Plattmachen?! Bestrafen?!
In den Wettbewerb "Du musst mit uns solidarisch sein, weil du genauso illegal bist wie ich!" mag ich mich nicht einlassen. In der gelebten Übung der Pfälzer und der Wahrnehmung im Wald ist es ein Unterschied, ob ich auf einem Weg eine Gruppe anderer Waldbesucher passiere, oder ob ich dort wo vorher nichts war, einen Trail anlege.