WTB Trail Boss im Test: Wie der zuletzt getestete Vigilante blickt auch der Trail Boss auf ein paar Jahre im WTB-Produktportfolio zurück und kam für 2019 in überarbeiteter Version auf den Markt. Wir konnten den Reifen in zwei Ausführungen fahren, uns einen Überblick über die Anpassungen machen und herausfinden, wie sich diese auf dem Trail auswirken.
WTB Trail Boss – Infos und Preise
Der Name verrät schon, wo es hingehen soll – ins Gelände! Da der Trail Boss aber schon vor der aktuell populären Trailbike-Klasse auf den Markt gekommen ist, ordnen wir ihn nicht speziell dem Trailbike zu. WTB sieht den Reifen nämlich eher als Allrounder, der zwar hauptsächlich am Hinterrad genutzt wird, in gemäßigtem Gelände aber auch vorne hervorragend funktionieren soll.
Während die weiteren WTB-Reifen eher auf wenig Auswahl fokussiert sind, gibt es am Trail Boss ganze drei Reifenbreiten. Noch mit altem Profil versehen ist der Trail Boss 2,25″, der als einziger Reifen auch noch in der 26″-Version zusätzlich zum 27,5″- und 29″-Reifen verfügbar ist. Bei den neuen Modellen verzichtet man auf den 26″-Reifen, dafür gibt es den Reifen in 2,4″- und 2,6″-Breite. Werfen wir also den Blick hauptsächlich aufs neue Modell. Pro Laufradgröße gibt es beim 2,4″ breiten Reifen drei Ausführungen und beim 2,6″ breiten Reifen zwei Varianten.
Am 2,4″-Modell gibt es die Wahl zwischen Tough-, Light- und Light + Slash Guard-Karkasse. 2,6″ wird nur in Verbindung mit Tough und Light + Slash Guard-Karkasse angeboten. Im Vergleich zum alten Trail Boss bietet man aber nur noch eine Gummimischung an: Alle Reifen sind, unabhängig von der Karkasse, mit Fast Rolling-Gummimischung aufgebaut. Aber – und hier wird es verwirrend – die leichteste Ausführung ist noch mit altem Dual DNA-Gummiaufbau versehen, die restlichen Versionen setzen auf die TriTec-Technologie.
- Laufradgrößen 27,5″, 29″
- Reifenbreiten: 2,4″, 2,6″
- Gummimischung TriTec Fast Rolling, Dual DNA Fast Rolling
- Karkasse TCS Light tanwall, TCS Light + Slash Guard, TCS Tough
- Gewicht: 832 – 1286 g
- www.wtb.com
Preis: 69,95 € (UVP) | Bikemarkt: WTB Trail Boss kaufen
Im Detail
Details zur Karkassen-Konstruktion und zur Gummimischung haben wir in den letzten Tests zu den Modellen Verdict, Judge und Vigilante 2,5″ ausführlich erklärt:
Getestet haben wir aber auch die dünnere TCS Light-Karkasse. Diese kommt anstelle von zwei 60 TPI-Lagen mit nur einer Lage aus, wird aber durch die zusätzliche Slash Guard-Nylon-Einlage verstärkt. Vom Reifenwulst bis zu den Seitenstollen ist diese gezogen und soll die Seitenwand vor Schnitten schützen – bei geringerem Gewicht als mit einer zweiten Karkassen-Lage.
Die Basis bildet eine extra harte Gummimischung, auf die im Bereich der Mittelstollen eine etwas weichere Mischung aufgebracht wird, die Seitenstollen bekommen noch einmal ein weicheres Gummi – einen ähnlichen Aufbau gibt es beispielsweise bei 3C-Reifen von Maxxis. Für Stabilität soll die harte Basis sorgen, der Seitenstollen für ordentlich Traktion und die Mittelstollen für ein gutes Abrollverhalten.
Springen wir also direkt zum Profil. Hier hat sich von Formen und Lamellen wenig verändert. Der neue Trail Boss sieht aus wie der Vorgänger, aber irgendwas ist anders: Neben etwas größer dimensionierten Stollen und gewachsenen Räumen dazwischen fällt auch auf, dass die Mittelstollen zu den Seitenstollen etwas versetzt wurden. Am alten Reifen war auf jeder Mittelstollen-Reihe jeweils ein Seitenstollen, was für vergleichsweise kleine Zwischenräume gesorgt hat. Auf dem Trail hatte sich das vor allem durch höchstens mittelmäßige Selbstreinigung geäußert. Jetzt sitzt der Seitenstollen genau zwischen den Mittelstollen-Reihen – mehr Platz für Dreck, der sich leichter wieder aus dem Profil verabschieden sollte.
Grundsätzlich gibt das Trail Boss-Profil schon vor, wo es hingehen soll. Viele angeschrägte Stollen in der Profilmitte dürften für schnelles Abrollen sorgen. Gegen die Fahrtrichtung können diese sich dann schön in den Boden stemmen und für hohe Bremstraktion sorgen. Verständlich also, dass viele den Trail Boss als reinen Hinterreifen sehen. Dank höherer Seitenstollen wirkt es aber so, als hätte der Hersteller auch eine bessere Grundlage für den Einsatz am Vorderrad geschaffen.
Marke | Modell | UVP | Gewicht | Durchmesser | Reifenbreite | |
---|---|---|---|---|---|---|
Bontrager | SR5 Team Issue | 49,99 € | 1.018 g | 29" | 2,3" | Testbericht lesen |
Continental | Trail King ProTection Apex | 70,90 € | 945 g | 29" | 2,4" | Testbericht lesen |
Maxxis | Aggressor DD | 69,50 € | 1.115 g | 29" | 2,3" | |
Schwalbe | Hans Dampf SG | 62,90 € | 1.195 g | 29" | 2,35" | Testbericht lesen |
Specialized | Eliminator BLCK DMND | 59,90 € | 1.100 g | 29" | 2,3" | |
WTB | Trail Boss Light/Fast | 62,95 € | 1.196 g | 29" | 2,4" |
Auf dem Trail
Im direkten Vergleich Trail Boss vs. Trail Boss fällt auf, dass der neue Reifen ein bisschen weiter in die Breite gewachsen ist. WTB spricht von einem aggressiveren Profil – auch das ist unschwer zu erkennen. Was das auf dem Trail ausmacht?
Traktion! Mehr Traktion! Auch wenn wir dem Vorgänger einen sehr großen Spaßfaktor zuschreiben, ist er vor allem bei widrigen Bedingungen schnell am Limit angelangt. Hier muss man wollen und sich vor allem der geringen Bremstraktion aufgrund zugesetztem Profil bewusst sein. Durchnässte, lehmige Böden lassen den neuen Reifen aber weiterhin sein Limit finden – wenn auch wesentlich später.
Ein bisschen gespaltener Meinung sind wir bei der Gummimischung. Vor allem bergauf zeichnet sich die schnell rollende Ausführung am Heck natürlich durch sehr geringen Rollwiderstand aus. Mit dem Trail Boss am Heck sind wir diverse lange und Höhenmeter-intensive Touren gefahren, die man mit anderen Reifen nicht ganz so entspannt meistert. Auf der anderen Seite war die High Grip-Mischung im Nassen auf kleineren Querwurzeln und Steinen etwas gutmütiger. Hier hilft auch das gröbere Profil nicht. Wird es nass und technisch, sollte man stellenweise lieber gar nicht ans Bremsen denken – lieber das Heck etwas anlupfen, um nicht aus der Bahn geworfen zu werden.
Abgesehen davon sind wir weiterhin Fans des Trail Boss. Er kommt in losen Böden besser zurecht als zuvor, bietet mehr Seitenhalt und macht sich auch auf der Bremse gut. Hatten wir Judge und Verdict zugeschrieben, dass sie eher Spezialisten sind, hat das Face Lift den Trail Boss vom Spezialisten in eine etwas allgemeinverträglichere Form gebracht. So macht sich der Reifen im Vergleich zu seinen großen Brüdern auf einem breiteren Spektrum sehr gut. Harte Untergründe? Berechenbar, zuverlässig. Lose Untergründe? Dank verbesserter Selbstreinigung auch hier sehr gut – solange es nicht nass wird.
Im Verlaufe des Tests hatten wir mit Light + Slash Guard- sowie Tough-Karkasse keine Reifendefekte. Ein harter Durchschlag am Tough-Trail Boss wurde zwar mit einem Platten quittiert. Anstatt die Karkasse zu durchlöchern, wurde aber die Felge tubeless-unfähig gestanzt. Nicht nur wegen des Pannenschutzes, sondern vor allem auch wegen der besseren Dämpfung würden wir am Enduro-Bike deswegen auf jeden Fall zum etwas schwereren Tough-Reifen tendieren. Weniger garstiges Gelände meisterte auch der leichte Trail Boss mit Bravour.
Das ist uns aufgefallen
- Wo ist High Grip? Leider führt WTB die High Grip-Ausführung nicht mehr im Programm. Damit könnten wir uns den Trail Boss auch am Vorderrad von Trailbikes sehr gut vorstellen.
- Tough vs. Light Am Trail Boss konnten wir beide Karkassen im Direktvergleich fahren. Die Tough-Ausführung bewegt sich in einem Spektrum, in dem Maxxis bei Double Down- oder DH-Karkasse aufschlägt. Die leichte Karkasse ist vom Aufbau vergleichbar mit Maxxis EXO+, rein funktionell sehen wir sie zwischen EXO+ und DD.
Im Vergleich
Als Referenz-Reifen im Enduro-Sektor dienen üblicherweise Schwalbes Magic Mary und Maxxis Minion DHR II. Der Trail Boss schlägt aber in eine etwas andere Kerbe – wir ziehen also den Schwalbe Hans Dampf und den Maxxis Aggressor als Vergleichsreifen heran.
Schwalbe Hans Dampf vs. WTB Trail Boss 2,4
Auch der Hans Dampf von Schwalbe wurde kürzlich überarbeitet und zeigte sich am Hinterrad des Radon Slide Trail als sehr unauffällig. Mit dem Trail Boss schwingt definitiv etwas mehr Emotion mit. Beide Reifen rollen gut und sind mit einer vernünftigen Karkasse gesegnet. Etwas leichter fällt der Schwalbe mit Super Gravity-Karkasse im Vergleich zum Tough WTB aus. Während der Hans Dampf vor allem hinsichtlich Haltbarkeit und Kurven-Grip solide Fortschritte gemacht hat, würden wir doch zum WTB greifen, der sich hier noch ein Stück absetzen kann.
Maxxis Aggressor vs. WTB Trail Boss 2,4
Wie beim Trail Boss begleiten uns auch am Aggressor gemischte Gefühle. Im Vergleich sticht der WTB als besserer Allrounder heraus, der Aggressor ist etwas spezieller. Beide Reifen rollen gut und sind deshalb fürs Hinterrad eine vernünftige Wahl. Wird es nass, glänzen beide nicht mit der Selbstreinigung, den die offeneren Profile im jeweiligen Portfolio liefern. Besser ist aber auch hier der Trail Boss, auch insgesamt fanden wir ihn berechenbarer.
Fazit – WTB Trail Boss
Rund ist nicht nur der Reifen, sondern auch das Konzept und das Fahrverhalten: Die neue Evolutionsstufe des WTB Trail Boss macht vieles besser als der Vorgänger, der Reifen wird damit zum besseren Allrounder. Vor allem die höhere Traktion – beim Bremsen, in Kurven und auf verschiedensten Untergründen – lässt den neuen Reifen gegenüber dem alten Trail Boss und der Konkurrenz herausstechen und verkleinert die Lücke zwischen Enduro-Reifen mit offenerem Profil und den ungeliebten Spezialisten im Trail-Segment.
Pro / Contra
Pro
- Vielseitigerer Einsatzbereich
- Verbesserte Selbstreinigung
- Pannenschutz
Contra
- Keine High Grip-Version mehr
Welcher Reifen kommt euch am Enduro/Trail-Bike ans Hinterrad?
Testablauf
Während des Testzeitraums wurde der WTB Trail Boss auf verschiedene Felgen und unterschiedliche Bikes montiert. Der Reifen wurde von mehreren Testfahrern gefahren, die den Luftdruck jeweils an ihre Anforderungen angepasst haben.
Hier haben wir den WTB Trail Boss getestet
- MTB Zone Bikepark Petzen: Steile, naturbelassen-ruppige Trails bei feuchtem Boden.
- Singletrails: Sowohl steiles als auch flaches Terrain, verschiedene Böden und Bedingungen.
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
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