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Wie nahtlos dieser Übergang oft war, verrät ein Schreiben der SED-Kreisleitung von 1946 aus Sonnenberg, einer kleinen Gemeinde im Norden von Berlin. Recht ungeniert wirbt die Partei um Stimmen ehemaliger Nationalsozialisten:
"Die SED ruft Dich zur Mithilfe am Neuaufbau Deutschlands! Sie ruft dich dann, wenn Du nicht aus materiell-egoistischen Gründen, sondern aus Überzeugung und Idealismus einstmals zur NSDAP gegangen bist, wenn Du dorthin gingst im Glauben, das Gute, den Sozialismus zu finden. Dann komme zu uns! Denn was Hitler dir versprochen hat und niemals hielt, das wird die SED dir gegeben: Verstaatlichung der Banken, Abschaffung des Bildungsprivilegs, Gleichberechtigung aller Schaffenden, Bodenreform, ... Schutz der friedlichen Entwicklung und des Friedens überhaupt. Die SED hat es verwirklicht! Wenn Du Hitler gefolgt bist, um Deutschland zu dienen, dann bist du unser Mann."
Was zählt, ist ein klares Bekenntnis zum jungen antifaschistischen Staat. Ein Bekenntnis, das das Versprechen beinhaltete, sich der eigenen Vergangenheit zu entledigen. Zum Preis, dass das bereinigte Gewissen an die Loyalität zum Staat gebunden war.
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