30.06. 15:45 Cakor-Pass, grüne Grenze nach Montenegro, 1860m
Ich verbringe noch einige Zeit in Pec mit Essen und vor allem mit der Suche nach einem freien WLAN. Bin ja seit Mazedonien nicht mehr mit dem Handy online, das nervt ein bisserl. Aber wegen einem Tag Kosovo lohnt sich der Aufwand einer lokalen SIM-Karte kaum.
Um halb eins geht's dann endlich weiter, mitten aus der Stadt hinein in eine respektable Schlucht. Gleich am Eingang ist ein Checkpoint der italienischen KFOR Truppen. Weiß nicht genau, was hier überprüft wird. Für mich interessieren sie sich kaum, Autos haben es scheinbar bedeutend schwieriger.
Jedenfalls habe ich auf einmal die ganze Straße für mich alleine, nur begleitet vom Rauschen des Flusses und einem Kosovo-Biker-Kid.
Die Schlucht entwickelt sich zusehends zum Uphill-Traum.
Oft ist neben dem Fluss kein Platz mehr zwischen den viele hundert Meter hohen Felswänden.
Die Straße ist mühsam aber fotogen aus dem Fels gesprengt. Und ich hab diesen genialen Canyon ganz für mich alleine... Saugut
.
Ein bisserl wundere ich mich allerdings schon darüber, dass hier so gar kein Verkehr herrscht. Schilder, die auf eine kommende Grenze hinweisen, sind auch nicht vorhanden. Sollte es am Cakor-Pass am Ende gar keinen offiziellen Übergang geben? Jetzt wo ich so darüber nachdenke, ich hab mir den Weg lediglich auf einer alten russischen Karte rausgesucht. Anderweitige Recherchen gab es keine. Hmmm... wenn das mal kein Problem wird.
Folgerichtig hört die Teerstraße auf 1100 Meter auf und wird zur schmalen Piste.
Wenig später folgt dann eine Strassensperre mit zwei großen Betongewichten und einem zwei Meter tiefen Graben dazwischen.
Mit dem Radl kein Problem, für Autos ist hier definitiv Schluss. Auch meine Vorstellungen von einem offiziellen Grenzübergang werden an dieser Stelle zu Grabe getragen. Naja... illegal rein in den Kosovo und illegal wieder raus, das passt ja irgendwie zusammen. Nur wird der Uphill auf der Piste natürlich deutlich anstrengender und länger.
Etwa dreihundert Höhenmeter unterhalb des Cakor-Passes erwischt's mich dann doch. Ich biege ich um eine Kurve und stehe plötzlich direkt vor der Kühlerhaube eines Polizei-Jeeps. Die drei Grenzer scheinen mir ein wenig überrascht und gucken mich etwas ungläubig an. Warum eigentlich... ich bin doch sicher nicht der erste Biker, der über diesen genialen Pass fahren möchte.
Die ersten Worte die ich höre sind alles andere als ermutigend: "illegal", "no border here", "turn around". Die offizielle Grenze ist wohl ein Tal weiter, also alles wieder runter und einen Riesenumweg auf Teer? Verdammt, das könnte denen so passen.
Während ich äußerlich den erschöpften und aus allen Wolken fallenden Biker raushängen lasse, grüble ich schon über meine Alternativen. Brav umdrehen, dem Jeep bergab davon fahren und sich ein paar Kehren tiefer irgendwo in die Büsche schlagen bis die "Gefahr" vorbei ist? Diese Methode hat auf Sizilien schon mal geklappt, dabei ging's allerdings nur um den Wächter eines nachts geschlossenen Picknickplatzes. Das hier ist dann doch ein etwas anderes Kaliber.
Zunächst probier ich's aber noch mit mehr Diplomatie. Ich parke mein Rad an einen Baum und klappe den
Helm am Lenker nach oben, dadurch wird das Heraklix-Schild sichtbar. Die Grenzer sind auch gleich interessiert und fahren mit ihren Fingern die Route nach. Langsam bricht das Eis trotz Sprachbarrieren. Von Umdrehen ist auf einmal keine Rede mehr, statt dessen werde ich mit einem leckeren Schinkensandwhich und Coke versorgt. Einer der drei wirft noch kurz einen flüchtigen Blick auf meinen Perso und deutet dann zum Pass hinauf: "Montenegro there... good luck!".
Das Glück kann ich auch gebrauchen, ein Blick zurück in den Kosovo offenbart eine schwarze Wolkenwand aus der es ab und zu bedrohlich donnert. Also schnell noch die letzten 300 Hömes abgeritten, ...
.. dann steh ich schließlich oben auf dem Grenzkamm und bin happy
.