Die XC-WM 2016 in Nové Město na Moravě ist Geschichte und die Medaillen sind vergeben! Nino Schurter sicherte sich sein fünftes Regenbogen-Jersey, während Annika Langvad bei den Damen sich zum ersten Mal „XC-Queen“ nennen darf. In den U23-Rennen gingen Gold an Jenny Rissveds und Sam Gaze. Beste Deutsche sind Christian Pfäffle mit einer grandiosen Aufholjagd auf Rang 15, Sabine Spitz fährt auf Rang 9 – ein Defekt verhinderte eine Top-Platzierung.
Zum Abschluss der WM liefern wir euch zum Damen- und zum Herrenrennen einen ausführlichen Bericht und vor allem eine XXL-Fotostory von allen Rennen am Samstag und am Sonntag!
Schurter distanziert alle, Pfäffle mit Parforce-Ritt auf Rang 15
Titel Nummer fünf für Nino Schurter. Der Schweizer sicherte sich die Krone des weltbesten Mountainbikers im tschechischen Nove Mesto in einer eindrucksvollen Art und Weise. Das bedeutete zugleich das Aus aller tschechischen Hoffnungen auf einen Heimtriumph ihres Lokalhelden Jaroslav Kulhavy. Im Kampf der drei großen Favoriten konnte sich der amtierende Olympiasieger Silber sichern, Julien Absalon musste mit Bronze vorlieb nehmen. Währenddessen fährt ein junger Deutscher das Rennen seines Lebens: Christian Pfäffle schaffte sensationell den Sprung auf Rang 15.
23.000 Zuschauer erwarteten im Biathlonstadion von Nove Mesto den Sieg ihres Landsmanns. Jaroslav Kulhavy gewann im Vorjahr den Weltcup vor heimischer Kulisse und machte schon da deutlich, dass bei der Weltmeisterschaft vor der eigenen Haustüre sich die Konkurrenz strecken muss, um an ihm vorbeizukommen.
Vom Start weg pulverisierte er das Feld. Ein extrem hohes Tempo vom Tschechen zog das Peloton schon im ersten Teil der Startrunde weit auseinander. Im weiteren Verlauf der Einführungsrunde konnte schließlich nur Nino Schurter folgen, Absalon verlor schon etwas an Boden.
Üblicherweise wird dann in der ersten kompletten Runde das Tempo etwas gedrosselt und gerade der etwas schwächere Starter Absalon kann dann aufschließen. Doch nicht so an diesem Tag. Kulhavy fuhr eine so hohe Pace, dass Absalon die zehn Sekunden Rückstand erstmal nicht einholen konnte. Währenddessen drehte ein weiterer Tscheche auf: Der ehemalige U23-Weltmeister Ondrej Cink konnte im Gegensatz zu Absalon die Lücke zum Spitzenduo aus der Verfolgergruppe schließen.
So ging ein Spitzentrio in die zweite Runde, gefolgt von Absalon und dem starken Schweizer Mathias Stirnemann. Manuel Fumic lag zu diesem Zeitpunkt auf Position 14 mit einer Minute Rückstand. Im ersten langen Anstieg forcierte Schurter das Tempo, Kulhavy und Cink konnten nur schwer folgen. Unter dem Druck die Lücke schließen zu müssen unterlief Cink im letzten Teil der Runde ein Fehler, Absalon passierte ihn. Der Franzose schien sich immer besser vom hohen Starttempo zu erholen und konnte schließlich in der dritten Runde die Lücke zu den beiden Führenden schließen. In seinem Schlepptau schaffte auch Cink fast den Anschluss, doch stets trennten ihn wenige Meter zu den Führenden.
Die vierte von sechs Runden brachte dann schließlich die Entscheidung im Rennen. Schurter forcierte das Tempo ähnlich wie zwei Runden zuvor und seine Mitstreiter konnten nicht folgen. Absalon übernahm die Silberposition von Kulhavy, schaffte es aber nicht Schurter zu folgen. Kulhavy war stets einige Meter hinter ihm, konnte den Europameister aber eingangs der letzten Runde stellen.
Vorne demonstrierte Schurter seine Stärke. Konstant und ungefährdet fuhr er die fünfte Runde zu Ende und erhielt die Glocke des letzten Umlaufs mit 30 Sekunden Vorsprung auf Absalon und Kulhavy.
Hinter dem Führenden entbrannte nun ein heftiger Kampf um den Vize-Titel. Beide versuchten durch Attacken den Kontrahenten zu distanzieren, doch vorerst brachte keiner der Beiden die entscheidenden Meter zwischen sich und den Gegner. Kurz vor der zweiten Feedzone und damit dem höchsten Punkt der Strecke gelang es Kulhavy schließlich sich zu lösen. Der Vorsprung reichte und der Tscheche fuhr umjubelt vom riesigen Publikum als Zweiter über den Zielstrich. Absalon resignierte auf den letzten Metern und gratulierte im Ziel voller Anerkennung Schurter zu seinem fünften Weltmeistertitel.
Dahinter sicherte sich Ondrej Cink die „Holzmedaille“. In den letzten zwei Runden verlor er deutlich an Boden auf die Spitze, rettete sich schließlich knapp vor dem Fünften Stephane Tempier ins Ziel. Mathias Stirnemann, der anfangs noch mit Absalon unterwegs war, wurde Sechster.
Einige wenige Plätze weiter hinten schaffte Christian Pfäffle schier Unmögliches. Von Startplatz 100 fuhr der Neuffener auf Rang 15. 50 Plätze konnte er schon in der Startrunde aufholen, um dann kontinuierlich Platz um Platz gut zu machen. Mit den elftbesten Rundenzeiten in den letzten zwei Runden schiebt er sich von Platz 19 noch auf den 15. Rang vor. Damit lag er vor den beiden deutschen Olympiastartern Manuel Fumic und Moritz Milatz. Während Fumic mit einem Plattfuß in der zweiten Runde aussichtslos zurückfiel und letztendlich 17. wurde, fuhr Milatz im Vergleich zu seinen bisherigen Resultaten ein starkes Rennen, zumal er von Startplatz 80 ins Rennen gehen musste. Der vierte deutsche Starter, Markus Schulte-Lünzum, kämpfte sich ebenfalls stark nach vorne. Von Rang 73 nach der Startrunde schaffte er es noch auf den 35. Platz, unter anderem mit der achtschnellsten Rundenzeit im letzten Umlauf.
Solofahrt von Langvad, Spitz im Pech
Annika Langvad holte sich ihren ersten Weltmeistertitel im Cross-Country Bereich. Die Dänin gewann in einer Zeit von 1:30:13 Stunden vor der Amerikanerin Lea Davison und der Kanadierin Emily Batty. Die Plätze zwei und drei wurden in einer dramatischen Schlussrunde noch durcheinander gewürfelt.
Am Samstag stand das erste Saisonhighlight der Frauen an. Im tschechischem Nove Mesto wurde das Regenbogenjersey vergeben. Gleich nach dem Start traf es eine der Top-Favoritinnen: Gunn-Rita Dahle-Flesjå wurde in einen Sturz verwickelt und musste deswegen das Rennen aufgeben. In diesen Crash geriet auch die Weltmeisterin von 2015 Pauline Ferrand-Prevot. Die Französin kam dadurch sehr weit hinten aus dem Start-Loop. Auf ihrer Aufholjagd stürzte sie abermals spektakulär in einem Steinfeld – am Ende war es ein 16. Platz für sie.
Wärenddessen bildete sich im Start-Loop eine Gruppe von acht Fahrerinnen, in der alle Favoritinnen vertreten waren. Dann war es die Schweizerin Jolanda Neff, die zuerst das Feuer eröffnete, ihr konnte nur Annika Langvad folgen. Doch nach der Hälfte der ersten Runde musste Jolanda Neff reißen lassen. Später schrieb sie auf Facebook, dass sie unter Rückenschmerzen litt. Das Zurückfallen von Neff leitete die Solofahrt von Langvad ein. Die Weltcup-Gesamtführende fuhr beeindruckend stark zu ihrem Titel, denn von Runde eins bis Runde drei legte sie jeweils die Bestzeit hin.
Viel spannender hingegen verlief der Kampf um die zwei weiteren Medaillen. Es war die Polin Maja Wloszczowska und eine sehr stark auffahrende Sabine Spitz, welche sich von der restlichen Konkurrenz absetzen konnte. In Runde drei konnte sich dann die Polin, die am Berg größere Kraftreserven hatte, von der Deutschen lösen.
Bis zur letzten Runde trennten jeweils 30 Sekunden die Plätze zwei, drei und vier. Alles schien schon in trockenen Tüchern, doch dann erwischte es als erstes Sabine Spitz: Sie schlitzte sich an den Mantel an einem Stein auf. Dies passierte an einer der unpassendsten Stellen auf der Strecke, sodass sie mehr als die Hälfte davon zu Fuß zurücklegen musste, bis sie endlich in der Technikzone ankam. Am Ende kam sie auf Platz neun mit 4:07 Minuten Rückstand ins Ziel.
Keine 500 Meter nach der Deutschen erwischte es die Polin Maja Wloszczowska, ihr zog es sogar den Mantel von der Felge – doch hoffte sie weiterhin, die Medaille noch verteidigen zu können. Zuerst wurde sie von der US-Amerikanerin Lea Davison geschnappt. Dadurch war die Silbermedaille für Wloszczowska in unerreichbare Ferne gerückt. Sie erreichte dann die Technikzone auf dem dritten Rang und der Radwechsel verlief so schnell, dass sie gleichzeitig mit der Kanadierin Emily Batty auf die letzten 500 Meter ging. Batty, die sehr stark in der letzten Runde fuhr, hatte so wieder alle Chancen auf einen Platz auf dem Podest. Die Polin und die Kanadierin bogen gleichzeitig auf die Zielgerade ein und es kam zu einem Zielsprint, der hauchdünn an die Kanadierin ging. Im Ziel waren dann beide Unglücksraben, Wloszczowska und Spitz, fürchterlich enttäuscht.
Generell waren die deutschen Damen vom Pech verfolgt: Helen Grobert erlitt im Start-Loop einen Kettenriss, der sie so aussichtslos zurückwarf, dass die junge Deutsche in Runde zwei ausstieg. Elisabeth Brandau erwischte einen schlechten Tag und wurde auf Platz 43 gewertet. Auch Adelheid Morath hatte nicht ihren besten Tag, sie schaffte es dennoch in die Top 20 mit dem 19. Platz.
Fotostory: Herren
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Fotostory: U23-Herren
Die Ergebnisse des U23-Rennens der Herren findet ihr nochmals hier im Überblick.
Fotostory: U23-Damen
Die Ergebnisse des U23-Rennens der Damen findet ihr nochmals hier im Überblick.
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Text & Redaktion: Christian Schöllhorn, Gabriel Sindlinger, Tobias Sindlinger | MTB-News 2016
Bilder: Hoshi Yoshida, Dominique Krevet
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