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Zu Besuch bei Truvativ
Ein Foto-Hausbesuch

Während des SRAM Trailhouse-Trips besuchten wir auch die kalifornische Zweigstelle von Truvativ, wo in erster Linie Kettenblätter designt und Kurbeln entwickelt werden. Dass nicht nur Carbonkurbeln, sondern auch Kettenblatt-Design eine Wissenschaft für sich ist, hatten wir vorher alle nicht geglaubt – vor Ort wurde uns das Gegenteil bewiesen. Außerdem wurden wir intensiv in den Carbonkurbel-Bau eingewiesen – was das genau hieß, erfahrt ihr im Bericht. Aufgrund des engen Zeitfensters und der anderen Journalisten war ein umfangreiches Video leider nicht möglich, dafür gibt es aber einen Bericht mit einem großen Packen anschaulicher Fotos.

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Welcome to Truvativ!

San Luis Obispo – eine entspannte Stadt in Kalifornien: Die Straßen sind breit und werden von Palmen gesäumt. Das Truvativ-Gebäude befindet sich so unauffällig ohne Hinweisschilder im hinteren Teil einer Seitenstraße, dass wir erstmal daran vorbeifahren.

Freundlich werden wir drinnen begrüßt und halten umgehend einen Kaffee in der Hand, währenddessen sehen wir uns ein wenig um: Das einzige Büro bietet viel Platz und ist nicht voll besetzt. Dann kommt Anthony: ein ruhiger Mann dem man so gar nicht ansieht, dass er einer der schnellsten Biker der Umgebung ist – bergauf wie bergab. Anthony ist unser heutige Guide und für alles Mögliche im Haus verantwortlich.

# Truvativ-Gebäude von außen


#2Eingangsfront des Truvativ-Gebäudes


#3 Anthony von Truvativ


#4 Büroraum

Firmenrundgang

Alle Mitarbeiter kommen mit den Bikes zu Arbeit – und diese stehen nicht vor dem Gebäude im Fahrradständer, sondern standesgemäß im Gebäude. Vom Cruiser bis zum DH-Bike ist alles vertreten. Zur Mittagszeit ist es völlig normal, dass Leute in CC- oder Freerideklamotten durch die Firma laufen. Während man in Deutschland seine Mittagspause in der Kantine verbringt, gehen die meisten Mitarbeiter bei Truvativ ein bis zwei Stunden zusammen auf Tour.


#5 Mitarbeiter-Bikes – standesgemäß in der Firma


#6 Schwinn-Cruiser – im Hintergrund die Bier-Zapfanlage – als Werkzeugschrank getarnt


#7 Print-Infos sind auch in den USA wichtig


#8 Spaß bei der Arbeit: Kettenblatt-Design


#9Truvativ-Kaffeeküche

Überall Kurbeln – und geheime Prototypen

Anthony führt uns durch die Firma, zunächst geht es erstmal um Kettenblätter und passende Prüfgeräte, die größtenteils ziemlich beeindruckend sind. Bei der anschließenden Führung, bei der es primär um Kurbeln jeglicher Art geht, wundern wir uns über die zahlreichen Testkurbeln in den Prüf-Apparaturen – fast alle sind für uns neugierige Journalisten mit Handtüchern verdeckt. Es ist also anzunehmen, dass carbontechnisch noch einiges bei Truvativ kommen wird…


#10 Anthony erklärt uns die Testräume


#11 Ziemlich glatter Granit


#12Truvativ-Uhr


#13 Prototypen – Fotos nicht erlaubt!


#14 Anthony im Gespräch mit Simone von der italienischen BIKE


#15 Truvativ BB30-Innenlager


#16 Kurbelarme


#17 Eine blitzsaubere Werkstatt


#18 Der Firmenhund!


#19 „Godfather“

Kurbel-Workshop: Wir bauen eine X0-Kurbel!

Nun sind wir da: Vor dem ominösen Raum, in dem kleine Margen der X0-Carbonkurbel hergestellt werden. Anthony verrät uns, dass wir nun unseren eigenen Kurbelarm bauen werden. Wie bitte? Wir blicken uns noch überrascht an, aber die Jungs meinen es ernst. Carbon-Experte Pancho demonstriert uns zunächst den Plotter, mit dem die einzelnen Carbonlagen zurechtgeschnitten werden.

Die rund 15 einzelnen Carbonlagen sind laut Truvativ das Ergebnis jahrelanger Entwicklung und sollen der Konkurrenz im besten Fall keine fertigen Schnittmuster bieten – weswegen unsere Kameras komplett draußen bleiben müssen. Leider! Nun geht es los: Für uns sind vier Plätze mit je einem Set Carbon-Layer und Kunststoff-Kurbelkern aufgebaut. Die Layer werden nach fachkundiger Anleitung nun von vorne und von hinten abwechselnd an den Kunststoffkern angepasst und bestehen aus 2 bis 4 einzelnen Lagen mit 0° oder 45°. Die vierlagigen Platten sind recht straff und müssen mit einem Heißluftfön erwärmt werden, die zweilagigen Versionen können mit Handkraft angepresst werden.


#20 Kameras kein Zutritt: Hier werden die Kurbeln gebaut


#21 Edle Türklinke


#22 Pancho demonstriert den Plotter…


#23 …mit einem ausgeschnittenen SRAM-Logo


#24 Dünne Carbon-Lage: Leicht formbar

Kurbelbau – Teil II

Fast anderthalb Stunden später und mit gut durchbluteten Fingerspitzen unter den Latexhandschuhen sind die Kurbelarme tatsächlich komplett doppelt und dreifach ummantelt – vermutlich würde die Kurbel angesichts der verwinkelten Lagen jetzt schon eine Weile halten. In Fernost braucht ein Arbeiter rund 19 Minuten für einen Kurbelarm, erklärt uns Pancho – ein Wahnsinn. Im nächsten Schritt wird die noch unfertige Kurbel in die gefräste Form gelegt und eine ganze Weile mit 4000 Pfund Druck in Form gepresst.

Am nächsten Tag ist die Kurbel steinhart und fertig für die weitere Behandlung: Die Fräsung. Für unsere Kurbel wird nur noch die Achsaufnahme gefräst und auch die Endbehandlung fällt aus, damit wir das Souvenir noch am gleichen Tag mitnehmen können – definitiv eins der schönsten Souvenirs überhaupt!


#25 Simone und Sim beim Kurbelworkshop – letzte Arbeitsschritte


#26 Fertig mit dem Bekleben


#27 Ab in die Presse: Die Carbonkurbel kommt in Form


#28 Kontrolle beim Kurbelfräsen…


#29 Die einzelnen Arbeitsschritte beim Fräsen


#30 Fast fertig!


#31 Innenleben einer Xo-Kurbel

1,2 Tonnen Belastung – Carbonkurbel im Test

Pancho ist allerdings noch nicht damit zufrieden, dass die Kurbeln fertig sind. Auch er hatte eine Kurbel mitgeklebt, die nun zeigen soll was sie kann – also ab in die plexiverglaste Folterkammer zum Belastungstest. Auch bei knapp 1,2 Tonnen Zugkraft geben beide Kurbelarme nicht nach – die dicke BB30-Achse allerdings ist ziemlich verbogen. Pancho ist immer noch nicht zufrieden. Nun geht es ans Eingemachte: Ein massiver Stahlarm an die eine Seite, der Kurbelarm auf die andere. Nach knapp 1,5 Tonnen gibt der Kurbelarm nach und zerbröselt – ist allerdings noch nicht ganz durch. Beeindruckend ist es allemal!


#32 Ein (auf dem Trail ebenfalls verdammt schneller) Mitarbeiter wacht über den Prüfungsvorgang


#33 Noch sieht der Kurbelarm normal aus…


#34 …nun nicht mehr


#35 Hohe Kräfte wirken aufs Carbongeflecht


#36 Anthony präsentiert die verbogene BB30-Achse


#37 Schweres Geschütz: Mit diesem massiven Stahl-Gegenstück soll die Carbonkurbel brechen


#38 Die kaputte Carbon-Kurbel nach dem Bruch


#39 Man erkennt die einzelnen Carbonlagen des Kurbelarms

Kettenblätter – eine Wissenschaft für sich

Nachdem wir nun einiges über die Herstellung von Carbonkurbeln erfahren haben, geht es über zu den Kettenblättern. Für uns waren Kettenblätter bisher halt Kettenblätter, mit Steighilfen, klar – aber sonst? Allzuviel kann da nicht hinterstecken, sind sich Sim vom Singletrack Mag und ich uns einig.

Wir werden eines Besseren belehrt. Die Unterschiede der einzelnen Abstufungen bei 2×10 sind immens groß, allein an den Steigvorgängen wird teilweise wochenlang experimentiert. Die Fräse steht zudem direkt im Haus, sodass innerhalb kurzer Zeit neues Testmaterial erstellt werden kann. Zwei deutsche Mitarbeiter aus Schweinfurt arbeiten seit längerer Zeit mit in San Luis Obispo – deutsche Ingenieurskunst hilft beim Kettenblatt-Design. Das Kettenblatt auf den Fotos weiter unten demonstriert eindrucksvoll, dass die einzelnen Zähne unterschiedlich gefräst sind – je nach Funktion des Zahns. Die rot/blau-gestreiften Linien kennzeichnen die Kettenblattführungen.

Auch hier wird natürlich getestet – die Schaltperformance, die Stärke der hauseigenen Ketten (vor der eigenen Produktion wurden sehr lange Shimano-Ketten genutzt) und Unebenheiten des Materials.


#40 Einer der Kettenblatt-Experten


#41 Kettenblatt-Design


#42 Einer der deutschen Mitarbeiter klärt uns über Steig- und Fallvorgänge der Kettenblätter auf


#43 Prüfstand des Kettenblatts I


#44Prüfstand des Kettenblatts II


#45 Belastungstest: Die Kette wird gleich reißen und eine Kettenblatt-Aufnahme abbrechen


#46Auf der Granitplatte


#47 Kettenblatt-Zoom – ja, das ist tatsächlich ein einzelner Zahn! Und es geht noch weitaus näher ran…

Ende

Zum Abschluss und zur Stärkung für die Tour nach der Führung gibt es eine Runde Pizza für alle – und ein frischgezapftes Bier aus dem originalen Truvativ Hussefelt-Hahn…cheers!


#48 Pizza zum Mittagessen


#49 Ein Truvativ-Bier zum Abschluss

Interessant? Hier findest du weitere Hausbesuche und Blicke hinter die Kulissen bei zahlreichen Unternehmen der Bikebranche.

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