Das Enduro-Rennen Transvesubienne mauserte sich in den letzten Jahren nicht nur in der französischen Szene zu höchstem Stellenwert, auch international genießt das Rennen größtes Ansehen. Wer es schafft die auf 90 km verteilten 3500 Höhenmeter und 8500 Tiefenmeter innerhalb eines Tages im Renntempo zu bewältigen, der darf sich wohl ohne Zweifel zu den besten seiner Sportart zählen. In diesem Jahr gelang es grade einmal 490 von 800 Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Herausforderung zu meistern. Einer von ihnen war der deutsche Ludwig Döhl vom jungen Cube Action Team. In diesem Artikel beschreibt uns Ludwig die Strapazen, aber auch die schönen Momente des Transvesubienne.

Rennbericht Transvesubienne – von Ludwig Döhl

Wer bei einer Streckenlänge von 90 km und 3500 hm an ein klassisches Marathon-Rennen über Forstautobahnen denkt, der täuscht sich bei der Trans Vesubienne gewaltig. Der Weg von den französischen Alpen zur Promenade von Nizza besteht nämlich zu 98% aus feinsten Singeltrails und wird durch zusätzliche 5000 Tiefenmeter versüßt. Die Streckenführung überstieg selbst mein eigenes Vorstellungsvermögen, bis ich mich am vergangenen Wochenende mit eigenen Augen davon überzeugen konnte.


Ludwig mit einem Cube AMS 29er

Als sich am Samstagvormittag rund 800 Teilnehmer die Startnummern an die Lenker ihrer Enduros bastelten, war nicht für jeden klar wie ernst der Slogan des Rennens „Only the Brave“ zu nehmen ist. Im weiteren Verlauf des Wochenendes sollte sich jedoch herausstellen, dass nur die Tapfersten den Trailwahnsinn über die französischen Seealpen bis zur Promenade von Nizza überstehen würden. Schon das Quali-Rennen am Nachmittag öffnete einigen die Augen. Mit einer Länge von 10 km und rund 800 hm bergab, erfüllt alleine das Warm-up zum Sonntag die Kriterien eines Maxiavalanche-Rennens. Von der Bergstation des in La Colmaine ansässigen Sessellifts wurden viertelstündlich jeweils 50 Racer in guter alter Massenstartmanier ins Tal geschickt. Die Strecke wand sich über einen flowigen Singeltrail bis zur Talstation von La Colmaine auf 1500 m.ü. N.N. und ging auf einem etwas steinigerem Untergrund weiter bergab, mit vielen Spitzkehren, bis in das idyllische Bergdorf Saint Martin de Vesubie. Dort führten die finalen Meter durch schmale Gassen und enge Hinterhöfe und nicht zuletzt über Treppen, meist bergauf, bis zum Ziel.

Wer zum ersten Mal bei der Trans V. teilnimmt wird einem hinteren Startblock zugeteilt und muss sich den Respekt der französischen Szene hart erarbeiten. Somit stand ich im fünften von 15 Heats und holte mir nach rund 30 Minuten den achten Platz in der Quali. Die ganz schnellen Leute fanden sich alle im ersten Heat wieder – in Heat fünf hatte ich keine Orientierung wie schnell hier gefahren werden würde, ich musste einfach alles geben und hoffen das es reicht.


die Aussicht über das Gebirge der Provonce 

Nach der Quali ist vor dem Rennen, also wurde den restlichen Samstag das Material wieder in Schuss gebracht und neue Nummern montiert, bevor am Sonntag erneut der Startschuss zum Massenstart fiel. Vor dem Start war ich noch der Meinung, dass der Spruch „Only the Brave“ mit der abartigen Startzeit um 6:30 Uhr am Morgen zu tun haben müsse, doch bereits um 7:30 Uhr nach den ersten 500 Hm über Skipisten und Wanderwege bergauf war mir klar, die Startzeit war das geringste Übel an der Sache.

Am ersten Gipfel, dem Pic de Colmaine auf knapp 2000 Hm, wendete ich zum einzigen Mal meine Augen von der Strecke ab und lies den Blick über die Gipfel und Täler der Alpes Martimes schweifen – bis hin zum Meer. Da dieser Ausblick so atemberaubend war, beschloss ich die nächsten sieben Stunden die Augen auf den Trail zu lassen, um mir die Puste zu sparen.

In der Abfahrt war es bitter nötig die Augen auf das wesentliche zu lenken, denn teilweise erwies sich die Abfahrt schwieriger als der legendäre 601 am Gardasee. Nicht selten wollte das Hinterrad versetzt werden, um die Spitzkehren zu meistern. Aber auch der Flow kam nicht zu kurz, denn die Strecke war im ständigen Wechsel zwischen steinigem steilen Gelände und superschnellen Waldtrails. Vor allem aber war die Strecke ein einziger 80 km langer Trail – wir mussten einmal durch ein Haus, zweimal durch Gärten und ein paar Mal über die Straße fahren, der Rest war Trail! Unvorstellbar.


einer der zahlreichen Anstiege – insgesamt waren es 3800 Höhenmeter

In den Anstiegen erwies sich der Trail als besonders hart. Nicht selten musste ich mein AMS 29″ in den Nacken legen, um den Anstieg zu bewältigen. Mit meinen CC-Race-Schuhen war das manchmal eine mehr oder weniger lustige Erfahrung. An einer Stelle suchte ich vergebens nach einem Stahlseil zum Festhalten, wie ich es von den nördlichen Alpen an besonders gefährlichen Stellen gewöhnt bin. Doch die Franzosen haben hier wohl eine etwas andere Definition von Gefahr. Das technische Fahren bzw. Tragen bergauf zog mir nach der Hälfte der Distanz sprichwörtlich den Stecker aus der Dose. Nach 2000 hm bergauf waren meine Kraftreserven aufgebraucht. Auch neun Powergels, zwei Riegel und knapp fünf Liter Elektrolytgetränk konnten mich während der siebenstündigen Tortur nicht vorm Hungerast bewahren. Die restlichen 1500 Höhenmeter bergauf und 2000 Höhenmeter bergab spulte mein Körper im Überlebensmodus ab. Doch der Konkurrenz erging es nicht anders, sodass mich mein Einbruch lediglich von Platz acht auf die Finale Position elf zurückwarf.

250-003 250-001 DSCN3908
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

Vor den Toren Nizzas endete der Wahnsinns-Trail, und der Veranstalter entschloss sich kurzerhand die Stadtautobahn (ein 3 km langer Tunnel) zu sperren, um die noch verbleibenden 490 von über 800 Startern sicher ans Meer zu führen. Im Ziel belegte ich vollkommen erschöpft den 11. Platz. Zum dritten Mal in Folge gewann der Franzose François Bailly Maitre. Im Ziel war mir dann auch klar warum die Veranstaltung unter dem Motto „Only the Brave“ stand, und warum das Rennen in der französischen Szene einen so hohen Stellenwert hat. Denn es war das härteste MTB Rennen, welches ich je bestritten hatte. Die Trans Vesubienne hat acht Tage BIKE Trans Alp Challenge innerhalb von sieben Stunden übertroffen und meinen MTB-Horizont um einige Erfahrungen erweitert. Um 16 Uhr schlief ich vollkommen erschöpf in Radklamotten auf dem Sofa der Ferienwohnung ein, um nach sechs Stunden Schlaf um 22 Uhr abends zu duschen und im Anschluss einen weiteren Schönheitsschlaf von knapp zehn Stunden zu absolvieren.

Brutale Erfahrung!

Ride on, Ludwig

250-003 250-001 250 DSCN3908 DSCN3902 DSCN3875 DSCN3870 DSCN3868 DSCN3763 DSCN3756 DSCN3748 DSCN3744 DSCN3735 DSCN3725 DSCN3724 DSCN3723 DSCN3718 DSCN3708
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen

——————————————————————————–

Quelle: Text und Bilder von Ludwig Döhl

Weitere Informationen: avalanchecup.com

  1. benutzerbild

    frorider

    dabei seit 02/2002

  2. benutzerbild

    zauberer#

    dabei seit 12/2015

    ich auch wieder smilie

    die Bedingungen am Mt.Férion und am Mt.Chauve waren Ende letzter Woche excellent (Geheimtraining auf dem letzten Drittel der Strecke smilie)

  3. benutzerbild

    jazzist

    dabei seit 10/2007

    ich auch wieder smilie
    die Bedingungen am Mt.Férion und am Mt.Chauve waren Ende letzter Woche excellent (Geheimtraining auf dem letzten Drittel der Strecke
    Cool, dass ihr dabei seid, zauberer# und frorider smilie
    Das sieht ja jetzt schon sehr klasse aus dort! Ab wann kann man auf der ganzen Strecke ohne Ski trainieren? Bin an Ostern in Finale und überlege mir, einen Abstecher nach Nizza zu machen smilie
  4. benutzerbild

    zauberer#

    dabei seit 12/2015

    Kann man nicht genau sagen. Hängt wie überall vom Verlauf des Winters absmilie.
    Ostern Ende März sollte normalerweise der Abschnitt Utelle->Madone d'Utelle->Pont Cros->Levens->Mont Chauve->Nizza gut gehen, also von km30 bis km85. Das ist alles nicht höher als 1200m.
    Das reicht ja erstmal locker zum spielen smilie

    Webcam von La Colmiane

    Ideale Kennenlernrennen mit selbigen Charakter sind die XMB auf den südlichen Streckenteilen:
    16. Februar 29km 1400hm nur Trails

    24. März ~30km ~2000Hm nur Trails

  5. benutzerbild

    jazzist

    dabei seit 10/2007

    Fahre vom 2.4. bis 4.4. mal die Strecke ab. Soweit es halt schneetechnisch geht. Ist zufälligerweise sonst noch jemand unten?
    Ich habe gesehen, dass 2012 die Strecke minimal anders war als 2011 (Colla Bassa nach Ravin de Balmette (km 58)), würde mich an die 2012 Route halten. Ist an der Stelle etwas besonderes?
    Leider schaffe ich es nicht zu den XMBs, ist aber dennoch ein cooler Tip, zauberer# ! Die kann man ja auch mal nachfahren.

Was meinst du?

Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular:

Verpasse keine Neuheit – trag dich für den MTB-News-Newsletter ein!