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Trek Procaliber 9.8 SL mit Lauf Fork im Test
Unverhofft kommt oft

Was für meinen Opa die „Kneipe an der Ecke“ war, ist für mich der „Radladen nebenan“. Warum immer digital seine Kauflust befriedigen, wenn man sich genauso gut analog Erleichterung verschaffen kann? So stehe ich an der Theke von Bikes4Fun und bin auf der Suche nach einem 29+ Reifen für mein neues Projekt. Rob ist Chef des Ganzen und schwärmt mit glänzenden Augen von seinem neuen Trek Procaliber 9.8 SL (siehe auch unseren Artikel zur Bike-Vorstellung). Als wäre das IsoSpeed Gelenk nicht schon Highlight genug, steckt da auch noch eine Lauf Fork im Steuerrohr (zu unserer Vorstellung). Die Gelegenheit, dieses Radkonzept direkt am nächsten Tag auf einer ausgiebigen Tour testen zu können, lasse ich mir nicht entgehen. Glänzende Augen sind eine Infektionskrankheit.

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# Kein Gelenk, was eine Federung unterstützt - eher wird hierdurch das Sitzrohr vom Hauptrahmen entkoppelt, was einen spürbaren und komfortablen Flex zur Folge hat
# Lauf Trail Racer: Parallelogramm-Federgabel mit Blattfedern aus GFK

Das Trek Procaliber mit seinem IsoSpeed Gelenk ist, neben dem BMC Teamelite mit seinem MTT System und dem Focus Raven, mit seinem Leichtbaurahmen eins der vielversprechendsten Racehardtail-Konzepte der Saison 2016. Jeder löst die Suche nach Komfort anders: Trek verbaut eine Lagerung. BMC setzt auf ein Dämpfungssystem im Hinterbau. Focus versucht, über einen hohl geformten Sitzknoten in Verbindung mit einer neu entwickelten Komfortsattelstütze innovativen Rahmenbau an den Kunden zu bringen.

Was ist dran am Versprechen von Trek, das schnellste, komfortabelste und intelligenteste Hardtail zu bauen? Auf den ersten Blick ist alles tadellos am Rahmen – so, wie man es bei einem Bigplayer erwartet. Den großen Unterschied zum Rest der Hardtail-Elite auf dem Markt macht das Gelenk am Oberrohr aus: Flexibel über eine Lagerung mit dem Sitzrohr verbunden soll es DEN Unterschied ausmachen. Das alles mit einem vernachlässigbaren Mehrgewicht von 50 Gramm zum Superfly-Rahmen ohne IsoSpeed Gelenk ist es ein vielversprechendes Verkaufsargument für jeden, der mehr Komfort am Hardtail sucht.

Wenn der Blick dann von hinten nach vorne schweift, weiten sich die Augen und bleiben ungläubig an diesem Konglomerat aus Carbon und GFK hängen, der Lauf Trail Racer. Was der eine als Verballhornung des Begriffs Design versteht, ist für den anderen die Piemontkirsche des Carbonbaus. Dadurch lässt sich das Procaliber ohne große Probleme unter die Marke von 9 kg zu drücken. Der von mir gefahrene Aufbau mit den schweren Reifen, Bremsscheiben, Alukurbeln und Lenkerhörnchen bringt es auf respektable 9,2 kg.

# Das IsoSpeed-Gelenk kennt man bereits aus dem Rennrad-Bereich
# Definitiv die ungewöhnlichste Federgabel auf dem Markt - die Lauf Trail Racer

Ich auf jeden Fall kann mir vorstellen, dass die Begrenztheit beider Systeme in Kombination eine äußerst ausgewogene Beziehung im Rennbetrieb eingehen werden.

Im Gelände wird eins schnell klar: das Trek bringt den versprochenen Komfort im Hinterbau an das Hinterteil des Kunden. Man merkt ganz deutlich, wie das Rad die Schlagspitzen im Gelände glattbügelt. Wer aber Wunder erwartet, der sollte ein gutes Wort in der Kirche für die Radindustrie einlegen.

Trek hat das Racehardtail nicht neu erfunden, aber setzt doch neue Maßstäbe in Sachen Komfort. Besonders auf schnellen Abfahrten gibt das IsoSpeed Gelenk mehr Sicherheit und Wohlgefühl. Dadurch wird eine höhere Geschwindigkeit ermöglicht und ich kann häufiger im Sattel verbleiben. Gibt man mal so richtig Druck auf das Pedal spürt man, wie man sich in den Hinterbau „reindrückt“. Das ist im ersten Moment etwas ungewohnt bei einem Hardtail, aber als störend oder nachteilig empfinde ich es nicht.

Je ruppiger das Gelände, desto weniger kann das Gelenk seinen Vorteil ausspielen. Dafür wurde das System aber auch nicht entwickelt. Das Procaliber ist kein Fully! Cross-Country und schnelle Marathonrennen – hier kann der Rahmen seinen Komfort in Vortrieb umsetzen.

# Der Winter der ein Frühling ist bietet die besten Voraussetzungen zu einer ausgiebigen Testtour.

Die Lauf Fork Trailracer, vielgepriesen und ebenso oft gescholten, ist keine Offenbarung, wenn man mit den falschen Erwartungen an sie heran geht. Die kleine Firma Lauf hat mit ihrem Konzept nicht das Ei des Kolumbus gefunden. Sie schafft es aber, die Lücke zwischen Starrgabel und konventioneller Federgabel zu schliessen. Wer seine Erwartungshaltung richtig einordnet, der wird die Lauf sehr schnell lieb gewinnen. Leicht ist sie, mit unter 1000gr. Ihre 60 mm Federweg sind ausreichend, um auf schnellen Wegen und Trails unterwegs zu sein. Der große Vorteil der Lauf Trailracer ist ihr unauffälliges Fahrverhalten im Wiegetritt. Auch sie gibt leicht nach, aber die paar Millimeter sind weder störend noch leistungsmindernd.

Im Sitzen und mit Druck auf dem Pedal hat die Lauf Fork leichte Antriebseinflüsse, wie sie auch viele konventionelle Gabeln aufweisen. Diese empfinde ich aber nicht als auffälliger. Hier ist für mich die Lefty immer noch das Maß der Dinge. Die Performance der Gabel ist sehr racelastig und zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht. Ruppig kann sie auch. Jedoch: je ruppiger es wird, umso mehr können konventionelle Gabeln ihren Vorteil ausspielen. Das bei der Trailracer auszugleichen, liegt im technischen Fahrvermögen des Fahrers, dann ist auch der Spaß weiterhin garantiert.

# Die Suche nach dem schönsten Schlammloch ist in anderen Jahren einfacher gewesen

Für mich, als passionierten Starrgabelfahrer und Liebhaber des Wiegetritts, ist die Lauf Fork eine echte Alternative. Sie ist die erste „federnde Starrgabel“, die viele normalerweise nicht vereinbare Attribute in einem Produkt vereinbart: Federung, Komfort, Antriebsneutralität, Wartungsfreiheit, einstellungsbefreites Setup, Leichtbau. Scheitern kann die Gabel nur am Preis und der falschen Erwartungshaltung an die Performance.

Lauf Fork und Trek Procaliber: eine arrangierte Beziehung, die beiden gut tut. Sie ergänzen sich in ihren Möglichkeiten hervorragend. Nach einem halben Jahr Fatbiketests kann ich dem Trek/Lauf Rennsemmel das Prädikat „Fatbikefeeling“ verleihen, ohne dies mit den Nachteilen der dicken Reifen erkaufen zu müssen.

# Ein Racehardtail mit Spaßpotential und einem "Vorwärts" auf dem Stollen

Das alles erfahren in einem Kurztest ist natürlich nur ein erster, durch die spontane Begeisterung und der begrenzten Testmöglichkeiten, getragener Eindruck. Vielleicht ergibt sich im Laufe der kommenden Saison noch die Möglichkeit, eine Lauf Fork ausgiebiger zu testen. Für alle Racer auf der Suche nach Komfort, sind die neuen Konzepte am Markt ein Grund, seinen Blickwinkel zu erweitern.

In diesem Sinne, Think Pink – eure Muschi


Weitere Informationen

Website: www.trekbikes.com
Text & Redaktion: Mario Peters | MTB-News.de 2015
Bilder: Mario Peters

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