So, mal ein paar Eindrücke von der ersten Fahrt runtergeschrieben.
Meine Bike-Historie der letzten Jahre: Cotic Rocket Gr. S (26'') - Last Clay Gr. M (27,5'') - Last Glen Gr. M/165 (Mullet). Dazwischen und hauptsächlich diverese Enduro-Hardtails, die wechsel ich gerne wie Unterwäsche, und bisweilen kommt es auch vor, dass ich eine Zeitlang garkein Fully besitze. Eine etwas längerfristige Konstante bei den Hardtails dürfte nun das hier sein
https://www.mtb-news.de/forum/t/titanrudel-custom-und-andere.911810/page-30#post-18508745 (vorbehaltlich neuer Flausen, oder Zerstörungstalent).
Ich selber: 1,70m Körpergröße mit 82cm Schrittlänge, und Körperbau "T-Rex" (Affenindex 0,95).
Das Vögelchen in Größe M/R2 ist mein mit Abstand bisher längstes eigenes Fully mit 450mm Reach. Ein wenig "Sprung ins Unbekannte" ist es also schon, auch wenn mir von der gern betriebenen Rumtesterei mit fremden Rädern die Länge durchaus geläufig ist. Aber ein eigener Aufbau ist halt doch was anderes.
Das Vorgänger-Rad, Last Glen in Größe M, war ansich eh ein super Rad. Robust, wartungsarm, verspielt, progressiver "endloser" Federweg. Irgendwann wuchs allerdings das Bedürfnis, mal was mit ein wenig längerem Reach zu fahren. Eigentlich mag ich das Fully gern etwas länger als das Hardtail, mit dem aktuellen Custom Hardtail war das Glen dann plötzlich das kurze Spielzeugrad, und das konnte nicht so bleiben. Und das Glen hatte auch ein paar Eigenheiten, die mich nicht direkt ärgerten, aber doch auffielen, z.B. war die Lenkung immer ein kleinwenig unausgewogen und brauchte eine ruhige Hand am Steuer, und der Hinterbau fiel in manchen Situationen, besonders beim technischen Rumgehampel, mit etwas viel Getrampel und Unruhe auf, was ihm ein angepasster EXT Dämpfer zwar weitestgehend abgewöhnen, aber auch nicht vollständig eliminieren konnte. Vor allem aber war das Reach/Stack Verhältnis und die Vorbaulänge ein unbefriedigender Krampf. Mit einem Vorbau, womit es sich gut lenkte, war mir die Fuhre zu kurz/hoch, mit einem Flatforce der Reach/Stack ins Verhältnis setzte, war dann die Lenkung leicht übersteuernd. Mit einer kürzeren Gabel war mir dann der Lenkwinkel nicht mehr genehm. Sprich: es war ansich ganz gut, aber trotzdem war irgendwas immer nicht ganz
100%.
Nach Probefahrt auf einem MDE Damper hatte ich mich fast schon auf ein MDE mit Custom-Option eingeschossen, dann kam Bird mit der Aeris AM Preorder um die Ecke, und hatte einfach meine Wunsch-Geometrie und ein gutes Hinterbaukonzept in einem leichten, bezahlbaren und außerdem noch hübschen Paket. Und ein Kumpel schwärmt mir schon länger vor, wie toll doch die Bird Rahmen sind, eine Schwäche für englische Räder hab ich selber eh schon. Da lohnte es sich dann, ein halbes Jahr zu warten, auch wenn es zuletzt noch etwas nervenaufreibend war (DHL Express war - mal wieder - eine komplette Katastrophe, so schlimm, dass ich schon die Befürchtung hatte, das Paket würde nach England zurückgehen).
Erster Rolltest, ein paar Treppen im Garten, Federelemente einstellen. Gedanke: hui ist die Karre laaaang.
Ungewohnt, aber im ersten Moment auch nicht schlecht.
Radweg zum Berg: nett, das Ding geht besser vorwärts als man von einem 15kg Enduro-Fully erwarten könnte. Viel spritziger im Antritt als das Glen. Sitzposition ist für mich nicht zu aufrecht (das mag ich nicht, alter Rennradfahrer), sportlich aber trotzdem entspannt. Mit offenem Dämpfer kein Geschaukel vom Hinterbau wahrnehmbar, außer man pumpt im Wiegetritt in die Pedale, fühlt sich (gemessen an der Radgattung) recht effizient an.
Uphill auf Forstpiste und einfachem Uphill-Trail, durchschnittliche Steigung ca 8%, max ca 20%: Sitzposition passt auch bergauf. Ich bleibe entspannt zentral sitzen, rutsche nicht vor oder zurück, trete "von oben" effizient mit Schwerkraft-Nutzung in die Pedale. Hinterbau immer noch offen und kein Bedürfnis zum Griff an den Sperrhebel, auch in den kleinen Gängen kein übermäßiges Geschaukel oder Gepumpe wahrnehmbar, kein wahrnehmbares Gezerre an den Pedalen durch den Hinterbau, bei Hindernissen aktiv aber ohne Unruhe.
Der SDU Air MY23 macht seine Sache viel besser als der alte SDU, Ansprechverhalten ist selbst für mich Leichtgewicht top, federt sogar Uphill-Hindernisse sauber weg, wo ich den "alten" SDU auch mit einem Holzstück hätte austauschen können, ohne es zu merken.
Abfahrt erst langsames steiniges Steilstück, dann flotter gebauter Biketrail mit natürlichem Gerumpel durch Wurzeln und Steine, ein paar kleine Hüpfis und Kompressionen, dann nochmal ein paar Kehren und Treppen auf einem "Wanderweg".
Was der Vogel da abgeliefert hat, einfach nur
WOW. Ich war total geflashed, und mein Mann musste mich ein paar Mal ermahnen nicht so zu quieken. Ich konnte einfach nicht anders
Im Steilstück ist das Rad eine absolute Macht. Die Geo ist instant vertrauenserweckend, die Balance ist absolut traumhaft, Druck auf dem Vorderrad stimmt ab dem ersten Meter, ich stehe darauf gerne hoch und entspannt. Der Hinterbau werkelt sehr unauffällig vor sich hin, baut auch weitgehend entlastet schön Traktion auf, obwohl ich "nur" ca 25% Sag eingestelle habe. Man kann sich einfach aufs Fahren konzentrieren, da kommt nichts störendes von hinten.
Auf der gebauten Bikestrecke ist es immer noch genauso sicher und ruhig, aber dabei auch ein gerüttet Maß verspielt. Überhaupt nicht erwartet hatte ich, wie spritzig der lange Schwerbau-Bomber sich da fährt. Die ersten zwei Hüppis hab ich direkt vollkommen überschossen, das Rad reagiert auf Abdrücken wie eine Rakete. Lenkung ist sehr neutral und gleichmäßig, kein Unter- und kein Übersteuern, einfach intuitiv. Ein Kurvenräuber. Balance auch im flacheren Gelände absolut top, man kann aus der entspannten zentralen Position raus agieren, und ich habe gefühlt endlosen Platz für Manöver, ein absolutes Spaßgerät!
Bei schnell aufeinanderfolgenden Schlagfolgen hatte ich das Gefühl, der SDU Air trampelt sich etwas rein und wird dadurch unkomfortabel. Rumspielen mit der Zugstufe brachte keinen Erfolg. Kenne ich so auch vom alten SDU, da war das allerdings wesentlich schlimmer, der neue ist bei weitem nicht so überdämpft. Da hilft wahrscheinlich langfristig nur ein Ausflug zu MST, mit Knöpfchen verstellen ist sowas nicht zu beheben. Bei einzelnen Einschlägen macht der Hinterbau genau was er soll, generiert ordentlich viel Gegenhalt (und das mit einem Luftdämpfer) sackt nicht durch, kickt nicht, schaukelt nicht.
Kehren und ein bisschen Tech-Spielchen sind die reinste Freude. Das hatte ich so nicht erwartet und dafür ist das Rad eigentlich auch nicht gedacht. Umso erstaunter bin ich, wie intuitiv das alles geht. Die mühelose Balance auf dem Bock hilft da sicher. Aber auch der Hinterbau tut seinen Teil, ist null schwerfällig, man hat überhaupt nicht das Gefühl ein schweres Fully aus dem Sag heben zu müssen, und bringt auch bei langsamem Tempo keine Unruhe. Vielleicht muss ich umdenken, das ist nicht nur ein Balla-Balla-Fully, das könnte durchaus auch mal auf einer Stolperrunde Spaß machen.