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Enduro-Federgabeln – 7 Modelle im Test
was 160-mm-Alleskönner leisten müssen

Auf dem Markt der 160-mm-Federgabeln wird seit einiger Zeit händeringend um die Führung gekämpft. Jeder namhafte Fahrwerkshersteller schickt in diesem Segment Produkte ins Rennen, die der Konkurrenz das Fürchten lehren sollen. Dabei verfolgen die Hersteller ganz unterschiedlichen Erfolgsstrategien: Während die einen durch reine Performance glänzen wollen, drehen andere mächtig an der Preisschraube. Doch können die günstigen Modelle mit den High-End-Gabeln der Mitbewerber mithalten? Wir haben sieben aktuelle Enduro-Federgabeln auf die Probe gestellt. Hier der erste Teil unseres großen Federgabeltests.  

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# Der große MTB-News.de Enduro-Federgabeltest 2014

160mm Federweg: All Mountain oder Enduro?

Federwege um die 160 mm sind bei Einfachbrückengabeln schon seit Jahren Standard. Nicht nur an Freeride-Bikes waren hubstarke Gabeln dieser Klasse schon in der Vergangenheit zu finden, auch stellten leichte All Mountain-Gabeln wie Fox´ 32 zunehmend mehr Federweg [bis zu 150 mm] für komfortorientierte Trail-Biker zur Verfügung. Mit dem jüngst entfesselten Hype um den Enduro-Rennsport ergab sich für die Fahrwerksindustrie eine neue Kategorisierung solcher Federgabeln.

Wer heutzutage nach einer 160-mm-Federgabel sucht, kommt um den Begriff Enduro kaum noch herum. Nur all zu oft  wird dieser Trend verpönt und ihm nachgesagt, dass er lediglich ein marketingstrategischer Schachzug der Industrie sei, um bereits existierenden Produkten neuen Aufwind zu bescheren. Doch was Firmen wie Rock Shox, Fox, BOS und Co. unter „entwickelt im Enduro-Sport“ verstehen, hat Hand und Fuß. In kaum einer Disziplin werden so hohe Ansprüche an eine Federgabel gestellt wie im Enduro-Sport, womit sich die neu erschaffene Klasse klar vom All Mountain-Segment abhebt. Es wundert also nicht, dass viele Hersteller anfänglich Schwierigkeiten hatten, mit ihren Produkten den neuen Herausforderungen gerecht zu werden.

Wie man vielen Gabeln anmerkt, scheint die Industrie aktuell enorm vom Trend des Enduro-Rennsports geprägt zu sein. Rock Shox brüstet sich bei der Vermarktung der Pike mit den Erfolgen von EWS-Gesamtsieger Jerome Clementz, Fox übernimmt die 34 in das firmeninterne Rennsport-Entwicklungs-Programm RAD und auch andere Hersteller werben mittlerweile mit ihren Entwicklungserfolgen im Enduro-Rennsport. Doch ist Enduro-Racing nicht gleich Enduro-Racing – ganz zu schweigen von der Frage, wie viele Endkunden eine Rennsport-optimierte Gabel haben wollen, geschweige denn überhaupt brauchen. Was muss eine Enduro-Gabel also letzten Endes leisten und wo kommen Rennsportentwicklung und Endverbraucherwünsche auf denselben Nenner?


# Das sind sie, die Flaggschiffe der Fahrwerksindustrie im Enduro-Segment: Fox 34, Rock Shox Pike, Formula ThirtyFive, BOS Deville, SR Suntour Auron, X-Fusion Sweep und Manitou Mattoc. 

Enduro-Federgabeln: was müssen sie können?

Was eine Enduro-Federgabel können muss, ist wohl die spannendste und entscheidendste Frage der gesamten Thematik. Das Problem bei der Erstellung des Anforderungsprofils besteht in der Definition des Einsatzbereichs. Keine andere Sparte im Mountainbike-Bereich wird auf so viele unterschiedliche Weisen interpretiert wie Enduro, und genau das macht es Herstellern auch besonders schwer bei der Produktentwicklung.

Wie überall in der Sportartikelindustrie wollen auch Fahrwerkshersteller mit den Erfolgen ihrer Top-Athleten glänzen. Im Enduro-Sport dient jüngst die EWS als Indikator für sportliche und technische Bestleistungen. Das der Endverbraucher an den im Spitzensport erzielten Entwicklungserfolgen teilhaben möchte, ist nachvollziehbar. Doch wie weit liegen die Anforderungen von Spitzensport und Endverbraucher auseinander und was kommt dem Otto-Normal-Enduristen wirklich zugute?

Anforderungen im Profi-Einsatz

Teilnehmer der Enduro World Series verlangen nach Gabeln, die auf extrem rauen Strecken stets souverän dem Untergrund folgen und auch bei hohen Geschwindigkeiten und schnellen intensiven Schlagabfolgen nicht aus der Ruhe zu bringen sind. Auf den ersten Blick scheinen die Anforderungen einem DH-Fahrwerk zu ähneln, doch es gibt einen gravierenden Unterschied: Ein DH-Rennfahrer fährt auf einer bis zu 5 Minuten kurzen Strecke, deren Linien er dank Training auswendig kennt.

Für ihn ist das entscheidende Kriterium, dass sein Fahrwerk auch unter extremsten Belastungen so viel Traktion generiert, dass sein Bike präzise der vorgegebenen Linie folgt. Je versierter und trainierter der DH-Fahrer ist, desto straffer fällt in der Regel sein Set-Up aus. Ein EWS-Teilnehmer kennt seine Rennstrecke nicht und wird oft mit bis zu dreimal längeren Fahrzeiten konfrontiert. Sein Fahrwerk muss maßgeblich kraftraubende Schläge vom Fahrer fern halten und Fahrfehler ausbügeln. Konkret bedeutet dass, dass ein EWS-Pilot weitaus sensiblere und vor allem weichere Fahrwerke benötigt als ein DH-Racer.

Der Vergleich zum Endkunden und dessen Wünsche

Doch wie viele Verbraucher gehen schon bei einem EWS-Rennen an den Start oder fahren bei ihrer alpinen Wochenendtour die hart erarbeitete Single Trail-Abfahrt an einem Stück durch? Für die große Masse muss eine solche Federgabel vor allem komfortabel sein und auch auf anspruchsvollen Strecken bestmögliche Sicherheit vermitteln. Als komfortabel werden Federelemente dann empfunden, wenn Lastspitzen vom Fahrer fern halten und Ermüdung in Händen, Armen und Oberkörper vorbeugen. Sicherheit wird dem Fahrer suggeriert, wenn er sich nicht aktiv darum bemühen muss, Schwächen des Fahrwerks durch die Körperhaltung auf dem Rad zu kompensieren. Des Weiteren ist Sicherheit stark von der Traktion des Bikes abhängig, was maßgeblich vom Fahrwerk beeinflusst wird.

In diesen Punkten kommen die Anforderungen von Profi und Ottonormalkunden auf denselben Nenner – wenngleich es für das Federelement mit steigender Geschwindigkeit immer schwieriger wird, diese Anforderungen in Form von Performance zu gewährleisten.

Das Anforderungsprofil auf den Punkt gebracht

Fassen wir den Einsatzbereich einer Enduro-Federgabel einmal grob zusammen:

Bringt man diese Einsatzbereiche auf einen Nenner so ergibt sich folgendes Anforderungsprofil: 

Die perfekte Enduro-Gabel bietet demnach folgende Eigenschaften:


# Auf abwechslungsreichen und stark durchsetzten Strecken wie dieser muss eine Federgabel eine konstante Performance an den Tag legen. 

Welche Gabeln hatten wir im Test?

Die wichtigsten Facts im Überblick (Herstellerangaben)

BOS Deville


# Die BOS Deville: In der ersten Testrunde hatten wir die Deville mit TRC-System, diese ging aufgrund eines technischen Defekts jedoch an den Hersteller zurück und wurde für den weiteren Testverlauf gegen eine Deville ohne TRC-System ausgetauscht. 

Formula ThirtyFive


# Formula ThirtyFive 27,5″: Laut Angabe des Herstellers soll die 999 Euro teure Gabel lediglich 1.745 Gramm auf die Waage bringen. 

Fox 34 Talas CTD Factory FIT Kashima


# Fox 34 CTD Talas Factory Kashima: Mit 1.379 Euro Listenpreis war die Fox mit die teuerste Gabel im Testfeld.

Manitou Mattoc Pro


# Manitou Mattoc Pro: Leider erreichte uns die Mattoc aufgrund von Lieferschwierigkeiten erst gegen Mitte unseres mehrwöchigen Tests.

Rock Shox Pike RCT3 Solo Air


# Rock Shox Pike RCT3 Solo Air: aktuell wohl die gefragteste Gabel in ihrem Segment 

SR Suntour Auron RC2


# SR Suntour Auron RC2: Für 699 Euro möchte die Suntour ihren Konkurrenten das Fürchten lehren.

X-Fusion Sweep RL2


# X-Fusion Sweep RL2: Mit 550 Euro Listenpreis ist die Sweep mit 100 Euro Vorsprung die günstigste Gabel im Test. 

Wie haben wir getestet?

Um bestmögliche Testergebnisse sowie Vergleichswerte zu erzielen, staffelten wir unseren mehrwöchigen Test in zwei Schritte. Anfangs wurden alle Gabeln bei einer mehrtägigen Test-Session in Finale Ligure auf die Probe gestellt  (ausgenommen Manitou Mattoc – zu diesem Zeitpunkt noch nicht lieferbar). Um aussagekräftige Vergleichseindrücke zu sammeln war es uns wichtig, dass alle Tester auf gleichen Bikes unterwegs waren. Für diesen Zweck stellte uns Trek freundlicherweise fünf Trek Slash 650b in den jeweiligen Wunschgrößen der Tester zur Verfügung. Die Räder blieben bis auf jeweils individuelle Lenkzentralen identisch aufgebaut. Sinn der Sache war, dass alle Tester jede der sechs Gabeln vor Ort in dem auf sich eingestellten Bike probefahren sollten. Aufgrund der einheitlichen Bikes konnten die Gabeln quasi auf dem Trail umgesteckt werden. Mehrere Abfahrten absolvierte jeder Fahrer pro Gabel. Von Abfahrt zu Abfahrt veränderten wir das Set-Up, bis jeder Tester seine favorisierte Einstellung gefunden hatte. Am letzten Tag wurde nochmals wild getauscht, um entstandene Unsicherheiten bei den Testeindrücken auszuschließen.

Der zweite Teil des Test wurde auf den privaten Bikes der Tester durchgeführt. Um einen weiteren Vergleich auf vertrautem Material zu erlangen, wurden die Gabeln abwechselnd in die Privatbikes der Test eingebaut (Testeintritt Manitou Mattoc). Um einen umfassenden Einsatzbereich abzufragen, ging es zum Testen in die unterschiedlichsten Trail-Gebiete, darunter mittelgebirgsartige, flowig flache Trails, alpine Wanderwege sowie haarsträubend ruppige DH-Pisten.


# Dank einheitlicher Bikes ließen sich die Gabeln im Handumdrehen an Ort und Stelle tauschen.


#Das Testgebiet: die EWS- und SuperEnduro-Trails bei Finale Ligure

#Angenehm warm: beste Temperaturen zum Testen. 

# Selbstversuch: Welche Ergebnisse kommen im Blindtest ans Licht?

# Weder Mattoc noch Deville eigneten sich  für einen Blindtest.


Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Unsere Tester

Jens, MTB-News.de-Redakteur & Fotograf


# Zwei Tester, ein Fahrstil: Jens´ und Maxis Fahrstil ähneln sich stark, somit lassen sich auch gleiche Vorlieben beim Fahrwerk erklären. Beide Tester stehen tief und zentral über dem Bike. 

Markus, Enduro-Profi vom Focus Trail Team


# Markus steht weit hinter dem Bike und bringt auch seinen Oberkörper in eine tiefe, jedoch nach hinten verlagerte Fahrposition. Durch die Entlastung der Gabel ist nachvollziehbar, dass Markus seine Federgabeln gern mit wenig Druckstufendämpfung fährt. 

Mario, Fahrwerksspezialist & Tuner 


# Eine aufrechte und nach vorne gestützte Fahrposition, wie bei Tester Mario zu sehen, ist für Federgabeln mit schwacher Dämpfung besonders herausfordernd. 

Maxi, MTB-News.de-Redakteuer & Testfahrer


# Arsch hinter dem Sattel, Bauchnabel über dem Sattel und Brust kurz hinter dem Lenker: eine tiefe und sportlich gestreckte Fahrposition verteilt die Last des Körpergewichts gleichmäßig auf beide Federelemente. 

Sebi, Hobby-Biker & Freeride-Ass


# Sebi steht mittig, aber aufrecht über dem Bike, was zwar das Körpergewicht gleichmäßig auf beide Federelemente verteilt, bei starken Schlägen aber oftmals dazu führt, dass der Hinterbau mehr Arbeit verrichten muss als die Gabel. 

Stefanus, Student & MTB-News.de-Redakteur 


# Stefanus´ Fahrposition ähnelt der von Sebi, er steht aufrecht und mittig über dem Rad. Diese Körperhaltung dürfte wohl dem Querschnitt der großen Masse unter den versierten Enduro-Hobby-Bikern am ähnlichsten sein. 

Wie geht´s weiter?

In den nächsten acht Tagen werden wir euch täglich je einen Test der sieben Federgabeln präsentieren. Die Einzeltests werden euch die Stärken und Schwächen sowie eine Einschätzung der Tester zum Einsatzbereich der unterschiedlichen Modelle liefern. Den Abschluss am achten Tag macht eine Zusammenfassung unserer Testergebnisse, wodurch wir euch beste Vergleichsmöglichkeiten auf dem etwas undurchsichtigen Markt der „Enduro-Gabeln“ präsentieren möchten. Den Anfang macht morgen Manitous heißerwartete Mattoc.

Die Tests der Enduro Gabel Testreihe

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