The European Bike Project
Vor rund drei Jahren habe ich damit begonnen, mich für Fahrradkomponenten aus europäischer Fertigung zu interessieren. Bei mir kam die Frage auf, ob eigentlich immer alles aus Asien kommen muss? Natürlich wusste ich von einigen Firmen, die hier produzieren, doch ich wollte über dieses Thema mehr herausfinden.

Vor zweieinhalb Jahren hatte ich die Möglichkeit, mich mit einem Mitarbeiter einer großen Fahrradfirma über die Arbeitsbedingungen in Asien zu unterhalten. Was ich dabei so hörte, gefiel mir nicht. Im Gegensatz zum normalen Fahrradfahren (Pendeln, Einkaufen, Schule, etc.) ist Mountainbiken purer Luxus und Spaß. Für mich war es nicht mehr stimmig, bei einer spaßigen Freizeitaktivität Produkte zu nutzen, die eventuell nicht unter guten Bedingungen hergestellt wurden.
Doch wie kann man gute Arbeitsbedingungen sicherstellen? Die Produktion in Europa ist ein möglicher Weg dazu, aber nicht der einzige. Die hiesigen Arbeits- und Umweltschutzgesetze stellen einen guten Schutz von Arbeitnehmenden und Umwelt sicher. Selbstverständlich darf man dabei aber nicht vergessen, dass die Produktion von Fahrradkomponenten über das Schweißen oder CNC-Fräsen hinausgeht. Das Metall muss ja zuerst abgebaut, geschmolzen und zum verarbeitenden Unternehmen transportiert werden. Diese Schritte lassen sich heutzutage als Kunde leider nicht nachvollziehen bzw. kontrollieren und auch die allermeisten Hersteller wissen nicht genau, woher ihre Rohmaterialien kommen und wie sie hergestellt wurden. Mit dem Kauf von lokal hergestellten Produkten kann man wenigstens sicher sein, dass die Leute, die dem Produkt seine Form geben, faire Arbeitsbedingungen haben.
Beginn bei Instagram
Vor etwas mehr als einem Jahr erstellte ich dann bei Instagram einen Account, um so mehr kleine europäische Firmen finden zu können. Anfangs nutzte ich den Account vor allem für die Recherche, begann aber mit der Zeit auch, meine Erkenntnisse mit anderen zu teilen. Das stieß auf beeindruckendes Interesse und so wuchs der Account zügig.

Im Winter 2019/2020 erstellte ich dann ein Grobkonzept für ein 100 % europäisches Bike und konnte erfreut feststellen, dass ich wirklich bis zum letzten Kleinteil alles aus hiesiger Produktion beziehen kann. Ab diesem Moment erwähnte ich auf Instagram auch immer wieder, dass ich so ein Projekt plane. Es dauerte nicht lange, bis Ralf Holleis und Kilian Reil mit mir Kontakt aufnahmen. Sie hatten ähnliche Pläne und so tauschten wir uns über mögliche Komponenten etc. aus. Mit der Zeit entstand dann die Idee, unsere Bikes in einer Challenge gegeneinander antreten zu lassen (siehe unten).
Was ist die Vision von The European Bike Project?
- Aufzuzeigen, wie viele tolle Fahrradprodukte aus europäischer Produktion es gibt
- Kleinen und großen europäischen Herstellern eine Plattform bieten
- Andere Biker zu inspirieren, ähnliche Projekte zu starten
- Fair hergestellte Produkte mit Spaß am Biken verbinden
Was sind die Vorteile der lokalen Produktion?
- Unterstützung der lokalen Wirtschaft
- Unterstützung von lokalen Arbeitnehmenden
- Gute Arbeitsbedingungen
- Produkte in höchster Qualität
- Einfache Kommunikation mit den Herstellern
- Schnelle Lieferung
- Kurze Zeiten von Produktentwurf bis zum fertigen Produkt
- Umweltfreundlichere Produktion aufgrund gesetzlicher Vorschriften
Was ist „The European Bike Challenge“?
Ralf Holleis, Kilian Reil und ich bauen über den Sommer 2020 Bikes aus 100 % europäischer Fertigung auf. Neu dazugestoßen ist Trial-Rider und Trickstuff-Produkttester Gian Humpert, welcher ebenfalls ein solches Bike aufbaut und denkt, sein Bike könne unsere schlagen. Der Instagram-Account The European Bike Project dient bei der Challenge als Dreh- und Angelpunkt; ich habe Kilian und Ralf auch zur Challenge herausgefordert.
Wie wird die Challenge ablaufen?
Wenn alle Bikes fertig sind, werden wir uns treffen und die Bikes werden von Kilian (professioneller Fotograf) abgelichtet. Am Schluss soll eine Abstimmung stattfinden, welches Bike nun das Beste ist.
Ralf war am schnellsten und hat sein Bike zuerst fertig gestellt. Er hat den Rahmen selbst hergestellt (u.a. mit 3D-gedruckten Stahlmuffen) und mit dem Bike wurde die neue Intend Hero Gabel vorgestellt (hier gehts zum Artikel dazu auf MTB-News). Kilian hat einen sehr schönen Rahmen von Project 12 Cycleworks aus Holland mit Pinion-Getriebe. Mit diesem Bike ist er bereits das Swiss Epic-Etappenrennen gefahren. Zudem wird es der einzige Rahmen, der farbig lackiert ist. Gian baut einen Antidote Carbonjack 29er Rahmen auf – über die Komponenten ist bisher nichts bekannt. Weil Ralf und Kilian momentan noch eher bei 98% europäischen Teilen sind, könnte mein Dash 29 möglicherweise das allererste moderne Mountainbike sein, welches zu 100% aus Europa stammt.
Bike Nummer 1: Crossworx Dash 29 TEPB
Das Ziel war, ein modernes und robustes Enduro aufzubauen. Der Preis sollte jenen der Top-Modelle von etablierten Herstellern nicht überschreiten (also max. 10.000 €), gleichzeitig sollten bei der Funktion keine Kompromisse gemacht werden. Natürlich stammen alle Teile aus europäischer Produktion. Es gab schon in der Vergangenheit ähnliche Projekte, aber viele begnügten sich mit 70-90 % europäischen Aufbauten.




Hier gibt es alle Parts samt Herkunft:
Produkt | Marke | Modell | Made in |
---|---|---|---|
Rahmen | Crossworx Cycles | Dash 29 | Germany |
Dämpfer | Ext | Storia Lok V3 | Italy |
Buchsen | Huber Bushings | Germany | |
Gabel | Noch nicht veröffentlicht | ||
Vorbau | Intend | Grace FR | Germany |
Endcaps | Opn Bar | France | |
Lenker | Beast | Riser 15mm | Germany |
Spacer | Intend | Germany | |
Ahead-Kappe | Unite | Custom laser engraved | UK |
Griffe | Ceetec | Switzerland | |
Steuersatz oben | Intend | Stiffmater | Germany |
Steuersatz unten | Reset Racing | Flatstack | Germany |
Schalthebel | Rotor | 1x13 | Spain |
Schaltwerk | Rotor | 1x13 | Spain |
Kassette | Rotor | 1x12 (Shimano HG Freehub - 11-52) | Spain |
Kurbel | Rotor | Kapic | Spain |
Kettenblatt | Rotor | Q-Ring (oval) | Spain |
Kette | Sram | Eagle XX1 | Portugal |
Pedale | Unite | Instinct Custom laser engraved | UK |
Innenlager | Rotor | BSA 30 | Spain |
Sattelklemme | Intend | Corona | Germany |
Sattelstütze | Vecnum | Nivo 182mm | Germany |
Sattel | Selle Italia | SLR Boost Super Flow | Italy |
Felge Vorderrad | Truebc | Truebc Trail 32.5mm | Germany |
Felge Hinterrad | Truebc | Truebc Trail 32.5mm | Germany |
Nabe Vorderrad | Hope | Pro 4 | UK |
Nabe Hinterrad | Erase | Erase Rear Hub | Belgium |
Speichen | DT Swiss | Aerolite | Switzerland |
Nippel | DT Swiss | Squorx | Poland |
Vorderreifen | Hutchinson | Griffus 2.5 | France |
Hinterreifen | Hutchinson | Griffus 2.4 | France |
Inserts | Rimpact | Original | UK |
Dichtmilch | Effetto Mariposa | Caffe Latex | Italy |
Ventile | Milkit | Germany | |
15x110 Achse | Noch nicht veröffentlicht | ||
148x12 Achse | Crossworx | Germany | |
Vorderbremse | Magura | MT7 | Germany |
Hinterbremse | Magura | MT7 | Germany |
Bremsscheibe vorne | Galfer | Wave 203mm | Spain |
Bremsscheibe hinten | Galfer | Wave 180mm | Spain |
Bremsbeläge | Galfer | Spain | |
Schrauben | Extralite | Titanium | Italy |
Bremse | 77 Designz | Germany | |
Crashplate | Fibrax | UK | |
Schaltkabel | Fibrax | UK | |
Schaltkabelaussenhülle | Fibrax | UK | |
Cable wrap | Fibrax | UK | |
Motofoam | DT-1 | Belgium | |
Kettenöl | Veloplus | Petrus | Switzerland |
Fett | Motorex | Bikegrease 2000 | Switzerland |
Highlights beim Aufbau sind unter anderem:
- Brandneuer Crossworx Cycles Dash 29-Rahmen
- Sitzwinkel 79°
- Lenkwinkel 63° (mit Winkelsteuersatz, sonst 65°)
- Reach 450 mm
- Sitzrohr 415 mm
- Steuerrohr 120 mm
- Tiefes Oberrohr für viel Bewegungsfreiheit
- Flaschenhalteraufnahme :-)
- Diverse, schöne gefräste CNC-Teile
- Noch nicht vorgestellte Gabel – Seriennummer „1“
- EXT Storia Lok V3 Dämpfer
- Carbonfelgen aus deutscher Produktion von Truebc.de; Hope Vorderradnabe und Erase Hinterradnabe (Zahnscheibenfreilauf mit 60 Einrastpunkten)
- Ultraleichtes und trotzdem sicheres Cockpit von Beast und Intend
- Neue Rotor 1×13-Schaltung (fahre allerdings die 1×12 Variante, da diese mit einem normalen Shimano HG Freilauf auskommt – für 1×13 wäre eine spezielle Kassette von Rotor nötig)

Wie es weiter geht
Wenn die Challenge vorbei ist, werde ich auf dem Account wieder verschiedenste Produkte von den weit über 100 Herstellern teilen, die in Europa produzieren. Seit März 2020 gibt es ausserdem einen Partner-Account für Nordamerika. „The North American Bike Project“ wird von einem Freund aus Kanada betrieben. Weitere Kontinente sind in Planung. Zudem ist eine Homepage in Arbeit, auf welcher sich interessierte Biker über Produkte informieren können, die in Nordamerika und Europa hergestellt werden.
Auf Instagram und u. a. hier könnt ihr euch über den Verlauf der Challenge informieren.
Wie gefällt euch das Konzept des European Bike Projects?
121 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumPinkbike ist schneller als MTB-news.

Hier gibt es das dritte Rad von Kilian Reil
Centurion hat meines wissens nicht in Europa Rahmen produziert
Cooles Teil aber 10K ist auch sportlich. Finde es super wenn die Sachen "hier" gefertigt werden un im idealfall auch die ganze Lieferkette hier ist. Allerdings größtenteils aus Umwelt Gründen. Bei Carbon- Rahmen Fertigung habe ich bisher in allen Videos und Reportagen Hi-tech Produktionen in Asien gesehen, da arbeitet dann auch nicht mehr Hans und Franz unter schlechten Bedigungen, allerdings sind die da drüben mit Schadstoffen und Co. nicht so zimperlich. Bei Kleinteilen ist es dann aber spätestens vorbei mit den guten Arbeitsbedingungen.
Das machen Bike Ahead, Unno, Beast usw hoffentlich anders.
Der Hauptrahmen vom No Pogo wurde in Italien geschweisst, der Kunststoff Hinterbau in Dieburg gefertigt...
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