Böhmische und schlesische Dörfer kennt ihr nicht? Das solltet ihr ändern! Denn dort gibt es nicht nur das leckerste Gulasch mit Knödeln und Pivo, sondern mittlerweile auch einige der besten Trailcenter Europas – und das sogar mit Unterstützung von Vater Staat. Das Team Scott Bike24 hat sich auf nach Tschechien gemacht, um sich vor Ort von den Qualitäten zu überzeugen.
Gulasch, Pivo, Trail – Czech it out!
Der viel zitierte Singltrek Pod Smrkem im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Polen ist mittlerweile zahlreichen Mountainbikern ein Begriff. Doch auch in anderen Landesteilen lassen sich unsere tschechischen Nachbarn nicht lumpen. Lutz und Flo haben sich zusammen mit ein paar Freunden auf den Weg gemacht zu den Rychlebské Stezky im Altvatergebirge und den Trutnov Trails am Fuße des Riesengebirges. Je nachdem wie weit die Anreise ist, lohnen sich Ausflüge ab zwei vollen Bike-Tagen, um auch wirklich die gesamte Vielfalt der Trailcenter erleben zu können.
Freitag ab eins macht jeder seins – oder so. Und für die erste Tageshälfte helfen uns ein paar Überstunden, um zeitig loszukommen. Um 9.00 Uhr starten wir in Bautzen, einem beschaulichen Städtchen in der Oberlausitz. Hier hat vor vielen Jahren alles für uns begonnen. Wir fahren los in Richtung Osten und vier Stunden später erreichen wir auch schon Černá Voda am Fuße der Rychleby Trails. Die klassische Mittelgebirgskulisse mit geschwungenen, stark bewaldeten Bergrücken lässt bereits erahnen, welch Trail-Juwelen sich hier verbergen mögen.
Stopp 1: Achterbahn auf den Rychleby Trails
Also kurz eingecheckt – unsere Unterkunft ist die frisch sanierte alte Dorfpost. Noch ein letztes Setup an unseren Ransoms durchgeführt, fix umgezogen und los geht’s! Direkt am Fuße des Trailcenters befindet sich die Information mit Restaurant, Parkplatz, Campingplatz und einem Trainingsgelände samt Dirtjumps und Pumptrack. Kein Muss, aber doch irgendwie obligatorisch sind die Trailbändchen, deren Erlös der Trailpflege zugutekommt. Und mal ehrlich: die fünf Euro sind den Spaß allemal wert!
Nach einer schnellen Runde auf den Dirts zum Warm Up geht es dann an die 500 hm Uphill – „Pedal power“ versteht sich! Klingt erstmal üppig, ist durch die unzähligen kleinen Details im Trail bergauf aber schnell geschafft. Über kleine Steinfelder, flowige Trailstücke und Holzelemente schlängelt sich der Pfad nach oben. Und ja: man kann durchaus von Uphill Flow sprechen, auch ohne den sowieso unerwünschten Bosch-Support. „Earn your turns” lautet hier das Motto. Das letzte Teilstück, bevor man sich für einen der oberen Trails entscheiden muss, lässt sich bei leichter Steigung locker pedalieren. Insgesamt gibt es ca. neun einzelne Abfahrten unterschiedlicher Länge und Schwierigkeit. Oben angekommen fällt die Entscheidung beim ersten Mal noch leicht, da man nirgends so recht weiß, was die Trails hergeben. Ist man jedoch alle einmal gefahren, hilft am Ende nur noch „eene meene muh …“
Zum Reinkommen dient uns der Superflow-Trail am meisten, womit auch alle Achterbahn-Fans für den Rest des Tages beschäftigt wären. Zum Einstieg folgen ein paar schnelle Links-Rechts-Turns auf kleinere Sprünge, bis man in offeneres Gelände kommt, die Kurven weiter gezogen sind und die Sprünge länger werden – alles ist auch abroll- oder umfahrbar. Wir kommen aus dem Kreischen nicht heraus. Was für ein Gefühl, bei dem man erst merkt, wie die Arme anfangen zu zittern, wenn man anhält.
Nach ein paar High Fives am Ende der Piste und einem kräftigen Schluck aus der Pulle geht es wieder Richtung Einstieg. Dieses Mal steht die schwarze Linie namens Wales auf dem Plan. Der Einstieg dafür liegt nochmal gut 50 Höhenmeter weiter oben und startet ziemlich ruppig durch Steinfelder und eine exponierte, verblockte Stelle über aneinandergereihte Steinplatten. Im weiteren Verlauf gibt es einige Wechsel zwischen ruppig und flowig, engen Kurven und Highspeed. Konzentration ist gefragt!
Nach den beiden Erste-Sahne-Downhills sind wir uns einig, es für den Nachmittag gut sein zu lassen und fahren zurück zum Trailcenter – čtyři piva prosím! (Vier Bier bitte!)
Frisch gestärkt mit einer guten Mütze Schlaf und einer Schüssel Birchermüsli im Bauch, pedalieren wir am nächsten Morgen in moderatem Tempo gen Trailhead. Als Erstes nehmen wir die Varianten, die wir am Vortag ausgelassen haben. Hier lassen sich auch einzelne Abschnitte gut kombinieren. Nach der Mittagspause, die man definitiv nicht auslassen sollte, gibt’s nochmal eine Runde Achterbahn für alle. Am Ende des Tages stehen gut 2.000 Höhen- und Tiefenmeter auf der Uhr.
Stopp 2: Trail-Vielfalt in Trutnov
Am kommenden Tag verlassen wir die Rychleby Trails zeitig, um auf dem Rückweg noch bei den Trutnov Trails vorbeizuschauen. Nach knapp zwei Stunden Fahrt parken wir auf einer privaten Wiese mit herrlichem Rasen – inklusive Dixi. Es ist der offizielle Parkplatz. Auch hier gibt es einen Infopunkt mit Bändchenverkauf und einer urtypischen tschechischen Kneipe. Das Trailcenter in Trutnov ist noch um einiges jünger und ein bisschen kleiner, steht dem in Rychleby aber in nichts nach.
Charakteristisch sind die Trails noch etwas naturbelassener, schmaler und teilweise verblockter. Dabei hat es speziell einer der schwarzen Trails (mit der berühmten Whistler-Sektion) in sich. Hier ist ein Track-Check vor Erstbefahrung dringend angeraten, andernfalls findet man wahrscheinlich auch nicht die richtige Linie. Die anderen Trails sind etwas moderater, aber keinesfalls langweilig. Natürliche Felsformationen werden sinnvoll in die Strecken eingebunden, kleine Sprünge angehäufelt oder auch mal Holzbrücken und Anlieger gebaut. Auch in Trutnov gibt es eine Art gemeinsamen Trailhead, wo man sich immer wieder trifft und für die nächste Abfahrt entscheidet. Bis man vom jeweiligen Trailausgang wieder oben ist, dauert es ca. 30 Minuten. Der Anstieg ist moderat, teilweise auf Trail und 300 Höhenmeter sind zu bewältigen. Aktuell gibt es in Tutes zehn Möglichkeiten mit unterschiedlicher Länge – Tendenz steigend!
… und auf dem Rückweg nach Pod Smrkem?
Je nach An- und Abreise raten wir, drei Tage einzuplanen. Man kann aber sowohl in Rychleby als auch in Trutnov problemlos mehr als einen Tag auf dem Bike verbringen. Und wem der Aufwand immer noch nicht lohnt, der hängt für die absolute Tschechien-Trail-Madness noch zwei Tage auf den 90 Kilometern des Singltrek Pod Smrkem dran!
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