TRP TR12 – Infos und Preise
Zum Einstieg in den High-End-Schaltungsmarkt bietet TRP das TR12-Schaltwerk mit passendem Schalthebel an. Die beiden Komponenten sind mit gängigen 12-fach Kassetten mit bis zu 50 Zähne-Ritzeln kompatibel – theoretisch ergibt sich damit eine maximale Gang-Spreizung von 500 % und mehr. Mit einer UVP von 300 € für das Set liegt TRP beinahe auf dem Niveau der High-End-Komponenten von SRAM und Shimano. Dafür will man mit einem Carbon-Käfig, einer schlagdämpfenden Ratschenkupplung, dem innovativen Hall Lock und einem durchdachten Shifter interessierte Kunden überzeugen.
- Material Carbon, Aluminium
- Gänge 12
- Bandbreite bis max. 50 Zähne Ritzel
- Besonderheiten Hall Lock, justierbare Ratschen-Dämpfung, On-Off-Schalter an Dämpfung, Carbon-Käfig
- Schalthebel besonders ergonomisch, um 40° einstellbar
- Farben Schwarz, Gold, Silber
- Gewicht 293 g (Schaltwerk, gewogen) | 129 g (Schalthebel mit Kabel, gewogen)
- www.shiftingfocus.trpcycling.eu
Preis 299 € (UVP) | Bikemarkt: TRP TR12 kaufen

Im Detail
Aufbau
Beim ersten eigenen 12-fach MTB-Schaltwerk hat sich TRP einiges einfallen lassen. Das klassische Parallelogramm ist äußerst breit und stabil – es wirkt nicht so, als ob es sich von einem leichten Felskontakt aus der Ruhe bringen lassen würde. Um Gewicht zu sparen, bestehen der Schaltwerkskäfig und die Umhausung des Gelenks sowie der Dämpfung aus Carbon. Der Käfig bietet Platz für zwei große Schaltröllchen, die auf gedichteten Rollenlagern laufen. Ähnlich wie bei SRAM Eagle-Schaltwerken läuft der Zug um eine umhauste Rolle und wird dann am Parallelogramm geklemmt.


Damit die Kette auch im harten Einsatz sicher auf dem Kettenblatt geführt werden kann, setzt TRP – ähnlich wie die Konkurrenz – auf eine schwingungsdämpfende Kupplung an der Lagerung des Carbon-Käfigs. In der Regel sorgen solche Systeme dafür, dass der Käfig dem schnellen Reißen einer schwingenden Kette viel Widerstand bietet und die Kette dadurch ruhig hält. Die vergleichsweise langsame Bewegung beim Schalten wird normalerweise jedoch nicht erschwert, was die Schaltkräfte am Hebel gering halten soll. Hierfür setzt TRP ungewöhnlicherweise auf eine Ratschenkupplung, wie man sie aus einem Naben-Freilauf oder einer Knarre beziehungsweise Ratsche kennt.
Zieht man den Käfig nach vorne, greift die Dämpfung und der Widerstand fällt sehr hoch aus. Zurück schnippt er hingegen sehr leichtgängig – gibt dabei jedoch ein Geräusch wie ein lauter Freilauf von sich. Das System lässt sich über zwei kleine Madenschrauben auf der Rückseite einstellen. Alternativ kann man es über einen großen roten Regler auf der Vorderseite auch ganz ausschalten, dann bietet der Käfig keinen zusätzlichen Widerstand.


Eine weitere Besonderheit der TR12-Schaltung ist das Hall Lock. Dabei handelt es sich um einen kleinen Hebel an der Aufhängung des Schaltwerks, der verhindert, dass das Schaltwerk um die Befestigungsschraube rotieren kann. Dadurch soll es bei heftigen Schlägen weiterhin an Ort und Stelle bleiben, wodurch die Kette nicht so stark schlackern kann. Der Trick ist unter Downhill World Cup-Mechanikern weit verbreitet – oft wird dafür einfach eine Pedal-Unterlegscheibe unter die Befestigungsschraube gelegt. Auch Aaron Gwins Mechaniker John Hall hat die Schaltung des Top-Fahrers so modifiziert und entsprechenden Input an TRP weitergegeben. Öffnet man das Hall Lock, ist die Rotation wieder freigegeben. So lässt sich beispielsweise das Hinterrad leichter ausbauen.
Auch beim Schalthebel versuchen sich die TRP-Ingenieure von der bekannten Konkurrenz abzusetzen. Der Hebel fällt ziemlich groß und klobig aus und wirkt mit seiner Carbon-Kunststoff-Hülle nicht ganz so hochwertig wie die Top-Varianten von SRAM oder Shimano. Er kann mit einer eigenen Schelle oder auch über den SRAM Matchmaker am Lenker montiert werden und bietet einige spannende Features. Der untere, große Hebel ist in einem Radius von 40° verstellbar – ähnliches kennt man bisher lediglich von High-End-SRAM-Schaltungen – und kann bis zu vier Gänge auf einmal schalten. Der kleine, obere Hebel wiederum sitzt sehr nah am Lenker und wird auf sehr kurzem Weg und linear eingedrückt, statt in einem Radius wegzuschwenken. TRP zufolge erhöht das die Daumen-Ergonomie und sorgt für schnelles und präzises Schalten. Beide Hebel sind für optimalen Grip am Daumen geriffelt.

Montage
Wer schonmal eine SRAM- oder Shimano-Schaltung montiert hat, der wird auch bei TRP vor keine großen Überraschungen gestellt. Um das Schaltkabel einzufädeln, muss man lediglich eine Gummi-Kappe am Schalthebel hochklappen und in die passende Position schalten. Am Schaltwerk befinden sich jeweils Schrauben für den oberen und unteren Anschlag sowie die Umschlingung, die passend justiert werden müssen. Ein praktisches Feature ist das kleine, aufgedruckte Kettensymbol am Käfig-Gelenk. Kürzt man die Kette so, dass auf dem kleinsten Ritzel die beiden Symbole übereinander liegen, stimmt die Länge laut TRP perfekt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte oder einen Hinterbau mit extremer Kettenlängung hat, schaltet auf das größte Ritzel und kürzt passend bei eingefedertem Hinterbau.
Eine detaillierte Anleitung zur Schaltwerkseinstellung gibt’s hier!

Auf dem Trail
Wir sind die TRP TR12-Schaltung mehrere Wochen lang an einem Giant Reign 29-Testbike auf unseren Hometrails im deutschen Mittelgebirge gefahren. Dabei wurde die Schaltung über den kompletten Test-Zeitraum mit einer SRAM X01 Eagle-Kassette und Kette kombiniert, was von TRP auch so empfohlen wird. Die Montage war entsprechend unkompliziert und sollte versierte Schrauber vor keinerlei Probleme stellen: SRAM-Schaltwerk und -hebel ab, TRP-Parts dran, einstellen – fertig!
Bereits auf den ersten Metern mit der TRP TR12-Schaltung fallen die vergleichsweise hohen Bedienkräfte auf. Während Shimano-Schalthebel bereits spürbar mehr Betätigungskraft benötigen als SRAM-Hebel, fällt der Sprung zur TRP-Schaltung nochmals größer aus. Mit eingeschalteter Ratschenkupplung muss man ordentlich Druck auf den großen Hebel geben, um auf ein größeres Ritzel zu schalten. In der Werkseinstellung geht der Kraftaufwand noch in Ordnung, weshalb wir uns zunächst auf die Schaltperformance konzentriert haben. Die fällt aus Asphalt-Straßen wirklich gut aus: Drückt man am Hebel den nächsten Gang, springt dieser zuverlässig hinten rein. Auch mit richtig Zug auf der Kette im Vollsprint können wir hier keinen großen Unterschied zur vorher montierten SRAM-Schaltung feststellen. Einschränkend muss man dazu natürlich sagen, dass die Kassette und Kette hier selbstverständlich eine große Rolle spielen.

Mountainbikes sind jedoch für den harten Trail-Einsatz gemacht und nicht für Asphalt-Sprints – also geht es ab in den Wald. Hier fällt ziemlich schnell die Geräuschkulisse auf: Die Ratschenkupplung knattert beim Zurückschnippen laut und das macht sich bemerkbar! Warum man in Zeiten, in denen jeder sein Bike so leise wie möglich machen möchte, sein Schaltwerk mit einem Feature ausstattet, das Lärm von sich gibt, erschien uns bei der Präsentation bereits nicht ganz schlüssig und will auch im Testalltag nicht so richtig Sinn ergeben. Außerdem gewinnen wir schnell den Eindruck, dass die Kettenspannung spürbar geringer ausfällt, als wir es gewohnt sind, und die Kette am Rahmen anschlägt.
Das bestätigt sich, sobald wir in die erste ruppige Abfahrt einbiegen. Die Kette schlackert laut, berührt teilweise den Unterschenkel und springt in besonders ruppigen Passagen zwischen den Ritzeln hin und her. So dauert es dann auch nicht lange, bis – trotz MRP AMg-Kettenführung – die Kette vom Kettenblatt springt. Außerdem treten wir bei Sprints aus Kurven ab und an ins Leere, da die Kette nicht sicher auf der Kassette aufliegt. Also schnell das Tool gezückt und den Widerstand der Ratschenkupplung erhöht. Dabei sollte man sehr vorsichtig sein: Die winzigen Madenschrauben muss man wirklich nur um wenige Grad am Stück drehen und immer wieder kontrollieren. Am besten verstellt man nur eine Madenschraube und lässt die andere im Werks-Setting.

Die Verstellung macht einen großen Unterschied: Die Kette schlackert spürbar weniger, bleibt nun auch sicher auf dem Kettenblatt und auch der Geräuschpegel sinkt etwas. Allerdings steigt die nötige Betätigungskraft im Daumen im selben Maße. Wir haben unter anderem mit TRP Rücksprache gehalten und sehr verschiedene, feinschrittige Einstellungen probiert. Das ideale Maß aus Handkraft und Kettenspannung war dabei nicht zu erreichen. Mit eher kleinen Fingern (meistens Handschuhgröße M) war die Betätigungskraft bei ausreichend Kettenspannung auf langen Touren grenzwertig hoch. Gerade bei Trails mit sehr plötzlichen Gegenanstiegen, auf denen man mal 3–4 Gänge auf einmal runterschaltet, wurde es unangenehm schmerzhaft im Daumensattelgelenk. Auf Dauer war uns diese Belastung zu hoch, weshalb wir den Test etwas früher beendet haben als angedacht.

Das ist uns aufgefallen
- Widerstand am Hebel Bereits im Auslieferungszustand ist uns der Schaltwiderstand am Hebel negativ aufgefallen. Nachdem wir die Ratschenkupplung stärker gestellt haben, um eine herabfallende Kette zu verhindern, wurde er jedoch grenzwertig hoch. In Uphills haben wir uns des Öfteren dabei erwischt, wie wir mit dem Handballen geschaltet haben, statt dem Daumen – und generell sehr schaltfaul waren. Eine frühere Daumenverletzung des Testers könnte eine Rolle dabei spielen – allerdings ist uns diese bisher bei noch keiner Schaltung negativ aufgefallen.
- Kettenspannung In der Werkseinstellung ist uns leider trotz MRP-Kettenführung mehrfach die Kette an unserem Giant Reign 29-Testbike abgefallen. Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen mit dieser Kettenführung gemacht und vorher jahrelang keine Kette mehr verloren. Mit einem stärkeren Widerstand an der Ratschenkupplung war das Problem behoben, allerdings wurden die Schaltkräfte zu hoch. Wir haben auch versucht, die Zugspannung etwas zu erhöhen und die Kette auf das absolute Minimum zu kürzen. Letztlich half allerdings lediglich eine stärkere Dämpfung des Käfigs und die damit einhergehenden hohen Kräfte am Schalthebel.
- Ergonomie Die fällt – vom hohen Widerstand mal abgesehen – am Schalthebel wirklich gut aus. Die Hebel fassen sich durch ihre Riffelung gut an und die Einstellbarkeit des langen Hebels ist ein Feature, das wir gerne an allen Schaltungen sehen würden. Der sehr lineare Weg des kleinen Hebels ist wirklich angenehm – so kann man sehr schnell die Gänge reinknallen!
- Haltbarkeit In unserem mehrwöchigen Testzeitraum hatten wir keine Probleme mit der Haltbarkeit. Allerdings war der Zeitraum zu kurz, um die Schaltung einem echten Härtetest zu unterziehen.
- Prüfstand-Test (Update 06.12.21) Mehr Informationen zur Schaltkraft der TRP TR12-Schaltung gibt’s hier: MTB-Schaltungen im Prüfstandtest
Fazit – TRP TR12
Unsere Hoffnungen in die TRP TR12-Schaltung waren hoch – doch auch wenn die Schaltung robust und gut verarbeitet wirkt und mit vielen smarten Details ausgestattet ist, kann sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz überzeugen. Um eine sichere Führung der Kette auf ruppigen Enduro-Trails zu gewährleisten, muss man die Dämpfung am Käfig erhöhen, was leider zu sehr hohen Bedienkräften am Schalthebel führt. Wer sich daran nicht stört und starke Daumen hat, für den gibt es eine spannende, dritte Alternative am MTB-Schaltungsmarkt. Alle anderen sollten am besten auf ein Update von TRP warten.

Pro / Contra
Stärken
- kompatibel mit vielen 12-fach-Produkten
- smarte Details wie Hall Lock und ausschaltbare Dämpfung
- gute Ergonomie am Schalthebel
Schwächen
- hohe Bedienkräfte am Schalthebel
- Geräuschkulisse der Ratschenkupplung
- herabfallende Kette

Wer von euch konnte bereits Erfahrungen mit der TRP-Schaltung sammeln?
Testablauf
Wir sind die TRP TR12-Schaltung im Sommer 2020 im Verlauf von mehreren Wochen an einem Giant Reign 29-Testbike auf unseren Hometrails gefahren.
Hier haben wir TRP TR12 getestet
- Thüringer Wald: Typisches Mittelgebirge mit viel Auf und Ab. Meist eher steile Anstiege mit teils technischen Wanderweg-Passagen. Bergab steile und natürliche Trails voller Wurzeln und Steine, die Fahrer und Bike ordentlich durchschütteln.
- Bikepark Ochsenkopf: Kleiner Bikepark in Bayern mit extrem felsigen Passagen, die das Schaltwerk einem Härtetest unterziehen.
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach
76 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumHat von euch (noch) jemand die TRP Schaltung länger im Einsatz gefahren und kann ein Feedback geben? Hinsichtlich Haltbarkeit und dauerhafter Ergonomie wäre besonders interessant.
Kassetten kommen ja eh von anderen Herstellern.
Also ich habe die TR12 auf dem Trail HT mit Raceface Kurbel + Kettenblatt und Sram Kette + Kassette. Beim einstellen im Montageständer fühlte sich erstmal alles sehr komisch an. Beim bisherigen fahren find ich die Schaltung aber echt gut. Die Bediennkraft ist etwas höher als bei meiner X01 aber nicht so das es mich stört. An den Hebel habe och mich sehr schnell gewöhnt. Das ratschen des Clutch höhre ich beim fahren nicht und auch sonst ist es alles leise. Zum Dauerbetrieb kann ich noch nix sagen aber ich hoffe mal das die TR12 genauso stressfrei läuft wie meine DH-R Evo Bremsen die ich echt Top finde.
Ich fahre die schaltung jetzt über ein Jahr und kann überhaupt nicht nachvollziehen warum ihr die schaltung als schwergängig bezeichnet. Entweder hast du nen echten Pudding Daumen oder nen Knoten in der zughülle. 😂👌.
Also. Ich mag es echt wenn ihr offen und ehrlich Kritik an Produkten übt, aber an der stelle scheint es mir entglitten zu sein... 😘
schön mal wieder von dir zu hören.
Hier der Link: https://www.mtb-news.de/news/vergleichstest-schaltungen-mtb-pruefstand/
Die untrüglichen Messwerte sprechen leider dieselbe Sprache – die Bedienkräfte liegen oberhalb dessen, was als gesundheitlich unbedenklich gilt. Tobi liefert sogar eine plausible Erklärung für das Phänomen.
Also ganz unabhängig davon, ob mein Daumen aus Pudding ist oder nicht, sind die Bedienkräfte objektiv einfach zu hoch – das lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Der Vorwurf einer zu schlechten Berichterstattung ist einfach falsch.
Was hat dich denn dazu bewogen, die Schaltung zu kaufen? Oder hast du sie anderweitig bekommen?
Liebe Grüße und frohen Nikolaus!
Hey Gregor.
Da hab ich wohl meine Einlassung zu einem (für mich) ungünstigem Zeitpunkt raus gehauen. Die Messwerte sprechen eine andere Sprache. Tatsächlich. Ich kann es nicht ganz nachvollziehen - aber vielleicht hab ich einfach nur Glück oder zuviel Gameboy gespielt und daher einen extrem gut ausgebildeten Daumenmuskel ;-).
Woher ich die Schaltung habe weisst DU sicherlich.
Die anderen "Lob und Tadel" kann ich nachvollziehen - da habe ich ja auch nix kritisiert.
Danke für Eure objektive Testberichterstattung. Gruss zurück
StrongThumbDennis
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