Andix - von Kolumbien nach Feuerland

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Re: Andix - von Kolumbien nach Feuerland
Ich hab bei einem Kollegen von mir, der seit Dezember 2013 in San Pedro in der real existierenden Bikewerkstatt arbeitet, nachgefragt. Er hat aber leider kein Pressfit-Werkzeug. Es gäbe aber seit Kurzem einen zweiten Laden, was die haben, wisse er nicht. (Ich nehme an, auch nix, denn ich jab in San Pedro zwar viele Räder gesehen aber keins mit Pressfit.)
Ich würde auch zur Bastelmethode greifen
 
Wenn du die Kurbeln abnimmst, kommst du eigentlich an die Kugellager des Innenlagers heran. Da kannst du mit einer Nadel die Dichtung heraushebeln und das Lager mit Öl durchspülen und reinigen, das sollte die Lebensdauer etwas verlängern.

 
Press-Fit ist doch eigentlich nur für Fahrräder eine neumodische Angelegenheit, fast alle Radlager bei Autos sind doch auch so montiert. Ich nehme mal an, bei den vielen Jeeps, die täglich über den Salzsee fahren, gibt es sicher des öfteren Radlager zu wechseln. Eine entsprechend ausgerüstete Autowerkstatt müsste doch zu finden sein!
Ein Shimano Octalink Lager macht doch ohne Spezialwerkzeug viel mehr Probleme.
Ich w¨rde mal vermuten, das beim (zu) gründlichen Putzen Dreck ins Lager gespült worden ist...
 
07.10. 17:00 Uyuni, 3700m


Ruhetag in Uyuni... Zeit um die Ausrüstung vom Salz zu befreien. Meine Radlhose sieht übrigens ähnlich aus, aber da kümmert sich eine freundliche Waschmaschine drum.


Die Suche nach neuen Gaskartuschen nimmt auch ein bis zwei Stunden in Anspruch, aber schlussendlich werden wir doch fündig. Klar... Benzin für Multifuelkocher ist leichter aufzutreiben, aber ich find Gas irgendwie sympathischer. Man fackelt damit einfach nicht so leicht sein Zelt ab.


Feuerwehr mit Mountainbikes... auch nicht schlecht.


Ansonsten wird gefuttert. Solche Auswahl hat man in Bolivien nur in La Paz oder halt in den paar touristischen Orten, die von Gringos frequentiert werden.

Mein Tretlager läuft nach einiger Pflege wieder halbwegs rund. Hab die Kugellagerröllchen durchgespült und auch sonst mal durchgeputzt. Erfolgbringender war jedoch, die Kurbeln nur noch relativ "locker" festzuschrauben, so dass sie grade noch nicht wackeln.

Das ist natürlich keine Dauerlösung und bald steht wohl ein Tausch an. Aber vielleicht find ich ja in San Pedro, Calama oder Salta doch noch einen Bikeshop mit dem passenden Werkzeug. Ansonsten bleibt nur McGyver-Einpressen mit Gewindestange und ein paar Muttern und Beilagscheiben. Klingt recht simpel, aber das Brutalo-Hammer-Rausklopfen vorher macht mir etwas Sorgen. Hab wenig Lust, mir in Südamerika meinen schönen Rahmen zu zerstören. Ersatz ist weit weg.

Naja... erst mal abwarten und nach Chile radeln. San Pedro in der Atacamawüste erreichen wir wohl in ca. sechs Tagen über ein paar rote Flamingolagunen, brodelnde Geysirfelder, einsame Holperpisten und hohe Andenpässe. Dort gibt's wenigstens überhaupt mal wieder einen Bikeshop. Auch wenn sie nicht das passende Werkzeug haben... man hat da einfach mehr Möglichkeiten zum improvisieren als auf dem Bürgersteig vor einen x-beliebigen Schraubenladen in Bolivien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zizat Stunzi "aber das Brutalo-Hammer-Rausklopfen vorher macht mir etwas Sorgen. Hab wenig Lust, mir in Südamerika meinen schönen Rahmen zu zerstören. Ersatz ist weit weg."
Wie schon von anderen erwähnt, das vorsichtige herausklopfen der Lager mit einem größeren flachen Schraubenzieher oder ähnlichem Werkzeug ist wirklich kein Problem, schon gar nicht bei deinen Fähigkeiten. Das einpressen mittels einer entsprechend langen Schraube oder Gewindestange geht genauso Problemlos. Ich wechsle meine Lager schon immer so.
 
Das rausschlagen des alten Lagers macht den Rahmen nicht kaputt.
Einfach mit satten Schlägen rundum immer weiter austreiben!

Ich gehe davon aus, das du mit Sicherheit keinen Shop finden wirst, der ein Ausschlagwerkzeug für PF hat, das ist hier in D schon Mangelware in den meisten Shops. Wir haben selbst hier auch nur das Werkzeug für PF und BB30. Shimano Lager sind eigentlich immer kaputt wenn sie rausmüssen! Durch den kleineren Durchmesser, reichen meist schon wenige Schläge und das Teil fällt raus.
 
08.10. 18:00 Rio Grande, 3700m


An einer alten Bahnlinie entlang, die offensichtlich schon bessere Zeiten gesehen hat, ...


... radeln wir in die Wüste.


Zwar kein Salzsee mehr, aber immer noch flach wie n Brett. Und fährt sich genau so knirschig.


Siebzig Kilometer, mal auf den Gleisen, Mal auf sandigen Spuren nebendran. Zwar keine Hömes, schlaucht aber trotzdem. Specki ist mir zu schwer, aufgebrezlt mit fünf Tagen Kartoffelbrei, Fertignudeln und Haferflocken für zwei. Wasser müssen wir unterwegs finden.


Altiplanocamp, immer besser mit Windschutz. Wetter ist zwar bestens, aber man weiß nie, was Bolivien des nachts so einfällt.
 
Zitat Stuntzi:
Siebzig Kilometer, mal auf den Gleisen, Mal auf sandigen Spuren nebendran. Zwar keine Hömes, schlaucht aber trotzdem. Specki ist mir zu schwer, aufgebrezlt mit fünf Tagen Kartoffelbrei, Fertignudeln und Haferflocken für zwei. Wasser müssen wir unterwegs finden.
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Wunderbar so gefällst mir, wie damals im Wilden Westen :daumen:
Ähh..., damals gab´s da doch keine Geleise :confused:
Trotzdem, einfach nur "COOL" :bier:
 
Wilder Westen schön und gut, aber ich hab mich an die Schlepperei noch immer nicht richtig gewöhnt. Verglichen mit den anderen Reiseradlern hier sind wir zwar nur halb so schwer, hauptsächlich wegen superleichter Karbonbikes, minimalistischem Tarptent, weniger Klamotten, Essens- und Wasserplanung auf Messers Schneide. Aber verglichen mit nem Fünfkilohüttenalpencross fühl ich mich trotzdem wie ein fettes Nilpferd.
 
@Power-Valve, kann sein, dass das Bier bis Chile warten muss. Auf der "Lagunenroute" gibt's nicht besonders viel Versorgungsmöglichkeiten. Trotzdem Muchas Gracias, auch allen anderen Spendern!

@blackforest-cyc, schon ein tolles Gespann bei den Schweizern... aber halt auch sackschwer, 40 Kilo unbeladen. Bei Bergen wirds hart meinten sie, trotz 150W Unterstützung.

@Lagerhämmerer, "problemlos" sagt sich immer so leicht, daheim in der gut ausgerüsteten Bastelwerkstatt. Auf nem bolivianischen Bürgersteig sieht die Sache schon anders aus, wo man erst mal jedem einzelnen Werkzeug um drei Ecken hinterherlaufen muss. Ich werd wohl letztlich nicht drum rum kommen, verschieb die Aktion aber doch ganz gern auf einen wenigstens rudimentär ausgestatteten Bikeshop. Steuersatzwerkzeug ist praktisch, Zange käme sich manchmal ganz gut, gescheites Montagefett statt Lippenstift, bisserl Öl falls was klemmt, Bikeständer, etcpp.
 
Such Dir eine Autowerkstatt wenn es gar nicht mehr geht. Sowas hier kriegen die sicher zusammengebastelt.



Und zum Austreiben nimmst Du entweder ein Rohr (Heizungsrohr z.B.) oder einen Metallstab. Das geht damit 1A und im Gegensatz zum Schraubenzieher sind dann auch weniger Macken drin.
Wie gesagt, in einer Autowerkstatt solltest Du das finden, auch in Bolivien.

Ansonsten gutes Gelingen mit der Wüstendurchquerung. Hast Du Gelegenheit gehabt Dich irgendwo mit Reiseroute abzumelden damit Du ggfs direkt in Bolivien vermisst wirst?
 
Sehr beeindruckend die letzten Wochen und viele wirklich sensationelle Bilder. Interessant die Aussage zum Salzsee-Highlight. Hätte ich erstmal gar nicht vermutet, da flach, einfarbig, eintönig etc. Wenn man drüber nachdenkt, ist aber wahrscheinlich gerade die Länge und Dauer des Flachen, Einfarbigen, Eintönigen das besondere.
 
@Salcin, wenn man sich ansieht, mit welchen Mitteln die Bolivianer hier das Salz "abbauen" (Rechen und Schaufel), dann fehlt mit der Glaube an irgendwas, das mit Lithium und Hightech zu tun hat. Das ginge nur unter der Fuchtel eines ausländischen Großkonzerns, aber ich glaub da ist der aktuelle Präsi strikt dagegen. Der hübsche Salzsee bleibt so vielleicht noch ne Weile im Originalzustand erhalten.

@Tob1as, Rad putzen ist wirklich eine Seltenheit bei mir.

@wolfmark, anders ist der andix in der tat. freut mich wenns trorzdem gefällt, oder auch gerade deswegen.

@JuergenH, noch soo weit weg... keine Ahnung. Sollte man? Ich steh ziemlich auf s Universum und hör jeden Abend tun einschlafen Alpha Centauri, aber hunderte Kilometer Umweg sind nicht drin. Hast du vielleicht Koordinaten?
 
09.10. 10:40 Julaca, 3700m


Dreißig wüstenhafte Kilometer nach einem Haferflocken-Äpfel-Bananen-Kaffee-Frühstück erreichen wir das trostlose Nest "Julaca" mitten im Nirgendwo. Aber immerhin gibt's einen Wasserhahn und drei bis fünf Einwohner mit Ahnung, wo sich der nächste befindet. Alles in Butter.


Und so ganz einsam und verlassen ist dann auch die Bahnlinie nicht. Ein viele hundert Meter langer Zug mit ein paar Salz(?)fässchen rollt gemütlich durch den Ort.

Wir rollen auch gemütlich, und zwar weiter nach Süden. Die Piste wird sandiger und schwerer, aber an Ende des Tages wartet hoffentlich ein etwas größerer Ort. Mit Wasser.
 
@JuergenH, noch soo weit weg... keine Ahnung. Sollte man? Ich steh ziemlich auf s Universum und hör jeden Abend tun einschlafen Alpha Centauri, aber hunderte Kilometer Umweg sind nicht drin. Hast du vielleicht Koordinaten?

Sehr gerne. Der eine ist der Cerro Armazones und hat die Koordinaten: 24° 35′ 24″ S, 70° 11′ 30″ W : https://de.wikipedia.org/wiki/Cerro_Armazones

Der andere, etwas weiter westlicher gelegen, ist der deutlich bekanntere Cerro Paranal: 24° 37′ 33″ S, 70° 24′ 11″ W : https://de.wikipedia.org/wiki/Paranal-Observatorium.

Jürgen
 
09.10. 18:00 Camp bei St. Augustin, 3700m


Hinter Julaca führt die Sandpiste doch tatsächlich endlich mal wieder bergauf. Nach dem ganzen brettlflachem Salzkram der letzten Tage kann ich mich schon gar nimmer erinnern, was ein Berg ist. Immerhin vierhundert Hömes werden recht anstrengend geklettert, entweder tiefsandig oder alternativ auch rüttelwellblechig. Nach dem namenlosen Pass rollen wie drüben gleich wieder runter...


... in ein hübsches, felsiges Wadi.


Die verschnörkelten roten Felsformationen am Wegesrand können nicht darüber hinwegtäuschen, dass mir der viele Sand langsam auf den Geist geht. Ist zwar alles grad noch fahrbar, aber effizient geht anders.


Effizient geht auch anders, wenn man sich ein weiteres typisches bolivianischen Dorf betrachtet. Trotz beinahe schon stattlicher Größe ist St. Augustin wie ausgestorben und steht damit den anderen Orten auf dem Altiplano in nichts nach. Ab und zu huscht mal eine armselige Gestalt durch wie windverblasenen Gassen und versucht, die seltsamen Gringogäste eiskalt zu ignorieren. Man muss sich den Leuten schon in den Weg stellen und ihnen auf die Schulter klopfen, damit man eine Antwort bekommt. "Tienda? No hay." Läden gibt's nicht. Theoretisch natürlich schon... aber der Besitzer von Nummer 1 ist wohl seit vier Wochen fort und keiner weiss wohin. Tiendachef Nummer 2 hat auch seit Stunden niemand mehr gesehen. Tienda 3 läuft uns später über den Weg, aber sie hätte grad was wichtiges vor und könne jetzt nix verkaufen. Vielleicht irgendwann später. F*ck you, Bolivia! In solchen Momenten wünsch ich mich wirklich nach Kolumbien zurück. Gutes Essen, nette und interessierte Menschen, keine ausgestorbenen Geisterdörfer sondern einfach nur alles voll mit Leben.

Wie auch immer, wir finden einen Wasserhahn auf dem Plaza Mayor von St. Augustin und kochen dann halt unser eigenes Süppchen. Machen die Einwohner halt kein Geschäft mit den Gringos... und die Gringos bekommen keine Schokolade.


Zwanzig Minuten außerhalb des toten Ortes wird gezeltet... wie immer halbwegs windgeschützt. Buenas Noches Alemania.
 
Zuletzt bearbeitet:
http://www.minerasancristobal.com/en/how-we-do-it/infrastructure/railroad
Die Züge mit den "Salzfässchen" kommen von San Cristobal, geladen mit konzentrierten Silber-, Zink- und Bleierz. So sieht das dann aus, wenn sich ein internationaler Grosskonzern um den Bergbau kümmert, in diesem Fall der japanische Konzern Sumitomo.
Da wird dann nichts mit Rechen und Schaufel abgebaut!
 
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