Ein "Reisebericht"

jockel

Cpt.Ahab
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12. August 2001
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Ich hatte heute dienstlich in der Nähe von Luckenwalde zu tun. Also was lag da näher, als das Notwendige mit dem Nützlichen zu verbinden.
Also der Wetterbericht sagte prima Wetter, ewas heiß aber das sollte eigentlich kein Problem sein. Dachte ich...

Ein Blick auf die Karte und die erste Ernüchterung. Sch... da ist ja sozusagen Kasachstan. Runde 40 Jahre Sowjetarmee haben die schon vorher durch Kaiserliche und Wehrmacht nicht übermäßig geschonte Gegend um Jüterbog und Luckenwalde quasi unbewohnbar gemacht. Aber auch das kann ja mal ganz reizvoll sein. Also nur nicht verunsichern lassen und einen Weg, möglichst durch Wald und Wiesen via Potsdam nach Berlin ausbaldowert. Aber auch das stellte sich als garnicht so einfach dar. Ist doch die Gegend direkt südlich von Berlin selbst dem ins brandenburgische verliebten Fontane einst vorgekommen wie die Steppen jenseits des Urals.

Trotzdem saß ich dann pünktlich 8:45 ab Alex im RE nach Jüterbog. Die Fahrzeit wurde durch eine kleine Gesprächsrunde mit einem Gleichgesinnten (hatte zwar kein Rad dabei, sprach mich aber an und war an seinen Socken als solcher zu erkennen) verkürzt. In Luckenwalde verließ ich den Zug und sogleich die Stadt (das war glaube ich auch nicht das verkehrteste).
Bereits nach wenigen Kilometern mußte ich feststellen, daß mich meine Voraussicht nicht getäuscht hatte. Liebe Leute, wer von Euch jemals ernsthaft erwägt an solchen Rennen wie z.B. der "Simpson-Dessert-Classic" teilzunehmen, der sollte an einem Tag wie heute südwestlich der Stadt Luckenwalde ein Sandbad nehmen. Ich sah dort richtige Sanddünen, daß Land war weiter als das der Schoschonen, Irgendjemand hatte den Sauerstoff aus der Luft entfernt und die Sonne den ganzen Tag auf Highnoon eingestellt (wer weiß, wahrscheinlich hatte man gestern schon vergessen sie runterzuholen).
Die Quälerei war toll. Ich dachte in Hitze flimmernder Luft ernsthaft darüber nach genau da einen herrlichen MTB-Marathon ins Leben zu rüfen der dann den Namen "Quäl-Dich-Du-Sau" wirklich verdient. Aber wer kann am Wettkampftag mindestens 35Grad garantieren. Heute jedenfalls war alles richtig.
Doch irgendwann hört auch der schönste TÜP (Truppenübungsplatz) auf und das zivile Gelände beginnt. Durch den ganzen Sand und die Hitze war ich allerdings schon etwas angeschlagen und so wußte ich bereits nach ca. 40km das ich heute nicht so alt werden würde wie ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn gedacht hatte. Aber wie der brennenden Sonne entfliehen, diesem erbarmungslosen Killerplaneten. Immer nur nach unten sehen und treten, nicht nachlassen, sonst holen dich die Geier.
Wer sich in der Weite des brandenburger Landes auskennt der weiß auch das Labestationen und sei es auch nur Tankstellen äußerst rar gesäht sind, man kann eigentlich davon ausgehen das es sie nicht gibt. Und jeder von Euch sollte wissen wie erfrischend es ist einen Schluck lecker im Rucksack gekochtes Mineralwasser zu sich zu nehmen. So wurde es für mich auch immer unwahrscheinlicher meine Zuhause direkt mit dem Rädchen zu erreichen. Der Pulsmesser hatte heute wohl auch keinen guten Tag oder sollte es an mir gelegen haben (ich wußte garnicht das es solche Werte gibt)?
So gelangte (von fahren will ich garnicht sprechen) irgendwann nach Potsdam. Dort kniff ich dann schon zum zweiten Mal (ab Wildenbruch bin ich entgegen meiner Überzeugung auf Asphalt gefahren) und stieg in den RE welcher mich wieder nach Hause brachte. Aber ich wollte einfach noch nicht sterben.
So standen dann doch immerhin 70km auf meinem Tacho und nach einer halben Melone und einigen frischen Wässerchen sitze ich nun hier und schreibe und denke: "Was für ein wundervoller Tag."

Wer diese Tour fahren möchte (aber bitte nur bei Wetter wie heute) hier das "Roadbook":
-Luckenwalde Richtun Süden entlang der Bahn bis fast zur alten Militärverladeanlage
-dann einfach nur Richtung Norden über den TÜP nach Frankenfelde
-weiter nach Gottsdorf
-an der Kinkenmühle vorbei nach Nettgendorf
-Dobrikow
-nach Norden (Stangenhagen)
-Stücken
-Kähnsdorf
-Wildenbruch
-Langerwisch
-Wilhelmshorst
-Potsdam

Wer nicht so feige ist wie ich, oder keine Familie die um ihn trauern würde dem empfehle ich in Langerwisch Richtung Osten (Windmühle - Bergholz) abzubiegen und den sandigen Dünen der Ravensberge seine Aufwartung zu machen. Dann weiter durch Potsdam, Park Babelsberg, Enklave Ost, Hirschberg (der Berg mit dem Blick auf Potsdam) Hubertus, Bürgermeister Stiewe Weg, Wannsee, Großes Fenster na den Rest kennt Ihr ja.

Bis bald
Jockel
 
Schoen zu sehen das es noch Menschen gibt, die wirklich soviel Zeit haben und auch aufwenden koennen, ihrer Passion zu froehnen.
Die ganze Aktion mit hin- und zurueckfahren und auch noch dem schreiben dieses sehr ausfuehrlichen "Reiseberichts" hat dich wohl ca. 1 Tag gekostet... oder ?
Haett' ich doch bloss auch etwas mehr Freizeit .
 
Hallo Mast,
so schlimm ist das garnicht, ich bin wie gesagt 08:45 ab Alex losgefahren und bin gegen 15:00 wieder zu Hause gewesen. Den "Bericht" habe ich dann abgefasst als meine lieben Kleinen im Bett waren.

Sonst bin ich länger außer Haus

Jockel
 
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