Verwerflich ist, daß es offenbar immer mehr 'Zeitgenossen' gibt (die sich bedauerlicherweise Gesellschaftsmitglieder nennen), die glauben, Pflichten seien völlig sozialisiert, Rechte jedoch individualisiert. Wer ist die Gemeinde? Die Gemeinde sind wir!
Nur mal ein Beispiel, Freunde. Wenn ich mit dem MTB raus fahren will, muß ich erst durch einen Teil der Stadt, über den Mainzer Campus und dann erst ein Stück über Land. Gerade zur Sommerzeit, gegen Ende des Semesters, sind auf dem Campus sogenannte Feste, die der mündige, meist jüngere Bürger gemäß seines Party-Rechtes üppig wahrnimmt. Weil man den Weg zum drei Meter entfernten Mülleimer scheut und weil es so schön ist, knallt man die Sekt- oder Bierflasche doch gleich an Ort und Stelle gegen eine Mauer oder auf den Radweg und lacht sich dabei kaputt. Die 'Stadtreinigung' macht es dann am nächsten Morgen weg. Nun ja, fast zwei Wochen lang lag der große Haufen auf dem radweg und zweimal konnte ich nicht ausweichen und es hat mich Luft und einen
Schlauch gekostet ... Soll ich jetzt die Uni, die Stadt oder den verursacher verklagen? Verklagen, das heißt, daß ein 'Problem' anonymisiert und in eine Stellvertreterposition gesetzt wird. Da heutzutage Moral nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, wird ein 'Strafmaß' nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelt. Und wenn Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler sich mit Physik und Mathematik beschäftigen müssen, wird es lustig, da ist dann schon mal 5 grade (wieso ist eigentlich ein Apfel, der direkt vor meiner Haustür wächst, um das dreifache teurer als einer, der von Argentinien hierher geflogen werden muß -> Energieerhaltung??). Genug der Philosophie.
Was ich sagen will: Gerade auf dem Campus Mainz darf man diesen Mikrokosmos der 'Asozialen' und Egozentriker beobachten. Wegen jedem Scheiß, auch einer versägten Prüfung, will man klagen! Das Lebensumfeld wird durch Glas, Dreck und Unrat verseucht und man erwartet, ja man fordert sogar, daß Dritte diesen Müll wegräumen - passiert nichts, wird geklagt, sei es rechtlich oder durch Protesbriefe oder -aufrufe. Und das sind jene, die es nicht fertigbringen, ihre Tassen, ihre Gläser wieder in die Versorgungsbetriebe zurückzubringen und dadurch Kosten (wenn auch anfänglich nur wenig) verursachen und am lautesten plärren, wenn ihnen was kaputt geht oder sie 'geschädigt' werden. Ich kann leider nur aus diesem Erfahrungskosmos schöpfen, anderswo ist es sicher noch eine Nummer schärfer.
Mir fehlt es an Worten, um diese Perversion verbal ins rechte Licht zu rücken! Da sind sich einige Damen und Herren zu schade, um ein Stück Glas, Blech oder einen Ast vom Weg zu räumen, um anderen damit freie Bahn zu schaffen, aber wenn sie dann Schaden erleiden, dann hätte gefälligst jemand anderes das schon längst erledigt haben sollen und man klagt sich die Finger wund - es kostet nichts und moralisch wird man ja nicht geächtet, da anonym.
Und noch etwas, aus dem eigenen Erfahrungsschatz. Schierstein, Hafen, Bushaltestelle. Das ist ein beliebter treffpunkt für Biker, Kinder rennen dort auch herum. Da liegt ein dicker zackig abgerissener Boden einer Flasche auf dem Boden. Ohne nachzudenken hebe ich das gemeingefährliche Ding auf und schleppe es 10 Meter zum Mülleimer. Auf einer Bank neben mir sitzt eine nette Familie irgendwelcher Abstammung und tuschelt ziemlich lautstark, daß der Mann da wohl vom Mülldienst sei und lacht sich fast krank. Ich kann keinem beschreiben wie sehr mir das Wasser hochgekocht ist!
Wer sich zu Wort meldet, bietet Trefferfläche und die Zahl der Mittelmäßigen, Hirnlosen nimmt PISA-Operator-gemäß tatäglich zu.
Hirn einschalten und vor allem: Laßt nicht jedes pubertierende Kind einen sinnlosen Rechtsstreit führen! Seit wann sind Bordsteinkanten zu hoch? Wurden nicht in vielen Gemeinden gerade aus Gründen der Mitbürgersicherheit vor rücksichtslosen Parkern und Auf-den-Gehweg-Fahrern die Kantenhöhe positiv verändert? Und nun soll sie für einen Fahrunfähigen zu hoch sein? Wenn Metallstücke wie Schrauben oder Nägel aus dem Gehsteig ragen, weil gebaut wurde, dann kann man, nachdem man Schaden erlitten hat, dieses Übel doch entfernen und den Umstand melden, oder? Wer dann gleich die Gemeinde/Gemeinschaft zur Rechenschaft zieht, impliziert damit, daß dieses Übel hätte erkannt werden müssen. Nur von wem? Von einem 'mündigen' und pflichtbewußten Bürger? Genau in diesem Falle wage ich zu behaupten, daß der Kläger eine Forderung stellt, der er selber bei weitem nicht genügt!
Seufz ... Es gibt immer wieder Extreme, mal hier, mal da. Aber uns geht es einfach viel zu gut, auf daß wir es gar nicht mehr nötig haben aufeinander gegenseitig aufzupassen! Gerade dieses Forum 'OpenTrails' ist für mich persönlich der Favorit unter alle den Foren, weil sich hier wunderbare Sozialstudien einer extremen Teilmenge machen lassen. Und für die, die gleich meinen die Griffel spitzen zu müssen: ich sehe mich schon als Element dieser Teilmenge.
Oh Himmel, ich muß Zeit zu viel haben ... so viel Text.