Der Saisonendspurt steht vor der Tür: Nur eine Woche nach den packenden Welttitelkämpfen im italienischen Val di Sole zieht der Tross der schnellsten Mountainbiker*innen nur wenige Kilometer weiter in die Schweiz in die Lenzerheide. Der vorletzte Weltcuplauf der Saison 2021 steht dementsprechend ganz im Zeichen der neuen Träger*innen der Regenbogentrikots und den potenziellen Kandidat*innen auf die vorderen Plätze in der Weltcupgesamtwertung. Wer hat also die Nase vorn, wenn es in der Bike-Arena von Lenzerheide auf die Jagd nach Sekunden geht?
XC World Cup 2021 – Lenzerheide: Termine und Informationen
Bereits zum fünften Mal gastiert die Mountainbike-Weltcupserie im Skiort Lenzerheide in der Schweizer Bergregion Graubünden. Seitdem 2015 in Lenzerheide erstmalig Weltcuppunkte vergeben wurden, hat sich der Standort zu einer festen Größe im Rennkalender etabliert und ist bei Fahrer*innen und Fans gleichermaßen beliebt. Eine moderne Rennstrecke mit nicht allzu langen Anstiegen, einigen spektakulären Bergabpassagen und enorm vielen Wurzeln sorgt seit je her für spannende Rennverläufe. Highlight schlechthin: 2018 wurden in Lenzerheide die Weltmeisterschaften ausgetragen mit einer unfassbar großen Menge an Zuschauer*innen. Insbesondere der Triumph von Superstar Nino Schurter vor dem frenetischen Publikum dürfte vielen dabei noch in Erinnerung sein.
Auch in diesem Jahr wird der Dominator der vergangenen Jahre mitunter im Fokus stehen: Nach seinem furiosen Comeback bei den Weltmeisterschaften in Val di Sole vor wenigen Tagen schaut die gesamte Schweizer Nation mit Spannung auf das anstehende Rennwochenende in Lenzerheide. Das große Ziel: Mit einem potenziellen 33. Weltcupsieg die bisherige Bestmarke der häufigsten Erfolge in der Weltcupserie von Julien Absalon einzustellen und sich damit noch unsterblicher im MTB-Sport zu machen. Zudem empfangen die Schweizer Fans ihr Olympia-„Dreamteam“ im Damenfeld mit den drei Medaillengewinnerinnen von Tokio Jolanda Neff, Linda Indergand und Sina Frei. Los geht das lange Rennwochenende in der Schweiz wie aus der Weltcupserie gewohnt mit den Short Track-Rennen am Freitag, gefolgt von den Downhill-Wettbewerben am Samstag und den Cross-Country-Rennen am Sonntag. Red Bull TV wird einmal mehr die besten Bilder der Wettkämpfe live in die Wohnzimmer rund um den Globus transportieren, hier bei MTB-News.de findet ihr rechtzeitig vor den Rennen die passenden Online-Links dazu.
Zeitplan
Freitag, 03.09.2021
- 17:30 Uhr: Short Track, Frauen
- 18:15 Uhr: Short Track, Herren
Sonntag, 05.09.2021
- 8:30 Uhr: Cross-Country, U23-Damen
- 10:15 Uhr: Cross-Country, U23-Herren
- 12:20 Uhr: Cross-Country, Damen
- 14:50 Uhr: Cross-Country, Herren
Die Favoritinnen und Favoriten für das Podium
Short Track
Die ersten Weltmeisterschaften in der Short Track-Disziplin in Val di Sole haben abermals gezeigt, wie bereichernd das Rennformat für den Mountainbikesport und für die Weltcupserie in der Cross-Country-Disziplin ist. Packende Rennverläufe mit dramatischen Sprint-Entscheidungen bescherten der Schweizerin Sina Frei und dem Amerikaner Christopher Blevins die ersten Regenbogentrikots in der jungen Disziplin. Diese dürfen beide nun auch in Lenzerheide überstreifen, wenn es wieder im Kampf der schnellsten Fahrerinnen und Fahrer in der Gesamtweltcupwertung und der Weltrangliste zur Sache geht.
Mit dem Rückenwind des Erfolgs von Val di Sole und der Unterstützung der heimischen Fans rückt mit Sicherheit Sina Frei in eine Favoritenrolle, die sie zuvor im Short Track eher nicht innehatte. Als eher kleine und schmächtige Fahrerin schien sie meist etwas gehandicapt zu sein, doch spätestens seit ihrem Erfolg in Val di Sole gehört diese Sichtweise der Vergangenheit an. In Val di Sole rang Frei nur hauchdünn die spätere Überraschungsweltmeisterin in der Cross-Country-Disziplin, Evie Richards, nieder, die damit genauso wie Frei in eine Favoritenrolle für den Short Track in Lenzerheide schlüpft.
Im Gegensatz zur Konkurrenz der Damen, lässt sich bei den Herren der Short Track-Weltmeister aus Val di Sole, Christopher Blevins, nicht auf der Startliste der Rennen in Lenzerheide finden. Auch in Anwesenheit des Amerikaners wäre vermutlich die Favoritenrolle anderen Fahrer zugesprochen worden: So verzichteten im Short Track von Val di Sole einige männliche Fahrer der Weltspitze wie die beiden Erstplatzierten des Cross-Country-Rennens der WM, Nino Schurter und Mathias Flückiger, auf einen Start, um ihre Kräfte für das anstehende Cross-Country-Rennen zu schonen.
Dementsprechend rücken diese nun auch wieder bei den Short Track-Rennen im Rahmen des Weltcups in den Fokus, zumal die beiden Cyclocross- und Straßen-Asse Mathieu van der Poel und Tom Pidcock weiterhin fehlen werden. Neben dem in dieser Saison zweifach erfolgreichen Flückiger, könnten vor allem die beiden Silber- und Bronzemedaillengewinner aus Val di Sole, Henrique Avancini und der Deutsche Max Brandl eine wichtige Rolle im Short Track von Lenzerheide spielen.
Damen
Eine beeindruckende Leistung bescherte der Britin Evie Richards in Val di Sole das Regenbogentrikot in der Damenkonkurrenz der Cross-Country-Disziplin: Im Vorfeld der Weltmeisterschaften nicht über einen siebten Rang in einem Cross-Country-Rennen im Weltcup hinausgekommen, überraschte Richards sich und alle Beobachter mit ihrer famosen Leistung vor einer Woche. Die dominante Fahrweise bei ihrem Triumphzug hievt Richards automatisch auch in die Favoritenstellung vor dem Cross-Country-Rennen der Damen in Lenzerheide.
Etwas dagegen haben werden mit großer Sicherheit die einheimischen Fahrerinnen, die mit ihrem Dreifacherfolg bei Olympia in Tokio vor etwas mehr als einem Monat in der Schweiz für grenzenlose Begeisterung sorgten. Ob Olympiasiegerin Jolanda Neff, Short Track-Weltmeisterin Sina Frei oder Olympia-Bronzemedaillengewinnerin Linda Indergand, die Eidgenossinnen dürfte angepeitscht von ihren heimischen Fans eine besondere Rolle im Rennen von Lenzerheide spielen. Insbesondere Neff und Frei konnten auch bei der WM mit den Plätzen drei und vier unter Beweis stellen, dass sie ihre Form von den olympischen Spielen aus Tokio konservieren konnten und somit ohne Frage zu den Favoritinnen in Lenzerheide gehören.
Im Kampf um den Gesamtweltcup wird nun auch wieder die etatmäßige U23-Fahrerin Loana Lecomte aus Frankreich ins Renngeschehen eingreifen: Die bisherige Dominatorin der Weltcupsaison mit vier Siegen bei vier ausgetragenen Cross-Country-Rennen musste krankheitsbedingt auf die Weltmeisterschaften in Val di Sole verzichten, scheint nun jedoch wieder bei vollen Kräften und steht kurz vor dem Gewinn der Gesamtweltcupwertung. Wenn sie in den beiden Wettkämpfen in Lenzerheide mehr Punkte für die Weltcupwertung sammelt als ihre Landsfrau Pauline Ferrand-Prévot und alle anderen Kontrahentinnen im Damenfeld nicht zu viel Boden gutmachen können, ist ihr bereits vor dem abschließenden Weltcuplauf im amerikanischen Snowshoe der Gesamtweltcuptitel nicht mehr zu nehmen.
Aus deutscher Sicht richtet sich der Blick auf die beiden Nachwuchstalente Ronja Eibl und Nina Benz: Benz überraschte bei ihren ersten Weltmeisterschaften in der Eliteklasse in Val di Sole mit einem starken elften Rang und konnte bereits beim letzten Weltcuprennen in Les Gets mit Position 15 einen Achtungserfolg feiern. Noch erfolgreicher war damals in den französischen Alpen Ronja Eibl, die dort mit Rang neun ihr erstes Top-Ten-Ergebnis in der Eliteklasse im Weltcup einfahren konnte. Für die etatmäßige U23-Fahrerin verliefen die Weltmeisterschaften in Val di Sole mit Rang sechs in der U23-Klasse nicht unbedingt nach Plan, umso motivierte dürfte sie nun vor den Rennen in Lenzerheide sein. Gespannt darf man zudem auf Nadine Rieder sein, die nach einer Sprunggelenksverletzung Rang 17 bei den Weltmeisterschaften belegte und in Lenzerheide an ihr erfolgreiches Comeback anknüpfen möchte.
Herren
Im Cross-Country-Rennen der Herren könnte sich dasselbe packende Duell anbahnen, das bereits bei den Weltmeisterschaften in Val di Sole die Zuschauerinnen und Zuschauer in seinen Bann zog. Nino Schurter vs. Mathias Flückiger – Weltmeister vs. Gesamtweltcupführender, ein Duell der Giganten, das insbesondere in ihrem Heimatland der Schweiz besondere Brisanz besitzt. Schurter wird nach seinem sensationellen Comeback bei den Weltmeisterschaften mit viel Rückenwind in Lenzerheide unterwegs sein, Flückiger nach seinem verpatzten Sprint-Finish in Val di Sole mit enorm viel Wut im Bauch.
So scheint die Favoritenlage vor dem Rennen der Herren recht eindeutig auf zwei Fahrer begrenzt, doch auch andere Fahrer wie der zuletzt vom Pech verfolgte Ondrej Cink machen sich berechtigte Hoffnungen auf einen Platz an der Sonne. Cink, der sowohl bei den olympischen Spielen als auch bei der Weltmeisterschaft in Val di Sole durch Defekte aus dem Medaillenkampf gedrängt wurde, dürfte genauso wie Flückiger mit besonders viel Wut im Bauch am Start stehen. Der Tscheche ist unterdessen auch noch der einzige Fahrer, der dem Gesamtweltcupführenden Mathias Flückiger auf dem Weg zum Gesamtsieg der Weltcupserie noch ernsthaft in die Queere kommen kann. Wenn er sich eine Chance in dieser Hinsicht offen lassen möchte, muss er in Lenzerheide mächtig Boden gegenüber dem Schweizer gut machen.
Weitere Fahrer, die eine Chance auf das Podium oder gar auf den Sieg besitzen, sind beispielsweise Ex-Weltmeister Jordan Sarrou, sein französischer Landsmann Victor Koretzky, der in Val di Sole die Bronzemedaille gewinnen konnte oder der Neuseeländer Anton Cooper, der bei den olympischen Spielen als Sechster nur knapp an einer Medaille vorbeischrammte.
In einem Atemzug mit diesen Fahrern muss nach dem WM-Rennen in Val di Sole auch der Deutsche Max Brandl genannt werden. Mit einer eindrucksvollen Vorstellung, die aufgrund eines schwachen Start und eines zusätzlichen Sturz noch besser hätte ausfallen können, schaffte Brandl in Italien den Sprung auf Rang fünf. Bei Brandl scheint die erhoffte Olympia-Form nun etwas später zu zünden, was auch in Lenzerheide auf ein Top-Resultat hoffen lässt. Bisher steht für den jungen Deutschen ein neunter Rang aus Nove Mesto 2020 als bestes Weltcupergebnis zu Buche, kann er nun diese Bestmarke übertreffen?
Der deutsche Meister Manuel Fumic verpasst unterdessen nach einem Trainingssturz im Vorfeld der Weltmeisterschaft in Val di Sole die Wettkämpfe in Lenzerheide, dafür erhoffen sich die weiteren Top-Fahrer aus Deutschland Luca Schwarzbauer, Georg Egger und Niklas Schehl eine Bestätigung ihrer ansprechenden Resultate bei den Weltmeisterschaften vor einer Woche. Mit dem Fokus auf die besten 20 im Weltcupfeld gehen sie auf die Jagd im Schweizer Hexenkessel von Lenzerheide.
U23
Der fünfte Weltcuperfolg im fünften Rennen scheint im Feld der U23-Damen für die frisch gebackene U23-Weltmeisterin Mona Mitterwallner lediglich eine Formsache zu sein. Auch wenn das große Duell mit der Gesamtweltcupführenden in der Eliteklasse, Loana Lecomte, bei den Weltmeisterschaften ausblieb, zeigte sich einmal mehr, wie stark die junge Österreicherin in dieser Saison in Form ist. Und so wäre alles andere als ein erneuter Triumph von Mitterwallner in der U23-Konkurrenz der Damen eine riesige Überraschung. So sehr sich auch die weiteren Top-Fahrerinnen in der Nachwuchsklasse, Caroline Bohé aus Dänemark oder Kata Vas aus Ungarn, strecken werden, an Mitterwallner werden sie wohl kaum vorbeikommen.
Der erste chilenische Mountainbike-Weltmeister in der Geschichte, Martin Vidaurre, wird im U23-Rennen der Herren von Lenzerheide erstmalig sein neues Regenbogentrikot präsentieren. Nach mehreren Podestplätzen im Weltcup und dem sehr souveränen Erfolg in Val di Sole, ist der Fahrer des Lexware Mountainbike Teams auch einer der Favoriten auf den Triumph in der Nachwuchsklasse in Lenzerheide. Seine Konkurrenten werden dabei diesselben sein wie bereits eine Woche zuvor: Die Italiener Juri Zanotti und Simone Avondetto präsentierten sich im bisherigen Saisonverlauf sehr stark, auch der Europameister Joel Roth aus der Schweiz möchte sicherlich ein Wörtchen im Kampf um den Sieg mitreden.
Wie eng das Renngeschehen in der U23-Klasse der Herren ist, zeigt der Blick auf den aktuellen Stand in der Weltcupgesamtwertung: Die ersten drei Fahrer, Simone Avondetto, Riley Amos aus den USA und Carter Woods aus Kanada trennen aktuell nur 40 Punkte.
Auf Rang sieben in der Gesamtwertung rangiert indes der deutsche U23-Meister David List, der im Weltcup nach seinem herausragenden zweiten Rang beim Weltcupauftakt in Albstadt nicht mehr in den Kampf um die Podestplatzierungen eingreifen konnte. Bei den kürzlich ausgetragenen Europameisterschaften konnte List mit dem Gewinn der Bronzemedaille erneut aufhorchen lassen, bei der Weltmeisterschaft in Val di Sole lief es hingegen nicht gänzlich wie erhofft. In seinen beiden letzten Weltcuprennen in der U23-Klasse möchte der Deutsche nochmals voll angreifen, vielleicht gelingt ihm erneut der Sprung aufs Podium?
Was denkt ihr? Wer kann sich in Lenzerheide ins Rampenlicht fahren?
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