Falco Mille: Danke Hannes und meine herzlichen Grüße an alle Leser hier. Das mit dem Urgestein geht schon klar. Schön, dass du nicht Methusalem gesagt hast.
# Unser Neuer – willkommen im Team Falco Mille!
MTB-News.de: Wie lange sitzt Du schon auf dem Mountainbike, wie fing das alles an?
„Mein erstes Mountainbike war ein 91er Specialized Rockhopper CroMo-Hardtail mit Suntour-Schaltung.“
Falco: Es dürften wohl an die 23 Jahre sein. Davor waren es 10 Jahre BMX. Mein erstes Mountainbike war ein 91er Specialized Rockhopper CroMo-Hardtail mit Suntour-Schaltung. Danach kam ein Stevens 511 mit einer Deore LX Komplettgruppe, Tange-Stahl mit Starrgabel.
Damit bin ich Mitte der 90er einige CC-Rennen gefahren, hab aber bald gemerkt, dass das nichts für mich ist. Technisches Fahren, Sprünge und Speed waren mehr mein Ding. Dann habe ich diesen Test in der „Mountainbike“ gelesen über Fullies „Made In Germany“, bei dem ein Nicolai Trombone ziemlich schlecht abgeschnitten hat.
Ich kann mich noch fast wörtlich an das Fazit des Redakteurs erinnern: „Selbst kurze Stiche geraten mit dem Trombone zum atemschweren Balanceakt…..nur als Trainingsgerät für Hobby-Downhiller zu empfehlen“ – 97 bin ich dann mein erstes DH-Rennen auf einem Trombone gefahren. Das war ein illegales Rennen in Wuppertal zum Release von Lippes „Downhill Magazine“. Das hat mich endgültig angefixt, und ich bin dann viele Jahre mit Leidenschaft DH-Rennen gefahren, auch Dual und 4-Cross. Das letzte Downhill-Rennen war allerdings die DM 2010.
# 1997 – Lübecker Gravity-Posse: Björn, Johannes, Falco, Arne, Gunnar, Axel, Thomas – Foto: Rainer Jensen
Du sollst gar nicht mal langsam gewesen sein, habe ich mir sagen lassen?
Soweit man in der Hobby-Klasse von schnell reden kann. 99 habe ich im Downhill bei den Senioren die Gesamtwertung gewonnen und auch gelegentlich bei Dual- und 4-Cross Rennen auf dem Treppchen gestanden. Mit fortschreitendem Alter wurden die Erfolge leider immer seltener, und die Zeit zum Biken und Trainieren immer knapper. Das letzte Podium war 2004.
# 1999 – Siegerküsschen und Cheerleader-Mädchen – Foto: Dietmar Glöckner
Du stammst von der Holsteinischen Ostseeküste. Wie fährt oder trainiert man da überhaupt Downhill?
Das mag jetzt albern klingen: Wir haben hier Steilküsten. An manchen Stellen über 20m hoch. Da haben wir uns Drop-Kanten gestochen oder steile Fußsteige gesucht und darauf trainiert. Außerdem ist es hier nicht platt wie an der Nordsee, sondern hügelig. Und natürlich haben wir auch die Wälder umgegraben – Trails, Sprünge und Tracks gebaut.
# 1998 – Drop Instructor – Foto: Stephan Hornig
Ihr hattet da oben doch sogar mal eine eigene Rennserie, woran Du nicht ganz unbeteiligt gewesen sein sollst – auch aktuell wird ja weiterhin in der Bergamont Downhill Series einiges im Norden auf die Beine gestellt…
Richtig, da ging und geht einiges. Kurz hinter meinem Haus hatten meine Freunde und ich eine Biker-Cross (4-X) Strecke angelegt und unter dem Label „First Blood“ Rennen organisiert, zu denen dann auch Fahrer aus dem Pott und aus Sachsen angereist sind. Die „Downhill“ hat damals sogar darüber berichtet. 2000 nach einem schweren Unfall wurde die Strecke leider von der Kommune abgerissen.
# 2000 – Ballern hinterm Haus: Auf diesem Hügel bei Lübeck entstand die erste norddeutsche 4-Cross Strecke – Foto: Sebastian Maag
Danach haben wir die „Descent Dieksee“ DH-Rennen ins Leben gerufen, woraus später der North-Short Cup entstanden ist. Eine Kurzstrecken-DH-Serie mit Kursen in Malente, Teterow, Krakow, den Harburger Bergen und Berlin. Das hat inzwischen die nächste Generation in die Hand genommen und gibt mächtig Gas. Die haben Vereine gegründet, Pachtverträge für ihre Strecken abgeschlossen, da sind mittlerweile 3 bis 4 mal so viele Racer am Start wie früher. Bei uns war das noch eher halblegal. Man kannte eben Förster, Bauern, Dorfpolizei, und die haben dann ein Auge zu gedrückt. Basti Maag, Axel Eckhart, Matschi Faber, Matze Sievert, Tommi Marquardt, Thomas Kroll, alles alte Fischköppe die sich damals ordentlich mit reingehängt haben, dass an der Küste was läuft…
…und von denen die meisten irgendwann in der Bike-Branche gelandet sind, so wie Du auch. Continental, Nicolai und Pinion und Mitarbeit beim Pedaliéro sind nur einige Stationen deines Lebens in der Bikebranche, an die ich mich spontan erinnere. Wie kam es eigentlich bei Dir dazu?
Als Student habe ich in Lübeck von 97 bis 99 in einem Bikeshop geschraubt. Der war unter anderem Nicolai-Händler. Da ich der Einzige im Laden mit Gravitiy-Ambitionen war, fiel bald alles, was mit Bestellungen und Service in diesem Bereich zu tun hatte, in mein Ressort. So hatte ich dann das eine oder andere Mal auch Kalle Nicolai am Telefon. 2001 bei einem Rennen im Solling habe ich ihn das erste Mal persönlich getroffen, Uwe Buchholz war ebenfalls dort.
Uwe wusste, dass ich mittlerweile unglücklich in einer Werbeagentur arbeitete, und er kannte mein Webzine. Er hat mich dann als Top-Personalie bei Kalle angepriesen, während ich danebenstand. Das war schon ein bisschen peinlich, aber so war mein Brancheneinstieg.
# 2004 – North Short Cup: hier bei einem Lauf auf Basti Maags Strecke in Teterow – Foto: Thomas Spöttl
Du hattest ein Webzine?
Das Hardride-Mag. Ein Gravity-Magazin, wenn man es so nennen will. Das Projekt ist 2000 aus einer Diplomarbeit in Kommunikationsdesign heraus entstanden. Als ich bei Nicolai anfing, habe ich es schweren Herzens eingestellt. Es hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen, und ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass man mit einem Webzine in irgendeiner Weise sein Geld verdienen kann.
Bei Nicolai hast Du meines Wissens bis vor einigen Jahren gearbeitet und warst dort für Kommunikation und Marketing verantwortlich – richtig?
Ja, von 2002 bis 2009. Meine Aufgaben dort waren aber besonders in der Anfangszeit sehr viel umfangreicher. Eine volle Stelle für Marketing war in dem damaligen 8-Mann-Betrieb nicht drin. Ich habe bei Nicolai anfangs auch Rohrschnitt gemacht, gefräst, gedreht, beschichtet, montiert, Vorrichtungsbau, Maßrahmenbau, und vieles andere. Die Marketing- Vertriebs- und PR-Aufgaben nahmen zu, als die Firma weiter wuchs. Es dauerte aber ein paar Jahre, bis ich mit sauberen Fingern Feierabend gemacht habe.
# 2008 – auf Matschi Fabers Dirts in den Harburger Bergen – Foto: Ange Sawitzki
Also vom Designer und Webzine-Redakteur in die Metallwerkstatt?
Mein Traum war es, in der Bike-Branche zu arbeiten, und das war der Weg. Anfang der 90er hatte ich eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker gemacht. Ich arbeite gern mit den Händen und mit Metall. Auf diese Weise habe ich einen tiefen Einblick in die Konstruktion und den Bau von Fahrrädern bekommen, den ich nicht missen möchte. Dass ich Hardride aufgegeben habe, bereue ich heute allerdings. Aber vielleicht ist das letzte Kapitel dazu ja noch nicht geschrieben.
KFZ-Mechaniker – Autos sind ein großes Thema bei Dir, oder?
Definitiv. Ich bin bekennender Benzin-Junkie, Altautobastler und Motorsportfan. Und wenn ich die Frage kurz mal missbrauchen darf: Ich suche für eine private Autowerkstatt im Großraum Lübeck geeignete Räumlichkeiten. Wer für schmale Miete eine schnuckelige Halle kennt oder eine Werkstattbeteiligung anzubieten hat, bitte melden.
# 2009 – Ausgleichsport Altautos oder hoffnungsloser Fall von Benzinsucht?
Nach Nicolai hast dich selbständig gemacht. Was gab den Ausschlag für diesen Schritt?
Bei Nicolai habe ich gemerkt, dass mir das Schreiben liegt. Ich habe in der Zeit dort unter anderem alle Kataloge getextet, Newsletter, Mailer, technische Anleitungen etc. Parallel habe ich angefangen, für den Pedaliéro, später auch für Urban Cycling und Motoraver zu schreiben. Das wollte ich gern vertiefen. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, und ich brauchte eine Veränderung.
Du hast als Selbstständiger dann aber doch nicht nur journalistisch gearbeitet, wie zuvor in einer Frage schon kurz angerissen…
Das ist richtig. Von den journalistischen Tätigkeiten allein konnte ich damals nicht leben. Ein guter Anteil meiner Arbeit waren nach wie vor Marketing-Dienstleitungen wie Text und Konzeption, PR-Service, Sponsoring, Messeplanung und Event-Support für verschiedene Firmen in der Bikebranche.
# 2010 – als Test-Redakteur für den Pedaliéro bei Trek-Presscamp in Chatel – Foto: Sterling Lorence
Du hast gegenüber Maxi neulich die Befürchtung geäußert, dass man Dir auf MTB-News.de Befangenheit und Parteilichkeit unterstellen könnte, nachdem Du so lange im Marketing tätig warst. Und nach Deinen ersten Artikeln tauchten solche Vorwürfe ja auch schon vereinzelt auf. Wie gehst du damit um und was entgegnest du deinen Kritikern?
Auch wenn derartige Kritik nur vereinzelt auftaucht, das trifft mich durchaus. Ich habe aber auch Verständnis dafür, wenn jemand wegen meiner Marketing-Aktivitäten misstrauisch ist. Mittelfristig bleibt mir wohl nur die Möglichkeit, meine Kritiker durch gute Arbeit und zweifelsfreie Artikel zu überzeugen.
Trotzdem möchte ich bei dieser Gelegenheit gern mal etwas Licht ins Dunkel meines Marketing-Jobs bringen:
Meine eigene Meinung zu den betreffenden Marken und Produkten spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Es erleichtert die Arbeit zwar zu einem gewissen Grad, wenn mich das jeweilige Objekt auch persönlich anspricht, es ist aber auf keinen Fall eine Voraussetzung. Ich habe beispielsweise auch anständige Arbeit für Pedelec-Hersteller oder Reiseveranstalter abgeliefert – Dinge, die mich persönlich eher wenig interessieren. Wenn deine Partner sich etwas trauen und dann auch hinter dir stehen, wenn Idee und Konzept frisch und kraftvoll sind und das Ergebnis überzeugend und schlüssig ist, hat mir die Arbeit Spaß gemacht. Es kann aber auch passieren, dass du deine Partner an einem Tag überzeugst und ihnen eine Marschrichtung abringst, sie am nächsten Tag aber wieder zurückrudern oder sich endlos im Kreis drehen, dass an abgestimmten und fertig ausgearbeiteten Konzepten nachträglich so lange herum gedoktert wird, bis die Claims kastriert sind, die Struktur zerstückelt und das Projekt komplett kaputt revidiert ist. Es ist dann zwar theoretisch noch meine Arbeit aber nicht mehr meine Aussage. Das kann deprimieren. Was ich sagen will: Die Möglichkeit, Projekte so zu realisieren, wie ich es für richtig halte, kreative Hoheit und Freiheit spielen eine weit größere Rolle, als meine persönliche Identifikation mit einem Produkt.
Bei MTB-News.de hat man mir Unabhängigkeit zusagt und bietet mir die Chance, meine eigenen Ideen umzusetzen, meine persönlichen Ansichten und Meinungen wiederzugeben. Das ist das, was ich machen will. Ich stehe derzeit bei keinem Hersteller der Mountainbike-Branche auf der Gehaltsliste und schulde auch keinem einen Gefallen.
# 2010 – für Hoshi und SR Suntour am Monte Tamaro unterwegs – Foto: David Schultheiss
Mit was für Artikeln werden wir von Dir rechnen können? Gibt es da bestimmte Themen, die Dir besonders am Herzen liegen? Wird es einen Schwerpunkt geben?
Das Redaktionsteam von MTB-News ist stark besetzt, gut eingespielt und deckt bereits einen sehr großen Bereich mit seinen Kompetenzschwerpunkten ab. Es dürfte schwierig sein, bei den Bike-Kernthemen noch eine eigene Lücke zu finden. Natürlich habe ich mir dazu meine Gedanken gemacht und mich auch mit Thomas darüber ausgetauscht. Zum einen werde ich überall dort einspringen, wo ich gebraucht werde, zum anderen liegen mir technische Themen, wie das jüngste Getriebe-Feature.
Thomas würde sich aber auch wünschen, dass ich mit meinen Beiträgen den bestehenden Fokus von MTB-News etwas erweitere: mit Kolumnenstil, Reportagen, Seitenblicken, gesellschaftlichen und kulturellen Themen oder Artikeln, die verstärkt Leser meiner Altersklasse ansprechen – natürlich immer mit Bezug auf unseren Sport.
Was mich zum Abschluss jedoch noch interessieren würde: Bist du nach wie vor begeisterter Gravity-Biker oder hat sich dein Interessenfeld mit zunehmendem Alter verschoben?
Mein Herz schlägt für Gravity, aber ich fahre seit einigen Jahren auch vermehrt Touren. Ich habe ein DH-Bike und ein All-Mountain, und das AM ist zurzeit mit Abstand am häufigsten im Einsatz. Ich habe mir aber vorgenommen, meine DH-Skills wieder mehr zu puschen.
# 2010 – das vorerst letzte Downhill-Rennjahr – Foto: Hoshi K. Yoshida
Man darf also gespannt sein. Was sollte man noch über Dich wissen? Hier ist die Gelegenheit, noch ein bisschen was über dich auszuplaudern…
Ich habe eine Dackelhündin, die Cayenne heißt und spiele leidenschaftlich gern Autorennen auf der Playstation. Meine aktuellen Lieblingsserien sind „Homeland“, „House of Cards“ und „The Newsroom“, und meine sozialen Aktivitäten sind beschränken sich ausschließlich aufs Real-Life.
Danke für das aufschlussreiche Interview und eine gute Zeit bei uns und MTB-News!
Weitere Raritäten aus dem Familienalbum
# 1998 – die kleinen Strolche – Foto: Stephan Hornig
# 1997 – MTB-Special für die „Lübecker Nachrichten“: Es gibt 3 Arten von Mountainbikes: Downhill, Freeride, Cross-Country – Foto: Rainer Jensen
# 1998 – Downhill Training auf Norddeutsch – Foto: Stefan Hornig
# 1999 – 4-Cross Finale in Straßbessenbach – Foto: Dietmar Glöckner
# 1997 – das erste DH-Bike: aufgemotztes Nicolai Trombone mit Shock-Works DH-1 Gabel
# 1999 – „Was ich aus der Zeit am meisten vermisse? Wiesenslalom.“ – Foto Dietmar Glöckner
32 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumEin guter Fang! Ich habe Falcos wortgewandte Beiträge immer gern gelesen. Das kann der journalistischen Qualität des Forums nur gut tun.
Falco Mille is der Giovanni Elber der MTB Scene...Welcome
Sehr schön wieder mehr von dir zu hören!!!
Habt ihr schonmal aufs Datum geschaut eigentlich?
😵uja
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