Original geschrieben von CHT
...ich glaube, dass sich ein Werkstoff-Wissenschaftler über unsere Diskussion totlachen würde: IHR SPRICHT HIER STÄNDIG VON ALUMINIUM UND DESSEN KORROSION...das ist falsch: im Fahrradbau wird doch nicht pures Aluminium eingesetzt, sondern stets Al-Legierungen und das ist ein entscheidener Unterschied, denn nach der Rekristallisation von Al-Legierungen hat man an den Korngrenzen Cu, Mn, Zr, Mg, Sc, etc., die z.T. sehr wohl stark korridieren...ich bin mir ziemlich sicher, dass ein unbehandeltes Al-Rohr (AA20xx, AA50xx, AA60xx oder AA70xx) nach einem Salzsprüchtest nach ASTM B117 eine erheblich geringere Wechseldauerbelastung aufweist und stärker zu Spannungs-Riss-Korrosion (sucht 'mal nach SCC = stress corrosion cracking) neigt, also früher Risse aufweisen wird...
Hallo CHT
Bist Du "Werkstoff-Wissenschaftler"?
Natürlich gibt es an den Korngrenzen von Al-Legierungen auch Fremdatome. Allerdings sind die insofern nicht gefährlich, als dass kein Lösungsmittel vorhanden ist. Dazu müsste erst Wasser mit entsprechenden Ionen durch die viel diskutierte Oxidhaut in das Material eindringen können. Diese Oxidhaut ist aber unabhängig ob rein oder legiert immer vorhanden. Möglichkeiten eines Eindringens gibt es mehrere:
1. Durch Diffusion, allerdings ist ein Bike kein Hochtemperatur-Bauteil, weshalb dieser Effekt keine grosse Rolle spielt.
2. Durch Risse/schlechte Oberfläche: Die Oberfläche von Rahmen ist auch mindestens geschlichtet und durch Sealing und Lack/Pulverbeschichtung gut geschützt. Bei polierten Rahmen kommt es meiner Erfahrung nach höchstens zu kleinen trüben Kränzen in der Oberfläche durch Salzeinwirkung (Durch Schweiss bei Betrieb auf den Rollen nach sieben Jahren...). Diese lassen sich aber mit Polierwatte beseitigen, beschränken sich also auf die Oberfläche.
Dadurch wird die Stabilität des Bike-Rahmens nicht merklich beeinflusst:
1.Bei der Dimensionierung werden solche Veränderungen durch Sicherheitsfaktoren mehr als kompensiert. Die von Dir angesprochenen Schweissnähte sind wirklich die kritischen Stellen, aber wir sprechen ja nicht von fehlerhaften Bauteilen, sonder gehen von einem sauber geschweissten Rahmen ohne Einschlüsse etc. aus. Alles andere ist klar Fehler des Herstellers.
2.Bruchmechanisch gesehen muss jedes Riss-behaftete Bauteil brechen (und jedes Bauteil hat Risse/Kerben/Bohrungen etc.). Eine Konstruktion wie ein Bike-Rahmen ist niemals auf Dauerfestigkeit ausgelegt, sondern hat eine definierte Lebensdauer, ansonsten wären Bikes um Faktoren schwerer (Vergleich mit Flugzeug: Ein auf Dauerfestigkeit ausgelegtes Flugzeug hebt nicht ab.) Ich nehme an, dass "Wechseldauerbelastung" Wechselfestigkeit meint, diese wird wohl beeinflusst, allerdings wirst vermutlich auch Du in 15 Jahren ein neues Bike fahren...

Abgesehen davon sind die mir bekannten Rahmenbrüche allesamt Gewaltbrüche und keine Ermüdungsbrüche.
Original geschrieben von CHT
Ausserdem sind doch die gefährdeten Bereich beim Rahmen die Schweißnähte und die Bereiche, die beim Schweißen entsprechend gefügeverändernde Temperaturen abbekommen haben...das sind Abgangspunkte für SCC (also für Risse)... wo brechen denn immer die Al-Rahmen???...falls dann die (nach dem Schweißen) obligatorische Wärmebehandlung (und bei diesen Prozessen geht öfter 'mal was daneben, da die Härtereien die Öfen zu vollstopfen oder die Öfen zu schlecht eingestellt sind oder Luft ziehen) schiefläuft, dann Ave Maria...
Nicht umsonst macht Easton bei ihren Scandium-Rohren folgende Hinweise : www.eastonbike.com/TECH_FAQ/fab_inst_sc.html
In der Tat müssen die Al-Rahmen nach dem Schweissen in den Ofen. Allerdings halte ich das geschilderte Szenario für unwahrscheinlich: Hier sind schliesslich Fachleute am Werk und man spart kein Geld, wenn man hier schludrig arbeitet, denn die Rückrufaktion ist dann vorprogrammiert. Bei Stahl sind diese Situationen eher möglich, da dort die Temperatur in einem weiteren Bereich liegen darf.
Ich hoffe es sind nicht zu viele Werkstoff-Ingenieure im Forum unterwegs. Sonst gibt's tot(-gelacht-)e
Gruss
Excalibur