Transition Sentinel im Test: Mit der Einführung der Speed Balanced Geometry wagte Transition zeitgleich den ersten Vorstoß ins langhubige 29″-Segment. Herausgekommen ist dabei das Sentinel – ein 29er mit 160 mm Federweg an der Front, 140 mm am Heck, langem Hauptrahmen, kurzen Kettenstreben und einem vergleichsweise flachen Lenkwinkel. Inzwischen ist das Rad auf dem Markt etabliert – nach unserem ersten Eindruck konnten wir das spannende Rad jetzt in aller Ausführlichkeit testen!
Steckbrief: Transition Sentinel
Einsatzbereich | Enduro, Freeride |
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Federweg | 160 mm/140 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Aluminium, Carbon |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Website | www.transitionbikes.com |
Transition steckt das Sentinel nicht in eine Kategorie. Mit seinen 160 mm Federweg an der Front würde man sagen: Klar, Enduro! Bei 140 mm Federweg am Heck denkt sich der ein oder andere aber wohl doch: Trail! Auch wir wollen das Sentinel vorerst nicht klassifizieren – werfen wir aber einen Blick auf die Fakten. Das Bike der US-Amerikaner rollt auf 29″-Laufrädern und wird auf Basis eines Carbon- oder Alu-Rahmens in fünf Ausstattungsvarianten angeboten. Zudem hat man die Möglichkeit, das Rahmenkit mit Dämpfer einzeln zu erwerben. Der Viergelenk-Hinterbau hört auf den Namen GiddyUp 2.0HH – ein senkrecht im Rahmen stehender Dämpfer lässt genügend Platz für Trinkflaschen.
Bei der Größenwahl fällt auf: Transition bietet keine austauschbaren Durchschnittsgrößen an. Fünf Rahmengrößen gibt es beim Alu-Modell, vier beim Carbon-Rahmen. Allesamt sind mit der Speed Balanced Geometry ausgestattet. Ein Ansatz, der bei langsamen Geschwindigkeiten für ein gutes Handling, Druck am Vorderrad und gute Balance sorgen soll. Gleichzeitig soll bei hohem Tempo natürlich viel Sicherheit und Kontrolle vermittelt werden.
This bike will scramble your brain as to how capable it is, how rowdy it can get, yet how composed it is as an all-around trail bike.
Geometrie
Speed Balanced Geometry soll sich nicht nur cool anhören, hinter dem Konzept soll auch einiges Stecken. Mit dem Modelljahr 2018 hat Transition diesen Ansatz für seine Geometrien vorgestellt. Fünf Faktoren spielen dabei eine maßgebliche Rolle: Reach bzw. die Größe des Hauptrahmens, Vorbaulänge, Sitzwinkel, Lenkwinkel und Federgabel-Offset.
Da die Rahmen gewachsen sind, sollen ein kurzer 40 mm-Vorbau und der um 1° steiler ausgeführte Sitzwinkel eine gute Sitzposition bewahren. Ein flacher Lenkwinkel soll zusammen mit dem langen Hauptrahmen für Sicherheit sorgen – der kurze Offset der Federgabel bringt dabei wieder die Balance ins Spiel. Dadurch, dass das Vorderrad näher an den Fahrer wandert, soll man mehr Grip haben. Hört sich so weit vernünftig an – auf dem Papier stechen diese Werte auch heraus:
Ein Lenkwinkel von 64° ist für Bikes mit ähnlichen Eckdaten wohl Spitzenwert. Reach und Stack wachsen gleichmäßig von 425 mm und 617 mm am S-Rahmen bis hin zu satten 515 mm Reach bei 644 mm hohem Stack. Die Kettenstrebenlänge bleibt konstant bei relativ kurzen 435 mm. In Kombination mit dem kurzen Offset bleibt das Sentinel so selbst bei Rahmengröße XXL unter 1300 mm Radstand. Bei den Sitzrohren lehnt man sich nicht zu weit aus dem Fenster, zeigt sich aber auch nicht konservativ – so soll ausreichend Platz für Vario-Stützen sein. 30 mm Tretlager-Absenkung sind nicht gerade wenig, zu tief liegt das Tretlager damit aber auch nicht. In Summe macht das Rad auf dem Papier einen sehr modernen Eindruck, der Vorfreude – vor allem auf die Abfahrt – macht.
Rahmengröße | S | M | L | XL | XXL |
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Sitzrohrlänge | 360 mm | 400 mm | 440 mm | 490 mm | 510 mm |
Oberrohrlänge | 568 mm | 593 mm | 622 mm | 650 mm | 666 mm |
Steuerrohrlänge | 100 mm | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 64° | 64° | 64° | 64° | 64° |
Sitzwinkel | 77,5° | 76,8° | 76,3° | 75,8° | 75,5° |
Kettenstrebenlänge | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Tretlagerhöhe | 345 mm | 345 mm | 345 mm | 345 mm | 345 mm |
Tretlagerabsenkung | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm |
Radstand | 1193 mm | 1218 mm | 1247 mm | 1277 mm | mm1296 |
Reach | 425 mm | 450 mm | 475 mm | 500 mm | 515 mm |
Stack | 617 mm | 617 mm | 626 mm | 635 mm | 644 mm |
Ausstattung
Transition ist einer der Hersteller, die sich von absoluten Edel-Aufbauten abgewendet hat. Bei den Amerikanern legt man Wert auf funktionelle und solide ausgestattete Räder. Die teuerste Schaltgruppe, die man am Sentinel bekommt, ist nicht etwa die neue AXS Eagle oder die mechanische XX1-Version. Die Spitze bildet stattdessen das X01-Modell auf Basis des Carbon-Rahmens. Das Aluminium GX-Modell teilt sich mit dem Topmodell einige Anbauteile. Und: die beiden Modelle sind die einzigen mit Carbon-Anbauteilen. Abgesehen von der Carbon-Kurbel am X01-Modell und den Bremshebeln an Carbon X01- und Alu GX-Bike wird kein Fremdprodukt aus Kohlefaser verbaut. Nicht am Cockpit, nicht am Sattel. Passend, wie wir finden.
Beim Fahrwerk unterstreicht der Hersteller den funktionellen Charakter: Bestmögliche Performance, ohne unnötige Mehrkosten zu produzieren. Carbon X01 und Alu GX sind mit Fox Performance Elite-Fahrwerk ausgestattet: GRIP2-Dämpfung und DPX2 mit Druckstufen-Verstellmöglichkeit liegen gleichauf mit den Factory-Bauteilen. Einzig die Kashima-Beschichtung fehlt. Am Carbon GX-Modell wird die Fox Performance-Reihe mit GRIP-Dämpfung und DPX2 ohne Verstellmöglichkeit verbaut. Einzig die NX-Modelle setzen auf RockShox-Federelemente.
Dafür dominiert SRAM bei der restlichen Ausstattung: Antriebe und Bremsen kommen ausschließlich vom amerikanischen Teilehersteller, die Sattelstütze Reverb wird immerhin in drei von fünf Modellen verbaut. Überraschend ist, dass recht wenige Teile der Eigenmarke ANVL an den Bikes verbaut werden. Setzt man am Topmodell noch auf ein ANVL-Cockpit, kommen die restlichen Bikes mit RaceFace-Lenkzentrale. Auch ansonsten wird nur an den GX-Modellen ein ANVL-Sattel verwendet.
Für unseren Test haben wir einen Rahmen zur Verfügung gestellt bekommen, der mit entsprechendem Fahrwerk und Reifen aufgebaut wurde. Da das Rad aber auch als Teileträger für andere Tests dienen sollte, weicht die restliche Ausstattung ab.
- Federgabel Fox 36 Float Grip2 (160 mm) / RockShox Lyrik Ultimate (160 mm)
- Dämpfer Fox Float DPX2 / DVO Topaz 2 / Push ElevenSix (140 mm)
- Antrieb Shimano XTR
- Bremsen Shimano XTR
- Laufräder Newmen Evolution SL A.30 EWS-Edition
- Reifen Maxxis Minion DHF/DHR II, WTB Verdict
- Cockpit RaceFace Chester 35 (770 mm) / RaceFace Turbine R (40 mm)
- Sattelstütze Vecnum Nivo 212 (180 mm)
Transition Sentinel | Carbon X01 | Carbon GX | Carbon NX | GX | NX |
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Rahmenmaterial | Carbon | Carbon | Carbon | Alu | Alu |
Federgabel | Fox 36 Grip 2 Performance Elite | Fox 36 Grip 2 Performance Elite | Rockshox Yari RC | Fox 36 Grip 2 Performance Elite | Rockshox Yari RC |
Dämpfer | Fox DPX2 Performance Elite | Fox DPX2 Performance Elite | RockShox Deluxe RT | Fox DPX2 Performance Elite | RockShox Deluxe RT |
Vorbau | ANVL Swage | RaceFace Aeffect R | RaceFace Aeffect R | RaceFace Aeffect R | RaceFace Aeffect R |
Lenker | ANVL Mandrel Alloy | RaceFace Chester 35 | RaceFace Chester 35 | RaceFace Chester 35 | RaceFace Chester 35 |
Griffe | ODI Elite Flow | ODI Elite Flow | Velo VLG | ODI Elite Flow | Velo VLG |
Bremsen | SRAM Code RSC | SRAM Code R | SRAM Guide T | SRAM Code RSC | SRAM Guide T |
Schaltung | SRAM X01 | SRAM GX | SRAM NX | SRAM GX | SRAM NX |
Laufräder | Stans Flow MK3 Team | Stans Flow S1 Comp | WTB STi29/Novatech | Stans Flow S1 Team | WTB STi29/Novatech |
Reifen | Maxxis Minion DHF/DHR II | Maxxis Minion DHF/DHR II | Maxxis Minion DHF/DHR II | Maxxis Minion DHF/DHR II | Maxxis Minion DHF/DHR II |
Sattelstütze | RockShox Reverb Stealth | RockShox Reverb Stealth | KS Lev Integra | RockShox Reverb Stealth | KS Lev Integra |
Sattel | ANVL Forge Ti | ANVL Forge Cromo | WTB Silverado Comp | ANVL Forge Cromo | WTB Silverado Comp |
Gewicht | 13,83 kg | 14,33 kg | 14,42 kg | 15,31 kg | 15,72 kg |
Preis | 6.399,00 € | 5.299,00 € | 4.399,00 € | 4.699,00 € | 3.299,00 € |
Im Detail
In schönes Weinrot gehüllt erreicht uns das Transition Sentinel als Rahmenkit. Alles liegt offen, kein Detail versteckt sich hinter bereits montierten Anbauteilen. Dass wir Rahmensets zum Test bekommen ist selten, aber immer wieder spannend – denn neben den Details bekommt man auch einen Überblick über die Verarbeitung und wie es sich am Rad schrauben lässt. Man merkt: Dieser Rahmen stammt aus Händen, die selbst an Rädern schrauben. Abgesehen von der etwas fummeligen Zugführung durch die Kettenstrebe geht der Aufbau voll und ganz reibungslos. Das liegt unter anderem an der aufgeteilten Zugführung. Während die Leitungen für Vario-Sattelstütze und Schaltwerk im Inneren des Rahmens laufen, muss die Bremsleitung nicht extra für die Montage geöffnet werden. Diese liegt auf dem Hauptrahmen geführt und muss auch am Heck nicht durch Rahmeninnere gezogen werden. Angenehm.
Um das säuberlich geschnittene Tretlager passiert recht viel: Hier sitzt neben der ISCG-Aufnahme auch der Hauptdrehpunkt und ein in der Kettenstrebe abgesenkter Kanal für den Schaltzug. Auch Gummi-Puffer gibt es hier sowohl an Unterrohr als auch an der Kettenstrebe. Während der Unterrohr-Schutz für einen Alu-Rahmen einen recht vernünftigen Eindruck macht, sieht der Kettenstreben-Schutz etwas kurz geraten aus.
Wirft man den Blick zurück aufs große Ganze, ergibt sich ein gemischtes Bild aus geraden Formen am Hinterbau und am Oberrohr sowie etwas geschwungeneren, organischen Formen bei der Wippe und am Unterrohr. Die großen Rohrquerschnitte und Streben zwischen den beiden Sitz-, Kettenstreben und der Umlenkwippe schaffen vertrauen in den Rahmen. Auf der Waage macht sich das auch bemerkbar: mit über 4 kg Rahmengewicht, ist das Sentinel nicht unbedingt leicht. Mit dem Alu-Rahmen glänzt das Komplettbike nicht unbedingt auf der Waage. Dafür sollte das Transition Sentinel aber ordentliche Nehmerqualitäten vorweisen können.
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards des Transition Sentinel findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Kinematik | Viergelenker | |
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Verschiedene Lager-Größen | 5 | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 12 | Anzahl |
Lagerbezeichungen | 4 x 6802-2RS (15*24*5 mm), 2 x 6903-2RS (17*30*7 mm), 2 x 3802-2RS (15*24*7 mm), 2 x 6902-2RS (15*28*7 mm), 2 x 6900-2RS (10*22*6 mm) | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 148 mm x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 2,5" | |
Dämpfermaß | 205 mm x 57.5 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Ja | |
Dämpferhardware erstes Auge | Trunnion | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | 8 mm x 25 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Ja | |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Dämpfer-SAG | 32–35%, 18-20 mm | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | 44 mm, 56 mm | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 160 mm | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | BSA, 73 mm | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | ISCG05 | |
Umwerferaufnahme | Nein | |
Schaltauge | , 34 € (UVP) | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | Max. 34 t | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | Post Mount, 7" (180 mm Scheibe ohne Adapter fahrbar) | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 203 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 31,6 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 34,9 mm (Alu), 37 mm (Carbon) | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | Alu: S 140 mm, M 185 mm, L 225 mm, XL 270 mm, XXL 290 mm Carbon: S 190 mm, M 225 mm, L 245 mm, XL 245 mm | |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | N/A | |
Flaschenhalteraufnahme | Ja | Eine, Oberseite des Unterrohrs |
Andere Extras, Werkzeugfächer | – | |
Gewicht Rahmen | Alu: 4,36 kg, Carbon: 3,2 kg | M Hauptrahmen, mit Dämpfer, Achse und Hardware |
Gesamtgewicht Bike | XO1 Carbon: 13,83kg; GX Carbon: 14,33kg; NX Carbon: 14,42kg; GX Alloy: 15,31kg, NX Alloy: 15,72kg | Alle Gewichte für Rahmengröße M |
Garantie/Service | Ab MY2018 drei Jahre Garantie auf den Rahmen, nach Registrierung, Details hier. Zusätzlich Crash-Replacement für Erstbesitzer. |
Auf dem Trail
Wenn auch unser Custom-Aufbau mit schweren Reifen und einem Gesamtgewicht von knapp 16 kg nicht der leichteste ist, klettert das Sentinel recht fleißig. Im Fahrwerk ist etwas Bewegung, die vor allem auf langen Auffahrten stören kann. Alle Dämpfer, die im Rad gefahren wurden, bieten aber eine Plattform, die effektiv genug ist, um das Heck zu beruhigen. Dank moderater Kettenstrebenlänge lastet genug Druck am Hinterrad, um selbst auf losen Böden für ordentlich Traktion zu sorgen. Knappe 76° effektiver Sitzwinkel bringen den Fahrer in eine recht zentrale, angenehme Sitzposition. In Kombination mit dem 40 mm langen Vorbau sitzt man weder zu gestreckt noch zu gedrängt auf dem Rad.
Wer sich für das Sentinel entscheidet, ist mit Sicherheit kein Grammfuchser – der Rahmen ist nicht die erste Wahl, wenn man ein besonders leichtes Enduro-Bike aufbauen will. Im Testzeitraum diente das Rad auch für andere Tests. Neben dem „wasserdichten“ Sorglos-Aufbau für die mehrtägige Trans Madeira wurden auch leichtere Reifen und Laufräder montiert. Man braucht kein Raketenwissenschaftler zu sein, um nachvollziehen zu können, dass diese das Transition bergauf etwas beschleunigen und es zu einem wesentlich flinkeren Kletterer machen. Je nach Aufbau platzierte sich das Rad so in einem sportlichen bis gemütlichen Bereich – zum absoluten Bergsprinter ist es selbst mit den leichtesten Reifen nicht geworden.
Schaut man sich die Geometriedaten genauer an, wird das Sentinel vermutlich als Walze abstempeln, die in moderatem Gelände weniger viel Spaß macht. Tatsächlich kann man aber auch auf einfachen Trails viel Spaß haben. Trotz seiner Länge ist das Bike recht flink und nicht abgeneigt, wenn man es zwischen zwei Kurven durch den Luftraum pilotiert. Auf gebauten Bikepark-Strecken begeistert das Sentinel durch diesen direkten Charakter. Der poppige Hinterbau macht das Rad sehr berechenbar, in die Rechnung sollte man aber auf jeden Fall auch die Endprogression einschließen: Diese fällt nicht zu hoch aus und war ohne Volumenspacer im Luftdämpfer grenzwertig, wenn es in den Bikepark und auf größere Sprünge ging. Vorsicht also, wenn man mit maximalem Schub aus der Kurve über den nächsten Sprung segeln will!
Werfen wir aber den Blick auf härteres Geläuf und naturbelassene Trails – wer will schon die ganze Zeit Murmelbahnen schrubben? Hier wird das Transition Sentinel den Erwartungen gerecht. Der flache Lenkwinkel und der lange Hauptrahmen sorgen für viel Laufruhe, die Bremsen lässt man gerne offen. Dank des berechenbaren Fahrwerks lässt sich das Sentinel auch über schwierige Trail-Abschnitte sicher steuern. Sein direkter Charakter zeigt sich aber auch hier: Der Rahmen ist nicht der nachgiebigste, das Rad dementsprechend präzise. In Kombination mit steifen Laufrädern reißt der Grip bei rabiater Kurventechnik schon etwas früher ab, wenn Turbulenzen auftreten. Weichere Laufräder haben sich besser ins Gesamtbild eingefügt – ab Werk sind nachgiebigere Laufräder montiert, Transition hat hier also eine stimmige Wahl getroffen.
Schnell fahren, große Sprünge senden, Anlieger zerbersten – für all das ist das Sentinel gebaut. Gibt es mit dem Sentinel aber auch ein Limit? Im ersten Moment scheint es nicht so. Man wagt sich also gerne an sehr schwieriges Gelände – zugegeben: Strecken, die eigentlich für Downhill-Bikes gebaut sind. Dass man mit einem Enduro-Bike mit 140 mm am Heck auf solchen Trails ein Limit findet, ist absehbar. Der amerikanischen Flitzer entwickelt irgendwo zwischen Mach 4 und 5 eine Dysbalance. Während die Nase dank langem Reach und flachem Lenkwinkel zuverlässig nach vorne zeigt, fängt das Heck an nervös zu werden und zu tänzeln. Nachdem das Sentinel kein Vertreter der Kategorie „endloser Federweg“ ist und nicht mit den längsten Kettenstreben gesegnet ist, bedarf es einem erfahrenen Piloten, wenn man den Schub erhöht.
Aber das ist noch nicht die ganze Wahrheit – trotz der nicht allzu hohen Endprogression setzen einige Sentinel Fahrer auf Coil-Dämpfer. Wir haben auch diverse Dämpfer ausprobiert. Der sensible DVO Topaz 2 passte nach unserem Geschmack etwas besser ins Heck im Heck als der Fox DPX2. Er benötigte allerdings einen etwas umfassenderen Einstellprozess mit Volumenspacern in Positiv- und Negativ-Feder, um eine ausgewogenes Fahrverhalten zu bieten.
Das ist uns aufgefallen
- Balance Eine gewisse Differenz beim Federweg ist im Trend: Vorne etwas mehr, hinten gern weniger – auch Transition setzt auf weniger Federweg am Heck. Eine ähnliche Differenz gibt es bei der Geometrie: Flacher Lenkwinkel und langer Reach ziehen bergab ordentlich. Das kürzere Heck kommt hier nicht ganz nach. Steigen die Geschwindigkeiten auf gröberen Trails, fängt das Heck leicht zu tänzeln an.
- Fahrwerksabstimmung Aufgrund der leichten Differenz ist es nicht ganz einfach, das Optimum aus dem Fahrwerk zu holen. Ein gutes Setup ist schnell gefunden. Das letzte Bisschen herauszukitzeln ist bei anderen Hinterbauten aber einfacher. Wir haben verschiedene Dämpfer ausprobiert – ein etwas potenterer Dämpfer schadet definitiv nicht. Wer zum Stahlfederdämpfer greift, sollte Modell mit zähem Endanschlag wählen.
- Reifenfreiheit Mit breiten 2,5″-Reifen auf Felgen mit 30 mm Maulweite war die Reifenfreiheit im Matsch zu wenig.
- Lackqualität Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich an verschiedenen Stellen die weiße Grundierung unter dem weinroten Lack.
- Ausstattungsvarianten All killer, no filler – sinnvoll, nicht übertrieben oder unnötig ausgestattet. Das gefällt uns.
- Offset Eine der Voraussetzungen für die Zusendung des Rahmenkits war die Verwendung einer Gabel mit kurzem Offset. Im Testzeitraum sind wir sowohl Fox 36 als auch RockShox Lyrik jeweils mit kurzem und langem Offset gefahren. Der kurze Offset ist bei der Kombination aus langem Hauptrahmen und flachem Lenkwinkel die angenehmere Option. Das Vorderrad wandert etwas weiter unter den Fahrer, man kann also eine etwas höhere Front fahren, ohne Probleme mit Untersteuern zu bekommen.
Im Vergleich
Transition Sentinel vs. Mondraker Foxy XR
Wirft man einen Blick auf die Geometrietabelle, zeigen sich bei beiden Bikes Parallelen. Mondraker gilt als einer der Vorreiter von längeren Geometrien, Transition hat mit der SBG nachgezogen. Obwohl die Räder ansonsten sehr unterschiedlich scheinen, sind sie sich im Charakter doch sehr nahe. Mit weniger Gewicht und etwas effizienterem Hinterbau ist man mit dem Foxy schneller am Berg. Bergab bieten beide Räder ein immenses Sicherheitsgefühl, kommen aber dann recht plötzlich an den Punkt, an dem das Heck nervös wird. Dank niedrigerem Tretlager und flacherem Lenkwinkel liegt das Sentinel aber eine Radlänge voraus. Beide Räder decken ein sehr ähnliches Spektrum an Einsatzbereichen ab. Das Sentinel ist aber etwas mehr in Richtung Downhill aufgestellt, während das Foxy angenehmer für den alltäglichen Einsatz ist.
Transition Sentinel vs. Ibis Ripmo
Auch Sentinel und Ripmo liegen auf dem Papier nicht zu weit auseinander, unterscheiden sich aber doch in dem ein oder anderen Detail. Charakterlich schenken sich beide Räder wenig: Spritzig, sportlich, mit einem guten Fahrwerk, ohne dabei aber träge zu werden. Der Gewichtsvorteil des Ripmo macht es zum fähigeren Allrounder. Auch bergab schenken sich die beiden Räder nicht viel. Während das Ripmo etwas intuitiver zu fahren ist, muss man mit dem Sentinel bewusster fahren. Und wenn man sich für eines entscheiden muss? Die Entscheidung wird hier vom Fahrertyp, alternativ vom Geldbeutel übernommen. Wer viel in den Bergen fährt und viel Zeit im Bikepark verbringt, greift zum Sentinel als Abfahrtsexperten. Meistens von zu Hause aus unterwegs, aber doch auch mal in den Bergen? Ripmo!
Fazit – Transition Sentinel
Mit dem Transition Sentinel führt der amerikanische Bikehersteller ein grundsolides Enduro-Bike in seinem Programm. Zeitgemäße Standards und ein guter Kompromiss bei der Endprogression treffen auf eine moderne Geometrie. Bergauf geht es zügig und unaufgeregt, bergab sorgen der lange Hauptrahmen und der flache Lenkwinkel für ordentlich Laufruhe. Durch das kurze Heck bleibt das Sentinel aber spritzig genug für spaßige Manöver.
Pro / Contra
Pro
- Sicherheitsempfinden
- Lenkwinkel und Länge Hauptrahmen
- breiter Einsatzbereich von Tour bis Bikepark
Contra
- Lackqualität
- keine ideale Basis für Leichtbau-Projekte
Testablauf
Das Transition Sentinel wurde uns für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Importeur Trailtoys hat uns wegen der Trans Madeira und dem damit verbundenen Einsatz als Teileträger für weitere Tests ein Rahmenkit zur Verfügung gestellt, weshalb wir einen dem Einsatzbereich entsprechenden Aufbau zusammengestellt haben. Sowohl Federgabeln mit kurzem Offset als auch langem Offset wurden ausprobiert, verschiedene Laufräder, Dämpfer und Reifen wurden verwendet, um den Charakter des Bikes möglichst genau zu erfahren. Abgesehen vom Shuttle-Transport auf Madeira und dem Lift-Transport im Bikepark wurden sämtliche Höhenmeter aus eigener Kraft erarbeitet.
Hier haben wir das Transition Sentinel getestet
- Madeira: Verschiedenste Untergründe, von steil, matschig, wurzelig bis staubig und steindurchsetzt.
- Bikepark/Trailcenter: Reschenpass, Bischoffsmais, Beerfelden
- Hometrails: Lehmige Böden, Kalkstein
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
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